Titel: Leplay's Verfahren zur Weingeistgewinnung aus Runkelrüben.
Fundstelle: Band 137, Jahrgang 1855, Nr. XXI., S. 72
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XXI. Leplay's Verfahren zur Weingeistgewinnung aus Runkelrüben. Aus dem Cosmos, Revue encyclopédique, Juni 1855, S. 656. Leplay's Verfahren zur Weingeistgewinnung aus Runkelrüben. Das neue Verfahren des Hrn. Leplay verdient um so mehr die Beachtung der Landwirthe, weil es für kleine Güter vollkommen geeignet ist, weil es ferner einen weniger Wasser enthaltenden Rübenrückstand liefert, der sich sehr lange conservirt, und weil dabei überdieß die Anlagekosten der Rübenbrennerei sehr vermindert werden. In eine Kufe von 80 Hektoliter Inhalt, welche 44–45 Hektoliter Saft enthält, der bereits eine gute Gährung durchgemacht hat, gibt man 2200 Kilogr. gewaschener Runkelrüben, welche in Stücke oder Schnitte mittelst einer Wurzelschneidmaschine zerkleinert worden sind; man setzt 4 1/2 bis 5 Liter Schwefelsäure zu; mittelst eines durchlöcherten Deckels werden die Rübenstücke unter der Flüssigkeit erhalten, während die bei der Gährung erzeugte Kohlensäure entweichen kann. Die Gährung beginnt rasch und ist in zehn bis zwölf Stunden beendigt, wenn man besorgt ist die Temperatur des Inhalts der Kufe auf 20 bis 23° Reaumur zu erhalten, wozu man nöthigenfalls einen Dampfstrom benutzen kann. (In Ermangelung eines schon gegohrenen Rübensaftes beim Beginn der Fabrication, bereitet man solchen durch Einweichen von Rübenschnitten in warmem Wasser, mit Zusatz von Bierhefe.) Die gegohrenen Rübenstücke werden direct destillirt, wozu man sie in eine eigenthümliche sehr einfache Blase bringt, nämlich in eine Art Säule von Holz, Eisenblech oder Gußeisen, ähnlich den in den Zuckerfabriken gebräuchlichen Kohlenfiltern. Diese Säule ist an ihrem obern Ende mit einem Deckel luftdicht verschlossen; in einer Oeffnung dieses Deckels steckt das (außerhalb der Säule befindliche) Schlangenrohr, welches zur Verdichtung des Weingeistes mit Wasser gekühlt wird; am untern Theil der Säule befindet sich ein mit vielen Löchern versehener Scheider (Diaphragma), welcher die gegohrenen Rübenstücke trägt; zwischen dem Scheider und dem Boden der Säule ist ein leerer Raum gelassen, um das sich bildende Condensationswasser aufzunehmen. In diesen leeren Raum treibt man nämlich mittelst eines an seinem untern Theil angebrachten Hahnes einen Dampfstrom, welcher dann aus dem Scheider durch die zwischen den Rübenstücken verbliebenen leeren Räume hinaufzieht, wobei er die Rübenstücke bis in die Mitte erhitzt, aus ihnen den Weingeist vertreibt und denselben nach den oberen Schichten mit sich reißt, wo die Operation fortdauert. Der Wasserdampf nimmt auf seinem Wege bis zum Deckel der Säule immer mehr Weingeistdämpfe auf; mit einer 3 bis 4 Meter hohen Säule von Rübenstücken erhält man Weingeist von 70 und sogar von 80° Tralles. Damit der Wasserdampf leichter durch die Rübenstücke hinauf ziehen kann, ist es gut, in gewissen Entfernungen durchlöcherte Scheider als Stützen der Rübenschnitte anzubringen; die Rübenstücke verlieren nach und nach den Weingeist vollständig; der verbleibende gedämpfte Rübenrückstand enthält alle stickstoffhaltigen Bestandtheile und selbst die auflöslichen Salze der Runkelrübe, nur der Zucker ist verschwunden. Dieser Rückstand, welcher beiläufig 50 Procent vom Gewicht der Runkelrüben beträgt, läßt sich ohne alle Schwierigkeit aufbewahren. Die Brennerei (welche keine Schlempe wegzuschütten hat), überliefert ihren gedämpften Rückstand den benachbarten Landwirthen.