Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 135, Jahrgang 1855, Nr. , S. 76 |
Download: | XML |
Miscellen.
Miscellen.
Statistik der englischen Eisenbahnen.
Das Nachstehende ist ein Auszug aus einer Veröffentlichung des englischen
Handelsamtes (Board of trade) und enthält nur die
wichtigsten Thatsachen aus dieser langen Arbeit.
Im Jahre 1853 hat das Parlament den Bau von 940 engl. Meilen Eisenbahnen
concessionirt. Diese Zahl ist weit höher als die der frühern Jahre seit 1847. Von
diesen 940 Meilen kommen 589 Meilen auf England, 80 Meilen auf Schottland und 271
Meilen auf Irland.
Die Gesammtlänge der vom Anfang bis Ende 1853 vom
englischen Parlament autorisirten Bahnen beträgt 12,688 engl. (2760 deutsche)
Meilen. Von dieser Zahl sind 7686 Meilen dem Verkehr übergeben und es bleiben noch
5002 Meilen auszuführen; da aber 2838 Meilen von dieser concessionirten Länge am
Ende von 1853 nicht ausgeführt waren, so erlosch die Parlaments-Genehmigung
und es blieben daher nur noch 2164 Meilen wirklich auszuführen. Von den 7686 Meilen
bereits dem Verkehr übergebener Bahnen kommen 5848 Meilen auf England, 995 Meilen
auf Schottland und 843 Meilen auf Irland. Im Jahre 1853 sind 350 M. dem Verkehr
übergeben worden.
Das in dem Vereinigten Königreich in Eisenbahnen angelegte Capital betrug am Ende von 1852 die Summe von 6 Milliarden 604 Millionen
142,000 Francs, wovon 4,035,006,400 Fr. in Stammaktien, 967,518,875 Fr. in
Prioritätsactien oder Obligationen, und 1,601,616,700 Fr. in Anleihen. Die im Jahre
1853 auf Eisenbahnen verwendeten Summen sind dem Parlament noch nicht bekannt; aller
Wahrscheinlichkeit nach waren sie aber nicht geringer als 1852, und es ist daher
anzunehmen, daß sie im J. 1853 wenigstens 7 Milliarden 15 Millionen betragen werden,
wovon 1 Milliarde 50 Millionen auf Stamm- und Prioritäts-Actien und 1
Milliarde 750 Millionen auf Anleihen kommen.
Die Meilenzahl der Ende Juni 1853 im Bau begriffenen Eisenbahnen betrug 682, und die
Anzahl der dabei beschäftigten Arbeiter 37,764. Die Anzahl der zu derselben Zeit dem Verkehr
geöffneten Bahnen betrug 7512 Meilen und die Anzahl der dabei Angestellten
80,409.
Die Anzahl der Personen, welche 1853 die Bahnen in dem Vereinigten Königreiche
befahren haben, beträgt 102,286,660; im Jahre 1852 betrug sie 89,135,729. Die
Gesammteinnahmen von allen Quellen beliefen sich im J. 1853 auf 450,896,975 Francs;
im J. 1852 auf 392,763,850 Fr. Im Jahre 1849 betrug die Zunahme der Reisenden per
Meile 11,450, im J. 1853 aber 14,695 Personen In Schottland waren die Reisenden,
welche in Wagen der dritten Classe fuhren, die zahlreichsten, und die dadurch
erlangte Einnahme überstieg die der beiden andern Wagenclassen zusammengerechnet.
Sowohl in England, als in Schottland und Irland hat auch eine sehr bedeutende
Vermehrung des Gütertransports von einem Jahr zum andern stattgefunden.
Was nun die Unglücksfälle betrifft, so wurden im J. 1852
von 89,135,729 Reisenden in Großbritannien 216 Personen getödtet und 486 verwundet.
Davon kommen 181 Getödtete und 413 Verwundete auf England, 14 Getödtete und 71
Verwundete auf Schottland und 11 Getödtete und 2 Verwundete auf Irland.
Im Jahre 1853 wurden von 102,286,660 Reisenden 305 Personen getödtet und 449
verwundet; es kommen davon respective 243 und 369 auf England, 37 und 69 auf
Schottland, 25 und 12 auf Irland.
Wenn man nun die Jahre 1852 und 1853 mit einander vergleicht, so findet man, daß 1852
auf 1 Million Reisender in England 14 Getödtete und 43 Verwundete, in Schottland
kein Getödteter und 0,625 Verwundete, in Irland kein Getödteter und 3,2 Verwundete,
und für das ganze Vereinigte Königreich 11 Getödtete und 4,2 Verwundete auf 1
Million Reisender sich herausstellen.
Im Jahre 1853 ist die Anzahl der Unfälle im Verhältniß zu derjenigen der Reisenden
weit größer. Auf 1 Million Reisender kommen in England 25 Getödtete und 2,6
Verwundete; in Schottland 9 der erstern und 4,5 der letztern, und in Irland 2,4 der
erstern und 1,6 der letztern; für das ganze Königreich macht dieß 35 Getödtete und
2,8 Verwundete per Million Reisender.
Obgleich diese Zahlen im Verhältniß zu der großen Anzahl der Reisenden unbedeutend
erscheinen, so muß man diese Unfälle doch um so mehr beklagen, da sie fast immer
durch die Schuld der Angestellten veranlaßt wurden. Dennoch gewährt kein anderes
Transportmittel den Reisenden so große Sicherheit, als die Eisenbahnen. (Armengaud's
Génie industriel, October 1854, S. 196.)
Eisenbahn-Signal aus China entlehnt.
Capitän J. Norton beschreibt eine Methode zur Bewirkung
der Verbindung zwischen dem Conducteur eines Eisenbahnzuges und dem Locomotivführer,
welche in China als Signal für verschiedene Zwecke benutzt wird. Eine metallene
Pfeife wird nämlich an einem kurzen Stock befestigt, und wenn dieser durch die Luft
geworfen wird, so entsteht ein schriller Ton; je schneller er fortgetrieben wird,
desto stärker ist das Geräusch. Capitän Norton bemerkt,
daß das wirksamste Verfahren, eine solche Pfeife als Eisenbahn-Signal zu
benutzen, darin bestände, den Stock in den Lauf eines mit Pulver geladenen Pistols
zu stecken und dasselbe über die Locomotive weg abzufeuern. Er hat auf diese Weise
zu verschiedenen Malen die Wirksamkeit dieses Signals probirt, indem er während der
vollen Geschwindigkeit des Bahnzuges die Pfeife durch die Luft abschoß und
unmittelbar darauf die Antwort von Seite des Lokomotivführers mittelst der
Dampfpfeife hörte. (Civil Engineer and Architect's
Journal, Nov. 1854, S. 399.)
Ein Riesen-Schwungrad.
Das große Schwungrad in der Morsey-Hütte ist wohl das größte jetzt
gebräuchliche. Beim Auswalzen der Kesselbleche ist die Geschwindigkeit, mit welcher
sich die Walzen
umdrehen müssen, sehr beschränkt, mit andern Worten, die Anzahl der von den Walzen
gemachten Umdrehungen ist. im Verhältniß zu denen, welche andere Walzen bei der
Eisenfabrication machen, gering. Bei einem Walzwerk, welches directe Bewegung
erforderte, war es daher nothwendig ein Schwungrad zu construiren, welches groß und
schwer genug war, um bei wenigen Umgängen ein Moment zu haben, welches hinreicht um
die gewöhnlichen Stöße beim Auswalzen großer Blechplatten zu überwinden. Dieß konnte
aber nur dadurch bewirkt werden, daß man den Durchmesser des Schwungrades so groß
machte, daß der Kranz das erforderliche Moment besitzt. Unter dieser
Berücksichtigung ist ein Schwungrat entstanden, dessen Durchmesser 35 Fuß beträgt,
welches ungefähr 60 Tonnen (1200 Ctr. wiegt und dessen Kranz allein ein Gewicht von
24 Tonnen hat Letzterer bewegt sich bei 38 Umdrehungen mit einer Geschwindigkeit von
etwa 4500 Fuß in der Minute. Bei einem so großen Rade war eine große Sorg altSorgfalterforderlich, um alle Theile so mit einander zu verbinden, daß sie beim
Umlauf zusammenhalten und nicht durch die Centrifugalkraft auseinander gehen. Nach
Vollendung der Zeichnung wurde die Construction Hrn. Fairbairn zur Begutachtung vorgelegt, der jedoch erklärte, daß sie
hinlänglich fest sey, um eine Geschwindigkeit von 14,000 Fuß in der Minute –
d.h. 120 Umdrehungen – auszuhalten. (Civil Engineer
and Architect's Journal, Nov. 1854, S. 399.)
Die Tragkraft der Rostpfähle.
Professor Stevelly bemerkt Nachstehendes über die Gränzen
des Tragvermögens der in den Boden eingetriebenen sogenannten Rostpfähle. Die Kraft,
welche dem Eindringen der Pfähle in den Boden Widerstand leistet, kann unter sehr
eigenthümlichen Umständen in dem Maaße abnehmen, je tiefer der Pfahl eindringt; in
den meisten Fällen nimmt sie dagegen zu, und in der Regel ist bei den letzten
Schlägen der Ramme diese Zunahme sehr bedeutend. Er gibt folgende einfache Proben
an: nachdem der Pfahl so weit eingetrieben worden ist, als er eingetrieben werden
soll, lasse man den Rammklotz von einer geringern Höhe auf ihn herabfallen, als es
bei dem vorhergehenden Schlage geschehen, und vergleiche dann genau die beiden
Längen, um welche er eingetrieben worden ist. Wenn der Widerstand zunimmt, so ist
die wirkliche Belastung, welche der Pfahl tragen kann, nicht geringer, als sie wäre,
wenn der Widerstand des Pfahles beim Eintreiben ein ganz gleichförmiger gewesen
wäre. Letztere Kraft läßt sich sehr einfach berechnen, und man erhält dann die ganz
sichere Gränze bis wie weit man den Pfahl mit einer todten Last beschweren kann,
ohne daß er weiter einsinkt. Die beiden dynamischen Principien, worauf sich die
Berechnung gründet, sind:
1) Wenn eine sich bewegende Masse W eine andere ruhende
W' mit einer Geschwindigkeit v stößt, so ist die Geschwindigkeit nach dem Stoß
v' = v W/(W + W').
2) Wenn ein Körper, welcher sich mit der Geschwindigkeit v' bewegt, durch einen gleichförmig wirkenden Widerstand aufgehalten wird,
so kann dieser Widerstand mit dem Gewicht verglichen werden, welches die
Geschwindigkeit veranlaßt (hier die Ramme), in Folge des Grundsatzes, daß die Kraft
oder der Widerstand proportional ist dem Quadrat der gewonnenen oder verlorenen
Geschwindigkeit, dividirt mit dem Raum durch den die Kraft wirkt, um die
Geschwindigkeit zu geben oder wegzunehmen.
Die nachstehende praktische Regel ist eine einfache algebraische Deduction von diesen
beiden Principien. Man bezeichne mit W das Gewicht des
Rammklotzes in Tonnen; mit W' das Gewicht des Pfahls in
Tonnen und Zehnteln; mit h die Höhe in Fußen und
Zehnteln, von welcher der Rammklotz beim letzten Schlage herabgefallen ist; mit d endlich die Tiefe in Zehnteln eines Fußes, um welche
der letzte Schlag den Pfahl eingetrieben hat: so wird L
die Gränze der Belastung (in Tonnen) seyn, welche der Pfahl mit Sicherheit tragen
kann, daher
L = W
(W/(W + W')) . (h/d);
wobei W, W', h und d sämmtlich durch Wägung und Messung bestimmt werden
können. (Civil Engineer and Architect's Journal, Nov.
1854, S. 399.)
Bonelli's elektrischer
Webstuhl.
Ueber diese wichtige Erfindung enthält die St. Galler Zeitung aus bester Quelle
folgende Mittheilung:
Das erste Modell eines elektrischen Bonelli'schen
Webstuhls mit 120 Hebehaken (Platinen) nach der Construction von Hrn. Hipp (aus Reutlingen), Vorsteher der
Telegraphenwerkstätte in Bern, ging kürzlich von da nach Turin an Hrn. Bonelli ab.
Eine telegraphische Depesche meldete Hrn. Hipp, daß die
Gesellschaft damit zufrieden und Hr. Bonelli sehr
befriedigt sey. – Es scheint außer Zweifel, daß es dem Scharfsinn und dem
praktischen Talente Hrn. Hipp's gelungen ist, jene
Schwierigkeiten zu überwinden, welche die Modelle von Brequet in Paris untauglich machten. – Namentlich störte das Ueberspringen des elektrischen Funkens schnell den
sichern Gang des Apparats; Hr. Hipp hat auf äußerst
sinnige Weise diesen Uebelstand gänzlich zu vermeiden gewußt, und es soll eine
Freude seyn. denselben mit der größten Sicherheit functioniren zu sehen.
In beiläufig zwei Monaten dürfte ein zweiter Apparat mit vierhundert Hebehaken
vollendet werden. Erhält auch dieser Apparat, woran kaum zu zweifeln ist, die
Zufriedenheit der Gesellschaft, welche die Erfindung von Hrn. Bonelli um eine Million Francs erkauft und sich
dafür bereits in allen Ländern Patente erworben hat, so erhält Hr. Bonelli von derselben die zweite Hälfte dieses Betrags.
Die erste Hälfte war ihm gleich Anfangs für die bloße Idee, ohne nur der praktischen
Ausführung gewiß zu seyn, zugestellt worden. – Diese ungeheure Summe für eine
Erfindung läßt deren Werth beurtheilen; es wird behauptet, daß die Ersparnisse eines
einzigen Webstuhls jährlich über 1000 Fr. betragen.
Hr. Hipp will keine besondern Schwierigkeiten mehr darin
finden, dergleichen Apparate mit tausend und noch mehr Hebehaken zu verfertigen,
seit es ihm gelungen ist, die zarte metallische Oberfläche des Dessin stets rein und
von elektrischen Funken unangegriffen zu erhalten.
Verstärkung des Gußeisens durch Umschmelzen.
Hr. Oldham hat Versuche über die Festigkeit des Gußeisens,
zur Bestätigung der von Hrn. Fairbairn (polytechn.
Journal Bd. CXXXI S. 26) unternommenen angestellt, wonach es als erwiesen anzusehen
ist, daß Gußeisen durch wiederholtes Umschmelzen fester wird. Die Versuche wurden
mit 2 Fuß langen Stäben angestellt und der höchste Grad der Stärke wurde beim
neunzehnten Umschmelzen erlangt. (Civil Engineer and
Architect's Journal, Nov. 1854, S. 400.)
Firniß, um das Austrocknen der Gemälde-Leinwand zu
verhindern; von den HHrn. Bourlet de la Vallée und
Garneray.
Die Société d'Encouragement ertheilte im
Jahr 1851 Hrn. Garneray eine silberne Preismedaille für
einen Firniß, welcher die Gemälde nicht nur gegen Feuchtigkeit vollkommen schützt,
sondern auch verhindert daß sie Riffe bekommen. Die Zusammensetzung dieses Firnisses ist in einem
Patent angegeben, welches dem Erfinder am 6. August 1849 verliehen wurde. Man
nimmt:
Pfeifenthon
1 Theil
Schwerspath
1 „
Zinkoxyd
1 „
Bleiweiß
1 „
Kreide
2 Theile
Vogelleim
1 Theil
Terpenthin oder andere Harze
1 „
aufgelösten Kautschuk
4 Theile
fette Oele
2 „
Pflanzenöle oder ätherische Oele
4 „
mineralische Oele
3 „
thierische Oele
1 Theil.
Die Verhältnisse aller dieser Substanzen können abgeändert werden je nach der Farbe,
dem Grade der Weichheit oder Dicke, welche man dem Ueberzug zu geben wünscht, und je
nachdem derselbe glatt oder rauh seyn soll.
Die Vortheile dieses Ueberzuges bestehen darin, daß er auf Gewebe jeder Größe und
jeder Art aufgetragen werden kann, und daß er nicht nur das Austrocknen derselben
vollkommen verhindert, sondern sie zugleich undurchdringlich macht.
Wenn man den Geweben aber eine gewisse Durchdringlichkeit lassen will, damit die
Farbe sich einsaugen kann, so genügt es das Verhältniß des Kautschuks zu
verringern.
Ein anderer Vortheil dieses Ueberzuges ist. daß er niemals Risse bekommen kann, als
wenn ein sehr starker Druck auf eine Falte ausgeübt wird, und daß es unmöglich ist
ihn von dem Tuch zu trennen, selbst mittelst schneidender Instrumente; daß er den
Einflüssen der Witterung widersteht, sowie auch dem kochenden Wasser; endlich daß er
gestattet die Gemälde zu rollen, ohne daß sie Schaden leiden. (Description des brevets, t. XV p. 49.)
Ueber die Verwendung der Zuckerrüben zur Weinbereitung; von
Professor Siemens in Hohenheim.
Bei den in diesem Herbst wiederholten Versuchen über Verwendung der Zuckerrüben in
der Branntweinbrennerei gelang es, einen sehr reinschmeckenden Saft zu gewinnen, der
nach der Gährung als ein trinkbarer Most (Cider) erschien. Dieß gab zunächst die
Veranlassung, den auf ähnliche Weise gereinigten Rübensaft als Zusatz zum
Obst- und Traubenmost oder doch zur Gewinnung eines guten Träberweins zu verwenden, wovon um so mehr ein nicht ungünstiges
Resultat zu erwarten stand, als der aus jenem Rebensafte gewonnene Branntwein ohne
weitere Reinigung kaum noch den eigenthümlichen Rübengeschmack erkennen läßt. Da
diese vollständigere Entfernung des Rübengeschmacks vorzugsweise durch eine
geeignete Behandlung des Safts mit Schwefelsäure und die dadurch bewirkte bessere
Vergährung erlangt wurde, so schien zu dieser neuen Verwendung des Rübensafts eine
ähnliche Behandlungsweise geeignet. Es mußte dabei nur statt der Schwefelsäure eine
andere Säure gewählt werden, weil man Anstand nehmen würde, jene zu einem für den
Genuß bestimmten Getränke zu verwenden, obgleich wir die Schwefelsäure in so
geringer Menge, wie sie hier nöthig wird, in den wohlthätigsten Arzneimitteln nicht
selten erhalten. Als Ersatz für die Schwefelsäure
schienen mir, ihres reichen Gehalts an Aepfesäure wegen, die bekannten sauren Beeren
des Berberitzenstrauchs (Berberis
vulgaris) ganz geeignet, und ein Versuch zeigte denn auch eine gleiche
klärende Wirkung auf den Rübensaft.
Ein einfaches Kochen mit diesen Beeren, wovon auf 10 Maaß Rübensaft 2 bis 3 Schoppen
Beeren nur zerquetscht zugesetzt wurden, genügte, um einen reinen Saft zu
bekommen. Sobald dieser zwischen den ausgeschiedenen Flocken klar erschien, wurde
derselbe durch einen Flanellbeutel oder Tuch und dann durch etwa 1 Pfund gekörnte
Holzkohle filtrirt. Dieser Filtration folgte noch eine Klärung mit etwas Eiweiß, da
der Saft immer einige feine Kohlentheile mit fortreißt, die beim Gerinnen des
Eiweißes wieder abgeschieden werden. Nach dieser Klärung wird auch noch ein
Abdampfen nöthig, weil diese weitere Concentration sowohl den eigenthümlichen
Rübengeschmack, als auch die größere Vergährungsfähigkeit des Safts vermindert.
Letzteres scheint nöthig, da eine Probe ohne längeres Kochen binnen zwei bis drei
Tagen durch die Gährung bereits allen Zucker verloren hatte.
Der eingedickte Saft (etwa die Hälfte des früheren Quantums), der gegen 30 Procent am
Saccharometer zeigte, wurde dann vor der Vermischung mit dem Traubenmoste oder den
Weintrestern wieder bis auf 20 Procent mit reinem Wasser verdünnt. Von diesem so
gereinigten Rübensafte vermischte ich 5 Maaß mit 10 Maaß Traubenmost, der dadurch
bis jetzt keine Spur von Rübengeschmack bemerken läßt. Ob dieß nicht aber später
noch der Fall seyn wird, muß die weitere Erfahrung lehren. Jedenfalls zeigten die
angestellten Versuche, daß die Zuckerrüben ein billiges und brauchbares Material zur
Vermehrung unseres Wein- und Obstmostes in solchen Jahren, wie das heurige,
liefern; und sollte man auch noch Anstand nehmen, seinen Wein- und Obstmost
mit solchem Rübensaft zu vermischen, so würde man mit demselben aus den Wein- und Obst träbern,
wenn diese nicht zuvor durch Erwärmung dazu verdorben sind, sicher noch ein weit
besseres Getränk bereiten können, als durch den alleinigen Zusatz von Wasser.
Die Rübe, welche jetzt schon durch ihre Verwendung zur Zuckerbereitung und
Alkoholgewinnung gerade für unsern kleinern Grundbesitzer einen reichen und sickeren
Lohn für seine Arbeit liefert, kann ihn durch diese neue Erfindung auch mit einem
kräftigen Trunke beleben und erfrischen. Wesentlich nöthig scheint es aber bei
dieser Verwendung des Rübensafts, daß man die Rübe zuvor schält, weil ihre
Verunreinigungen vorzugsweise in der Schale, namentlich in dem obern, mehr
verholzten Theile enthalten sind. Ganz besonders geeignet zeigte sich hiebei die
Rübenvarietät, welche schon seit einer Reihe von Jahren hier in Hohenheim mit besonderer Sorgfalt cultivirt wird, da sie
auch für die Zuckerfabrication selbst auf gedüngtem Acker einen weit reineren Saft
liefert, als die gewöhnliche schlesische Zuckerrübe, weßhalb jene auch für die
Brennerei einen besondern Vorzug verdient.
Ferner zeigten die bereits angestellten Proben, daß durch Auslaugen der Rüben ein
weit reinerer Saft gewonnen werde, als durchs Pressen, namentlich wenn man dabei die
zerquetschten Beeren in das erste Wasser gibt, worin die Rüben zunächst zu erhitzen
sind. In diesem Falle findet weder eine schwarze Färbung des Safts noch der Schnitte
statt, und man erhält dadurch einen schön röthlich gefärbten Saft, was denselben
viel einladender macht, als die dunkle Färbung des durchs Pressen gewonnenen Safts,
der jedoch auch während der Gährung nach und nach verschwindet. Zum Auslaugen werden
die geschälten Rüben mit einer gewöhnlichen Wurzelschneidmaschine in dünne Scheiben
zerschnitten, und diese in getheilten Portionen von gleicher Menge unmittelbar nach
dem Schneiden in einem Kessel mit Wasser nicht gekocht,
aber so lange erhitzt, bis sie völlig abgewelkt, aber nicht erweicht sind. Das
völlige Auslaugen kann dann mit kaltem Wasser geschehen, wie dieß bereits von mir
(polytechn. Journal Bd. CXXXII S. 442) näher beschrieben worden ist. (Wochenblatt
für Land- und Forstwirtschaft, 1854, Nr. 46.)