Titel: | Ueber Wilhelm Siemens' Maschine mit regenerirtem Dampf; von Hrn. F. Moigno. |
Fundstelle: | Band 138, Jahrgang 1855, Nr. LXIII., S. 241 |
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LXIII.
Ueber Wilhelm Siemens'
Maschine mit regenerirtem Dampf; von Hrn. F. Moigno.
Im Auszug aus dem Cosmos, Revue encyclopédique,
Sept. 1855, S. 311.
Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
Moigno, über Siemens' Maschine mit regenerirtem Dampf.
Hr. Seguin
sen. hat zuerst auf die großen Vortheile (hinsichtlich
der Brennmaterial-Ersparniß) aufmerksam gemacht, welche Maschinen gewähren
müßten, die fortwährend mit demselben Dampf betrieben würden, welcher abwechselnd
erhitzt und gespannt, ausgedehnt und abgekühlt, wieder erhitzt und auf seine
anfängliche Spannung gebracht wird etc. Er übergab eine diesen Vorschlag
entwickelnde Abhandlung nebst einer Skizze einer derartigen Maschine (mit nur zwei
Cylindern, ohne Anwendung eines Respirators) der französischen Akademie der
Wissenschaften am 3. Januar 1855 (m. s. den Aufsatz im polytechn. Journal Bd. CXXXV S. 325). In Folge dieser
Mittheilung schrieb Hr. Wilhelm Siemens an die Akademie:
1) daß er seit 1846 eine erste Maschine construirt habe, welche auf dem Princip der
Umsetzung der Wärme in Triebkraft beruht, und zu deren Betrieb er dem ausgedehnten
und durch die Erzeugung mechanischer Kraft abgekühlten Dampf seine anfängliche Wärme
und Spannung wieder ertheile, nämlich mittelst Hüllen (Mänteln) welche auf einer
hohen Temperatur erhalten werden, und mittelst des neuen Organs, welches zuerst von
Stirling unter dem Namen
„Respirator“, dann von Ericsson
unter dem Namen „Regenerator“ angewandt wurde; 2) daß er von
1846 bis 1855 fortwährend mit der Vervollkommnung seiner Maschine beschäftigt
gewesen sey und ein Modell von sechs bis acht Pferdekräften besitze, welches man auf
der Pariser Industrie-Ausstellung sehen werde. Außer jenem Modell lieferte er
in den Industriepallast aber auch eine Maschine von vierzig Pferdekräften.
Hr. Wilhelm Siemens (welcher seit ungefähr 14 Jahren in
England ansässig und der jüngere Bruder des um die elektrische Telegraphie so
verdienten Hrn. Werner Siemens zu Berlin ist) hat seine
theoretischen Ansichten, durch positive Versuche unterstützt, in zwei Abhandlungen
auseinander gesetzt, wovon die erste am 29. Juni 1852 in der Versammlung des Vereins
der Mechaniker zu Birmingham vorgetragen wurde, die andere am 17. Mai 1853 in der
Versammlung der Gesellschaft, der Civilingenieure zu London.
Die Grundsätze und Thatsachen, auf welchen die mechanische Theorie der Wärme
hauptsächlich beruht, sind folgende:
1) die Wärme und die (mechanische) Kraft sind zwei Wirkungen, zwei Aeußerungen einer
und derselben Ursache; sie setzen sich gegenseitig in einander um, und erzeugen sich
eine aus der andern; derselben Wärmemenge entspricht unter allen Umständen dieselbe
mechanische Arbeit und umgekehrt;
2) unter allen Umständen wo Wärme verschwindet oder in den latenten Zustand übergeht,
wird sie durch Kraft oder Bewegung ersetzt; dieß findet bei den Feuermaschinen
statt; der Dampf oder die heiße Luft spielt bei diesen Maschinen nur die Rolle des
Vermittlers zwischen dem Wärmestoff und der Kraft, indem sie durch ihre Ausdehnung
einen Verlust an Wärme, der sich in Kraft umsetzte, veranlassen;
3) unter allen Umständen wo Kraft verschwindet (gewissermaßen in latenten Zustand
übergeht), wird sie durch Wärme ersetzt; dieß ist z.B. bei der Reibung der Fall;
4) durch die Versuche von Despretz, Regnault und Siemens ist genügend nachgewiesen, daß die Summe der
gebundenen und freien Wärme des gesättigten Wasserdampfs bei verschiedenen
Pressungen eine verschiedene ist;
5) Regnault hat durch directe Versuche gezeigt, daß wenn
ein heißes Gas aus einer ersten Hülle bei derselben Temperatur in eine zweite
größere übergeht, so daß es einen größern Raum einnimmt, aber ohne eine mechanische
Arbeit hervorzubringen, in diesem Falle weder Erniedrigung noch Erhöhung der
Temperatur stattfindet. Daß hingegen, wenn man das in die zweite Hülle tretende Gas
eine mechanische Arbeit vollbringen läßt, eine Abkühlung stattfindet, welche stets
der erzeugten Arbeit proportional ist.
Wir wollen nun den Mechanismus und das Spiel der so genannten „Maschine mit
regenerirtem Dampf“ beschreiben, und zwar nach dem Modell oder der
Londoner Maschine mit zwei einander gegenüber befindlichen horizontalen Cylindern
und einem verticalen Cylinder; dieselbe wird jetzt in der Fabrik des Hrn. Moussard, rue Jean Goujou zu
Paris, fortwährend in
Betrieb bleiben. (Die Maschine von vierzig Pferdekräften, welche im Anbau des
Industriepallasts aufgestellt wurde, hat drei verticale Cylinder.)
Beschreibung der Maschine, Fig. 15. – M und M' sind zwei
Feuerräume, die mit Kohlen gespeist werden, welche man in die zwei Rümpfe schüttet.
NN, N'N'
sind zwei Kessel, welche den innern Mechanismus allenthalben, oben und unten,
einhüllen. OO, O'O' sind cylindrische Wände,
welche der Flamme des Feuerraums ihre Richtung zu geben haben. H, H' sind zwei Mäntel von Gußeisen, welche unaufhörlich
von der Flamme oder den heißen Gasen bespült werden; ihre Böden sind eingetieft und
gerundet, um eine größere Heizfläche zu erzielen; die inneren Wände dieser Mäntel
sind gänzlich mit rauhen Theilen oder Spitzen bekleidet, damit sie dem Dampfe,
welcher in ihnen sich regeneriren (d.h. seine anfängliche Temperatur und Pressung
wieder erlangen) muß, die Wärme besser mittheilen. GG, G'G' sind zwei cylindrische Flächen,
ebenfalls von Gußeisen, auf ihrer vordern und hintern Seite offen, und allenthalben
von den Mänteln H, H' umgeben.
AF, A'F' sind die Kolben, aus zwei mit einander
verbundenen Hälften bestehend; die ersten Hälften A, A'
sind die eigentlichen Arbeitskolben, welche wie gewöhnlich aus Metallringen
bestehen; sie bewegen sich in Cylindern hin und her, welche stets die Temperatur von
denen der gewöhnlichen Dampfmaschinen haben: dieser Bedingung mußte nothwendig
entsprochen werden, weil die tägliche Erfahrung lehrt, daß wenn ein Kolben sich in
einem Cylinder von hoher Temperatur bewegt, die Metallringe bald zerstört werden.
Die zweiten Hälften F, F' der Kolben sind Ansätze oder
Muffe, im Innern hohl und mit Kohlenstücken (als schlechten Wärmeleitern)
ausgefüllt; ihr Zweck ist, die Cylinder und die Arbeitskolben A, A' soviel als möglich gegen die große Hitze des Bodens der Mäntel zu
schützen; diese Muffe bewegen sich frei und ohne dichte Berührung in den
cylindrischen Flächen G, G'.
Man wird bemerken, daß die Durchmesser der Ansätze (Muffe) F,
F' zweimal so groß als die Durchmesser der Arbeitskolben A, A' sind; folglich sind die ringförmigen Flächen (die
Dampfräume) an den Arbeitskolben die Hälfte der Hinteren Flächen dieser Ansätze; und
weil der in den Mänteln enthaltene Dampf, wegen des den Muffen in den cylindrischen
Räumen G, G' gelassenen Spiels, gleichzeitig auf die
vorderen und Hinteren Seiten der Muffe wirkt, so ist die resultirende Wirkung (die
Differenz der zwei Wirkungen in entgegengesetztem Sinne) diejenige, welche der Dampf
auf die Basis des Arbeitskolbens ausüben würde. Die Stangen der Arbeitskolben gehen durch Stopfbüchsen
E, E' und sind in der Mitte B der Maschine mit Kurbeln verbunden, welch die abwechselnde geradlinige
Bewegung in eine stetige Kreisbewegung umsetzen und der Welle C die Drehbewegung ertheilen. Die vier Linien II, I
'I', welche man zwischen den cylindrischen Flächen
G, G' und den Seitenwänden der Mäntel H, H' sieht, bedeuten auch cylindrische Flächen, welche
durch mehrmals um sich selbst gerollte Drahtgewebe gebildet sind; man nennt sie
Respiratoren, weil ihre Bestimmung ist, die Wärme des Treibedampfs abwechselnd
anzusaugen und wieder auszuathmen; sie müssen nämlich an den Dampf welcher zum
(innern) Boden der Mäntel geht, die in ihnen aufgespeicherte Wärme abgeben; dagegen
müssen sie dem Dampf welcher aus den Arbeitscylindern tritt (um, wenn er von links
kommt, unter, wenn er von rechts kommt, über den Arbeitskolben eines dritten
verticalen Cylinders D zu gelangen), die Wärme entziehen
um diese vorräthig zu halten. Die Stange des verticalen Kolbens D ist unten verlängert und mit derselben Kurbel
verbunden welche die Welle C dreht, aber rechtwinkelig
mit den Stangen der zwei horizontalen Kolben, um deren Bewegung fortzusetzen. Der
Cylinder D ist also, wie die Abbildung zeigt, in freier
Verbindung, durch seinen untern Theil mit dem Mantel H,
durch seinen obern Theil mit dem Mantel H'. Er ist das
charakteristische Organ der neuen Maschine; Hr. Siemens
nennt ihn Regenerator, weil durch seine Vermittlung der Dampf regenerirt (auf seine
anfängliche Temperatur und Pressung gebracht) wird.
P ist die Esse; Q ein mit
Ventil versehenes Rohr, durch welches der Dampf in die Maschine gelangt; R der Vertheilungsschieber; S ein Ventil, durch welches der verlorne Dampf in die Esse zieht, um den
Zug zu befördern.
In Gang setzen der Maschine. – Man zündet das
Feuer an und wartet bis die Temperatur des Bodens der Mäntel H, H' (welche man mit einem Luftthermometer messen kann) auf beiläufig
400° C. gestiegen ist; der Druck des Wasserdampfs in den Generatoren
(Kesseln) beträgt alsdann beiläufig fünf Atmosphären. Wenn also der Manometer einen
inneren Druck von fünf Atmosphären anzeigt, so weiß man auch, daß der Boden der
Mäntel die Temperatur von 400° erreicht hat, und die Maschine kann folglich
in Gang gesetzt werden. Untersucht man in diesem Zeitpunkt die Temperatur der
Respiratoren oder Cylinder von Drahtgewebe, so wird man finden, daß sie an
demjenigen Ende welches dem Boden am nächsten ist, die Temperatur dieses Bodens
haben, während an ihrem andern Ende ihre Temperatur nur 150° C. beträgt.
Daraus folgt, daß wenn der Dampf mit einer Temperatur von 100° in den Mantel
dringt, indem er
durch den zwischen dessen Wänden und den Geweben des Respirators begriffenen Raum
zieht, seine Temperatur unaufhörlich steigen wird, so daß er am (innern) Boden des
Mantels mit einer Temperatur von 400° und mit fünf Atmosphären Druck ankommen
wird; daß hingegen, wenn der Dampf mit 400° vom Boden des Mantels herkommt
und denselben Raum sowie den Respirator in entgegengesetztem Sinne durchzieht, er
nach und nach seine überschüssige Wärme an die Drahtgewebe abgeben und mit einer
Temperatur von ziemlich 150° austreten wird. Die Erfahrung hat gezeigt, daß
diese Temperatur-Austauschung zwischen dem Dampf und den Geweben des
Respirators in sehr kurzer Zeit stattfindet, in zwei Fünfteln einer Secunde, also
150 Mal in der Minute; oder sogar in einem Fünftel einer Secunde, also 300 Mal in
der Minute. Da jede doppelte Wärme – Austauschung zwischen dem Dampf und den
Geweben einem Kolbenschub entspricht, so könnte die Maschine 300 Kolbenschube in der
Minute machen.
Spiel der Maschine. – Erste
Periode. Wenn die Temperatur und der Druck die erforderlichen sind, nämlich
erstere 400° C. und letzterer fünf Atmosphären beträgt, die Maschine überdieß
die in der Figur angegebene Stellung hat, d.h. die drei Kolben am Ende ihres Weges,
am Boden der Mäntel und des regenerirenden Cylinders angelangt sind, so öffnet man
das den Dampf aus dem Generator zulassende Ventil Q; der
Dampf langt am Schieber an, welcher ihn gegen den Mantel links H richtet; er dringt durch den Raum, welcher zum Theil
mit den Drahtgeweben des Respirators gefüllt ist, erhitzt sich immer mehr, langt am
(innern) Boden des Mantels an, verbreitet sich vor und hinter dem Muff, drückt aber
mehr auf die hintere Basis des Muffes, wegen ihres zweimal größeren Durchmessers;
der Arbeitskolben A wird fortgeschoben und ertheilt der
Kurbel eine halbe Umdrehung. Da in dem Maaße als der Kolben vorrückt, der Dampf
welchen er vor sich her treibt, wieder zum Boden des Mantels gelangt, indem er
theils zwischen dem Cylinder und dem Muff durchgeht, theils neuerdings durch die
Drahtgewebe dringt, so nimmt er die Wärme wieder auf, welche er verloren hatte, und
in Folge dieser Wiedererhitzung behält der Dampf während des Kolbenschubes, und
obgleich er endlich den doppelten Raum einnimmt, nahezu seinen Druck von fünf
Atmosphären.
Zweite Periode. Wenn der Arbeitskolben A das Ende seines Weges erreicht hat, tritt der Dampf
mit dem Kolben des regenerirenden Cylinders D in
Verbindung und beginnt ihn zu heben. In dem Maaße als letzterer Kolben steigt,
dringt der Dampf in den leeren Raum, welcher sich hinter ihm bildet; da dieser vom
(innern) Boden des Mantels H
herkommende Dampf die
Drahtgewebe in entgegengesetztem Sinne durchzieht, so gibt er seine Wärme an
dieselben ab und geht aus dem Zustande des überhitzten Dampfes in den des bloß
gesättigten Dampfes über. Nun ist der Durchmesser des regenerirenden Cylinders aber
zweimal so groß als derjenige des Arbeitscylinders, daher sich der Dampf auch auf
den doppelten Raum ausdehnt; und in Folge der combinirten Wirkung der Abkühlung und
der Ausdehnung sinkt sein Druck, welcher anfänglich 4 bis 5 Atmosphären betrug, auf
beiläufig 1 Atmosphäre herab.
Dritte Periode. Wenn in Folge der Expansion des Dampfes
der Kolben des regenerirenden Cylinders D am Ende seines
Weges oder an seinem todten Punkt angelangt ist, so beginnt der Arbeitskolben A – welcher in diesem Moment auf jeder seiner
zwei Flächen den atmosphärischen Druck erleidet, weil er durch die eine mit dem auf
1 Atmosphäre zurückgebrachten Dampf, durch die andere mit der äußern Luft
communicirt – durch den Impuls des Schwungrades, ohne merklichen Widerstand,
zurückzutreten. In demselben Augenblick bewirkt der Vertheilungsschieber, daß Dampf
aus dem Generator zum Boden des Mantels H' gelangt;
dieser zweite Dampf überhitzt sich seinerseits und schiebt den Arbeitskolben A' vorwärts, wie der erste den Arbeitskolben A vorgeschoben hatte.
Wenn der Kolben A' am Ende seines Weges angelangt ist,
beginnt der Dampf, welcher ihn bewegte, an den Deckel des regenerirenden Cylinders
hinaufzudringen; der Kolben D dieses Cylinders muß
alsdann niedergehen, indem er den expandirten und abgekühlten Dampf vor sich her
durch den Respirator zum Boden des Mantels H treibt. Zu
derselben Zeit, wo der vom Mantel H' gekommene Dampf auf
die obere Fläche des Kolbens D drückt und auf diesen
Kolben als Kraft wirkt, wirkt der durch die untere Fläche dieses Kolbens in den
Mantel H getriebene Dampf auf ihn als Widerstand. Der
Kraft-Dampf hat anfangs einen hohen Druck, 5 Atmosphären, sein Druck
vermindert sich nachher fortwährend bis zum atmosphärischen. Der
Widerstand-Dampf hingegen hat anfangs bloß den atmosphärischen Druck, aber
sein Druck nimmt unaufhörlich zu und erreicht 5 Atmosphären wenn er in den Mantel
H gedrungen ist. Da der Kraft-Dampf anfangs
der stärkere ist und der Widerstand erst im letzten Moment sein Maximum erreicht, so
überwindet diesen der Kolben D, in Folge seiner
erlangten Geschwindigkeit, leicht und erreicht das Ende seines Weges. Wie hieraus
ersichtlich, hat dieser Kolben, auf welchen zwei Kräfte in entgegengesetztem Sinne
wirkten (eine Kraft und ein Widerstand, welche beiderseits die Pressionen von 1 bis
5 Atmosphären durchliefen), keinen Nutzeffect hervorgebracht, welcher denjenigen der
Arbeitskolben
A, A' vergrößern könnte; er hat aber sehr vortheilhaft
dazu gedient, den expandirten und abgekühlten Dampf in den Mantel H zurückzuführen, damit er darin regenerirt wird, seine
anfängliche Temperatur und Pressung wieder erlangt.
Dieß ist im Wesentlichen das ganze Spiel der Maschine; es besteht in einem ersten
positiven Schub, demjenigen des Arbeitskolbens A; in
einem zweiten positiven Schub, demjenigen des Arbeitskolbens A'; in einem weder positiven noch negativen Schub, dem Null-Schub
des regenerirenden Kolbens D. Der Nutzeffect der zwei
positiven Schube erfolgte während der Expansion des Dampfes, indem dieser mittelst
der ihm von den Drahtgeweben des Respirators und dem Boden des Mantels abgegebenen
Wärme den doppelten Raum einnahm, während er auf demselben Druckgrad, 4 bis 5
Atmosphären, erhalten wurde. Die Wärme welche sich in Kraft umgesetzt hat, ist genau
dieselbe, welche man dem Dampfe hätte beifügen müssen, damit er diesen doppelten
Raum bei gleichbleibendem Druck einnimmt.
In dem Zeitpunkt wo wir jetzt angelangt sind, ist die erste Dampfmasse welche in die
Maschine zugelassen wurde, wieder in den Mantel H
gelangt, nachdem sie durch den Respirator drang, welcher ihr die anfängliche
Temperatur von 400° wieder ertheilte; und die zweite Dampfmasse füllt den
regenerirenden Cylinder, mit 150° Temperatur und dem atmosphärischen Druck;
es kann jetzt ein zweiter positiver Schub des Arbeitskolbens A erfolgen, und zugleich oder hernach ein zweiter Null-Schub des
Kolbens D, welcher die zweite Dampfmasse in den Mantel
H' treibt, endlich ein zweiter positiver Schub des
Arbeitskolbens A'.
Es hat den Anschein, daß das Spiel der Maschine sich auf diese Weise beständig
fortsetzen könnte; zahlreiche Versuche ergaben, daß die Maschine durch die
aufeinanderfolgende und abwechselnde Abkühlung und Wiedererhitzung der zwei ersten
mittelst des Vertheilungsschiebers eingelassenen Dampfmassen wirklich eine
Viertelstunde oder eine halbe Stunde in Gang bleiben kann. Aber diese Versuche
ergaben auch, daß nach einiger Zeit die Kolbenschube langsamer auf einander folgen
und endlich das Spiel der Maschine aufhört.
Wie sich nachweisen läßt, entspricht dieser langsamere Gang einer steten Verminderung
der Differenz zwischen den Temperaturen der Hinteren und vorderen Enden der
Drahtgewebe des Respirators. Im anfänglichen und normalen Zustand ist diese
Differenz, wie bereits erwähnt, beiläufig 250°, am Boden beträgt nämlich die
Temperatur der Gewebe 400° und am Ende 150°; nach einigen
Kolbenschuben erhitzen sich aber die Enden immer mehr und erreichen selbst
400°; die Maschine steht dann still.
Man würde sich sehr irren, wenn man diese Krafterlöschung einer materiellen
Unvollkommenheit der Maschine zuschreiben wollte; sie ist im Gegentheil eine
physikalische Notwendigkeit und hängt mit der Thatsache zusammen, daß der Dampf
welcher sich freiwillig ausdehnt, ein mit Wärmestoff übersättigter Dampf ist, oder
ein Dampf dessen Temperatur im Verhältniß zu seinem Druck zu hoch ist. In dem
regenerirenden Cylinder D hat nämlich der Dampf nur den
Druck von 1 Atmosphäre, während seine Temperatur 120 bis 150° C. beträgt; er
enthält folglich einen Ueberschuß freier Wärme, welche er nothwendig an die
Drahtgewebe abgeben muß, wenn er in Folge des Niedergangs des Kolbens D durch dieselben dringt um wieder zum Mantel zu
gelangen. Auf diese Weise nimmt die Temperatur jener Gewebe gegen ihr vorderes Ende
unaufhörlich zu, bis sie 400° erreicht. Diesem Umstand ist aber leicht
abzuhelfen; um nämlich dem Dampf im Cylinder D den
Ueberschuß freier Wärme zu benehmen, läßt man einen Theil dieses überhitzten Dampfes
durch das Ventil S in die Esse P abziehen, und ersetzt ihn durch eine gleiche Menge neuen und feuchten
Dampfes aus dem Kessel. Hr. Siemens hat sich durch
zahlreiche Versuche überzeugt, daß auf diese Weise der Zweck vollständig erreicht
wird und die Maschine vollkommen in Gang bleibt, wenn man ein Zehntel des zu heißen
Dampfes im Cylinder D in die Esse treibt, um ihn durch
ein Zehntel neuen Dampfes zu ersetzen. Er erneuert daher zu einem Zehntel, bei jedem
Kolbenschub, den schon einmal in die Mäntel eingeführten Dampf, welcher sich hernach
expandirt und abkühlt, sich wieder erhitzt und seine Pressung wieder erlangt, und so
abwechselnd fort. Dieses Erneuern des Dampfs zu einem Zehntel gewährt nebenbei den
doppelten Vortheil, daß der in Folge der unvermeidlichen Undichtheiten stattfindende
Verlust ausgeglichen und der Zug der Esse verstärkt wird.
Im Vorstehenden dürfte der Mechanismus und das Spiel der neuen Dampfmaschine genügend
erläutert seyn. Bei derselben geht keine Kraft verloren durch Pressungen die in
entgegensetztem Sinne stattfinden. Der Dampf gelangt in die Mäntel und
Treibecylinder zurück, ohne daß man ihn mittelst einer Luftpumpe (mit beträchtlichem
Kraftverlust) anzusaugen und zurückzustoßen braucht. Alle Verbindungstheile, die
Kolben und die Stopfbüchsen, sind in Berührung mit gesättigtem Dampf von der
Temperatur desjenigen der gewöhnlichen Dampfmaschinen, und nicht mit überhitztem
Dampf umgeben. Die Mäntel, welche stets auf einer sehr hohen Temperatur bleiben,
können in Folge ihrer Gestalt und Anordnung ihren Dienst sehr lange ohne
Benachtheiligung versehen. Die Wirkung der Respiratoren ist so constant und sicher,
daß bei einer der Versuchsmaschinen die Anzahl der Kolbenschube während mehrerer
Monate fast constant dieselbe blieb, nämlich 110 bis 120 per
Minute. Die Temperatur der Mäntel ist stets proportional dem Druck des Dampfes; der
Heizer kann sich daher nach dem Zeiger des Manometers und dem Wasserstand
richten.
Man wird nun mit der im Anbau des Industriepallasts aufgestellten Maschine von
vierzig Pferdekräften, welche drei verticale Cylinder hat, Bremsversuche anstellen,
ihren Kohlenverbrauch und die verdampfte Wassermenge, die Anzahl der Kulbenschube,
den Nutzeffect etc. bestimmen.
Gegenwärtig müssen wir uns begnügen die Resultate mitzutheilen, welche man mit der
ersten von Benjamin Hick u. Sohn in Bolton erbauten Maschine des neuen Systems erhielt.
Versuch am 8. December 1854.
100 Umdrehungen in der Minute; Dampfdruck im Mantel, 5 Atmosphären; dynamische
Kraft, mit Naught's Indicator gemessen, 25,1 Pferde;
Brennmaterial-Verbrauch per Pferdekraft in der
Stunde, nachdem die Maschine vorher in Gang gesetzt war, 2,54 engl. Pfund (1,15
Kilogr.).
Versuch am 11. December 1854.
100 Umdrehungen in der Minute; Dampfdruck, 5,6 Atmosphären; gemessene dynamische
Kraft, 25,1 Pferde; Brennmaterial-Verbrauch, nachdem die Maschine in Gang
gesetzt war, durchschnittlich 2,23 engl. Pfund (1 Kilogr.) per Stunde und Pferdekraft.
Versuch im Januar 1855. Dampfdruck, 65,75 engl. Pfund,
4,38 Atmosphären; effective Kraft, durch Bremsen der Welle gemessen, 6,14 Pferde;
verbrauchtes Brennmaterial, 2,5 engl. Pfund (1,14 Kilogr.) per Stunde und Pferdekraft.