Titel: Vom neuartigen amerikanischen Schreib-Telegraphen.
Fundstelle: Band 134, Jahrgang 1854, Nr. CXXI., S. 414
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CXXI. Vom neuartigen amerikanischen Schreib-Telegraphen.Aus dem kürzlich erschienenen Handbuch der elektrischen etc. Telegraphie, von Joseph Forsach, k. k. Telegraphenamts Officialen. Wien, 1854. Ueber den neuartigen amerikanischen Schreib-Telegraphen. Obwohl noch manches an der Construction dieses Apparates geändert werden muß, bevor derselbe als vollkommen anwendbar bezeichnet werden kann, so ist er doch eine der geistreichsten Erfindungen der Neuzeit, und es lassen sich bei fortgesetztem Studium für die Zukunft die glänzendsten Resultate erwarten. Da die Idee wirklich originell ist, so will ich dieselbe in so weit zu erörtern versuchen, als ich dieselbe selbst aufgefaßt habe. Die Eigenthümlichkeit dieses Telegraphen besteht darin, ohne besondern Zeitverlust, und nicht wie gewöhnlich einzelne Buchstaben oder Worte, sondern die ganze Depesche selbst, mit der frappant nachcopirten Schrift des Schreibers der Depesche auf einmal zu geben. Obwohl dieß übertrieben und unbegreiflich scheint, so müssen meine Leser bedenken, daß im Fache der Telegraphie seit ihrer Erfindung so vieles ins Leben Getretene, selbst dem schon etwas Eingeweihten unbegreiflich erscheint, um so mehr es dem Laien nicht zu verargen ist, wenn ihm Kräfte der Natur, die durch das fortgesetzte Studium dem Willen des Menschen zu gehorchen gezwungen werden, nicht so leicht begreiflich scheinen. Darum können mehrere Andeutungen über diesen Telegraphen einige Verständlichkeit bieten. Derselbe übertrifft an Schnelligkeit jedenfalls den Morse'schen Telegraphen um das Sechsfache. Man fand bei der Probe, welche, mittelst eines Chronometers von dem berühmten Mechaniker Hick verfertigt (welcher die Zeitangabe bis auf den hundertsten Theil einer Secunde reducirt) statt fand, die Erwartungen in Hinsicht seiner Schnelligkeit nicht übertrieben. Seine Bestandtheile, obwohl jetzt schon in der Form wieder verändert, aber doch im Hauptzweig sich gleich bleibend, sind folgende: Auf jeder Station befindet sich ein Gestelle, in welchem ein Räderwert so wie bei unserem Morse (nur natürlich größer) angebracht ist, dessen Mechanismus durch genaue gleich schwere Gewichte beim Zurückschieben der Kurbel in Bewegung gesetzt, und auf beiden Stationen in gleichem Gang durch einen eigenen Regulator erhalten wird. In dem Räderwerke selbst befindet sich eine Walze, die sich um ihre Achse dreht, und nebenbei durch den Gang des Räderwerkes ihrer Länge nach vorwärts geschoben wird. Die Einrichtung ist so getroffen, daß wie in der einen Station das Uhrwerk zu gehen anfängt, sich eine eigene Batterie schließt, und in der anderen Station eben durch diesen elektrischen Strom, welcher in der zweiten Station Elektromagnetismus hervorruft (der seinerseits wieder auf einen Mechanismus wirkt, und die Sperre des Windflügels löst, wodurch auch dort das Gewicht in Thätigkeit versetzt wird), das Uhrwerk in demselben Momente ebenfalls dort zu laufen anfängt. Natürlich müssen die Walzen gleiche Bewegung erhalten, mithin das ganze Räderwerk gleich gearbeitet seyn, genau übereinstimmende Gewichtsschweren haben, kurz, so übereinstimmend gleichzeitig sich bewegen, als ob die Maschine nur eine wäre. Dieß ist eigentlich die Hauptbedingung, aber auch zugleich diejenige, deren Erfüllung den größten Scharfsinn der Mechaniker in Anspruch nimmt. Bis jetzt ist dieser Apparat, wie gesagt, noch nicht vollkommen, da die Schrift noch immer etwas verzogen erscheint, obwohl schon bedeutende Verbesserungen durch berühmte Männer daran gemacht worden sind. Benennen wir nun z.B. die eine Station mit S und deren Walze mit a, und die zweite Station mit S' und deren Walze mit a', so können wir uns leichter verständigen. Der Schreiber der Depesche z.B. in Station S schreibt mit einer isolirenden Substanz auf ein leitendes eigens aus Gold- oder Silberüberzug bereitetes metallinisches Papier. Diese Schrift wird nun auf die Walze a gelegt; über dieser Walze aber steht ein Schreibstift, welcher aus Metall verfertigt und gut polirt ist. Derselbe ist nach Erforderniß und Dicke des Papiers höher oder tiefer zu stellen, und muß bei Umdrehung der Walze dieselbe berühren. Der + Pol der Linien-Batterie ist in Station 8 mit diesem leitenden Papier, und dem einen Leitdrahte verbunden, während der zweite, also der – Pol derselben Batterie in Station S' mit der Walze a' verbunden ist. Meine Leser sehen jetzt schon etwas deutlicher, daß durch den so fort gebildeten Stromweg, also vom + Pol der Batterie in S zu Walze a, von hier zu dem leitenden Papier, von hier durch den Leitdraht, in Station S' zu Walze a', von da zum – Pol derselben Batterie zurück, eine Erregung stattfinden kann. Es muß also in Station S', wie meine Leser jetzt selbst begreifen werden, eine Vorrichtung seyn, mittelst welcher eine Wirkung auf die Walze a' hervorgebracht werden kann. Diese Vorrichtung besteht nun in der Station S' in einem Elektromagneten, welcher oder der Walze a' angebracht ist. Auf der Walze a' selbst wird ein gewöhnliches Schreibpapier befestigt, welches dieselbe Größe hat wie das in Station S auf der Walze a befestigte metallinische Papier. An dem Anker dieses Elektromagneten aber in S' ist an der Spitze des Hebels ein Schreibstift angebracht, der hohl und mit einer capillaren Spitze versehen ist. In dieser Höhlung befindet sich die schreibende Substanz (Dinte oder eine andere färbende Materie) und wird durch das Anziehen des Ankers an das Papier gedrückt. Wird also in Station 8 der Stift auf das leitende Papier der Walze a gestellt, so ist natürlich die galvanische Batterie geschlossen; die Walzen fangen sich durch das ausgelöste Gewicht zu drehen und zu gleicher Zeit fortzuschieben an. Der Anker des Elektromagneten, welcher angezogen bleibt so lange die Batterie geschlossen ist, wird also durch den Hebel in der Station S' mit dem mit Dinte gefüllten Schreibstifte an die Walze a', somit an das Schreibpapier gedrückt, und fixirt dort die nämliche Schrift, wie sie der Schreiber der Depesche in Station S geschrieben. Es läuft der Stift in Station S über den ganzen Umfang der Walze a, und es bilden somit die durch die isolirende Schrift in S gebildeten unmetallinischen Stellen, dort in S' die Schriftgruppen mit dem Schreibstifte durch die in demselben sich befindliche Dinte, auf dem gewöhnlichen Papiere aufs Täuschendste nach. Der Apparat wird noch immer verbessert und dürfte sonach doch bald zur Vollkommenheit gelangen. Die Vortheile dieses Telegraphen möge sich nun jeder meiner Leser selbst auseinander setzen; ich enthalte mich jedes Urtheils.