Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 135, Jahrgang 1855, Nr. , S. 154
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Miscellen. Miscellen. Ein Vorschlag zu schnellster Briefbeförderung auf Eisenbahnen. Eine Notiz in der Weserzeitung vom Sonnabend voriger Woche, betreffend eine Erfindung, Briefe mit der Geschwindigkeit von 30 bis 35 Secunden per (englische?) Meile zu befördern, erweckte in mir den Wunsch, die Möglichkeit einer dazu nöthigen Vorrichtung mir vorstellen zu können. Die vor einigen Jahren von einem Amerikaner vorgeschlagene Methode, einen Kolben durch ein Rohr hindurchzutreiben, vermittelst einer am Ende des Rohrs angebrachten Luftpumpe, kann keinenfalls eine solche Geschwindigkeit zulassen, wenn sie überhaupt ausgeführt ist. Mir kam der Einfall, ob sich wohl Raketen zur Fortschaffung eines sehr leichten Wagens, mit zwei Rädern von großem Durchmesser und sehr genau gearbeiteter Achse, auf Eisenbahnen benutzen ließen. Würde ein Cylinder mit conischer Zuspitzung, als Verlängerung der Raketenhülse, zur Aufnahme des Briefpaketes benutzt, so könnte der Widerstand der Luft und die Reibung der Räder, welche zu überwinden wären, doch kein sehr großes Kraftmoment erfordern. Ob die Triebkraft einer Rakete hinreicht, und die Dauer der Wirkung für eine bestimmte Entfernung nach Versuchen zu berechnen wäre, werden Techniker vielleicht beurtheilen können. Liegen keine Erfahrungen vor, nach denen sich Berechnungen anstellen ließen, so könnte die Herstellung eines derartigen Apparates zu einem Versuche so übermäßige Kosten ja wohl nicht verursachen. Zwar kann man sich nicht verhehlen, daß – wenn auch die Kraft ausreicht – sich noch manche Schwierigkeiten bei der Anwendung finden würden, als: Feuergefährlichkeit, Scheuwerden der Pferde u. dgl. m. Allein, bei welcher Uebertragung irgend einer Idee ins praktische Leben hätten sich keine Schwierigkeiten gezeigt? Bremen. 31. August 1854. G. Kindt. Hr. Director Karmarsch begleitet diesen Vorschlag in den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins, 1854 Heft 5, welchen wir sie entnehmen, mit folgenden Bemerkungen: „In einer Zeit wie die unsere, wo durch die Ausbildung der Ingenieur-Wissenschaften und das unermüdliche Wirken unzähliger geistvoller und praktischer Köpfe in diesem Fache wahre Wunder geleistet werden, kann die Idee meines verehrten Freundes – überrascht sie auch auf den ersten Blick durch ihre Kühnheit – gewiß ernstliche Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Wenn man die englischen Personen-Schnellzüge 1 englische Meile in 98 bis 100 Secunden durchlaufen sieht, und (laut Zeitungsnachricht) die Königin Victoria einen Weg von 135 engl. Meilen in 3 1/4 Stunden – 1 Meile in nicht voll 87 Secunden – zurückgelegt hat, so stellt sich Briefbeförderung mit einer dreimal so großen Geschwindigkeit keineswegs als etwas Unerreichbares dar, sofern dabei menschliche Begleitung nicht in Frage kommt. Die Geschwindigkeit von 30 Secunden für eine engl. Meile gibt 171 rheinl. Fuß für eine Secunde; eine Büchsenkugel durchstiegt 1500 Fuß, eine 24pfündige Kanonenkugel 2300 Fuß in der Secunde, wogegen die vorgenannte Geschwindigkeit noch klein erscheint. Daß durch Raketen von angemessener Größe und Ladung die geforderte Bewegung erreichbar seyn würde, unterliegt kaum einem Zweifel. Gelänge es, für einen kleinen Dampfkessel eine Heizung zu erzielen, welche mindestens 1 Stunde lang ohne äußere Nachhülfe gleichmäßig fortdauerte (– man muß dabei an Einrichtungen nach dem Principe der Lampen denken –); so wäre vielleicht die Möglichkeit vorhanden, eine Art Dampf-Rakete zu construiren. Vorkehrungen um den eilfertigen leblosen Briefboten auf der Endstation anzuhalten, dürften sich leicht finden, wenn erst das Uebrige erledigt wäre. Das Alles ist ein weit aussehendes Project, aber – gewiß kein leeres Hirngespinnst. Ueber Darstellung der gefärbten Metallfolien; von Dr. L. Elsner. Es werden so häufig Anfragen gethan, über Darstellung der gefärbten Metallfolien, daß ich hier einige Andeutungen über diesen wichtigen Gegenstand der chemischen Technik anführen will. Die gefärbten Metallfolien sind sehr dünn gewalzte Zinnfolien) diese werden nun vielseitig gefärbt und zwar: Blau mit einer Lösung von Indigo-(Karmin, Roth mit einer Lösung von Carmin in Aetzammoniakflüssigkeit, Gelb mit einer Lösung von Saffran. Als Verdickungsmittel dient die reine Gelatine. Mischfarben werden erzeugt durch Mischung der erwähnten Farbstofflösungen unter einander. Die größte Schwierigkeit liegt in dem gleichförmigen Auftragen der Farbstofflösungen auf die Zinnfolien. Ein in technisch-chemischen Arbeiten sehr erfahrener Chemiker glaubt hierin den Grund zu finden, daß so außerordentlich wenig Fabriken existiren, welche mit der Darstellung solcher gefärbten Metallfolien sich beschäftigen. (Aus des Verfassers „die chemisch-technischen Mittheilungen der Jahre 1852–1854.“ S. 66.) Neues griechisches Feuer. Wir haben vor einiger Zeit einen Bericht über ein neues flüssiges griechisches Feuer und dessen Anwendung mitgetheilt (polytechn. Journal Bd. CXXXIII S. 280), verfaßt von einem in dieser Sache ganz competenten höheren Officier. Hierin ist der Monat April 1854 als der Zeitpunkt angegeben, wo das Verfahren zum Entzünden des Benzins etc. durch die HHrn. Niepce aus Saint-Victor und Fontaine entdeckt wurde. Ein junger, eben so bescheidener als geschickter Chemiker, Hr. Blanche zu Puteaux, hatte aber schon am 50. März das Artillerie-Comité zur Prüfung seines griechischen Feuers und der andern von ihm entdeckten brennbaren und explodirenden Substanzen eingeladen, war folglich Hrn Niepce in der Darstellung eines griechischen Feuers zuvorgekommen. Die brennbare Substanz, welche Hr. Blanche in unserer Gegenwart auf der Oberfläche eines sehr weiten Zubers verbreitet hat, entzündete sich unmittelbar in Berührung mit dem Wasser und brannte vier bis fünf Minuten lang mit intensiver Hitze, welche sich in beträchtlicher Entfernung fühlbar machte. Diese brennbare Flüssigkeit besitzt die sonderbare Eigenschaft, welche sie ihrer Dichtigkeit verdankt, auf der Oberfläche des Wassers zu brennen, ohne daß sie sich zu sehr ausbreitet, daher sie viel länger dauert als leichtere Substanzen. Hr. Blanche zeigte uns eine andere Flüssigkeit, wovon einige Gramme auf einem Strohbündel verbreitet, denselben in einigen Minuten in Brand setzten, und wovon eine kleine Menge, auf dem Fußboden eines Zimmers verbreitet und durch Begießen mit Wasser entzündet, sogleich eine solche Masse erstickender Dämpfe entwickelte, daß es ganz unmöglich gewesen wäre in diesem Zimmer zu athmen. Eines der merkwürdigsten Präparate des Hrn. Blanche ist endlich ein schwarzes Pulver, ähnlich dem Schießpulver, welches er in kleinen Haufen, an freier Luft, auf einem 4 bis 5 Centimeter dicken Brett absetzte und behufs der Entzündung mit seiner brennbaren Flüssigkeit begoß. Eine Viertelstunde nachher hörte man eine Detonation ähnlich dem Knall eines kleinen Mörsers, nur war derselbe schneidender und trockener; eine schöne Rauchkrone bewegte sich wellenförmig über der Stelle wo vorher das Brett und der Hausen befeuchteten Pulvers waren; von letzterem blieb keine Spur zurück, und das in vier Stücken zerbrochene Brett lag in der Nähe der Stelle wo die Detonation statt gefunden hatte. Dieses Pulver, durch eine Lunte angezündet, wäre augenblicklich explodirt und hätte dabei dieselben Wirkungen hervorgebracht. Hr. Blanche benutzte nur deßhalb seine Flüssigkeit zum Anzünden, um sich vor der Explosion zurückziehen zu können. Die Menge des angewandten Pulvers betrug beiläufig vierzig Gramme. Govi. (Cosmos, Revue encyclopédique, November 1854, S. 529.) Ueber die Wirkung der Gallussäure und des Gerbestoffs auf die Eisen- und Thonerdebeizen; von Prof. Calvert in Manchester. Der Verfasser zog aus den Thatsachen, welche in einer Abhandlung zusammengestellt sind, die er der zu Liverpool versammelten British Association mittheilte, folgende Schlüsse: 1) daß in den Gerbematerialien ohne Zweifel der Gerbestoff die Substanz ist, welche mit den Eisenbeizen Schwarz liefert; 2) daß die Ursache weßhalb die Gallussäure nicht schwarz färbt, die ist, daß sie das Eisenoxyd in der Beize reducirt und dann ein farbloses und lösliches gallussaures Eisenoxydul bildet; 3) daß die Gallussäure die Eigenschaft besitzt Thonerdehydrat aufzulösen, und auch die Thonerdebeizen von dem Zeug abzuziehen auf welchem sie befestigt worden sind; 4) daß die Ursache weßhalb Extracte der Gerbematerialien keine färbenden Eigenschaften mehr besitzen, die ist, daß in denselben der Gerbestoff in Gallussäure umgewandelt ist; 5) daß die Gallussäure die Eigenschaft besitzt Eisen aufzulösen und sich daher als eine wirkliche Säure charakterisirt, während der Gerbestoff, welcher diese Wirkung nicht hervorbringt, wirklich eine neutrale Substanz zu seyn scheint. Ueber die Wirkung der Weinsteinsäure etc. auf Baumwollen- und Leinenzeuge bei trockener und feuchter Hitze; von Prof. Calvert. Der Verfasser fand bei seinen Versuchen, daß wenn man von Weinsteinsäure, Citronensäure oder Kleesäure 2 bis 4 Theile in 100 Theilen Wasser auflöst, in die erhaltene Lösung Leinen- oder Baumwollenzeug taucht, denselben dann in der Luft trocknet, bei gewissen Temperaturen, denen man ihn hierauf aussetzt, die Zähigkeit der Faser vollständig zerstört wird. Merkwürdigerweise findet diese Wirkung organischer Säuren sogar bei den niedrigen Temperaturen von 180°, 212° und 260° Fahr. (66°, 80° und 101° Reaumur) statt. Er fand auch, daß die Fasern von Baumwolle und Flachs, auf angegebene Weise vorbereitet, wenn man sie der Einwirkung des Wasserdampfes von 3 Pfd. Druck aussetzt, zerstört werden. (Athenaeum.) Fabrication des Knoppern-Extracts. Hr. Carl Lang in Regensburg, war in Bayern für folgendes Verfahren patentirt, um den Farbstoff aus den Knoppern ganz rein auszuziehen, ohne daß sich fremde Stoffe mit auflösen. Die rohen Knoppern werden zu nicht zu feinem Mehl gemahlen, mit heißem Wasser tüchtig besprengt, so, bis die Flüssigkeit abzulaufen droht. Um der Feuchtigkeit mehr Eingang zu verschaffen, ist es nöthig, das aufgeschüttete Knoppernmehl nach jedem Ueberguß wieder umzuschlagen. Ist dieß nun geschehen, so bleibt die Masse 30 bis 36 Stunden ruhig liegen, um die Feuchtigkeit recht an sich zu ziehen, und den Gerbe- oder Farbstoff aufzulösen. Hierauf wird das so beschaffene Mehl auf eine hydraulische Presse gebracht, und durch die Kraft dieser Maschine wird sämmtlicher Farbstoff ausgepreßt. Das Product kommt nun auf Kessel, in welchen es so lange verdickt wird, bis alle wässerigen Theile entfernt sind, was sich durch den Augenschein ergibt. Diese sehr einfache Manipulation schließt sich mit der Trocknung des Extracts auf mit Latten, Stroh und Leinwand bedeckten Stellagen, wo die Waare so lange liegen bleibt, bis sie sich von selbst in kleine Stückchen zerbröckelt, in welcher Form dieselbe in Fässer gepackt zur Versendung gebracht wird. Die Manipulation liefert bei gutem frischem Rohmaterial 53 bis 56 Procent Extract; geringere Qualitäten geben natürlich weniger, doch stellt sich, unter Berücksichtigung des Preises, immer das erwähnte Verhältniß wieder her. (Kunst- und Gewerbeblatt für Bayern, 1854, S. 268.) Ueber die Prüfung der Aloë auf Verfälschungen; von N. Gille. Ich empfehle hierzu das folgende neue Verfahren, welches sich mir bei öfterer Wiederholung als vollkommen sicher bewährt hat: man erhitzt die verdächtige Aloë mit ihrem zehnfachen Gewichte Wasser, welches 2 bis 3 Procent kohlensaures Natron enthält, unter beständigem Umrühren, damit sich nichts an den Boden des Gefäßes hängt. Die Lösung erfolgt leicht, und beim Erkalten und Stehen setzt sich nichts ab, wenn die Aloë rein ist; ist sie hingegen unrein, so setzen sich nicht nur die fremden Harze, sondern auch die meisten anderen absichtlich zugesetzten Substanzen und selbst die zufälligen Verunreinigungen ab. Zuweilen kann man schon während des Kochens an dem auftretenden Geruch die Gegenwart der Fichtenharze erkennen, aber ganz sicher findet man sie nach dem Erkalten und Abgießen der Flüssigkeit am Boden des Gefäßes mit allen ihren charakteristischen Eigenschaften. Bei der eben erwähnten Behandlung der Aloë mit alkalischem Wasser bleiben die Ockerarten, die weißgebrannten Knochen u.s.w., womit dieselbe häufig verfälscht vorkommt, natürlich gleichfalls ungelöst zurück. Andere Beimischungen, wie arabisches Gummi und Lakritzen, dürften wohl nur in den theurern Aloësorten zu vermuthen seyn. Um diese letzteren nachzuweisen, hat man nur nöthig, die Aloë mit starkem Alkohol zu behandeln, der sowohl das Gummi, wie auch den größten Theil der Lakritzen ungelöst zurückläßt. (Wittstein's Vierteljahresschrift für praktische Pharmacie, Bd. III S. 563.) Ueber die Nachweisung des Salicins in schwefelsaurem Chinin durch concentrirte Schwefelsäure. Bekanntlich färbt sich das Salicin bei Berührung mit concentrirter Schwefelsäure blutroth, das Chinin dagegen gar nicht, weßhalb diese Reaction benutzt wird, um ersteres im käuflichen Chininsulphat zu erkennen. Mehrseitig war jedoch behauptet worden, eine solche Verfälschung sey nicht mehr deutlich nachzuweisen, wenn der Gehalt an Salicin im Chinin weniger als 10 Procent betrage. Dieß veranlaßte den Apotyeker Acar zu Antwerpen zu einigen Versuchen, welche zeigten, daß Chininsulphat, welches nur 1/1000 Salicin enthält, sich auf Zusatz von concentrirter Schwefelsäure binnen weniger als 10 Minuten noch deutlich roth färbt. (Wittstein's Vierteljahresschrift für prakt. Pharmacie, Bd. III S. 566.) Chemisches Mittel zur Unterscheidung der ächten China regia von der China flava und allen übrigen Chinarinden; von Gripekoven. Bekanntlich enthält die ächte China regia nnr Chinin, kein Cinchonin; alle alle anderen Chinarinden enthalten aber außer Chinin auch noch Cinchonin. Das Chinin löst sich in Aether, das Cinchonin nicht; der Aether dient daher zur Unterscheidung dieser beiden Alkaloide und kann natürlich auch angewandt werden, um die Aechtheit der China regia zu ermitteln. Zu diesem Zwecke digerirt man 1 Drachme der fraglichen Rinde mit 1/2 Unze Wasser, dem einige Tropfen Schwefelsäure zugesetzt sind, ein paar Stunden lang, filtrirt, übersättigt das Filtrat mit Aetzammoniakflüssigkeit, fügt ein gleiches Volumen Aether hinzu, schüttelt um und stellt in die Ruhe, worauf sich alsbald zwei Flüssigkeitsschichten bilden. War die Rinde ächte China regia (calisaya), so wird die untere Schicht fast vollkommen klar erscheinen (weil das Chinin in Aether aufgelöst bleibt). Bei jeder anderen Chinarinde hingegen bleibt die untere Schicht trübe und setzt Flocken von Cinchonin ab. (Aus Journ. de méd., durch Wittstein's Vierteljahresschrift für prakt. Pharmacie, Bd. III S. 565.) Ueber die sogenannte Schmelzbarkeit des Schildpatts. Wenn man von der Schmelzbarkeit des Schildpatts spricht, so darf man darunter nicht verstehen, daß die Abfälle desselben in tropfbarflüssigen Zustand gebracht werden und von diesem aus wieder, wie etwa flüssiges Metall, die feste Form annehmen können. Das Schildplatt wird zwar bei einer 100° R. etwas übersteigenden Temperatur so erweicht, daß es jeder Biegung fähig ist, worauf es beim Erkalten die ihm gegebene Form behält. Aber bei dieser Steigerung der Wärme verändert sich sein Aggregatzustand wesentlich; es verliert seine Farbe, sein Volumen vergrößert sich, und es fängt hierauf an sich zu verkohlen. In kochendem Wasser verändert es sich weniger, verwandelt sich jedoch darin durch fortgesetztes Kochen in eine gallertartige Substanz. Chemische Agentien, z.B. caustisches Natron, lassen sich natürlich nicht anwenden, um das Schildpatt flüssig zu machen, weil sie auf dasselbe zerstörend einwirken. So wenig es bis jetzt gelungen ist das Schildpatt tropfbarflüssig zu machen, so gewiß ist es, daß man seine Abfälle zu einer dem natürlichen Schildpatt ähnlichen Masse durch Schweißen vereinigen kann. Ein Beweis dafür ist das Löthen (Zusammenschweißen) der Schildpatt-Schalen; denn wenn sich zwei Schalen ohne weiteres Löthmittel so zusammenschweißen lassen, daß, wenn die Operation mit einiger Geschicklichkeit ausgeführt wurde, es selbst dem Kenner schwer wird die Löthstellen zu entdecken, so muß man offenbar auch mehrere Stücke und folglich Abfälle desselben mittelst der Wärme vereinigen können. Ein weiterer Beweis für meine Behauptung sind die vor etwa 20 Jahren im Handel vorgekommenen Schildpatt-Dosen, welche aus sogenanntem „gegossenen Schildpatt“ gemacht wurden. Technische Zeitschriften aus jener Zeit geben an, daß selbst gröbere Abfälle, in messingene Formen gebracht, unter Wasser zu diesem Zweck zusammengeschweißt wurden.Hr. Gill, der bekannte Herausgeber des Techn. Repository, beschrieb in seiner Zeitschrift damals das Verfahren Tabakdosen etc. aus sogenanntem geschmolzenen Schildpatt zu verfertigen, wie es ein in dieser Kunst sehr erfahrener Arbeiter öfters in seiner Gegenwart ausgeführt hatte (polytechn. Journal 1828, Bd. XXVII S. 370). Er, benutzte dazu bronzene Model aus zwei Stücken, wovon der eine in den andern paßte, wie zwei Einsatzgewichte. Die untere Hälfte befand sich in einem eisernen Gestell, welches oben mit einer Schraube versehen war, die auf die obere Hälfte des Models drückte. Ein Paar Model diente für das untere, und ein anderes Paar für das obere Stück einer jeden Dose. Nachdem die gehörige Menge zerkleinerter Schildpatt-Abfälle in jeden Model gethan war, setzte er den Gegenmodel auf, und drückte denselben mittelst der Schraubenpresse nieder. Eine Anzahl auf diese Weise vorgerichteter Model ordnete er in einem länglich-viereckigen Kessel an, welcher heißes Wasser enthielt. Sobald das Wasser hierauf zum Kochen gebracht war, zog er die Schraube des ersten Models an, dann die des zweiten und so fort. Das Wasser wurde fortwährend siedend erhalten, und das verdunstete durch Zugießen von kochendem ersetzt, bis der Gegenmodel nicht mehr niedergeschraubt werden konnte, wo dann die Zwischenräume in den Modeln mit geschmolzenem Schildpatt ausgefüllt waren. Die Köpfe der Schrauben dieser Pressen standen über dem Wasser empor, damit man sie mittelst eines Schraubenschlüssels leicht drehen konnte und die Pressen selbst waren fest im Kessel eingekeilt. – Hr. Gill unterließ nicht zu bemerken, daß die aus sogenanntem gegossenen oder geschmolzenen Schildpatt verfertigten Artikel selten durchscheinend sind. A. d. Red. Versuche, die ich nach dieser Methode machte, um auf solche Weise Schildpatt-Schalen herzustellen, blieben jedoch erfolglos. Auch in Indien sind aus Schildpatt vollkommene Röhren verfertigt worden, wozu die einzelnen Streifen auf der ganzen Länge von vier Fuß mit großer Geschicklichkeit zusammengelöthet werden mußten. Ich besitze von solchem gegossenenen Schildpatt Bruchstücke; es steht dem natürlichen Schildpatt nur in so fern nach, als es einerseits beim Verarbeiten zu Kämmen eine etwas zu große Sprödigkeit zeigt, ein Uebelstand welchem jedoch abzuhelfen wäre, andererseits eine zu dunkle Farbe besitzt. Nun besteht aber die Schönheit des natürlichen Schildpatts zunächst in dem eigenthümlichen Feuer seiner Farben. Diese Eigenschaft desselben ist zwar in der neuesten Zeit in Paris bei der Fabrication von gebeiztem Hörn so ziemlich erreicht worden; dagegen charakterisirt sich das Schildpatt durch seine Structur, welche in Ringen besteht, die auf seiner ganzen Fläche gleichmäßig vertheilt sind. In Folge dieser Structur läßt das Schildpatt von keiner Seite eine Spaltung zu, ein Vortheil, der es für Kämme besonders geschätzt macht; denn selbst bei Kämmen aus den bessern Hornsorten läßt sich ein öfteres Spalten der Zähne nicht vermeiden. Obgleich zu den Kämmen von Hörn in der letzten Zeit noch ein neues Surrogat, nämlich diejenigen von Kautschuk kamen, behauptet das Schildpatt doch fortwährend einen sehr hohen Preis. Welch ein Gewinn ließe sich erzielen, wenn man im Stande wäre von 1 Pfund seiner Abfälle im Werth von 1 1/2 Kreuzer, Schalen von gleichem Gewicht im Werth von 28 st. darzustellen! Es wird aber Wohl nie gelingen geschmolzenes Schildpatt darzustellen, in welchem die Farben des natürlichen, Gelbbraun und Schwarz, in angenehmen Nüancen vertheilt sind. Es wäre jedoch schon genügend, wenn man nur eine farblose oder gelbe Schale erzielen könnte, denn ich habe durch Bleioxyd-Chlorblei in Verbindung mit dem Beizmittel (Kalk), auf einem fast ganz gelben Stück Schildpatt braune Flecken von Schwefelblei von solchem Feuer und solcher Haltbarkeit hervorgebracht, daß Kenner sie nach langer Zeit noch für schöne natürliche Flammen hielten. Der Grund, weßhalb das Schildpatt sich schöner ätzen läßt als Hörn, dessen chemische Natur es besitzt, ist wohl der, daß es weniger von fetten Bestandtheilen enthält als das Hörn. Wie weit es mir gelungen ist, Schildpatt-Abfälle zu einem noch verwendbaren Blatte zu vereinigen, will ich nun mittheilen. Solche Abfälle, nämlich größere und feine (Schab-) Späne und Staub, welche ich mit großer Sorgfalt hinsichtlich der Reinlichkeit gesammelt hatte, so daß ich sie selbst mit den bloßen Händen nicht berührte, bringe ich in kleine Haufen; jeden derselben umwickele ich zwanzigfach mit Fließpapier, welches in Wasser gut getränkt ist; diese Bäuschchen bringe ich unter die Löthzange, ein Instrument welches bereits im polytechn. Journal (Bd CXVIII S. 296) beschrieben wurde. Der Löthzange gebe ich die Hitze, wobei ein ungeleimtes trockenes Papier eine hellgelbe Farbe bekommt, und übe auf die Zange selbst, mittelst des Schraubstocks, einen mäßigen Druck aus. Nach zehn Minuten nehme ich das Papier heraus, und lege es in reines Wasser, damit es sich leichter von den Spänen ablöst. Man erhält so eine filzartige Masse, bei welcher man aber noch ganz deutlich die Lage der einzelnen Späne sieht. Nachdem diese Masse von allem Papier gereinigt worden ist, bringe ich sie in kochendes Salzwasser, worin ich sie so lange sieden lasse, bis sie etwas aufgequollen ist. Hierauf bringe ich sie wieder in einen gleich starken, jedoch größern Umschlag von Fließpapier, wobei aber die einzelnen Stücke der Masse mit einiger Geschicklichkeit zusammengelegt werden müssen, entweder gleich auf einander, oder wenn man größere Platten wünscht, so, daß die Hälfte des einen Stücks die Hälfte des andern bedeckt. Die von dem Wasser losgelösten Späne schütte ich oben darauf. Diese ganze Lage bringe ich zwischen zwei glatte eiserne Platten, denen ich die Hitze der Löthzange gebe, und übe auf die Platten selbst mittelst der Presse einen gleichmäßigen und zunehmenden Druck aus. Nachdem die Platten so weit erkaltet sind, daß man die Hand darauf leiden kann, nehme ich die Masse heraus, lege sie einige Zeit in kaltes Wasser und reinige sie vom Papier, was diesesmal schon mittelst der Feile geschehen kann. Ich erhalte so einen braunen Kuchen, der sich wie natürliches Schildpatt sägen und feilen läßt, und dessen Abfälle denen von jenem vollkommen ähnlich sind: nur zeigt die Oberfläche immer noch die Lage von einzelnen Spänen. Diesen Kuchen bringe ich wieder in kochendes Salzwasser, lasse ihn einige Minuten kochen, trockne ihn ab, und bestreiche ihn dann auf beiden Seiten mit Theer; so bringe ich ihn, zwischen zwei schwach erwärmte, polirte Messingbleche gelegt, mit denselben zwischen die schon vorher erwärmten eisernen Platten und übe auf das Ganze mit der Presse einen der Stärke des Kuchens angemessenen zunehmenden Druck aus. Die so erhaltene Platte besitzt so ziemlich die Eigenschaften des natürlichen Schildpatts, sie läßt sich eben so verarbeiten und mit anderen Schildpattstücken zusammenlöthen, sie hat aber eine schwarze Farbe. Dessenungeachtet wäre sie zu manchen Zwecken brauchbar, z.B. zu Kämmen, welche den Pariser Kautschukkämmen an Güte gleichen würden und, im Großen fabricirt, nicht theurer zu stehen kämen als letztere. C. Burnig, Kammmacher in Stuttgart. Fließpapier, als Docht für Weingeistlampen; von G. A. Forster. Ein Docht in einer Spirituslampe ist ein ganz unscheinbares Ding, aber ein schlechter Docht macht einem viel zu schaffen. Ich bediene mich seit Jahren als Docht eines zusammengerollten Streifens grauen Fließpapiers; ein solcher Docht ist steif, kann also ohne alle Schwierigkeit in die ringförmige Oeffnung der Lampe eingeschoben werden, er saugt den Weingeist gut auf, kohlt nicht und schiebt sich durch einen einzigen kurzen Stoß, den man mit der Lampe nach oben führt, heraus, so weit es nöthig ist. Alle Winden sind dabei gänzlich überflüssig. (Wittstein's Vierteljahresschrift für prakt. Pharmacie, Bd. III S. 496.) Haustrank, nach Hrn. Barruel. Wasser 100 Liter guter Weinessig     1/2    „ Basterzucker     4 1/2 Kilogr. Veilchenblüthe   60 Gramme Hollunderblüthe         40      „ Hopfenblüthe   60      „ Bierhefe   12      „ Man bringt 20 Liter des Wassers zum Kochen, setzt die Blüthen dem kochenden Wasser zu und läßt noch fünf Minuten lang kochen; dann nimmt man vom Feuer, seiht das Infusum durch ein Tuch, schüttet es in ein Faß, setzt darin den Zucker zu, rührt mit einem Stab um, schüttet das übrige Wasser hinzu, hierauf den Essig und zertheilt die Bierhefe mit der Hand im Faß, schüttelt dann stark um und verstopft. Nachdem das Ganze vier Tage stehen blieb, zieht man die Flüssigkeit auf Flaschen ab. Dieses Getränk kommt auf 7 Centimes per Liter (die bayerische Maaß etwas über 2 kr.) zu stehen. (Journal de Chimie médicale, Octbr. 1654, S. 632.)