Titel: Die Fähigkeit der Leiter, Ströme verschiedener Batterien gleichzeitig aufzunehmen und die Telegraphie; von Dr. zur Nedden.
Autor: H. M. C. zur Nedden
Fundstelle: Band 138, Jahrgang 1855, Nr. XI., S. 28
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XI. Die Fähigkeit der Leiter, Ströme verschiedener Batterien gleichzeitig aufzunehmen und die Telegraphie; von Dr. zur Nedden.Verspätet eingesandt; vom Verfasser bis Nr. 10 im Januar 1855 niedergeschrieben.A. d. Red. Mit Abbildungen auf Tab. I. Zur Nedden, über die Fähigkeit der Leiter, Ströme verschiedener Batterien gleichzeitig aufzunehmen. In der Absicht die Wirkung einiger Batterien von verschiedener Beschaffenheit zu combiniren, wurden die folgenden Versuche angestellt, und zwar sollten sie zunächst die Möglichkeit der Aufnahme von Strömen verschiedener Batterien durch denselben Leiter feststellen, da hierüber keine Versuche bekannt waren. Die angewandten Batterien bestanden aus Daniell'schen Zellen einerseits von 17, andererseits von 40 Quadratzoll einseitiger Zinkfläche. Die Stromstärken wurden durch eine Tangenten-Boussole gemessen, deren Kupferreifen 8'',15 Durchmesser hat und deren Nadel von 1'' 9''' Länge an einer Theilung spielt, welche die Ablenkungswinkel auf höchstens 20 Minuten schätzen läßt. Die angegebenen Maaße sind wie im Folgenden rheinländisch. Um die Gesetze der Zusammensetzung gleichgerichteter Ströme bei Metallen zu prüfen, wurden zwei Kupferdrähte von 1''',7 Stärke und 12' Länge angewandt, zwischen deren Enden die Boussole gegenüber den Batterien eingeschaltet wurde, welcher letzterer Kupferpole zusammen mit dem Ende des einen Drahts, die Zinkpole mit denen des anderen verbunden waren. Die Resultate der Versuche sind in der Tabelle I enthalten, zu deren Verständniß es genügt zu wissen, daß mit Kl. die kleinen, mit Gr. die großen Zellen und mit der vorgesetzten Ziffer die Anzahl derselben bezeichnet ist, welche jedesmal zu einer Batterie in der Intensitäts-Kuppelung vereinigt waren. Zur Bestimmung der Leitung mehrerer gleichgerichteten Ströme in Flüssigkeiten diente eine nahe in dem Verhältniß von 1 : 20 dem Volumen nach verdünnte Schwefelsäure in einem runden Glasgefäß, in welches die Ströme bald vereint durch zwei Platinbleche, bald getrennt auch durch Drähte eingeleitet wurden. Die in Tabelle II enthaltenen Resultate sind im Uebrigen hiernach verständlich. Tabelle I.          Gleichgerichtete Ströme in Drähten.      Batterien.          Summe.    Unterschied   der beobachteten   I.   II.   III. beobachtet. berechnet. gegen die berechnete          Summe. 3 Kl. 3 Kl.   –   2,14450   2,24166   –     0,09716 2 Kl. 2 Kl. 2 Kl.   2,60508   2,93239   –     0,32731 3 Kl. 3 Kl.   –   1,92098   2,08931   –     0,16833 2 Kl. 2 Kl.   –   2,08094   2,28119   –     0,20025 3 Kl. 1 Kl.   –   1,40194   1,44602   –     0,04408 3 Kl. 1 Kl.   –   1,48256   1,51221   –     0,02965 Tabelle II.                           Gleichgerichtete Ströme in Flüssigkeiten.      Batterien.          Summe.    Unterschied   der beobachteten     Bemerkungen.   I.   II.   III. beobachtet. berechnet. gegen die berechnete            Summe. 4 Gr.6 Kl.6 Kl.6 Kl. 6 Kl.6 Kl.6 Kl.6 Kl.   –  –  –  –   0,11098  0,15838  0,16435  0,17632 0,175020,269220,263320,27962 –       0,06404–       0,11084–       0,09897–       0,10330 Die Elektroden sind zweiPlatinbleche. 6 Kl.6 Kl.6 Kl.6 Kl. 6 Kl.6 Kl.4 Kl.4 Kl.   –4 Gr.  –  –   0,68728  0,76732  0,48413  0,52056 0,840421,048240,677290,71593 –       0,15314–       0,28092–       0,19316–       0,19537 Die + Elektr. ein Blech,die – Elektr. ein Draht,beide von Platin. 6 Kl.6 Kl. 6 Kl.6 Kl.   –  –   0,19891  0,21559 0,282860,30195 –       0,08395–       0,08636 Bat. I mündet durch beideBleche ihre + Elektrodemit der v. B. II gemeinschaftlich;die – Elektr. von B. II ein Draht. 6 Kl. 6 Kl.   –   0,23393 0,30788 –       0,07395 Bat. I durch Bleche hat die– Elektr. mit B. II gemeinschaftlich,deren + Elektr. ein Platindraht. Beide Tabellen liefern den Beweis, daß sowohl Metalle als Flüssigkeiten gleichzeitig Ströme verschiedener Batterien, wenn sie gleich gerichtet sind, durchlassen können, und daß ihre Wirkungen sich summiren. Die geringe Differenz zwischen den beobachteten und berechneten Summen liegt in dem Beobachtungs-Verfahren, nach welchem, da nur eine Boussole zu Gebote stand, die Ströme einzeln gemessen werden mußten, bevor man wiederum für sich die Summe messen konnte. Sie erklärt sich daher einerseits durch unvermeidliche Fehler in der Bestimmung der Summanden, andererseits aber kann sie in einem bei gleichzeitigem Schluß aller Batterien durch Spaltung der Ströme vermehrten Leitungswiderstand auf der gemeinschaftlichen Stromstrecke begründet seyn. Es ist aber die Summirung der Wirkungen der Ströme nicht für ein Verschmelzen der Ströme selbst zu nehmen, vielmehr sind sie als neben einander existent anzusehen. 2. Was die gleichzeitige Aufnahme entgegengesetzter Ströme durch Leiter betrifft und zwar zunächst durch Flüssigkeiten, so muß es nach Versuchen für unmöglich gelten, entgegengesetzte Ströme aus gemeinschaftlichen Elektroden durch sie hindurch zu leiten, denn es zeigt sich in diesem Falle immer nur der Unterschied der Ströme wirksam. Als nächste Ursache erscheint hierfür die Polarisation, die man als einen Widerstand anzusehen hat, erzeugt durch die in unmittelbarer Berührung mit den Elektroden erzeugten Gas-Atome. Sie schwächt daher bei gleichgerichteten Strömen die Leitung, hebt dieselbe gänzlich auf bei entgegengesetzten Strömen, wenn diese gleich sind, und gestattet nur dem Unterschied den Durchgang, wenn sie ungleich sind. Nach der chemischen Theorie wird die Polarisation nichts anderes seyn, als eine Aufhebung der Kraft selbst in allen den Fällen, wo die entgegengesetzten Ströme die sie erzeugenden Batterien selbst gegenseitig durchsetzen müssen. Wenn nun freilich die elektrischen Kräfte wie alle übrigen dem Gesetz unterworfen seyn werden, daß sie sich entgegengesetzt in ihren Wirkungen ganz oder theilweise aufheben müssen, so gibt es doch Erscheinungen, welche sich nicht völlig nach den bekannten Gesetzen erklären lassen, und abgesehen von den Wirkungen der Ströme, die Leitfähigkeit der Körper gleichzeitig für entgegengesetzte Ströme einstweilen annehmen lassen. Dieß gilt denn auch von Flüssigkeiten, sobald man die entgegengesetzten Ströme durch selbstständige Elektroden von einander unabhängig einleitet. Führt man in ein rundes Glasgefäß mit verdünnter Schwefelsäure, an den Enden eines Durchmessers durch feststehende Elektroden den Strom einer Batterie, und ihm entgegengesetzt den einer zweiten durch bewegliche Elektroden, so bemerkt man, so lange der zweite Strom dem ersten parallel bleibt, eine Verstärkung des letzteren, welche abnimmt, je mehr man den zweiten um den Mittelpunkt des Gefäßes dreht, indem man seine Pole an dem Umfange in demselben Sinne fortbewegt, bis sie bei 90° gleich Null wird und bei fortgesetzter Drehung in eine Schwächung übergeht, welche ihrerseits wieder ein Maximum erreicht, wenn die Ströme parallel, aber gleichgerichtet worden sind. Es erinnern diese Resultate an die Eigenschaft von Strömen durchflossener, beweglicher Drähte, welche sich anziehen, wenn die Ströme gleichgerichtet sind, und einander abstoßen, wenn jene entgegengesetzte Richtung haben; jedenfalls gestatteten die angewandten Apparate nicht durch eine Combination der Batterien, sondern nur durch Annahme der Leitfähigkeit der Flüssigkeit in entgegengesetzter Richtung diese Erscheinung zu erklären. 3. Nicht minder findet auch bei Drähten eine Leitung gleichzeitig von entgegengesetzten Strömen statt. Seyen zwei Batterien so geschlossen, daß Theile ihrer Schließungsbogen, auf denen die Ströme entgegengesetzte Richtung nehmen, gemeinschaftlich sind, und schalte man auf diesen, wie auf den getrennten Theilen des Bogens Galvanoskope ein, so lassen sich die Verhältnisse so gestalten, daß das Oeffnen und Schließen des einen Stroms auf das im geschlossenen Bogen des andern befindliche Instrument ohne Einfluß ist, während auf der gemeinschaftlichen Strecke der Schluß beider Batterien die Differenz der Ströme, der Schluß einer oder der andern aber die zugehörige Stromstärke gibt. Die Leitfähigkeit eines Körpers überhaupt gleichzeitig für entgegengesetzte Ströme steht durch den einfachen Versuch fest, daß man in einem festen oder flüssigen Leiter diametral entgegengesetzte Ströme einführt und an jedem beliebigen Punkte sie einzeln oder ihre Summe wieder ableiten kann. Man muß daher nach dem Vorhergehenden in allen den Fällen, wo diese Erscheinungen nach den bekannten Gesetzen für jetzt nicht vollständig erklärt werden können, nach der üblichen Ausdrucksweise den Satz gelten lassen, daß Leiter unter geeigneten Umständen die Ströme verschiedener Batterien entweder in einerlei Richtung oder in entgegengesetzten Richtungen durchlassen können, und daß alsdann die Gesammtwirkung derselben entweder der Summe oder der Differenz der Wirkungen der einzelnen Ströme auf der gemeinschaftlichen Stromstrecke gleich ist. Wie aber auch die Ströme zur Bildung von Summen oder Differenzen zusammentreten mögen, sie bleiben ein jeder für sich dem Gesetze des Leitungswiderstandes unterworfen. 4. Durch dieß Gesetz haben wir die vollständigste Herrschaft über die galvanischen Ströme gewonnen, und sind auch ohne Lösung der eben behandelten Zweifel im Stande den Erfolg zu beurtheilen, wenn Ströme verschiedener Batterien auf denselben Leiter gleichzeitig wirken. Nach ihm verhalten sich die Stromstärken auf einem oder mehreren eine galvanische Spannung ausgleichenden Leitern umgekehrt wie der Leitungswiderstand, welchen jeder dem Strome entgegensetzt. Finden sich auf allen Leitern verschiedene Widerstände und setzen wir für jene ihren reducirten Leitungswiderstand, so wird der Strom auf dem kürzesten Wege am stärksten seyn und diesen Weg wollen wir in der folgenden Betrachtung als den einzigen „Weg“ des Stromes, oder als den einzigen „Strom“ bezeichnen. Diese Abstraction ist zur Uebersicht immerhin gestattet, da sie, nachdem man auch jede Gegenkraft in Bezug auf ihren Gegensatz als einen unendlich großen Widerstand in Rechnung zieht, überall da sehr nahe mit der Wirklichkeit zusammenfällt, wo auf allen übrigen Wegen durch natürlichen Widerstand, durch eingeschobene Hindernisse oder durch Gegenkräfte die Wirkungen des Stromes auf die angewandten Apparate unmerklich geworden sind, und wo dieß nicht der Fall ist, man nach Umständen auf ihre Bedeutung zurückgehen kann. Man kann indessen durch die angegebenen Widerstände und ihre Veränderung den Strom in unserem Sinne beliebig aus einem Leiter in den andern verlegen. Leisten dagegen alle Leiter einen gleichen oder nahe gleichen unveränderlichen Widerstand, so findet natürlich jene Abstraction keine Anwendung; man hat alsdann so viele Stromtheile als Leiter. Seyen nun B und B' in Fig. 1 zwei Batterien von einer gleichen Anzahl gleich großer Zellen, welche mithin theoretisch einen gleich starken Strom geben, und seyen sie mit ungleichnamigen Polen nach oben gekehrt, so sind ihre Ströme auf den homogenen Leitungen c c' und d d' gleich gerichtet. Ohne die Verbindungen cd hat man auf jener Leitung einen Strom von gleicher Quantität mit dem jeder Batterie für sich, aber von doppelter Spannung; nach Herstellung der Verbindung cd wird man auf jeder derselben den Strom der benachbarten Batterie haben, so lange der Widerstand auf den cd sehr gering ist. Wenn dieser Widerstand wächst, hat man sehr bald den Strom auf c c' und d d', so daß er seinem ohne die cd möglichen Maximum schon sehr nahe kommt, wenn jener dem von (cc' + dd')/2 gleich wird. Sind dagegen die Batterien mit ihren gleichnamigen Polen nach oben gekehrt, also ihre Ströme entgegengesetzt gerichtet, so hat man nach unserer Annahme ohne die cd auf der ganzen Leitung keinen Strom. Mit den Verbindungen cd hat man auf jeder von ihnen, welches auch der Widerstand derselben sey, wenn er nur nicht unendlich groß ist, den Strom der benachbarten Batterie. Wollte man unter diesen Umständen den Strom von B durch c' d', den von B' durch cd gleichzeitig zum Schluß bringen, so bedürfte es eines Leiters, welcher dem Strom in einer Richtung geringeren Widerstand leistet als in einer anderen, oder eines ähnlich wirkenden Förderungsmittels, wozu der Magnetismus dienen könnte, wenn er den Strom ablenkte; jedoch wirkt er nur drehend auf bewegliche durchströmte Leiter. Es muß nun zwar nach dem Vorhergehenden, wo auf der Fig. 1 ein theoretisches Bild der Vorgänge auf einer Telegraphenlinie gegeben, für unmöglich gelten, aus den Endpunkten eines Leitungsdrahts mit entgegengesetzten Strömen gleichzeitig Depeschen zu fördern; jedoch ist die Aufgabe in der Fassung zu lösen: gleichzeitig aus und von Endstationen eines Leitungsdrahtes Depeschen abzugeben und zwar sowohl unter Anwendung entgegengesetzter Ströme, als auch unter Anwendung eines aus beiden Leitungsbatterien combinirten Stromes von doppelter Spannung. 5. Zum besseren Verständnis ist es nothwendig, den Hergang bei dem jetzt üblichen Morse'schen Telegraphensystem an den in Fig. 4 und 5 in horizontaler Projection skizzirten Apparaten kurz durchzugehen und an ihnen die Lösungen der vorliegenden Aufgabe zu zeigen. Es ist in der Zeichnung an dem Schlüssel die Projection desjenigen Arms fortgelassen, welcher bei der jedesmaligen Stellung des Schlüssels nicht an der Leitung des Stromes Theil nimmt. In beiden Figuren ist für die nächste Erläuterung von den Zeichnungen R'' und den verbindenden Linien abzusehen; in den übrigen Theilen bezeichnet S die Station, B die Leitungsbatterie, T den Taster oder Schlüssel, E die Erdplatte, L die obere Leitung und R' das von Station S bewegte Relais. Dieselben Theile sind für die Station S' mit correspondirenden Buchstaben bezeichnet und das von S' bewegte Relais mit R. Bei Anwendung entgegengesetzter Ströme von beiden Stationen geht, wenn nur eine Station spricht, wie das Fig. 4 darstellt, der Strom vom + Pol der B aus zum Schlüssel T, von da nach E durch Erde nach E' zu T in Station S', durch h, f und e zum Relais R', der oberen Leitung L und zum – Pol der B in S zurück. Auf diesem Wege schließt der Strom durch den Elektromagneten des Relais die locale Batterie in S', welche dann durch den Schreibapparat die Depesche gibt. Die beiden letzten Apparate sind, als die Frage nicht berührend, in der Zeichnung nicht berücksichtigt. Wenn beide Stationen gleichzeitig sprechen, wie es Fig. 5 zeigt, so sind beide Schlüssel offen, und die für das Zeichengeben erforderlichen Relais von dem Stromwege ausgeschlossen, welcher jetzt für beide Batterien durch BTE E' T' B' dcLbaB bezeichnet ist. Man verbinde den durch das Relais gehenden Leitungsdraht, nachdem er dasselbe bei e oder h wieder verlassen hat, nach der punktirten Linie direct unter Umgehung der Schlüssel mit der Erde und schiebe auf dieser Strecke einen Widerstand W ein, dessen Größe aus der folgenden Gleichung zu bestimmen. Wenn WL den Gesammtwiderstand der oberen und unteren Leitung, WB den der Batterie mit den Verbindungen zum Relais und Schlüssel bezeichnet, so muß seyn I.    W > WL < WL + WB, wobei vorausgesetzt ist, daß wenn WR den Widerstand eines Relais bezeichnet, WR < WB sey, was immer zu erreichen ist. Nach Fig. 4 wird jetzt bei einseitigem Sprechen der Strom von S den oben beschriebenen Weg als den kürzeren beibehalten und das Relais R' in S' bewegen. Wenn aber, Fig. 5, beide Stationen gleichzeitig sprechen, so hebt Station S' durch Oeffnen des Schlüssels dem Strom von S den bei einseitigem Sprechen gangbaren kürzeren Weg durch g auf und läßt ihm nur die Wege: 1) von B durch Erde, B 'dc und obere Leitung zu B zurück, oder 2) von B durch Erde, W und R' in Station S', L zu B zurück, oder 3) von B durch Erde zu W und R auf derselben Station S zu B zurück. Die Widerstände auf diesen Wegen sind, wenn WR den Widerstand des Relais bezeichnet: ad 1.   ad 2.   ad 3.    WL + WB WL + W + WRW + WR II. und nach der gemachten Voraussetzung ist aus I. W + WR < WL + WB < WL + W + WR, daher geht der Strom von S den Weg 3 durch das nächste Relais R' und der von S' den analogen durch R, wählt aber den Weg nur so lange, als ihm der bessere Weg durch das jenseitige Relais R in S' zum Schlüssel bei F durch Oeffnung desselben versperrt ist, d.h. so lange S' es haben will, und umgekehrt wird gleichzeitig der Strom von S' durch indirectes Einschieben des Widerstandes WB in S gezwungen durch das ihm nächste Relais R' für S zu gehen, so lange der bessere Weg bei g aufgenommen ist, d.h. so lange die Station S ihn arbeiten lassen will. Nur dann wäre bei dieser Action möglicherweise eine Störung in der Bewegung des Ankers zu fürchten, wenn der Strom z.B. von S' bei seinem Durchgang durch das Relais für den von S, demselben noch entgegengesetzt wäre, da alsdann eine Umkehrung der Magnetismen erforderlich wäre, mithin ein Zeitpunkt eintreten könnte, wo kein Magnetismus in dem Elektromagneten vorhanden wäre. Allein beide Ströme sind, wenn sie die Relais durchsetzen, gleichgerichtet, und es ist daher nach unserer Abstraction (4) eine völlig ungestörte Depeschen-Abgabe gleichzeitig aus beiden Endstationen bei der angegebenen Einrichtung möglich. 6. Für Lösung der Frage durch das zweite der angeführten Mittel, nämlich des combinirten Stromes beider Leitungsbatterien von doppelter Spannung, bietet sich die Eigenschaft der Leiter dar, wornach sie durch den elektrischen Strom mehr oder weniger ausgedehnt werden, ohne an ihrer Elasticität zu verlieren, und daher nach Aufhebung des Stromes ihre frühere Länge wieder annehmen. Bei einem neusilbernen Drahte von 3' Länge und 0,2''' Durchmesser, der einer mechanischen Spannung von 1/2 Pfd. ausgesetzt war, wurde freilich, als man durch denselben successiv den Strom zweier Batterien aus 4 und 8 kleinen Zellen leitete, bei der stärkeren Säule eine stärkere Ausdehnung bemerkt, allein es fehlte in beiden Fällen das für den vorliegenden Zweck durchaus nothwendige momentane Auftreten der Erscheinung. Jedenfalls bleibt die Prüfung dieser Eigenschaft unter Anwendung so bedeutender Batterien, wie sie in der Praxis des Telegraphirens vorkommen, höchst wünschenswerth. Der Elektromagnetismus kann auch mit dem combinirten Strom das Geforderte leisten, jedoch nicht durch die größere Spannung, welche nur die Sicherheit der Action erhöht, sondern durch die auch bei gleichzeitigem Telegraphiren unverändert verfügbar bleibende Stromquantität, wie die folgende Theorie zeigt. Man stelle, Fig. 4 und 5, die zweiten Relais R'' auf, verbinde sie, nach Entfernung der Drähte aB und dB', mit den Batterien und der oberen Leitung, wie es aus der Zeichnung zu ersehen, und mit den Batterien der Schreibapparate, daß auch sie dieselben durch das Spiel der Elektromagneten selbstständig schließen und öffnen können. Diese Relais haben bis auf die Drähte der Elektromagnete, welche den n fachen Querschnitt von dem der Drähte in den übrigen Relais haben, eine diesen völlig gleiche Einrichtung. Läßt man die punktirten Linien außer Acht, mit den als wegfallend oben bezeichneten Verbindungen, so nimmt nach Fig. 4 bei einseitigem Sprechen von Station S, der Strom den Weg B durch h R'' a'' b L c d R' f g E' nach E und B zurück, vorausgesetzt daß der + Pol in S der oberen Leitung zugekehrt ist. Ebenso sind bei gleichzeitigem Sprechen nach Fig. 5 die Stromwege B h'' R'' a'' b L c d'' R'' e'' B' g E' und zurück durch E nach B. Nach der in (5) angewandten Bezeichnungsweise sind die Widerstände auf dem ersten und zweiten Wege 1)       WR'' + WL + WR' = WL + (n + 1) WR'', 2) WR'' + WL + WR'' = WL + 2 WR'' indem hier L die gesammte Leitung, außer der im Relais, bezeichnet. Da sich die Stromstärken, also die elektromagnetischen Wirkungen, umgekehrt wie die Widerstände verhalten, so sind diese in beiden Fällen ad 1.     1/(WL + (n + 1) WR'') oder 1. ad 2. 1/(WL + WR'') oder 1 + nWR''/(WL + WR''). Hebt man an den Relais R'' die Wirkung des Stroms bei einseitigem Sprechen durch die Federn unter s'' auf, so wird man bei der beschriebenen Einrichtung mit um so größerer Sicherheit gleichzeitig Depeschen abgeben können, je größer n ist. 7. Die theoretischen Auflösungen (5. 6) bedürfen für die praktische Anwendbarkeit noch einer näheren Prüfung und Ausführung. Die für Anwendung entgegengesetzter Ströme gegebene Einrichtung beruht auf der Abstraction, daß der Strom durch den Widerstand W bei einseitigem Sprechen in seinen Wirkungen auf die Apparate unmerklich geworden sey, und daß weiter nach Einschieben des größeren Widerstandes bei gleichzeitigem Sprechen die Kraft in dem Maaße gesteigert werde, daß sie wieder im Stande ist die Relais zu bewegen. Um die erstere Wirkung zu erreichen, muß W möglichst groß gegen WL seyn, und für den zweiten Zweck möglichst klein gegen WL + WB. Der beste Werth wäre daher WL + WB/2; da aber W B immer an sich nur klein gegen WL ist, so wird die Kraft durch W, selbst wenn WB in maximo auf WL erhöht würde, nicht klein genug werden, um vernachlässigt werden zu können. Man nähme daher am besten für W seinen Gränzwerth WL, höbe für einseitiges Sprechen seine Wirkung durch die Feder s auf und bestimmte für gleichzeitiges Sprechen WB = WL. In welchem Maaße dann im letzteren Falle eine für den Betrieb hinreichende Kraft disponibel werden würde, das konnte der Verfasser mit den zu Gebote stehenden Mitteln praktisch nicht genügend prüfen. Inzwischen liegt es nahe, zur Aufhebung der bei einseitigem Sprechen störenden Kraft im Relais, statt der Feder s den Strom selbst zu benutzen, und so gelangt man zu der folgenden Construction. Es sey zu dem Zweck neben der Feder s ein Eisenstab aufgestellt, in gleicher Entfernung von der Drehachse des Hebels, wie die bisher üblichen beiden Arme des Hufeisenmagneten im Relais, man lasse durch seine Windungen den Strom der sprechenden Batterie eintreten und dann einerseits sich durch den Hufeisenmagneten zu W, andererseits zur oberen Leitung theilen. Da nach der getroffenen Bestimmung von W beide Ströme einander gleich sind, so befindet sich in den Windungen des Stabmagneten doppelt so viel Strom, als in denen des Hufeisenmagneten, und daher bedarf ersterer nur halb so viel Windungen von doppeltem Querschnitt als jener, sobald er die Capacität für den Magnetismus hat, daß er bei gleicher Windungszahl mit denen beider Arme des Hufeisenmagneten den zweifachen Magnetismus annimmt. Nach Feststellung dieses Elektromagneten ist auch ohne die Erhöhung von WB auf WL ein richtiges Spiel im Anker des Hufeisenmagneten für gleichzeitiges Sprechen gesichert. Es scheint aber schwieriger einen Eisenstab so herzustellen, daß er den hier vorkommenden Bedingungen genügt, als eine Hufeisenform; daher ist in der Fig. 2 gegebenen Zeichnung eines nach den eben erklärten Principien zu construirenden Relais, auch bei s ein Hufeisenmagnet angenommen. Für die richtige Auffassung der Zeichnung ist noch zu bemerken, daß, wenn nach den bisherigen Erfahrungen bei einseitiger Telegraphie x die Gesammtzahl der Windungen um die beiden Arme des Hufeisenmagneten M war und der Draht den Durchmesser d hatte, zur sichern theoretischen Bestimmung die Anzahl der Windungen auf jedem Arm x von gleichstarken Drähten betragen mag. Es soll hiernach der Arm m' des Elektromagneten M', welcher zunächst den Strom der Leitungsbatterie in seine Windungen aufnimmt, eine Anzahl x/2 Windungen eines Drahtes vom Durchmesser 2d haben, und der Arm m'' eine Anzahl x Windungen eines Drahtes vom Durchmesser d. Der Gebrauch des Relais ist nach den Bemerkungen bei der Zeichnung klar und bedarf, nachdem alle seine Theile gehörig adjustirt sind, es noch der Regulirung wegen der Veränderlichkeit des Widerstandes in der oberen Leitung. Da das Spiel des Apparates auf der Gleichheit von W und W L beruht, so muß dasselbe durch W regulirt, dieser daher zweckmäßig veränderlich gemacht werden. 8. Um den Mechanismus bei Anwendung eines combinirten Stromes (6) praktisch brauchbar zu machen, muß vorerst der Unterschied der Werthe der Ströme vergrößert werden. Zu dem Ende nehme man in den Werthen III und IV daselbst n = 2 an, so gehen dieselben, nachdem noch auf den Drähten e f und h g, Fig. 4 und 5, die Widerstände W' = WLWR'' eingeschoben worden, über in ad 1.   1/(2 WL + 2 WR'') oder 1. ad 2. 1/(WL + WR'') oder 2. oder der Strom ist bei gleichzeitiger Telegraphie doppelt so stark, wie bei einseitiger. Zu richtiger Arbeit mit den angegebenen Einrichtungen ist vor allem erforderlich, daß die bei gleichzeitigem Sprechen stattfindende und nothwendige Unterbrechung des Stroms auf so kurze Dauer beschränkt wird, daß während derselben und der gleichzeitigen Unterbrechung des Stroms in der localen Batterie des Schreibapparates, ein Abreißen des Ankers in demselben nicht die Folge ist. Die bisher üblichen Schlüssel scheinen dem Verfasser nicht hiezu genügend, und ist daher eine ähnliche Vorrichtung in Fig. 3 entworfen. In derselben ist pq eine stark federnde metallene Schiene, welche bei q an die leitenden Zapfen einer gleichen zum Durchlassen des Stempels z durchbrochenen Platte m spielt. sq ist eine empfindliche, in einem festen Bügel leicht festzustellende Schraube, so daß man den Zwischenraum zwischen ihrem kugelförmig abgerundeten Ende und der metallenen Schiene bei q durch Einklemmen einer später wieder zu entfernenden Metallfolie bequem reguliren und auf ein Minimum reduciren kann, während der Sicherheit der Leitung wegen das Ende der Schraube und Schiene an den Berührungsflächen q stark vergoldet oder mit Platinblechen versehen wird. Der Arm az kann nach Verständniß der Bemerkungen neben der Figur von beliebigem, dauerhaftem Materiale seyn und bedarf weiter die ganze Einrichtung keiner Erläuterung. Im Nothfalle würde die Feder zum Abreißen des Ankers zum Schreibapparat, in Uebereinstimmung mit dem Spiel des neuen Schlüssels zu reguliren seyn. 9. Bei den Entwickelungen Nr. 6 und 8 war es besonders die Absicht die Stromtheilung zu vermeiden, und gerade die bei Anwendung gleichgerichteter Ströme vorhandene Eigenschaft zu benutzen, daß der einfache Strom quantitativ und selbst mit doppelter Spannung erhalten wird. Will man das Princip der Theilung auch hier zur Anwendung bringen, so wäre schon mit dem Relais Fig. 2 eine Einrichtung hiezu gegeben, sobald man den Strom nicht durch die Windungen um m' von M', sondern durch die um den correspondirenden Arm von M eintreten ließe, oder kurz die in den Anmerkungen der Zeichnung gegebenen Functionen der Drähte b und c vertauschte, mithin auch den Draht d durch W zur Erde mit dem Draht b verbände. Dazu müßten die Windungen des einen Arms m' des Hufeisenmagneten M' dem des andern Arms m'', entgegengesetzt gewunden seyn, d.h. wenn bei einem in derselben Richtung sämmtliche Windungen durchfließenden Strom diese den Nordpol nach m'' zu verlegen trachteten, jene den Südpol dahin zu bringen bestrebt wären. Wenn ferner die Arme von M nach der früheren Bestimmung (7) eine Anzahl jeder von x/2 Windungen hier eines Drahtes vom Durchmesser 2 d haben, müssen die Windungen um den Arm m'' jenen gleich, die Anzahl der Windungen um m' aber muß 3x/2 eines Drahtes vom Durchmesser d seyn. Erwägt man hiernach, daß bei einseitigem Sprechen der Strom bei s sich in zwei entgegengesetzte spaltet, mithin bei der Beschaffenheit der Windungen in M' einen gleich starken Magnetismus wie in M erzeugt, so erkennt man, daß das eigene Relais der sprechenden Station ruht. Dagegen ist unter Beihalt der Eigenschaften an Fig. 1, wie sie in Nr. 4 gegeben sind, klar, daß bei gleichzeitigem Sprechen in den Windungen um m' fast kein Strom ist, wohl aber in denen von m'' und M' und daß das Relais daher mit halber Kraft gewiß arbeiten wird. Es wäre daher hier jedenfalls, vielleicht auch in derselben Figur für Nr. 7, in der Praxis besser einen adjustirten Elektromagneten in Stabform, wie er dort beschrieben, bei s anzuwenden, um so mehr als die bisher übliche Feder zum Abreißen des Ankers in allen angegebenen Einrichtungen ebenfalls beibehalten werden muß. Dennoch ist die Anwendung des combinirten Stromes ohne Theilung vorzuziehen, wenn sie sich in einem praktischen Versuch bewähren sollte. Zwar erfordert sie die Aufstellung eines zweiten Relais, dagegen werden die Betriebskosten geringer, als bei der Angabe für entgegengesetzte Ströme, wo sowohl bei einseitigem als gleichzeitigem Sprechen der Strom durch W, mithin das ihn unterhaltende Material der Zellen, verloren geht. Eine jede Benutzung desselben erscheint nur als eine neue Kosten verursachende Verdeckung, es sey denn daß man ihn zur Regulirung des Widerstandes W selbst durch einen zweckmäßigen Mechanismus verwenden könnte. Wäre es zweckmäßig die Hindernisse W' bei einseitigem Sprechen zu entfernen, zugleich mit Einfügung der Drähte aB und dB', so könnte dieß als ein weiterer Vortheil des combinirten Stromes gelten, ja selbst wenn der stete Gebrauch von W' eine Vermehrung der Zellen erforderte, würde dieß Verfahren vorzuziehen seyn, sobald sich im Uebrigen die Einrichtung praktisch bewährt. Es bedarf nur einer Leitungsbatterie auf eine der Endstationen S, sobald man auf der andern das Relais R'' direct mit dem Ambos T' verbindet, oder in der Figur 3 mit der denselben vertretenden Schraube sq. Ob eine solche Einrichtung für den Betrieb zulässig ist, während Station S' die eigene Batterie in Reserve behält, werden die Erfahrungen im Telegraphenwesen entscheiden müssen; jedenfalls würde das Betriebsmaterial in den Zellen bei gleichzeitiger Depeschen-Abgabe vermindert und wahrscheinlich die Kraft vollständiger benutzt. 10. Denkt man sich in der Nr. 5 angezogenen Zeichnung statt des Widerstandes W eine gleichgeltende Leitung, welche auch dieselben Apparate wie L enthält, so ist einleuchtend, daß man mit denselben gleichzeitig eben solche Zeichen geben wird, wie auf der ursprünglichen Leitung L. In ähnlicher Weise wird man von einer Station aus nach beliebigen n Richtungen dieselbe Depesche gleichzeitig befördern können, wenn die Batterie im Stande ist sämmtliche Leitungen zu füllen. Jedoch wenn man, statt in einer Richtung den Strom zum Schluß zu bringen, deren n von gleichem Widerstande anwendet, wird auf jeder derselben nur der nte Theil des gegebenen Stromquantums vorhanden seyn. Es ist hier der Ort beiläufig daran zu erinnern, daß die Anwendung des Princips der Theilung, wie es in Nr. 7 zur Ausführung für gleichzeitige Telegraphie empfohlen, eine Schwächung der ohne sie zur Förderung der Depesche disponiblen Kraft ist. Wenn nun für Abgabe einer Depesche in der einfachen Richtung die Flächengröße der Zellen = q hinreichend ist, so wird jede Depeschenabgabe gleichzeitig nach n gleichgeltenden Richtungen die Flächengröße = nq der Zellen nothwendig machen bei unveränderter Anzahl derselben. Für die Praxis ist hiebei nicht zu vergessen, daß jede Leitung nur eine bestimmte Stromstärke zuläßt; sie wird daher dem größeren Quantum auch einen größeren Widerstand entgegensetzen und man muß daher im vorliegenden Falle die Wege, durch welche der ungetheilte Strom gehen soll, angemessen erweitern. Will man zu einer solchen gleichzeitigen Abfertigung derselben Depesche nach n verschiedenen Richtungen, welche, wie im ganzen Verlauf dieser Nr. angenommen, einen gleichen oder gleichgemachten Widerstand ausüben, n für die einfache Richtung genügende Batterien verwenden, so läßt sich damit nur angenähert der Zweck erreichen, wenn dieselben auf den Wegen zur Vereinigung einen erheblich größeren Widerstand überwinden, als derjenige ist, den sie bei der späteren Trennung in den verschiedenen Richtungen zu überwinden haben: denn der Strom einer jeden wird den nächsten Weg wählen. Die hier stattfindende Stromspaltung ist schon in Nr. 1 als eine Ursache des Unterschieds zwischen der berechneten und beobachteten Stromsumme in Tabelle I daselbst angeführt. Schaltet man bei einer der dort näher angegebenen Combinirungen zweier Batterien auf der gemeinschaftlichen Stromstrecke einen Rheostaten ein, so fällt die beobachtete Summe sogleich unter die Stromstärke der stärksten Batterie, wenn der Widerstand im Rheostaten den der schwächsten Batterie übersteigt. Werden dagegen verschiedene Widerstände auf einem der nicht gemeinschaftlichen Drähte eingeschoben, so findet nur ein geringer Unterschied in den berechneten und beobachteten Summen statt, wie ihn auch Tabelle I gibt und größer gibt für mehr Batterien als für zwei. Ohne Zweifel würde sich auch hier die Geltung des Ohm'schen Gesetzes (4) auf das strengste nachweisen lassen, und man wird ihm dieselbe Bedeutung für die Mechanik des Galvanismus mehr und mehr zugestehen müssen, welche das Gravitations-Gesetz für die Mechanik der Schwere hat. 11. Noch muß der elektro-chemische Telegraph hier besprochen werden, worüber nur die von dem Erfinder, dem k. k. Telegraphen-Director Gintl selbst gegebene Beschreibung und die eines Probeversuchs im Großen bekannt geworden,Zeitschrift des deutsch-österreichischen Telegraphen-Vereins, 1854, Heft 1 (polytechnisches Journal Bd. CXXXI S. 194). welcher letzte die, nach dem Vorgang der übrigen Telegraphen kaum noch zweifelhafte Abgabe der Depeschen durch dieses Mittel auch praktisch nachgewiesen hat. Im Allgemeinen auf jene Berichte verweisend, wollen wir das Princip hier anführen, um daran einige Bemerkungen zu knüpfen. Nach demselben wird die zersetzende Kraft der sprechenden Batterie dazu benutzt auf einem mit der erwählten Flüssigkeit getränkten und feucht erhaltenen Papierstreifen diejenigen Zeichen durch farbige Zersetzungsproducte unmittelbar zu erzeugen, die der Morse'sche Drucktelegraph unter Vermittelung der Relais durch die locale Batterie auf dem Papierstreifen mechanisch eindrücken läßt. Die Färbung der Zeichen wird daher im Allgemeinen von der elektrolytischen Flüssigkeit abhängen, aber auch von der Beschaffenheit des Schreibstifts, je nachdem derselbe bei der Elektrolyse der Flüssigkeit selbst angegriffen wird. Ebenso bestimmt die Natur des Elektrolyten und der erwarteten Farben die Stellung des Schreibstifts gegen die Richtung des Stromes. Es ist hiernach die Wahl des Metalls zum Schreibstift nicht gleichgültig, während der Steg immer passend aus einem durch den Strom nicht veränderlichen Metall gebildet wird. So kann bei dem von dem Erfinder gewählten Cyankalium, ein Steg von Platin vorausgesetzt, keine blaue Färbung eintreten, wenn der Stift nicht von Eisen ist, und auch dann nur vor ihm, wenn er den positiven Pol bildet, weil sich Berlinerblau nur unter Zutritt des Eisens erzeugen kann. Dagegen kann das Jodkalium vor jedem Metallstift, wenn er nur positiv ist, farbige Zeichen liefern, denn das in dem Elektrolyten frei werdende Jod liefert allein die Farbe. Beide Präparate sind indessen leicht durch schwache Säuren und mit der Zeit an der Luft zersetzbar; daher wäre es zweckmäßig, wenn man den Papierstreifen durch Wasserdämpfe so feucht erhielte, daß er leitend und für jede Feuchtigkeit schnell zugänglich wäre, worauf derselbe unmittelbar vor dem Steg durch eine capilläre Vorrichtung mit dem färbenden Elektrolyten benetzt würde; denn zum Hervorbringen der Zeichen bedarf es nur einer sehr geringen Quantität desselben in der Nähe des färbenden Pols. Bei Anwendung schwach geleimten Papiers empfiehlt sich die Galläpfeltinctur, welche von einem positiven eisernen Schreibstift das zur Tintebildung erforderliche Eisenoxydul durch die Elektrolyse erhält. Noch mag erwähnt werden, daß nach der Natur des Vorganges auf der zweiten Seite des Papierstreifens die eigene Depesche der sprechenden Station als Controle erhalten werden könnte, wenn man statt des Stegs ebenfalls einen Stift von dem für die Färbung erforderlichen Metall anwendete, und beide Seiten des Streifens mit dem Elektrolyten imprägnirte. Die Befürchtung welche sich im Nachtrag zu der angezogenen Abhandlung ausgesprochen findet als könnten Witterungs-Verhältnisse, und man kann allgemein sagen Leitungsverhältnisse den elektrochemischen Telegraphen weniger zuverlässig machen als den elektromagnetischen, erscheint unbegründet, wenn man erwägt, daß chemische und magnetische Wirkungen des Stromes immer gleichen Schritt halten; keinenfalls wird daher bei geringerem Leitungswiderstande des Elektrolyten mit dem des Relais unter übrigens gleichen Verhältnissen der chemische Telegraph eher den Dienst versagen als der elektromagnetische. Das Feuchten des Papiers, die Unterhaltung und Beaufsichtigung des Präparats machen das Gintl'sche Verfahren schwieriger und weniger praktisch als das Morse'sche, dem es den Resultaten und der Einfachheit seiner Apparate nach vorzuziehen ist. Das Problem der gleichzeitigen Telegraphie wird für das elektrochemische Verfahren durch den combinirten Strom ohne Einbuße seiner Einfachheit schwerlich gelöst werden; durch entgegengesetzte Ströme wäre es auch durch die Theorie in Nr. 5 gelöst, wenn die dortige Abstraction in der Praxis richtig bliebe, oder eine Aufhebung der Wirkung der sprechenden Batterie, wie sie für die elektromagnetische Wirkung (7) angegeben worden, hier ausführbar wäre. Inzwischen ist das Problem durch den Director Gintl gelöst und sein Verfahren im Februarheft 1855 der Zeitschrift des deutsch-österreichischen Telegraphen-Vereins (polytechn. Journal Bd. CXXXVII S. 166) beschrieben. Dasselbe liegt dem Verfasser augenblicklich nicht vor, jedoch glaubt er bemerken zu müssen, daß die dort sogenannte Ausgleichungsbatterie diesen Namen nicht verdient, denn, soviel erinnerlich, gehört die Action der Apparate unter die hier Eingangs der Nr. 4 an der Fig. 1 angedeuteten Erscheinungen, welche durch die Leitungsverhältnisse bedingt sind, wenn die Kombination gleichgerichteter Ströme stattfinden kann. Es ist darnach nur erforderlich, je nach den Leitungsverhältnissen auf den verschiedenen dargebotenen Stromwegen, einige Zellen der Leitungsbatterie, bis zur halben Anzahl derselben, an die Stelle der Ausgleichungsbatterie zu setzen. (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)

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