Titel: Ueber das Heizen der Dampfmaschinen-Oefen; von dem Ingenieur R. Armstrong zu London.
Fundstelle: Band 138, Jahrgang 1855, Nr. XLIV., S. 165
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XLIV. Ueber das Heizen der Dampfmaschinen-Oefen; von dem Ingenieur R. Armstrong zu London. Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, August 1855, S. 286 und September S. 318. Armstrong, über das Heizen der Dampfmaschinen-Oefen. I. Instructionen für die Heizer solcher Dampfmaschinen-Oefen, welche ihren eigenen Rauch verbrennen. 1) Zuvörderst müssen die Heizer begreifen, daß sie sich nicht ein Geschäft aus dem Stochern machen dürfen, sondern es für die Zeiten aufsparen müssen, wo der Rost von Schlacken und Asche gereinigt wird, was drei- bis viermal täglich zu geschehen hat, wenn man mit Kohlen von mittlerer Beschaffenheit feuert. Man wählt dazu die Zeitpunkte, wo geringere Dampfmengen erforderlich sind. 2) Des Heizers erstes Geschäft, ehe noch die Feuerthür geöffnet wurde, besteht darin, sich zu überzeugen, daß die Kohlenstücke auf dem Haufen vor der Thür nicht größer als eine Faust und daß die Staubkohlen befeuchtet sind; auch muß in dem Aschenfall etwas Wasser vorhanden seyn. Dann beginnt er in den hinteren Theil des Ofens zu schüren, etwa auf ein Drittel der Länge des Rostes von der Brücke ab, indem er so rasch als möglich 12, 20 bis 30 Schaufeln voll Kohlen einwirft, die dann eine Bank bilden, welche die obere Fläche der Brücke fast oder gänzlich erreicht, worauf die Feuerthür so lange geschlossen wird, bis alle anderen Oefen – wenn deren noch vorhanden – auf dieselbe Weise bedient sind. 3) Beim Anfeuern werden die Kohlen auf den übrigen Theil des Rostes geworfen und zwar von einer Seite zur andern und vorn, in der Nähe der Feuerplatte, dünner als in der Mitte und hinten. Die Brennmaterialschicht auf den Roststangen muß möglichst gleichförmig, jedoch hinten stets dicker als vorn seyn. 4) Niemals darf der Rost einige Zeit an irgend einem Punkte unbedeckt mit Kohlen bleiben, sondern es muß jedes entstandene Loch sofort mit einer Schaufel voll Kohlen bedeckt oder geschlossen werden; der Heizer darf nie vergessen, daß drei bis vier Schaufeln voll Kohlen rasch auf einander oder auf andere glühende Kohlen geworfen, nicht mehr Rauch machen, als nur eine. Alles hängt aber dabei von recht schnellem Einschüren ab; es ist dieß ein Hauptpunkt um die Bildung von Rauch zu vermeiden und dadurch wesentlich an Brennmaterial zu ersparen. Manche Heizer werfen nur drei Schaufeln voll auf, während andere vier Schaufeln voll in den Ofen werfen und dadurch 20 Procent Dampf mehr erlangen. 5) Der Heizer muß beim Schüren stets dahin sehen, die Kohlenbank an der Feuerbrücke zu erreichen und sie hoch genug zu erhalten. Ist diese Bank gänzlich durchgebrannt, oder ist sie sehr niedrig und ist die Kohlenschicht auf dem Rost überhaupt dünn, so schiebe man mit einer Kratze die ganze vordere glühende Kohlenmasse bis auf eine Entfernung von 12 bis 18 Zoll von der Brücke zurück und werfe frische Kohlen auf die leeren Stellen der vordern Seite des Rostes, wie beim ersten Einschüren. Eine auf diese Weise bediente Dampfkessel-Feuerung verbrennt ihren eigenen Rauch ohne alle Schwierigkeit, vorausgesetzt daß man eine mäßige Luftmenge an der Brücke einströmen läßt (welche zur Conservirung des Kessels vorher erhitzt werden sollte). Dieß ist eine sicherere und wohlfeilere Art den Rauch zu verhüten, als wenn man kalte Luft durch die Feuerthüren einströmen läßt, wodurch der Rauch zwar verdünnt, aber nicht verbrannt wird. II. Instructionen für die Heizer solcher Dampfmaschinen-Oefen, welche nicht besonders zur Verhinderung oder zur Verbrennung des Rauches eingerichtet sind. 1) Maschinenwärter und Heizer, welche mit Oekonomie die Dampferzeugung unterhalten wollen, müssen das Feuer so wenig als möglich oder gar nicht stochern. Damit dieß aber möglich ist, müssen sie dahin sehen, daß der Ofen zweckmäßig construirt und groß genug für die Menge des erforderlichen Dampfes ist. Der Rost muß etwa einen Quadratfuß Oberfläche für jede Nominale Pferdekraft der Maschine, oder für jeden Kubikfuß Wasser, welches in der Stunde verdampft werden soll, haben. Die Roststäbe müssen 1/2 bis 3/4 Zoll dick seyn, 5/16 bis 3/8 Zoll weite Zwischenräume haben und mit Verstärkungen versehen seyn, welche sie fast auf ihrer ganzen Tiefe auseinander halten. Der Kessel muß wenigstens 9 bis 10 Quadratfuß Heizoberfläche per Pferdekraft und die Esse hinreichende Räumlichkeit haben, um einen Zug in dem Ofen zu erzeugen, welcher dem Druck einer Wassersäule von 3/8 bis 5/8 Zoll Höhe entspricht, sobald das Register weit geöffnet ist. 2) Beim Einschüren müssen große und kleine Kohlen, gut mit einander vermengt, allenthalben auf dem Rost vertheilt werden, und zwar hinten in der Nähe der Brücke dicker als vorn an der Platte, weil hinten der Zug am stärksten ist und die Kohlen dort am schnellsten verbrennen. 3) Die auf dem Rost liegende Kohlenschicht soll in der Mitte seiner Länge nie schwächer als 3 Zoll, vorn nie schwächer als 2 Zoll, und hinten wenigstens 6 Zoll dick seyn. Niemals darf jedoch die Kohlenschicht mehr als doppelt so dick als hier angegeben seyn, und nie dürfen mehr als zwei Drittel von der Rostoberfläche auf einmal mit frischen Kohlen bedeckt werden. 4) Wenn eine regelmäßige, gleichförmige Dampferzeugung erforderlich und das Register geöffnet ist, darf die Brennmaterialmenge auf dem Rost nach und nach vergrößert werden; wenn aber die Dampferzeugung gesteigert werden soll, so darf die durchschnittliche Stärke oder Menge des Brennmaterials auf dem Rost nicht vermehrt, sondern muß vielmehr vermindert werden, indem man kleinere Mengen auf einmal, aber häufiger einschürt. Sobald jedoch die Dampferzeugung das Bedürfniß übersteigt, muß man wieder bedeutendere Kohlenmengen auf einmal einschüren, indem man die Brennmaterialmenge auf dem Rost, wie vorher, regelmäßig vergrößert. Ist andererseits für längere Zeit weniger Dampf erforderlich, so verschließe man das Register ein wenig, und benutze diese Gelegenheit, um das Feuer zu ebnen oder den Rost zu reinigen, wobei man jedoch nur eine Hälfte desselben auf einmal vornehmen muß. Wird ein Dampfmaschinen-Ofen auf angegebene Weise betrieben, so entwickelt sich nur wenig Rauch; und ist dieß der Fall, so kann der Rauch dadurch verhindert werden, daß man während und nach dem Schüren die Thür 2 bis 3 Zoll während zwei oder drei Minuten öffnet; hierbei wird jedoch die Dampferzeugung gewöhnlich vermindert. III. Notizen für Dampfmaschinenessen-Besitzer in Beziehung auf die Nachtheile des Rauches. 1) Es ist als erwiesen anzunehmen, daß eine Dampfmaschinenesse nicht zu weit seyn kann, wenn sie nur mit einem Register versehen ist, obgleich jetzt noch immer 99 von 100 Essen entschieden zu eng sind. Solche sind nicht im Stande einen hinreichenden Luftzug durch den Ofen hervorzubringen, daher statt einer Flamme mit wenig oder keinem Rauch, eine sehr rauchige erzeugt wird. 2) Mangel an Zug der Esse ist ein Fehler, den kein rauchverzehrender Ofen in der Welt, mag er mit kalter oder warmer Luft gespeist werden, verbessern kann; nur durch Anwendung eines Gebläses ist dieß möglich; der Betrieb eines solchen kostet aber gewöhnlich so viel, als die durch dasselbe erzeugte Hitze werth ist. 3) Da es unmöglich ist, den Rauch ohne große Hitze zu verzehren, welche einen guten Zug erfordert, ein solcher aber ohne eine große Esse nicht wohl hervorgebracht werden kann, so folgt im Nachstehenden eine Tabelle über die Verhältnisse, welche die Essen haben sollen, deren Zweckmäßigkeit durch die Praxis erwiesen ist, wobei die so genannte Dampfkohle (steam coal) von geringerer Qualität der (englischen) Fabrik-Districte als Anhalt genommen wurde. Zwar können da wo – wie in London – noch vorwiegend Newcastle-Kohlen angewendet werden, die Dimensionen der Esse etwas geringer seyn; allein auch unter solchen Umständen kann man die nachstehenden Dimensionen beibehalten, weil die Kraft der vorhandenen Maschine nicht selten gesteigert werden muß.  Höhe der Esse. Innerer Durchmesser.   Nominelle Pferdekraft Yards (à 3 Fuß).     Fuß.      Zoll.        des Kessels.         20     1        6            10         25     1        8            12         30     1      10            16         33     2        0            20         35     2        6            30         40     3        0            50         40     3        6            70         40     4        0            90         45     4        6          120         50     5        0          160         55     5        6          200         60     6        0          250 5) Um die Rauchbildung zu vermeiden, darf man die Maschine nicht zu hoch belasten. Eine gewöhnliche Niederdruck-Condensations-Maschine wird meistens zu hoch belastet, wenn sie für jede nominelle Pferdekraft weniger als 25 Kreiszoll im Minder hat. Eine Hochdruckmaschine ohne Condensation muß dagegen per Pferdekraft 10 bis 12 1/2 Kreiszoll haben und mit dem doppelten Effectivdruck gegen jene betrieben werden, d.h. mit 30 bis 40 Quadratzoll Druck in dem Kessel.