Titel: Ueber die Darstellung von Lichtbildern auf trockenem, mit Eiweiß überzogenem Collodium, nach Dr. T. M. Taupenot.
Fundstelle: Band 138, Jahrgang 1855, Nr. XCIII., S. 370
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XCIII. Ueber die Darstellung von Lichtbildern auf trockenem, mit Eiweiß überzogenem Collodium, nach Dr. T. M. Taupenot. Taupenot's Verfahren zur Darstellung von Lichtbildern auf Collodium. Die Veröffentlichung seines photographischen Verfahrens mit dem günstigen Bericht von Prof. Chevreul in den Comptes rendus der französischen Akademie der Wissenschaften (S. 109 in diesem Bande des polytechn. Journals), veranlaßte Hrn. Dr. Taupenot in der Zeitschrift La Lumière einige Details nachzutragen, welche den Photographen nützlich seyn werden, die dieses Verfahren versuchen und vervollkommnen wollen. Wir geben dieselben nach Horn's photographischem Journal No. 10, im Folgenden. „Die Empfindlichkeit welche das über dem Collodium liegende Eiweiß erreicht, schreibe ich dem festen Jodsilber-Grunde zu, auf welchem das Eiweiß ausgebreitet ist, statt auf einer bloßen Glasschichte zu liegen, wie bei dem ersten Verfahren des Hrn. Niepce von St. Victor. Das Bild entwickelt sich wirklich auf der Oberfläche des Eiweißes und nicht auf dem Collodium, wie verschiedene der Akademie vorgelegte Bilder beweisen, in welchen ich das Bild an gewissen Stellen mit feuchter Baumwolle ausgelöscht habe, ohne die Eiweißschicht zu beschädigen und um so weniger die darunter liegende von Collodium. Das Bild ist also ganz und gar im Eiweiß; auch hat es fast die ganze Feinheit, welche dieses gibt, ohne die Härte desselben zu besitzen, wenn man jedesmal die Vorsichtsmaßregeln anwendet, welche ich hier angeben werde. Man sollte in der Folge den Ausdruck „mit Eiweiß überzogenes Collodium“ gebrauchen, nicht „eiweißhaltiges Collodium;“ ich betrachte mein Verfahren als eine Vervollkommnung desjenigen von Niepce, weil es dem Eiweiß eine Empfindlichkeit verleiht, deren Mangel man ihm bisher vorwarf. Man wird mittelst meines Verfahrens viel gewinnen, besonders im Baumschlag, wegen der Tiefe der empfindlichen Schicht, obwohl das Bild, ich wiederhole es, nur auf der Oberfläche liegt. Was aber die Photographen hauptsächlich veranlassen sollte meine Methode zu versuchen, ist die Schnelligkeit und Leichtigkeit, mit welcher die Platten präparirt werden können, und die Bequemlichkeit, Platten zu haben, welche vor und nach der Belichtung in der camera obscura ruhen können. So kann für das Bild einer Landschaft ein Windstoß, eine zu starke Sonne hinderlich seyn; man wartet einen günstigen Augenblick ab, und wenn während der Belichtung das Wetter weniger geeignet wird, wenn eine Bewegung oder sonst ein Hinderniß stattfindet, schließt man das Objectiv, um weiter zu belichten, wenn der störende Einfluß aufgehört hat. Auf diese Art konnte ich ungeachtet des Windes in vielen Fällen operiren und erhielt gut gekommene Bäume, indem ich den Zeitpunkt benutzte, wo die Blätter in Ruhe waren. Bezüglich der Leichtigkeit der Präparation der Platten wiederhole ich, daß man, nachdem das gewaschene Collodium mit Eiweiß überzogen worden ist, die Platten behufs des Trocknens nicht horizontal legen soll, sondern gut gestützt, fast vertical. Auf diese Weise wird die Eiweißschicht so dünn, daß eine halbe, höchstens eine ganze Stunde anstatt 24 Stunden, zum Trocknen hinreicht, und daß man leicht am Abend 15 bis 20 Platten für den nächsten Tag präpariren kann, ohne ein Kästchen mit Falzen oder irgend einen Apparat nöthig zu haben, was besonders für Reisen eine schätzbare Vereinfachung ist. Wenn man beeilt ist, kann man auch die Platten auf der Weingeistlampe trocknen, oder auf einem Ofen, was ich oft gethan habe, ohne eine Verminderung der Empfindlichkeit oder der Feinheit des negativen Bildes zu bemerken. Dieses künstliche Trocknen ist zuweilen sogar nützlich, um Blasen oder theilweise Erhebungen des Eiweißes zu vermeiden, die sich bilden können, wenn das Weiße des Eies mit Gelb gemischt war. Bezüglich der Nothwendigkeit, die Platten des mit Eiweiß überzogenen Collodium, wenn solche nicht in das letzte Bad getaucht worden sind, in der Dunkelheit aufzubewahren, will ich eine sonderbare Erfahrung anführen, die ich in Folge eines Irrthums machte, indem ich für ein Portrait eine Platte anwendete, welche ihr letztes Silberbad nicht erhalten hatte. Ich habe eine solche Platte während einer halben Stunde der Sonne ausgesetzt, dann derselben ihr letztes Bad gegeben und ein Bild damit erhalten, welches von einem unter den gewöhnlichen Bedingungen erzeugten nicht verschieden war. Da es mir an Zeit fehlte, hinlängliche Versuche anzustellen, um festzustellen, daß Platten, welche ihr letztes Bad noch nicht erhalten haben, im Finstern aufbewahrt werden müssen, so überliefere ich die Thatsache den Photographen, welche diese Frage durch Versuche aufklären sollten, da sie hinsichtlich der Manipulationen mit den Platten auf Reisen von Interesse ist. Hinsichtlich der Anwendung von Gallussäure oder Pyrogallussäure ist zu bemerken, daß die erste, wie bereits in Chevreul's Bericht erwähnt wurde, viel grellere Schattirungen im Bilde gibt, daher entspricht, wenn man bei düsterm Wetter operirt, um die Lichter mehr heraustreten zu lassen und die Einförmigkeit der Beleuchtung zu verbessern. Wenn man hingegen im vollen Sonnenschein arbeitet, bei grellen Lichtcontrasten, so wird die Pyrogallussäure, mit Zusatz einer starken Dosis Essigsäure, besser entsprechen. Wenn man etwas länger belichtet, derart, um verbrannte und röthliche Schwärzen zu erhalten, die dann mehr durchsichtig sind, so wird man selbst im Stande seyn, bei den ungünstigsten Verhältnissen in Bezug auf Beleuchtung zu operiren und stets die zwischen den Lichtern und Schatten gewünschte Harmonie erhalten. Endlich wiederhole ich bezüglich der Empfindlichkeit das bereits Gesagte, nämlich daß sie dieselbe ist, wie mit Collodium allein, welches ich selbst mit Jodammonium bereitete, und das mir mit einem französischen Objectiv von Lerebours kein Porträt in weniger als einer Minute bei gesperrtem Lichte gab. Ich sah seitdem mit viel schneller wirkenden Collodiumpräparaten als das meinige arbeiten, und kann nicht behaupten, daß das mit Eiweiß überzogene Collodium eine ebenso große Empfindlichkeit haben wird. Nach den verschiedenen Gruppen, die ich zwischen 6 Secunden bis zu einer Minute erhielt, nach den beiden Bildern von Landschaften, von inneren Ansichten, die mir weder das Collodium noch das Eiweiß für sich allein geben könnten, hoffe ich aber, daß diese neue Methode die Gunst rechtfertigen wird, mit welcher sie bereits von vielen Photographen aufgenommen wurde.“