Titel: Verfahren den krystallisirbaren Zucker aus dem Runkelrüben- und Zuckerrohrsaft mittelst Anwendung des Baryts zu gewinnen; patentirt in Frankreich für Hrn. Robert de Massy.
Fundstelle: Band 134, Jahrgang 1854, Nr. CXXVIII., S. 428
Download: XML
CXXVIII. Verfahren den krystallisirbaren Zucker aus dem Runkelrüben- und Zuckerrohrsaft mittelst Anwendung des Baryts zu gewinnen; patentirt in Frankreich für Hrn. Robert de Massy. Aus der Description des brevets, t. XVI p. 16. de Massy, Verfahren den krystallisirbaren Zucker aus dem Runkelrüben- und Zuckerrohrsaft zu gewinnen. Rübenzuckerfabrication. – Der Runkelrübensaft, er mag mittelst der Reibe und Presse, oder mittelst der Maceration erhalten worden seyn, wird unmittelbar bis auf beiläufig 75° C. (60° R.) erhitzt; man wirft dann per Hektoliter 6 Kilogr. caustischen Baryt hinein, welcher vorher mit Wasser gelöscht und in einen Brei verwandelt worden ist; man rührt gut um und bringt rasch zum Kochen. Kaum hat sich der Baryt aufgelöst, so ist die Läuterung bewerkstelligt und auch die chemische Verbindung des Baryts mit dem krystallisirbaren Zuckerstoff, denn es schlägt sich sogleich eine Menge kleiner Krystalle von Zuckerbaryt nieder. Man unterbricht das Kochen: der Zuckerbaryt schlägt sich rasch nieder; nach Verlauf von einigen Minuten decantirt man die klare Flüssigkeit. Der Zuckerbaryt, welchen man dann sammelt, hält noch Mutterlauge zurück; um dieselbe auszuziehen, wird er entweder mit einer kleinen Menge Wasser gewaschen, worauf er in Form eines Teigs rein zurückbleibt, oder man bringt jenen Niederschlag in eine Presse, und bekommt ihn dann in graulichen Kuchen, welche man in Stücke zerbricht. Man schreitet nun zur Zersetzung des Zuckerbaryts durch Kohlensäure, in folgender Weise: Die beim Pressen erhaltenen Stücke von Zuckerbaryt werden in ihrem 1 1/4 fachen Gewicht Wasser zertheilt; den beim Auswaschen des Niederschlags erhaltenen Teig hingegen versetzt man mit so viel Wasser, daß er das 1 1/4 fache Gewicht des gepreßten Zuckerbaryts bekommt. Hierauf zersetzt man durch einen Strom gewaschener Kohlensäure, bis ein schwacher Ueberschuß davon in der Flüssigkeit ist: der kohlensaure Baryt ist alsdann gebildet, der Zucker in Freiheit gesetzt und in der Flüssigkeit aufgelöst. Man schüttelt nun das Ganze auf Filtrirtücher; der Rückstand wird durch Auswaschen oder durch Pressen behandelt. Die zuckerhaltige Flüssigkeit wird abgedampft, bis sie 30° an Baumé's Aräometer erreicht hat; man filtrirt sie, um den kohlensauren Baryt, welcher sich während des Abdampfens niederschlug, abzusondern. Der filtrirte Syrup wird neuerdings bis zum Verkochpunkt abgedampft; man gießt ihn in Formen; so erhält man einen Zucker, welcher kaum gefärbt und frei von unkrystallisirbarem Zucker ist. Raffination des Rohzuckers. – Das beschriebene Verfahren ist auch zum Raffiniren anwendbar, nur arbeitet man in diesem Falle nicht mit Saft, sondern mit aufgelöstem Zucker, indem man auf 109 Kilogr. Rohzucker beiläufig 60 Kilogr. caustischen Baryt (oder 124 4/5 Kilogr. Barythydrat) rechnet. Die angegebene Menge Baryt, sowohl für den Saft als für das Raffiniren des Rohzuckers, modificirt sich natürlich nach deren Gehalt an krystallisirbarem Zucker. Bereitung des caustischem Baryts und Darstellung desselben aus dem erhaltenen kohlensauren Baryt. Dazu dienen folgende Verfahrungsarten: 1) Kohle und kohlensaurer Baryt. – Der kohlensaure Baryt (natürlicher oder künstlicher) wird in ein feines Pulver verwandelt, deßgleichen die Holzkohle, worauf man sie innig vermengt. Dem Gemenge setzt man Stärkekleister zu, überhaupt eine Substanz welche einen Teig bilden und durch Glühen eine sehr zertheilte Kohle geben kann; dieser Teig wird in Klößchen zertheilt, welche man in Kohlenpulver rollt, worauf man sie in Töpfen (wie sie die Beinschwarzfabrikanten anwenden) oder in Retorten bringt, und der Rothglühhitze aussetzt. Man erhält so ein Gemenge von caustischem Baryt und von Kohle; man wirft das Ganze in kochendes Wasser, man decantirt, filtrirt, und erhält ein schön krystallisirtes Barythydrat. 2) Wasserdampf und kohlensaurer Baryt. – Man erhitzt kohlensauren Baryt in Cylindern, durch welche man einen Strom Wasserdampf leitet, bis zum Weißglühen; es bildet sich Barythydrat mit 1 Aequivalent Wasser, und es entwickelt sich Kohlensäure, mit Wasserdampf gemischt, welche man sammeln und zum Zersetzen von Zuckerbaryt anwenden kann. Dieses Barythydrat wird in kochendem Wasser aufgelöst; man decantirt die Flüssigkeit, welche beim Erkalten Barytkrystalle (mit 10 Aeq. Wasser) liefert. Nach diesen zwei Verfahrungsarten kann man den kohlensauren Baryt, welcher bei der Zersetzung des Zuckerbaryts durch Kohlensäure entsteht, immer wieder in caustischen Baryt umwandeln. Die beschriebene Behandlungsweise des Zuckersafts und Rohzuckers gewährt nach dem Patentträger folgende Vortheile: 1) unmittelbare Trennung des Zuckers von allen fremdartigen Substanzen welche seine Reinigung erschweren; 2) gänzliche Vermeidung der Bildung von unkrystallisirbarem Zucker; 3) Ersparung an Brennmaterial bei größerer Ausbeute an Zucker.Die Anwendung des Barythydrats zur Abscheidung des krystallisirbaren Zuckers aus dem Rohrsaft und der Melasse verdankt man den HHrn. Dubrunfaut und Leplay, welche sich dieses Verfahren am 24. Juli 1849 in Frankreich patentiren eßen (Description des brevets, t. XV p. 27); man vergl. die Mittheilungen im polytechn. Journal Bd. CXVII S. 136 und Bd. CXXXI S. 47. A. d. Red.