Titel: Ueber die zweckmäßige Weite der Gasbrenner und die Regelung der Gasausströmung; von Carl Marx.
Fundstelle: Band 137, Jahrgang 1855, Nr. XV., S. 49
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XV. Ueber die zweckmäßige Weite der Gasbrenner und die Regelung der Gasausströmung; von Carl Marx. Aus dem württembergischen Gewerbeblatt, 1855, Nr. 25. Marx, über die zweckmäßige Weite der Gasbrenner und die Regelung der Gasausströmung. In Folge einer Aufforderung des Stuttgarter Gemeinderaths habe ich mich wiederholt mit der Prüfung des Leuchtgases der hiesigen Gasfabrik beschäftigt. Bei Untersuchung auf Leuchtkraft zeigten sich die Resultate wesentlich verschieden, je nach dem Druck, unter welchem das Gas verbrannte. Es stellte sich bald heraus, daß bei gleichbleibender Gasconsumtion die Lichtstärke um mehr als das Doppelte wechseln könne durch große Veränderungen im Druck. Ich habe eine Reihe von Versuchen angestellt mit dem Zweck, die Veränderungen in der Lichtstärke bei Veränderungen des Drucks genau zu bestimmen, um dem Gasconsumenten in Zahlen angeben zu können, welcher Gasdruck für ihn der vortheilhafteste sey, um mit der geringsten Menge Gas möglichst viel Licht zu erhalten. Zu den Versuchen wurden hauptsächlich Stahlbrenner, und zwar die hier allgemein gebräuchlichen Fischschwanzbrenner genommen, Brenner, bei welchen das Gas aus zwei gegen einander unter einem Winkel von ungefähr 90 Gr. geneigten Oeffnungen ausströmt. Diese Brenner sind an der Seite mit eingeschnittenen Ringen versehen, deren Anzahl ungefähr den Gasconsum per Stunde bei mittlerem Druck angeben soll. Der zu den Versuchen angewendete Argand'sche Brenner ist ein sogenannter Dumasbrenner, von Fabrikant Wieland in Ulm verfertigt; das Gas strömt bei demselben nicht aus kleinen Löchern, sondern aus einem ringsum gehenden Schlitz. Die photometrischen Versuche wurden mit dem in Pouillet-Müller's Lehrbuch der Physik beschriebenen Bunsen'schen Photometer ausgeführt; an demselben waren noch zwei Spiegel angebracht, daß die Spiegel nach den zwei Seiten mit der Ebene des mit Stearin getränkten Papiers je Winkel von 45 Gr. bilden. Diese Spiegel gewähren den Vortheil, daß man beide beleuchtete Seiten des Papiers zugleich beobachten kann. Die Flammen, welche verglichen wurden, befanden sich stets 10 Fuß von einander entfernt; zwischen beiden Flammen wurde das Papier mit den Spiegeln so weit hin und her bewegt, bis die Stearinstecken auf beiden in den Spiegeln sichtbaren Seiten des Papiers so viel als möglich verschwunden waren. Wenn das Papier den richtigen Grad von Durchscheinheit hat, so kommt man bei wiederholtem Verrücken des Apparates immer wieder an dieselbe Stelle, und ein Verrücken von einigen Linien läßt sogleich die Flecken deutlich erscheinen. Die Gasflammen wurden verglichen mit der Flamme einer Wachskerze, deren vier aufs Pfund gehen; die Flamme wurde immer 18 Linien (51 Millimeter) hoch gehalten, vom untersten Theil der Flamme bis zur Spitze gerechnet. Die in der folgenden Tabelle angeführten Versuche wurden mit einem Brenner mit vier Ringen gemacht, welcher bei der hiesigen Straßenbeleuchtung im Mittel 5 Kubikfuß per Stunde verzehrt.           Druck des ausströmendenGases in Millimetern.           Consum per Stunde in engl.          Kubikfuß.     Lichtstärkedabei in Kerzen.                Auf      1 c' per Stundeberechnete Lichtstärke.               1            1,0          1,1              1,1               6            2,0          4,3              2,1             14            3,0          5,4              1,8             16            4,0          7,2              1,8             25            5,0          7,5              1,5             32            6,0          7,6              1,2             40            6,4          7,1              1,1 Aus dieser Tabelle zeigt sich, daß man beim Verbrennen des Gases unter starkem Druck verhältnißmäßig wenig Licht erhält. Man erhält aus obigem Brenner verhältnißmäßig am meisten Licht, wenn man aus demselben 2 c' unter einem Druck von 6 Millimetern consumirt. Aus obiger Tabelle läßt sich weiter schließen, daß, wenn man eine Gasflamme haben will, welche mehr als 2 c' per Stunde verbraucht, man gut thut, einen Brenner mit weiteren Oeffnungen anzuwenden. Welche Brenner nun für einen bestimmten Consum die vortheilhaftesten sind, sollen folgende Resultate von Versuchen zeigen. (Siehe nebenstehende Tabelle.) Am meisten Licht erhält man also, wenn man 3, 4 oder 5 c' per Stunde aus dem Brenner mit sieben Ringen verzehren läßt oder auch 4,5 bis 5 c' aus dem Argand'schen Brenner, denn dabei erhält man auf 1 c' Consum per Stunde ein Licht = 2,8 Kerzen. Bei einem Consum von 2 c' per Stunde sind Brenner mit 4–7 Ringen die vortheilhaftesten. Bei einem Consum von 1 c' ist es gleichgültig, welche Brenner man anwendet. Textabbildung Bd. 137, S. 51 Brenner mit einf. Oeffnung; Argand'scher Brenner; c' pr. Std.; Druck in Millim. Lichtstärke; Lichtstärke auf 1 c' berechnet Ein Druck von 4–6 Millimetern ist, was die Lichtstärke betrifft, der vortheilhafteste; die Anwendung eines so schwachen Drucks hat nur den einen Nachtheil, daß die Flamme stark flackert; es dürfte deßhalb ein Druck von ungefähr 10 Millim. für die gewöhnlichen Zwecke vorzuschlagen seyn, denn unter diesem Druck brennt das Gas schon viel ruhiger, und doch gewährt dasselbe noch die Vortheile des schwachen Drucks. Will man eine sehr ruhig brennende Flamme haben, wie dieß zum Arbeiten sehr wünschenswerth ist, so wendet man am besten einen Argand'schen Brenner an; man erhält bei Anwendung eines solchen nicht mehr Licht, als mit einem passend gewählten gewöhnlichen Brenner, die Flamme aber brennt so ruhig, als es sich nur wünschen läßt. Das Verbrennen des Gases unter schwachem Druck hat den weitern Vortheil, daß sich die Größe der einzelnen Flammen weniger ändert mit der Anzahl der Flammen, als dieß beim Verbrennen des Gases unter starkem Druck der Fall ist. Brennt man z.B. in einem Etablissement anfangs nur 10 Flammen, später aber 50, so brannten anfangs die 10 Flammen mit mehr Consum als nachher. Hat man große Brenner angewendet und schließt die Hahnen unter denselben so weit, daß das Gas unter schwachem Druck verbrennen muß, so ist diese Differenz im Consum viel weniger bedeutend. Um bei Anwendung von großen Brennern nicht mehr als ein bestimmtes Quantum Gas zu verbrauchen, ist es zweckmäßig Doppelhahnen unter den Brennern anzubringen, wie sie jetzt bei der hiesigen Straßenbeleuchtung eingeführt werden. Es sind dieß zwei hinter einander befindliche Hahnen, der eine ganz von der gewöhnlichen Beschaffenheit, der andere kann nur mit einem Schraubenschlüssel gedreht werden; dieser wird ein für allemal so gestellt, daß bei dem gewöhnlichen Druck in der Leitung die bestimmte Menge Gas aus dem Brenner ausströmt, wenn der erste Hahn vollständig geöffnet ist. Ferner mag wohl das Verbrennen des Gases unter zu starkem Druck die Ursache von manchen Klagen über schlechtes Gas, auch wohl über Unrichtigkeit von Compteurs seyn. Um dieß zu vermeiden, wird man also Brenner mit weiten Oeffnungen aufsetzen, den Druck aber und damit auch den Gasverbrauch dadurch regeln, daß man den Hahnen unter dem Brenner nicht vollständig, sondern nur theilweise öffnet. Statt dessen kann man sich auch dadurch helfen, daß man nicht die einzelnen Hahnen an jeder Flamme, sondern den Haupthahnen am Compteur theilweise schließt, und so beim Brennen des Gases den Druck, der in der äußern Leitung herrscht, vermindert. In neuerer Zeit sieht man hier häufig einen feinen Draht über dem Brenner angebracht, der der Länge nach durch den untersten Theil der Flamme geht, wodurch sie heller leuchtend wird. Durch ihn wird, wenn das Gas unter starkem Druck ausströmt, die Geschwindigkeit desselben vermindert, wie dieß auch geschieht durch die Anwendung von großen Brennern und halbes Schließen der Hahnen. Daher kommt es, daß die Anwendung des Drahts keinen Erfolg hat, wenn das Gas mit schwachem Druck aus dem Brenner tritt, während bei starkem Druck des Gases die Lichtstärke bedeutend durch den Draht erhöht werden kann.