Titel: Ueber die Vortheile der Natrium-Blutlaugensalz-Fabrication; von Franz Reindel in Nürnberg.
Autor: Franz Reindel
Fundstelle: Band 135, Jahrgang 1855, Nr. CIV., S. 453
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CIV. Ueber die Vortheile der Natrium-Blutlaugensalz-Fabrication; von Franz Reindel in Nürnberg. Reindel, über die Vortheile der Natrium-Blutlaugensalz-Fabrication. Wenn stickstoffhaltige organische Körper mit Potasche und Eisen geglüht werden, so wird durch die beim Erhitzen der erstem sich bildende Kohle das kohlensaure Kali zu Kalium reducirt, welches die Bildung von Cyan und damit diejenige von Cyankalium veranlaßt. Indem man die erhaltene „Schmelze“ mit Wasser behandelt, wirkt das Cyankalium auf das Eisen (und etwa vorhandenes feinzertheiltes Schwefeleisen) ein, unter Erzeugung eines Doppelcyanürs von der Formel: 2 KCy + FeCy + 3 aq. oder 4 KCy, 2 FeCy + 3 aq, des gewöhnlichen gelben Blutlaugensalzes. Alle angegebenen Vorgänge bleiben dieselben, wenn statt des kohlensauren Kalis das viel billigere kohlensaure Natron (Soda) angewendet wird. Rechnet man die Potasche per Centner zu 18 st., die calcinirte Soda zu 13 1/2 fl. und berücksichtigt ferner, daß zur Bildung von einem Aequivalent Kalium-Blutlaugensalz 70 Gewichtstheile Potasche, zur Herstellung von einem Aequiv. Natrium-Blutlaugensalz dagegen, wegen des geringeren Mischungsgewichts des Natriums, nur 54 Gewichtstheile Soda nothwendig sind, so ergibt sich daraus, daß man für 54 × 13 1/2 = 739 st. kohlensaures Natron ein Doppelcyanür erhält, welches dieselbe Quantität von Berlinerblau liefert, wie das gewöhnliche Blutlaugensalz, zu dem man für 70 × 18 = 1260 st. Potasche anwenden muß. Außer dieser, über 40 Procent betragenden Ersparniß würde die Soda, da sie leichter schwefelsäurefrei zu erhalten ist, wie die Potasche, noch den Vorzug haben, daß sie weniger Verlust an Cyan, durch die beseitigte Entstehung von Schwefelcyanmetallen, herbeiführen würde. Der einzige Nachtheil des Natrium-Blutlaugensalzes, eine große Menge Wasser (41 Procent) zu enthalten, wodurch fast die Hälfte der Transportkosten nur für dieses bezahlt würde, sowie der Einwand, daß man wegen der Verwitterbarkeit des Salzes keinen sichern Schluß auf dessen Gehalt ziehen könne, würden dadurch beseitigt, daß man das Salz als wasserfreies, als vorsichtig calcinirtes in den Handel brächte. Vortheilhafter wohl noch, als die Anwendung von Soda allein, möchte ein Gemenge von kohlensaurem Kali und kohlensaurem Natron dienen. Da bekannt ist, daß Kali – mit Natronsalzen gemischt einen niedrigeren Schmelzpunkt besitzen als jedes der genannten Salze für sich, so wäre dadurch einerseits der Verflüchtigung der Alkalimetalle, andererseits der Zersetzung des Cyans großentheils vorgebeugt. In einer später zu veröffentlichenden Arbeit werde ich zeigen, daß sich Doppeltcyanüre von Kalium und Natrium indirect herstellen lassen durch die Behandlung von Ferridcyankalium mit Aetznatron und Krümelzucker, so wie durch Zusammenbringen von Ferridcyannatrium mit Aetzkali und demselben reducirenden Agens, von der Zusammensetzung: 3 K   Na 4 Cy, 2 Fe Cy +   7 aq und 3 Na   K 4 Cy, 2 Fe Cy + 14 aq. Es wäre daher von Blutlaugensalz-Fabrikanten zu versuchen, ob durch ein Gemenge von 9 Gewichtstheilen Potasche und 16 Gewichtstheilen calcinirter Soda das letztere Salz, welches leicht krystallisirbar ist, nicht unmittelbar darzustellen wäre.