| Titel: | Ueber Hohofen-Schlacken und Beschickung der Hohöfen nach stöchiometrischen Grundsätzen; von G. Lindauer, vormals Director der Horzuwitzer Eisenwerke. | 
| Autor: | Gustav Lindauer | 
| Fundstelle: | Band 135, Jahrgang 1855, Nr. XXX., S. 125 | 
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                        XXX.
                        Ueber Hohofen-Schlacken und Beschickung
                           								der Hohöfen nach stöchiometrischen Grundsätzen; von G. Lindauer, vormals Director der Horzuwitzer Eisenwerke.
                        Lindauer, über Hohofen-Schlacken und Beschickung der Hohöfen
                           								nach stöchiometrischen Grundsätzen.
                        
                     
                        
                           Die geschmolzenen kieselsauren Verbindungen der Erden und Alkalien haben die
                              									Eigenschaft, die Oxyde der unedlen Metalle in beträchtlicher Menge aufzulösen und
                              									damit nach dem Erkalten verschiedenartig gefärbte, theils glas- theils
                              									porzellanartige Massen zu bilden. Diese durch Schmelzung hervorgebrachten Silicate
                              									sind es insbesondere, welche man Schlacken nennt.
                           Daß es die Kieselerde ist, welche die Metalloxyde und Erden in den höhern
                              									Temperaturen in Fluß bringt, wußte man zwar schon längst durch Erfahrung, allein auf
                              									den Grund des Erfolges hat Berzelius zuerst hingewiesen
                              									und dadurch neuen Aufschluß über die Theorie der Schlackenbildung gegeben. Die
                              									Verbindungen der Kieselerde mit den oxydirten Körpern lassen sich als Vereinigungen
                              									einer Säure mit einer oder mehrern Basen betrachten. Es zeigt sich aber in dem
                              									Verhalten der Silicate in der Schmelzhitze eine sehr große Verschiedenheit, die
                              									theils von der Beschaffenheit der Base, theils von dem Sättigungszustande derselben
                              									mit der Kieselerde abhängig ist. Einige Basen bilden leichtschmelzbare Silicate,
                              									andere erfordern einen viel höhern Grad der Temperatur zum Flüssigwerden.
                           Die meisten Oxyde von den eigentlich sogenannten Metallen geben leichtschmelzbare
                              									Silicate. Unter den Silicaten der Erden kommen bei den Schmelzprocessen am
                              									häufigsten das der Kalk-, Thon- und Bittererde vor, zuweilen auch das
                              									der Baryterde. Die Silicate der Thonerde zeichnen sich vorzüglich durch ihre große
                              									Strengflüssigkeit aus; diejenigen der Kalk- und Baryterde scheinen in dieser
                              									Hinsicht nicht sehr verschieden zu seyn. Silicate welche mehrere Basen enthalten,
                              									sind leichtflüssiger, als die Silicate mit einer einzigen Base, so daß man häufig in
                              									den Fall kommt, die Schmelzbarkeit eines Silicates durch ein anderes zu befördern.
                              									Aber nicht allein – wie schon erwähnt – von der Beschaffenheit der
                              									Base, sondern auch von ihrem Sättigungsverhältnisse mit der Kieselsäure ist die
                              									Schmelzbarkeit eines Silicates abhängig.
                           Die Subsilicate sind sämmtlich strengflüssiger als die Singulosilicate; diese sind
                              									aber, wenigstens in den meisten Fällen, etwas strengflüssiger als die Bisilicate; letztere
                              									aber leichtflüssiger als die Trisilicate und als alle Silicate, in welchen die
                              									Kieselerde noch mehr vorherrschend wird.
                           Es ergibt sich hieraus vorläufig, daß es bei der Reduction der Eisenerze vorzüglich
                              									darauf ankommt, Silicate zu bilden, welche bei dem Grabe der Temperatur, in welchem
                              									die Operation stattfindet, in einen flüssigen Zustand gebracht werden können, ohne
                              									daß dieser Flüssigkeitszustand durch Eisenoxydulsilicat veranlaßt wird, weil dadurch
                              									ein großer Theil des Eisengehaltes verloren gehen, und dasselbe zugleich durch
                              									Entkohlung des gebildeten Roheisens störend auf den Ofenbetrieb mittelst Bildung von
                              									Stabeisen-Ansätzen einwirken würde.
                           Seit man sich über die Wirkungsart der Kieselerde bei der Schlackenbildung einen
                              									genügenden Aufschluß verschafft hat, ist es auch leichter geworden, sich über die
                              									Auswahl und über die Menge der Zuschläge beim Verschmelzen der Eisenerze
                              									Rechenschaft zu geben, und es gelten über die Beschickungsverhältnisse folgende
                              									Erfahrungssätze:
                           
                              I. Erzen, die viel Thonerde in der Mischung enthalten, müssen
                                 										Zuschläge gegeben werden, bei welchen sich die Schlacke mehr einem Silicate als
                                 										einem Bisilicate nähert.
                              II. Enthalten die Erze mehr Kalk- und Bittererde als
                                 										Thonerde, so sind die Zuschläge in der Regel so zu wählen, daß die Schlacke sich
                                 										eher der Zusammensetzung eines Bisilicates nähert, obgleich sie auch schon ein
                                 										Trisilicat seyn kann.
                              III. Erze, die viel Manganoxyd oder Oxydul enthalten, müssen
                                 										immer so beschickt werden, daß die Schlacke ein Trisilicat wird, weil sie sonst
                                 										zu flüssig ausfällt und das vollständige Eisenausbringen aus den Erzen
                                 										verhindert.
                              IV. Erze, die in überwiegender Menge Kieselerde enthalten, sind
                                 										sehr strengflüssig und geben weißes Roheisen mit sehr eisenoxydulreicher
                                 										Schlacke, daher ein geringeres Ausbringen, weil ein Theil des Eisens zur
                                 										Schlackenbildung nöthig ist. Solche Erze müssen Kalkzuschläge erhalten und zwar
                                 										um so stärkere, je größer die Menge der beigemischten oder beigemengten
                                 										Kieselerde ist. Enthalten sie außer der Kieselerde zugleich noch Thonerde, so
                                 										leistet der reine Kalkstein die besseren Dienste. Wären sie aber von
                                 										Thonerde ganz frei, so würde ein thonhaltiger Kalk in den meisten Fällen den
                                 										Vorzug verdienen, weil er eine Verminderung des Flußzusatzes zulässig macht und
                                 										doch zugleich den Zweck erreichen läßt, eine Schlacke von der gehörigen
                                 										Consistenz zu erzeugen.
                              
                           
                           Die Flüsse oder Zuschläge, welche die Eisenerze, wenn sie nicht für sich schmelzbar
                              									sind, erhalten müssen, sind also nur in den beiden Fällen wirkliche Flüsse oder die
                              									Schmelzbarkeit des Erzes befördernde Mittel, wenn das Erz wegen seiner
                              									Zusammensetzung kieselerdige Zuschläge erfordert, oder wenn der Kieselerdegehalt
                              									stark überwiegend ist. In allen andern Fällen wirken sie der zu großen
                              									Leichtflüssigkeit des Erzes, nämlich der Bildung einer an Eisenoxydul reichen
                              									Schlacke, entgegen, und bewirken daher eine größere Strengflüssigkeit und eine damit
                              									in Verbindung stehende leichtere Reducirbarkeit des Eisenoxyds.
                           Von der richtigen Wahl und von dem gehörigen Verhältnisse der Zuschläge hängen der
                              									gute Gang der Schmelzbarkeit und der größere oder geringere Vortheil beim Betriebe
                              									wesentlich ab. Durch ein zu großes Verhältniß der Zuschläge wird der Zweck derselben
                              									aus demselben Grunde verfehlt, aus welchem der Zuschlag überhaupt angewendet wird.
                              									Dieß Verhältniß genau zu bestimmen, ist schwierig, weil es genau genommen nach dem
                              									Gange des Ofens, selbst bei einerlei Erzen, verschieden seyn sollte; in der Regel
                              									pflegt man aber das durch die Erfahrung aufgefundene und bei einem Mittlern guten
                              									Gange des Ofens bestimmte Verhältniß des Zuschlages zum Erze unveränderlich
                              									beizubehalten.
                           Diese von Karsten und andern Metallurgen ausgesprochenen
                              									Grundsätze über die Beschickung der Eisenerze und über die zweckmäßigste
                              									Zusammensetzung der entfallenen Schlacken haben allerdings ein großes
                              									wissenschaftliches Interesse, allein sie sind viel zu allgemein gehalten, um von
                              									ihnen in speciellen Fällen Anwendung machen zu können. Sie gründen sich ferner, was
                              									die Schmelzbarkeit anlangt, auf schon gebildete Silicate – Schlacken –
                              									und geben kein Mittel an die Hand, um die Anordnung einer Beschickung im Vorhinein
                              									treffen zu können; gewiß kann es nur reiner Zufall seyn, wenn eine nach
                              									stöchiometrischen Regeln angeordnete Beschickung auch eine Schlacke von gleicher
                              									Zusammensetzung liefert. Umgekehrt, hat die Erfahrung nicht gezeigt, daß Schlacken
                              									von bestimmter stöchiometrischer Zusammensetzung nothwendig das Resultat einer
                              									zweckmäßigen Beschickung und eines guten Schmelzganges sind, aber sie lehrt
                              									andererseits eben so entschieden, daß Schlacken dieser Art nicht gerade vorzugsweise
                              									strengflüssiger als andere sind.
                           Berthier, Sefström und neuerlich Plattner haben über die Schmelzbarkeit verschiedener Silicate Versuche
                              									angestellt, welche für praktische Zwecke sehr schätzenswerth sind, und es scheint,
                              									daß die Analyse sie zur Synthese geführt habe. Diese Experimentatoren gingen nämlich
                              										a priori zu Werke, indem sie verschiedene Silicate
                              									zusammensetzten, deren Schmelzbarkeit untersuchten und gegen einander verglichen.
                              										Plattner insbesondere stellte umfassende Versuche an,
                              									bei welcher Temperatur verschiedene Silicate sich bilden und schmelzen.
                           Für den Eisenhüttenmann sind die Versuche mit Kalk- und Thonerdesilicaten von
                              									besonderem Interesse, denn die Kalk- und Thonerde in Verbindung mit der
                              									Kieselerde bilden beinahe immer den Hauptbestandtheil eines Eisenerzes, während die
                              									Talk- und Baryterde, sowie das Manganoxydul und Oxyd sich wohl in den meisten
                              									Eisenerzen zwar vorfindet, allein selten in solcher Quantität, daß ihr Einfluß auf
                              									die Schmelzbarkeit der Silicate wesentlich genannt werden könnte. Man kann daher den
                              									Einfluß dieser Bestandtheile auf die Schlackenbildung vernachlässigen, zumal auch
                              									nicht alle Kieselerde in Rechnung genommen werden kann, welche einem Hohofen
                              									überhaupt aufgegeben und zur Schlackenbildung verwendet wird. So ist die Kieselerde
                              									ein wesentlicher Bestandtheil des Aschengehaltes eines Brennmaterials, und dem
                              									letztern auch mechanisch als Sand beigemengt; endlich geben Schacht und Gestelle
                              									eines Hohofens, hauptsächlich aus Kieselerde bestehend, einen, wenn auch geringen
                              									Theil der letztem, zur Schlackenbildung ab. Die angeführten Vasen wirken übrigens in
                              									ihren Verbindungen mit Kalk- und Thonerde nur schmelzbefördernd.
                           Berthier's Versuchen zufolge liegen die schmelzbarsten
                              									Verbindungen der Kieselerde mit der Kalk- und Thonerde innerhalb der
                              									Gränzen
                           CS + AS
                              									und CS² + AS².
                           Die Gemenge sind dabei um so schmelzbarer, je mehr sie sich
                              									der Zusammensetzung CS² + AS nähern. Ist die Kalkerde zum Singulosilicate verbunden, so erfolgt nach
                              										Berthier zwar auch noch eine Schmelzung, sie ist
                              									jedoch weniger leicht, als wenn die Kalkerde zum Bisilicat verbunden ist. Thonarten
                              									die am meisten Thon enthalten, nähern sich dem Thonerdebisilicat; wenn diesen also
                              									Kalkerde in den Gränzen von Singulosilicat bis Bisilicat zugesetzt wird, so werden
                              									sie immer leicht in Fluß kommen, aber noch leichter, wenn ihnen noch ein Zusatz von
                              									Kieselerde innerhalb der Gränzen S und S³ gegeben wird.
                           Die unter der Leitung Sefströms zu Fahlun angestellten
                              									Schmelzversuche gaben folgende Resultate:
                             I. CS konnte nicht zum Schmelzen gebracht
                              									werden;
                            II. CS² war vollständig geschmolzen;
                           III. CS³ schmilzt leichter als CS²;
                           IV. AS und AS²
                              									sinterten nur zu einer harten Masse zusammen;
                            V. CS + 2 AS gab ein
                              									gut geflossenes grünes Glas. Dieses Silicat besteht aus:
                           
                              
                                 42,62 Kieselerde
                                    											mit        
                                 
                                 
                                    22,15 Sauerstoff,
                                 
                              
                                 25,84
                                    											Kalkerde     „31,54
                                    											Thonerde    „
                                     
                                    											7,28   14,77
                                 
                                    
                                    
                                 =
                                    											22,15        „
                                 
                              
                           
                           VI. CS² + 2 AS²
                              									schmolz leicht zu einem dichroitfarbigen Glase und dieses Silicat ist
                              									zusammengesetzt aus:
                           
                              
                                 Kieselerde        
                                 = 59,77 mit
                                 
                                 
                                    31,06 Sauerstoff 
                                 
                              
                                 KalkerdeThonerde
                                 = 18,12  „=
                                    											22,11  „
                                   5,18 × 210,35 ×
                                    											2
                                 
                                    
                                    
                                 = 31,06     „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                   100,00.
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           Die Zusammensetzung dieses Silicates entspricht aber auch der Formel:
                           CS² + AS 3/2.
                           VII. CS³ + 2 AS³ verhielt sich etwas strengflüssiger und besteht aus:
                           
                              
                                 69,02
                                 Kieselerde
                                    											mit        
                                 
                                 
                                    35,87 Sauerstoff
                                 
                              
                                 13,95  7,03
                                 Kalkerde    „Thonerde  
                                    											„
                                 3,99 daher 3,99 × 3
                                    											7,97    „    
                                    											7,97 × 3
                                 
                                    
                                    
                                 = 35,88      
                                    											„
                                 
                              
                                 –––––––
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 100,00.
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           VIII. CS² + AS²
                              									ein gutgeschmolzenes blaugrünes Glas.
                           Platiner in Freiberg stellte über die Hitzgrade, welche
                              									zur Bildung verschiedener Silicate nöthig sind, umfassende Versuche an, von denen
                              									nur jene Resultate hier aufgeführt werden, welche für den vorliegenden Zweck von
                              									besonderem Interesse sind. Es führt dieser Experimentator ausdrücklich an, daß der
                              									Schmelzpunkt der bereits gebildeten Silicate immer niedriger liege als der Hitzgrad,
                              									bei welchem sich die Silicate bilden. Nach ihm bildet sich
                           
                              
                                 
                                 CS²
                                 bei einer Temperatur von
                                 2150°C.
                                 
                              
                                 
                                 CS³
                                   „    „            „          „
                                 2100
                                 
                              
                                 
                                 AS²
                                   „    „            „          „
                                 2400
                                 
                              
                                 
                                 AS³
                                   „    „            „          „
                                 2400
                                 
                              
                                 
                                    CS  +
                                    
                                 
                                    AS
                                    
                                   „    „            „          „
                                 1918
                                 
                              
                                 CS² +
                                 AS²
                                   „    „            „          „
                                 1950.
                                 
                              
                           Die Resultate dieser drei Experimentatoren stimmen darin überein: unter allen
                              									Zusammensetzungen der Kiesel-, Kalk- und Thonerde sind in der Regel
                              									jene die leichtschmelzbarsten, welche zwischen
                           CS² + AS² und CS + AS
                           liegen; eine Ausnahme macht die Verbindung
                           CS³ + AS 3/2
                           und ohne Zweifel sind noch mehrere außerhalb diesen Gränzen
                              									liegende Verbindungen vorhanden, welche ebenfalls leichtschmelzbar sind.
                           Alle diese Verbindungen werden leichtflüssiger, wenn Mangan in die Verbindung tritt,
                              									und sie werden um so leichtflüssiger, je stärker der Mangangehalt in der Verbindung
                              									ist; es können daher an und für sich sehr strengflüssige Silicate leichtflüssig
                              									gemacht werden.
                           
                           Die verkohlten Brennstoffe, welche in den Hohöfen angewendet werden, entwickeln unter
                              									übrigens gleichen Umständen so ziemlich die gleichen Wärme-Effecte, und es
                              									ist auch nicht wohl anzunehmen, daß durch die Anwendung unverkohlter Brennstoffe,
                              									als Holz, Steinkohlen und Torf, ein geringerer Wärme-Effect in der
                              									Verbrennungs-Zone eintrete, denn die Verkohlung dieser rohen Brennstoffe muß
                              									nothwendig schon erfolgt seyn, bevor sie die Reductionszone durchlaufen haben und
                              									durch weitere Zonen in die Verbrennungs-Zone gelangt sind.
                           Man hat es daher immer nur mit verkohlten Brennstoffen zu thun, wenn von dem
                              									Temperatur-Maximum eines Hohofens die Rede ist, obgleich nicht übersehen
                              									werden darf, daß durch die Anwendung unverkohlter Brennstoffe in den höhern Regionen
                              									eines Hohofens sehr zu berücksichtigende Modifikationen eintreten.
                           Für Holzkohlen hat Th. Scheerer das wahrscheinliche
                              									Temperatur-Maximum eines Hohofens für kalten und warmen Wind berechnet, und
                              									es enthält die nachfolgende Tabelle die Resultate dieser Berechnung für die
                              									verschiedenen Erwärmungs-Grade der Gebläseluft.
                           
                              
                                 für     t =
                                       0
                                   100
                                   150
                                   200
                                   250
                                   300
                                   350
                                   400°
                                 
                              
                                 wird P =
                                 2656    
                                 2758    
                                 2809    
                                 2860    
                                 2911    
                                 2962    
                                 3023     
                                 3064°
                                 
                              
                           Dieses Temperatur-Maximum zu erreichen, wird in der Praxis allerdings nur
                              									annähernd gelingen. Es mag nun dieses Temperatur-Maximum seyn welches es
                              									will, so steht doch so viel fest, daß diesem der Schmelzgrad der stöchiometrischen
                              									Verbindung der Beschickung angemessen seyn muß. Würde nämlich die Verbindung der
                              									Erdarten zu ihrer Schmelzung einen Temperatur-Grad erfordern, der dem
                              									Temperatur-Maximum im Hohofen sehr nahe kommt oder es gar erreicht, so würde
                              									im erstem Falle nothwendig die geringste Störung im Betriebe den Ofen in Gefahr
                              									sehen, im zweiten Falle aberden Betrieb überhaupt unmöglich machen.
                           Die Zusammensetzung der Erdarten in der Beschickung muß daher im Allgemeinen so
                              									gewählt werden, daß man eine Verbindung erhält, deren Schmelzpunkt dem
                              									Temperatur-Maximum des Hohofens und dem zu erzeugenden Producte angemessen
                              									ist, jedenfalls aber auch bedeutend höher ist, als der Schmelzpunkt des Roheisens,
                              									um die Bildung einer eisenoxydulreichen Schlacke zu verhindern. Je mehr unter der
                              									letztem Berücksichtigung der Schmelzpunkt unter dem Temperatur – Maximum des Hohofens liegt, desto
                              									höher kann der Satz geführt werden, um so geringer wird der relative
                              									Kohlenverbrauch, um so größer aber auch die Wahrscheinlichkeit weißes Roheisen zu
                              									erblasen. Bei zwei in ihren Schmelzpunkten von einander verschiedenen
                              									Silicat-Verbindungen wird diejenige zur Erzeugung eines grauen Roheisens
                              									günstiger seyn, welche den höhern Schmelzpunkt erfordert, vorausgesetzt daß derselbe
                              									nur in angemessener Entfernung unter dem Temperatur – Maximum liegt.
                           Je richtiger überhaupt ein Silicat angeordnet ist, um so eisenoxydulärmer wird die
                              									Schlacke entfallen, daher um so größer das Ausbringen und um so geringer die
                              									Reduction der Metalloide, durch welche die Qualität des Roheisens nothleidet.
                           Bei der Wahl eines Silicates ist die Beschaffenheit des Brennstoffes mitentscheidend;
                              									während bei Holzkohlen das Silicat immerhin beliebig zwischen
                           CS² + AS² und CS + AS
                           gewählt werden kann, hat doch die Erfahrung gelehrt, daß die
                              									günstigste Verbindung jene von
                           CS² + AS
                           oder eine nahe mit ihr übereinstimmende sey. Anders ist es bei
                              									der Anwendung von mineralischem Brennstoff und wahrscheinlich auch dem Torf. Beide
                              									enthalten in der Regel größere Aschenmengen als die Holzkohle, und in dieser in den
                              									meisten Fällen Schwefeleisen und schwefelsauren Kalk; der erstere aber überdieß noch
                              									mechanisch beigemengte Schwefeltheile, und alle diese Schwefelantheile können nur
                              									durch einen vermehrten Kalkzuschlag in die Schlacke geführt werden. Man muß daher
                              									ein Silicat wählen, das bei großem Kalkgehalte noch den nöthigen Grad von
                              									Leichtflüssigkeit besitzt, und es dürfte die Verbindung
                           CS + AS
                           oder eine sich ihr nähernde zu einem guten Erfolge führen.
                           Bei der Anwendung von mineralischem Brennstoffe – und es ist anzunehmen auch
                              									bei jener von dem Torfe – kann es zur Vermeidung eines auffallend großen
                              									Kalkzuschlages, wodurch die Beschickung nur ärmer wird, sehr zweckdienlich seyn,
                              									einige Procente Mangan-Oxyd oder Oxydul in die Beschickung aufzunehmen, und
                              									es wird dieß mit um so größerem Vortheil geschehen, wenn ein oder das andere zu
                              									verschmelzende Erz manganhaltig ist.
                           Jedem Hüttenmann kann daher eine genaue Analyse der zu verhüttenden Eisenerze und des
                              									Kalkes nicht genug empfohlen werden; eben so nothwendig und unentbehrlich ist für ihn aber auch die
                              									Kenntniß von der Berechnung und den Eigenschaften jener Silicate, die bei dem
                              									Hohofenprocesse von besonderem Einflüsse sind, weil er nur durch sie in den Stand
                              									gesetzt wird, einen bereits bestehenden Betrieb mit Erfolg und rationell weiter zu
                              									führen, einen erst beginnenden mit Vertrauen zu eröffnen; beide im Verein machen es
                              									ihm möglich, auf dem kürzesten Wege zu einer richtigen Consequenz im Betriebe zu
                              									gelangen. Wie oft ereignet sich der Fall, daß Erze, die man zur Verschmelzung
                              									ungeeignet glaubt, doch mit Vortheil verschmolzen werden können, daß kalkhaltige
                              									Erze zur Verminderung des Kalkzuschlages und manganhaltige zur Beförderung der
                              									Leichtflüssigkeit nicht in gehörigem und richtigem Maaße angewendet wurden!
                           Keinesfalls darf aber die Sauerstoff-Verbindung des Eisens in einem Erze
                              									übersehen werden; zur Erzielung gleicher Resultate bezüglich der Beschaffenheit des
                              									zu erblasenden Roheisens dürfen nur Oxyde durch Oxyde, nicht aber Oxyde durch
                              									Oxydule, oder wenn dieß doch geschieht, in nur geringem Maaße ersetzt werden. Selbst
                              									geröstete Oxydule sind hievon nicht ausgenommen.
                           In den Horzuwitzer Eisenwerken kommen gewöhnlich sechs bis acht verschiedene
                              									Eisenererze zur Verhüttung, und es sind diese theils Oxyde, theils Oxydule, und
                              									diese insbesondere von hohem Eisengehalte; in allen diesen Erzen ist die Kalkerde
                              									nur äußerst gering vertreten, der ziemlich entfernte Kalkstein aber nicht
                              									unbedeutend thonhaltig.
                           Eine – längere Zeit in dem einen Hohofen – verschmolzene Beschickung
                              									von 16 Proc. Kalkzuschlag gab unausgesetzt sehr günstige Resultate, sowohl in
                              									Beziehung auf den relativen Kohlenverbrauch, als auch das Ausbringen und die
                              									Qualität des Roheisens, weßwegen diese Beschickung auf ihre
                              									Silicat-Verbindung berechnet wurde. Sie enthielt der Analyse zufolge:
                           
                              
                                 an Kieselerde
                                 = 26,090 Gewichtstheile,
                                 
                              
                                  „  Kalkerde
                                 =
                                    											12,635          
                                    											„
                                 
                              
                                  „  Thonerde
                                 =
                                    											15,500          
                                    											„
                                 
                              
                           mit einem äußerst geringen Antheil von Manganoxyd.
                           In 100 Theilen dieser Verbindung sind daher enthalten:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 = 48,114
                                    											mit        
                                 
                                 
                                    25,000 Sauerstoff,
                                 
                              
                                 KalkerdeThonerde
                                 = 23,301  „=
                                    											28,585  „
                                   6,657 × 213,381 ×
                                    											1
                                 
                                    
                                    
                                 =
                                    											26,695        „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                   100,000.
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           Da der Sauerstoffgehalt der Kalkerde in jenem der Thonerde zweimal enthalten ist, und
                              									die Summe des doppelten Sauerstoffgehaltes der Kalkerde und des einfachen der Thonerde
                              									nur wenig verschieden von jenem der Kieselerde ist, so kann dieses synthetische
                              									Silicat füglich als eine Verbindung von der Form
                           CS² + AS
                           betrachtet werden.
                           Während die Beschickung des ersten Horzuwitzer Hohofens auf Grundlage früherer
                              									Erfahrungen, mithin empirisch, erfolgt war, wählte man nun für den zweiten Hohofen
                              									eine Beschickung nach stöchiometrischen Grundsätzen und zwar aus Erzen bestehend,
                              									welche der erste Hohofen bislang zum Theil nicht verschmolzen hatte, bei einem
                              									Kalkzuschlage von 18 Proc.
                           Die Beschickung enthielt:
                           
                              
                                 an Kieselerde
                                 = 25,595 Gewichtstheile,
                                 
                              
                                  „  Kalkerde
                                 =
                                    											10,460          
                                    											„
                                 
                              
                                 „  Thonerde
                                 =
                                    											14,875          
                                    											„
                                 
                              
                           In 100 Theilen dieser Erdarten waren daher enthalten:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 = 50,25 mit
                                 
                                 
                                    26,11 Sauerstoff,
                                 
                              
                                 KalkerdeThonerde
                                 = 20,54  „=
                                    											29,21  „
                                   5,87 × 213,69 ×
                                    											1
                                 
                                    
                                    
                                 =
                                    											25,31        „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                   100,00.
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           Auch diese Verbindung, welche ebenfalls der Form
                           CS² + AS
                           nahekommt, gab sehr günstige Resultate, wobei noch zu bemerken
                              									ist, daß der Manganoxyd-Gehalt etwas größer war, als bei der Beschickung des
                              									ersten Hohofens.
                           In den beiden speciellen Fällen war die Differenz zwischen dem durch die Analyse
                              									nachgewiesenen Eisengehalte der Gattirung und dem wirklichen Ausbringen im Großen
                              									durchschnittlich 3 1/2 Proc., obwohl das erblasene Roheisen ausschließlich zum
                              									Gießerei-Betriebe verwendet wurde, und es darf daher wohl mit Recht das
                              									Schmelzresultat ein um so günstigeres genannt werden, als bei dem totalen Ausbringen
                              									von 28–29 Proc. an Eisen, per 100 Pfd. gußfähigen
                              									Roheisens durchschnittlich nur 115 bis 120 Pfd. weicher Holzkohlen, von denen ein
                              									Kubikfuß 7 Pfd. wiegt, verbraucht wurden.
                           Wiederholte Versuche mit verschiedenen Beschickungen von ähnlicher Zusammensetzung
                              									führten immer dieselben Erfolge herbei; sobald aber ein Oxyd durch ein –
                              									selbst vorzüglich geröstetes – Oxydul ersetzt wurde, zeigte zwar der Ofengang
                              									nicht die mindeste Veränderung, das graue, für den Gießereibetrieb vorzüglich
                              									geeignete Roheisen ging aber in weißes über, welches ein treffliches Material zu der
                              									Stabeisenbereitung abgab, weil es bei Gaargang erblasen war.
                           Ein mehr als siebenjähriger Betrieb auf den Horzuwitzer Eisenwerken hat zur Genüge
                              									dargethan, wie höchst wichtig die stöchiometrische Anordnung der Beschickung ist,
                              									welche günstige Resultate durch sie ermöglicht werden, wenn man nur mit dem
                              									Verhältnisse der zu verschlackenden Erdarten einer Beschickung innerhalb der
                              									Gränzen
                           CS² + AS² und CS + AS
                           bleibt.
                           Jene Hüttenmänner, welche der Empirie huldigen und alle wissenschaftlichen
                              									Begründungen als theoretische Spielereien betrachten und verwerfen – und es
                              									gibt deren noch viele – erlangen die Kenntniß der zu ihrer Verfügung
                              									stehenden Schmelzmaterialien nur auf Kosten des Betriebes, und oft auch gar nicht,
                              									es bleibt ein wirklich eintretender günstiger Erfolg zumeist ein Werk des
                              									Zufalles.