Titel: | Ueber die Entwässerung des Halbstoffes der für die Chlorgasbleiche bestimmten Papiermasse durch den Centrifugal-Apparat; von A. Silbermann |
Autor: | A. Silbermann |
Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. XVIII., S. 62 |
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XVIII.
Ueber die Entwässerung des Halbstoffes der für
die Chlorgasbleiche bestimmten Papiermasse durch den Centrifugal-Apparat; von A.
Silbermann
Silbermann, über die Entwässerung des Halbstoffes der für die
Chlorgasbleiche bestimmten Papiermasse durch den Centrifugalapparat.
Der in die Chlorgas Bleichkammern einzutragende Halbstoff muß zur Erzielung eines
günstigen Bleichprocesses einerseits derartig entwässert seyn, daß man durch einen
mäßig starten Handdruck kein freies Wasser abtröpfelnd daraus entfernen kann,
andererseits eine solche Lockerheit und Porosität besitzen, daß das entwickelte
Chlorgas denselben möglichst vollkommen und gleichförmig zu durchdringen vermag.
Die zur Erreichung dieser beiden Zwecke bisher getroffenen Vorrichtungen sind je nach
der Ansicht der leitenden Techniker verschieden, lassen sich jedoch auf drei
Hauptsysteme zurückführen.
Eine am häufigsten anzutreffende Einrichtung besteht in der Aufstellung einer nicht
unbeträchtlichen Anzahl von mehr hohen, als weiten Abtropfkasten, deren Wandungen,
mit Löchern für den Wasserabfluß versehen, im Innern mit Metalltuch (unbrauchbar
gewordene Formen der Papiermaschine) ausgekleidet sind. Die Halbzeugholländer
entleeren ihren Inhalt in diese Kasten vermittelst Rinnen- oder
Röhrenleitung, und da das Wasser durch die Wirkung des von dem Halbstoffe selbst
herrührenden Druckes nur allmählich abtröpfelt, so muß derselbe in ihnen mehrere
Tage verbleiben. Bei Herausnahme des Stoffes aus den Kasten zeigt es sich jedoch,
daß derselbe keineswegs gleichmäßig entwässert ist; der oberhalb befindliche,
welcher keinem genügenden Druck ausgesetzt ist, ist meistens noch so naß daß er
nochmals in einen andern Kasten gelangen muß, damit er für die Gasbleiche brauchbar
wird; erst der weiter unten befindliche ist dem Zwecke entsprechend genügend
entwässert und nach geringer Auflockerung mit den Händen brauchbar. Es ist
ersichtlich, daß diese Einrichtung ein ziemlich großes Local für die Abtropfkasten
erheischt, daß sie die Benützung des Halbstoffes erst nach mehreren Tagen gestattet,
und endlich mit nicht unbeträchtlicher Handarbeit und Kosten verknüpft ist.
Andere Vorkehrungen basiren darauf, das Wasser durch Pressung schnell zu entfernen;
dieß erfolgt entweder durch Pressen des Halbstoffes in besonders eingerichteten,
unter die Preßplatte geführten Kasten, oder indem man den Stoff in dünner Lage durch
zwei oder mehrere entgegengesetzt rotirende, über einander befindliche Walzen (von
Holz) hindurchgehen läßt. In dem ersten Falle muß der Stoff entweder durch
Handarbeit oder einen
besonderen Apparat, den sogenannten „Wolf“ aufgelockert werden.
Dieser besteht aus zwei um dieselbe Achse, aber entgegengesetzt rotirenden, von
einander 8–9 Zoll entfernten hohlen Cylindern oder abgestumpften Kegeln,
welche in diesem Zwischenraume eiserne abwechselnd so gestellte Daumen auf ihren
Mänteln tragen, daß der oberhalb eingetragene Stoff während des spiralförmigen
Niedergehens durch dieselben möglichst zerrissen und aufgelockert wird. Indessen
wird die Masse hierdurch mehr zerrissen, als wirklich gelockert, so daß fest
gebliebene Klümpchen nicht selten unvollkommen gebleicht aus den Bleichkasten oder
Kammern kommen.
Zweckmäßiger und gleichförmiger erfolgt die Entwässerung durch die Walzenpressung.
Die dahin zielende Einrichtung erheischt einen großen, im Innern mit einem
rotirenden Rührer versehenen Bottich, in welchen die Halbzeugholländer entleert
werden; aus diesen läuft die Masse ähnlich wie bei der Papiermaschine, sich
möglichst gleichförmig ausbreitend, auf ein Metalltuch ohne Ende mit entsprechend
großen Maschen, von welchem sie durch die Compressionswalzen hindurchgeführt wird,
so daß der entwässerte Halbstoff etwa in der Dicke der Pappen als ein endloses Tuch
am Ende des Apparates abgehoben wird. Er braucht nur noch in kleinere Theile
zerrissen zu werden, um in dieser Beschaffenheit in die Bleichkammer gelangen zu
können. Dieser Apparat erfüllt ohne Zweifel am besten unter den bisher
gebräuchlichen Einrichtungen den zu erreichenden Zweck, erheischt jedoch zu seiner
Aufstellung einen ziemlich beträchtlichen Raum und liefert dennoch einen, wenn auch
in geringer Dicke comprimirten Stoff.
Bei einem im Sommer des vorigen Jahres durch mich vorgenommenen Umbaue der inneren
Einrichtungen der Papierfabrik zu Culau bei Sprottau in Niederschlesien, durch
welchen sämmtliche, bisher in drei getrennten Gebäuden vorgenommene Operationen der
Fabrication in dem einen Hauptfabrikgebäude concentrirt wurden, gaben sowohl die
räumlichen Verhältnisse, als die Absicht, einen möglichst gleichmäßig gut
entwässerten und porösen Halbzeug für die Gasbleiche zu erzielen, Veranlassung,
versuchsweise einen Centrifugal-Apparat hierzu zu
benutzen. Ich sage „versuchsweise,“ da mir weder aus der
Praxis, noch aus irgend einem technischen Journal bekannt war, daß ein derartiger
Versuch in irgend einer Fabrik gemacht, geschweige ein für die Praxis günstiger
Erfolg erzielt worden sey. In Ermangelung jeglicher Erfahrung hinsichtlich der
erforderlichen Größe des Apparates und da die Zeit zur Ausführung eines größeren
mangelte, wurde von dem Maschinenbauer Albert Fesca zu
Berlin ein solcher von der ihm patentirten Construction entnommen, dessen Aufnahmekessel nur 26
preuß. Zoll Durchmesser bei 10–11 Zoll Höhe hatte. Unter dem Holländersaale
und zwar unmittelbar unter den Halbzeugholländern, wurde auf einem erhöhten Gerüst
ein etwa drei Holländer-Leeren fassender Bottich mit Rührer aufgestellt, in
welchen hinein die ersteren ihren Inhalt entleerten. Die durch den rotirenden Rührer
in gleichförmiger Mischung mit dem Wasser erhaltene Halbzeugmasse wurde aus dem
Bottich durch ein unten angebrachtes 3 Zoll weites Rohr mit ebenso weitem Hahn
unmittelbar in den daneben aufgestellten Centrifugal-Apparat gelassen. Es muß
darauf aufmerksam gemacht werden, daß die Weite des Ablaßhahnes nicht unter 2 1/2
Zoll im Lichten betragen darf, weil der lang gemahlene Halbstoff sehr leicht eine
theilweise Verstopfung desselben veranlaßt, wo dann hauptsächlich nur das Wasser
abfließen würde. Da der innere Raum des kleinen, für den Wasserabfluß mit Löchern
von 1/8 Zoll Weite versehenen Kessels von starkem Kupferblech, zur Regulirung der
Belastung und Sicherstellung gegen Seitenschwankungen durch ein System von schweren,
mit Kupferblech luftdicht verschlossenen Centrirungsscheiben verengt wurde, und es
darauf ankam, möglichst viel Stoff in einer Rotationstour
des Apparates zu entwässern, so wurde nach mehrfachen Versuchen folgende
Manipulation als die zweckmäßigste befunden. Der Apparat wurde zuerst stillstehend
durch Oeffnen des Hahnes gefüllt und durch die Hand in geringe Rotation versetzt,
alsdann durch Handhabung der Aus- und Einrückgabel vermittelst des
Treibriemens langsam angelassen, bis derselbe höchstens ein Drittel seiner
Maximalgeschwindigkeit, welche 1000 Umdrehungen per
Minute beträgt, erreicht hatte; nunmehr wurde der treibende Riemen auf die lose
Scheibe zurückgeführt und der Apparat seiner Rotation durch Beharrung überlassen.
Während dieses langsamen Ganges wurde nach baldigem Abfluß des Wassers durch Oeffnen
des Hahnes stets neue Masse aus dem Bottich zugelassen, indem der treibende Riemen
nach Erforderniß zwei- bis dreimal ein- und ausgerückt wurde, um den
Apparat in dem verlangsamten Gange zu erhalten, weil bei schnellerer Bewegung
desselben die eingelassene Masse theilweise über den Rand des Kessels
hinausgeschleudert wurde. Nach vier- bis fünfmaliger wiederholter Füllung des
Kessels war derselbe mit dem Halbstoffe so gefüllt, daß nunmehr der Apparat seinem
Gange überlassen werden konnte; nach kurzer Rotation mit der Geschwindigkeit von
1000 Umdrehungen per Minute war der Stoff, welcher durch
die Centrifugalkraft sich von Innen ringsum nach der Wandung des Kessels begeben
hatte, so weit als erforderlich entwässert, und der Apparat wurde nach Ausrückung
des Treibriemens und kurz darauf folgende, allmählich sich steigernde Bremsung zum
Stillstande gebracht. Vermittelst eines dünnen dünnen Hakens wurde die 3/4–1 Zoll dicke Lage des
Halbstoffes von unten nach oben aufgeschlitzt (getheilt), dieselbe meistens als ein
ganzes Fließ abgehoben und in einen daneben stehenden Kasten geworfen. Diese ganze
Operation des Füllens, Centrifugirens und Herausnehmens der Masse dauerte gewöhnlich
fünf bis sechs, höchstens sieben Minuten, je nach Beschaffenheit des Halbstoffes, da
bekanntlich die gröberen Lumpensorten das Wasser schwieriger abgeben. Nach kurzer
Zeit hatten die beiden abwechselnd während des Tages und der Nacht fungirenden
Arbeiter eine solche Gewandtheit in der Führung des Apparates erlangt, daß sie das
gemahlene Quantum der drei Tage und Nächte ununterbrochen gehenden und gut
arbeitenden Halbzeug-Holländer, in welche durchschnittlich dreistündlich je
75–80 Pfd. Lumpen eingetragen wurden, nicht nur vollständig zu entwässern
vermochten, sondern auch noch Zeit erübrigten. Trotz der Aufmerksamkeit des die
Centrifugal-Maschine führenden Arbeiters ist es nicht zu verhüten, daß der
Kessel, sey es durch zu schnelle Rotation während des Zulassens der Masse, oder
durch zu großen Zufluß einen Theil seines Inhaltes über den Rand hinaus in den
Sammelkessel laufen läßt; um den von dem abfließenden Wasser mitgenommenen Stoff
nicht verloren gehen zu lassen, wurde das Wasser in einem kleinen, unten über dem
Abflußcanal aufgestellten Kasten gesammelt, welcher einen zweiten durchlöcherten und
mit Metalltuch belegten Boden enthielt, auf dem der Halbstoff liegen blieb und von
Zeit zu Zeit abgenommen wurde. Die Abführung des Wassers von dem Sammelkessel nach
diesem Kasten darf nicht durch ein geschlossenes Rohr, sondern muß durch eine offene
Rinne erfolgen, weil der Arbeiter sein Augenmerk auf den Wasserabfluß zu richten
hat, um den rechtzeitigen Stillstand des Apparates hiernach bemessen zu können.
Wurde der treibende Riemen ausgerückt, wenn der Wasserstrahl aus dem Sammelkessel in
der Dicke von 3–4 Linien ablief, und der Apparat noch kurze Zeit seiner
Rotation durch das Beharrungsvermögen überlassen, so zeigte sich der Stoff als
genügend entwässert.
In der genannten Papierfabrik sind zwei gemauerte Bleichkammern mit aus Holzplatten
gebildeten Horden vorhanden, auf welche der entwässerte Halbstoff 1 1/2 Fuß hoch
lose und so wie er aus dem Apparat genommen ward, aufgetragen wurde; lediglich die
im Ganzen befindlichen Fließe werden von den eintragenden Arbeitern in zwei bis drei
Stücke zerrissen; auf dem Boden der Kammern wird der Stoff sogar 2 Fuß hoch
aufgeschüttet. Jede Kammer faßt den Halbstoff von wenigstens 20 Centnern Lumpen und
wird deren Inhalt durch zwei thönerne, der renommirten Fabrik von March in Charlottenburg (bei Berlin) entnommene
Gasretorten innerhalb
15–18 Stunden vollkommen gut und gleichförmig durchgebleicht.
Die durch Benützung des Centrifugal-Apparates erzielten Vortheile bestehen
offenbar: 1) in dem Erforderniß eines verhältnißmäßig nur kleinen Raumes für die
Operation der Stoffentwässerung; 2) in der Möglichkeit der schnellen Benützung des
Halbstoffes; 3) in der sehr geringen, daher nicht kostspieligen Handarbeit, da nur
ein Arbeiter bei der Leitung des Apparates erforderlich ist, und endlich 4) in der
Gewinnung eines möglichst gleichmäßig entwässerten, genügend lockeren Stoffes, was
zur Erzielung eines guten, durchgehends gleichförmigen Bleichprocesses
Haupterforderniß ist.
Nach den gedachten, praktisch so günstigen Resultaten, unterliegt es keinem Zweifel,
daß unter allen bisher gebräuchlichen Operationen der Stoffentwässerung für die
Chlorgasbleiche, die Benützung des Centrifugal-Apparates in jeder Beziehung
den Vorzug verdient. Schließlich bemerke ich noch, daß der von Hrn. Albert Fesca bezogene Apparat von gedachten Dimensionen des
Füllungskessels 370 Rthlr. kostete; daß man jedoch besser thun wird, den letztern in
der Weite von 30 Zoll Durchmesser zu nehmen, wodurch es möglich wird, denselben
einige Zeit außer Betrieb zu erhalten und hierdurch mehr zu schonen. Für diesen Fall
muß mit dem Rührbottich noch ein Vorbottich durch eine genügend weite Rinne
verbunden seyn, so daß in diesen beiden Bottichen wenigstens 6–8
Holländer-Leeren Raum finden.