Titel: Ueber die Färbung des Glases durch die alkalischen Schwefelmetalle und deren dem Schwefel analogen Farbenveränderungen beim Erhitzen; von D. E. Splitgerber.
Fundstelle: Band 138, Jahrgang 1855, Nr. LXXIV., S. 293
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LXXIV. Ueber die Färbung des Glases durch die alkalischen Schwefelmetalle und deren dem Schwefel analogen Farbenveränderungen beim Erhitzen; von D. E. Splitgerber. Aus Poggendorff's Annalen der Physik, 1855, Nr. 7. Splitgerber, über die Färbung des Glases durch die alkalischen Schwefelmetalle. Im Jahre 1839 habe ich in erwähnten Annalen auf ein gelbes Glas aufmerksam gemacht, dessen auffallende Eigenschaft durch die interessante Arbeit des Hrn. Magnus über den rothen und schwarzen Schwefel einen neuen Aufschluß gewonnen haben dürfte, indem es namentlich scheint, als ob der Schwefel auch in seine Verbindungen mit den alkalischen Metallen diese Modificationen überträgt, welche dann dem Silicate ihre Farben mittheilen. Der vollständigeren Uebersicht wegen erlaube ich mir einiges aus der früheren Mittheilung kurz zu wiederholen und bemerke, daß man dieses Glas dadurch erhält, daß man eine verkohlbare Substanz, z.B. Borke, Weinstein, Zucker und dergl. m. zum gewöhnlichen weißen Glassatz mischt, dabei aber jeden Sauerstoff abgebenden Zusatz fortläßt. Man hielt früher dafür, daß diese Färbung von Kohle herrühre; ich habe aber dort gezeigt, daß diese gelbe Farbe vom Schwefel oder vielmehr von der Verbindung desselben mit den alkalischen Metallen veranlaßt werde, welche aus den, die angewandte Potasche oder Soda verunreinigenden schwefelsauren Salzen durch den kohlenhaltigen Zusatz reducirt worden sind, und eine sehr stark tingirende Kraft haben. Dieses Glas, wenn es hinreichend intensiv gefärbt ist und bei vier Millimeter Dicke eine braungelbe Farbe hat, wird bei einem schwachen Rothglühen von ungefähr zehn bis fünfzehn Minuten, wobei es nicht erweicht, immer dunkler und undurchsichtiger; bis es aber ganz undurchsichtig geworden ist, läßt es nur das einfache rothe Licht hindurch und gibt das sogenannte schwarze Glas, welches man zu den Polarisations-Apparaten verwendet, und welches bei dem richtigen Grad der Durchsichtigkeit sich auch sehr gut zur Beobachtung der Sonne eignet, die dadurch ihres Glanzes beraubt wird. Wird dieses möglichst undurchsichtig gewordene Glas (welchen Punkt genau zu treffen einige Uebung erfordert), und welches bei der ersten Erhitzung seine scharfen Kanten behalten hatte, einem höheren Hitzgrad ausgesetzt, so daß dieselben sich abrunden und die Flächen gebogen werden, so wird es wieder durchsichtig, und man stellt dadurch die ursprüngliche Färbung wieder her; und wiederum etwas erhitzt, wird es wieder dunkler gefärbt. In dem früheren Aufsatz wies ich schon auf die große Analogie dieser Erscheinung mit der beim Erhitzen des Schwefels hin; und beim Erhitzen der Schwefelmetalle für sich finden auch ähnliche, aber weniger beständige Farbenwechsel statt. Der Vorgang nun bei dieser merkwürdigen Farbenveränderung des gelben Glases, bei welcher eine chemische Zersetzung der verschiedenen Bestandtheile nicht anzunehmen ist, besteht also wohl darin, daß bei einer geringeren Temperaturerhöhung das Schwefelmetall in seine zuerst dem rothen und dann dem schwarzen Schwefel analoge Modification übergeht und sich im letzteren Zustand ausscheidet, und endlich dadurch das Glas ganz undurchsichtig macht, insofern das Schwefelmetall in hinreichender Menge darin aufgelöst war, denn ein nur hellgelb gefärbtes wird gar nicht dunkel, viel weniger undurchsichtig beim Erhitzen. Bei beginnendem Schmelzen des Glases wird die Ausscheidung des schwarzen Schwefelmetalls aber von der Masse wieder aufgelöst und dasselbe in seinen früheren Zustand, die gelbe Modification zurückgeführt. Bei der Analyse fand ich ein solches braungelbes Glas, welches die Veränderung der Farbe sehr schön zeigte, zusammengesetzt aus: 62,43 Kieselerze,   9,46 Kalkerde,   1,72 Thonerde, Eisenoxyd und Manganoxyd, 20,04 Kali,   0,35 Schwefel, also ungefähr ein Drittel Procent Schwefel enthaltend, der aus dem schwefelsauren Baryt berechnet wurde, welcher gleich nach Abfiltrirung der Kieselerde durch Chlorbarium niedergeschlagen worden, nachdem beim Aufschließen des Glases Krystalle von Salpeter zu der im glühenden Fluß befindlichen Masse gesetzt waren, um den Schwefel zu oxydiren. Bei der Darstellung eines solchen Glases gab z.B. der Zusatz von 1 3/4 Procent schwefelsaurem Natron zum reinen weißen Glassatz bei gleichzeitigem Zusatz von Zucker schon eine starke braungelbe Färbung, in welcher Glasmasse sich also auch ungefähr nur 1/3 Procent Schwefel befindet. Beim Zusatz von Zucker allein zum reinen Satz blieb das Glas weiß, wie vorauszusehen war, da derselbe fortbrannte ohne eine Spur im Glase zu hinterlassen; übrigens mag wohl unter besonderen Umständen, z.B. in einem verschlossenen Tiegel geschmolzen, Kohle im Glase bleiben, und will ich darüber noch Versuche anstellen. Auch darin hat, wie früher erwähnt worden, das gelbe Glas bei seinen verschiedenen Veränderungen die größte Aehnlichkeit mit dem erhitzten Schwefel, daß das Farbenspectrum dadurch betrachtet bei zunehmender Dicke und Färbung alle stärker gebrochenen Strahlen auslöscht, bis zuletzt das äußerste Roth nur noch allein sichtbar bleibt; während beides in dünneren Schichten außer dem rothen Licht noch oranges, gelbes und etwas grünes hindurchläßt. Angeräuchertes Glas läßt dagegen mehr gelbe als rothe Strahlen hindurch. Was die Fähigkeit von der Wärme durchstrahlt zu werden, die Diathermanität dieses Glases betrifft, sowohl wenn es gelb, als wenn es nach dem Erhitzen beim durchfallenden Licht dunkelroth und zugleich beim zurückgeworfenen schwarz erscheint, so fand sich zwischen beiden, wenn sie von derselben Dicke waren, kein Unterschied, wie dieß auch mit der bisherigen Erfahrung übereinstimmt; dagegen bemerkte ich, daß ein weißes Spiegelglas mehr Wärmestrahlen hindurchließ und zwar, wenn die Nadel des Galvanometer im ersten Fall nur vier Grad abgelenkt wurde, im letzten sechs Grad, welche beide Zahlen bei der geringen Ablenkung auch als das Verhältniß der hindurchgegangenen Wärmestrahlen angenommen werden können. Endlich habe ich noch versucht aus einer Platte jenes dunkelrothen Glases, indem ich sie zu einem Prisma mit einem brechenden Winkel von vier Grad schleifen ließ, ein, wenn auch nicht ganz genaues, Photometer für rothes Licht zu machen. Ueber dasselbe läßt sich nämlich ein mit einem Loch versehenes Blech schieben, durch welches die verschiedenen leuchtenden Körper zu beobachten sind; aus einer am Rande befindlichen Eintheilung kann man dann die Dicke des Glases an den verschiedenen Stellen berechnen, an welchen jene aufhören sichtbar zu seyn, und daraus auf ihre Intensität schließen. Es gehört hierzu aber, daß die Glasplatte durchaus gleichmäßig gefärbt sey, welches man selten findet. Besser dürfte es noch seyn, wenn der brechende Winkel noch geringer als vier Grad ist, und wenn man zwei solche prismatisch geschliffene Gläser übereinander schiebt, so daß man jede erforderliche Dicke dadurch hervorbringen kann.