Titel: Ueber zwei neue, auf die Berechnung mit Polarcoordinaten sich stützende Planimeter von Bouniakovsky in Petersburg und J. Amsler in Schaffhausen, nebst einer wesentlichen Modification des erstern von Professor G. Decher.
Fundstelle: Band 140, Jahrgang 1856, Nr. VII., S. 27
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VII. Ueber zwei neue, auf die Berechnung mit Polarcoordinaten sich stützende Planimeter von Bouniakovsky in Petersburg und J. Amsler in Schaffhausen, nebst einer wesentlichen Modification des erstern von Professor G. Decher. Mit Abbildungen auf Tab. I. Ueber neue Planimeter welche auf Polar-Coordinaten gegründet sind. I. In der am 22. August 1855 abgehaltenen Sitzung der Akademie zu Petersburg las Hr. Bouniakovsky eine NoteBulletin physico-mathématique de l'Academie de St. Pétersbourg T. XIV, No 10. über ein von ihm erfundenes Planimeter, von ihm planimètre-pantographe genannt, unter Vorzeigung zweier nach seinem Princip ausgeführten Instrumente, von denen das eine von dem dortigen Universitär-Mechaniker Albrecht verfertigt war, das andere von einem Hrn. Koulakow, welcher sich aus Liebhaberei mit mechanischen Arbeiten beschäftigt. Beide Instrumente sind in derselben Größe ausgeführt und auch sonst in ihrer Construction nicht wesentlich verschieden; nach der in jener Note enthaltenen Beschreibung und der beigegebenen Zeichnung des ersten und einfacheren der genannten Instrumente und nach dem, was darin über den Unterschied beider gesagt wird, scheinen dieselben indessen in ihrer Ausführung nicht den Anforderungen zu entsprechen, welche man an solche Instrumente nach den Leistungen der Planimeter von Wetli und Hansen zu machen berechtigt ist. Wir werden daher im Nachfolgenden nur das theoretische Princip des Hrn. Bouniakovsky, welches hinsichtlich seiner Einfachheit alle bisherigen Planimeter weit übertreffen dürfte, auseinandersetzen und uns hinsichtlich der Construction der obengenannten Instrumente auf wenige Bemerkungen beschränken, indem wir die Anwendung und detaillirte Ausführung jenes Princips dem Gefühl für mechanische Genauigkeit und der nothwendigen Erfahrung des Mechanikers, welcher sich mit der Construction solcher Instrumente befassen will, anheimstellen. Denken wir uns, wie bei einem Pantographen, vier gleich lange unbiegsame gerade Linien zu einem veränderlichen Rhombus ABCD, Fig. 5, verbunden, d.h. so, daß diese Geraden in ihren Verbindungspunkten um parallele, zur Ebene der Figur senkrechte Achsen beweglich sind, und daß die Drehungsachse in C vertical befestigt ist, so wird der gegenüberliegende Punkt A ohne Zwang der Begränzungslinie irgend einer Figur in einer darunter liegenden horizontalen Ebene folgen können, und die Diagonale CA den veränderlichen Fahrstrahl eines Polarcoordinaten-Systems vorstellen, das seinen Pol in C hat. Auf den Rhombus ABCD stütze sich ferner ein zweites System, welches aus drei, ebenfalls gleichlangen, unbiegsamem Geraden, CE , EF , EG, gebildet ist, und zwar so, daß diese die verticale Achse E gemeinschaftlich haben, daß der Endpunkt C von EC um die feste Achse C beweglich ist und die Endpunkte F und G der beiden andern Geraden der Bedingung unterworfen sind, auf den Seiten CD und CB des Rhombus zu gleiten. Endlich sey mit diesen Geraden EF und EG die Achse H eines vertical stehenden Kreises aa in der Weise verbunden, daß diese Achse bei jeder Veränderung des Rhombus mit der Verlängerung der Geraden CE oder mit der Diagonale des Rhombus zusammenfällt und die Ebene des Kreises durch die Punkte F und G geht, sein Mittelpunkt H also in dem Durchschnitt der Geraden FG und CA liegt; berührt nun dieser Kreis eine feste horizontale Ebene, so wird er sich offenbar auf derselben abwälzen, wenn sich CA um C dreht, aber in Bezug auf seine Achse unbewegt bleiben, wenn sich der Punkt A in einer durch den Pol C gehenden Geraden bewegt, und wenn der Punkt A den Umfang der Figur AMN oder APQ beschrieben hat, so ist der dieser Bewegung entsprechende Drehungswinkel des Kreises aa der Oberfläche der umschriebenen Figur proportional. Denn ist CB = AB = l, CE = EF = EG = a, CH = h, der Halbmesser Ha des Kreises = ρ, Winkel ECB = ECD = λ, und bezeichnet man den Coordinatenwinkel, welchen der Fahrstrahl CA = r mit der festen Geraden CX bildet, mit ω, ferner den Drehungswinkel des Kreises, welcher der Aenderung Δω des Winkels ω entspricht, mit Δφ, so hat man zunächst für ein constantes r und h ρ Δφ = h Δω;             (1.) aus dem gleichschenkligen Dreieck CEG folgt CG = 2a cos λ, und damit wird in dem rechtwinkligen Dreieck CGH CH = h = 2a cos² λ. Es ist aber auch in dem Dreieck CAB CA = r = 2l cos λ; damit ergibt sich cos λ = r/2l, h = 1/2 a r²/l² und dieser Werth in die Gleichung (1) eingesetzt, führt auf die Beziehung: Δφ = a/ρl² . 1/2 r² Δω Es ist demnach, da a, ρ und l constante Größen sind, der Drehungswinkel Δφ der Fläche des Kreissectors vom Halbmesser r und mit dem Mittelpunkts-Winkel Δω proportional. Ist ferner r veränderlich, so hat man φ und r als Functionen von ω, zu betrachten und erhält aus der vorhergehenden Gleichung die Beziehung: / = a/ρl². 1/2 r² aus welcher für die Figur AMN Textabbildung Bd. 140, S. 29 folgt, wenn r = f (ω) die Gleichung der Curve AMN vorstellt und φ₀ und φ₁ die Ablesungen am Kreise aa am Anfang und am Ende der Bewegung des Punktes A bezeichnen. Folgt dagegen der Punkt A der Curve APRQ, so dreht sich der Kreis von P über R bis Q vorwärts um den Winkel Textabbildung Bd. 140, S. 29 wenn ω₁ und ω₀ die Winkel XCQ und XCP der von C aus an APRQ gezogenen Tangenten mit der festen Geraden CX bezeichnen und r₁ = f₁(ω) die Gleichung der Curve PRQ vorstellt, und wenn A die Curve QAP beschreibt, deren Gleichung r₂ = f₂ (ω) sey, so dreht sich der Kreis aa um den Winkel Textabbildung Bd. 140, S. 30 rückwärts; man hat daher, wenn A wieder in P angekommen ist, als Drehungswinkel des Kreises Textabbildung Bd. 140, S. 30 Es ist demnach in allen FällenMan vergl. polytechn. Journal Bd. CXXXVI S. 169 und 170. φ₁ – φ₀ = a/ρl² O,    O = l²/a ρφ wenn O die Oberfläche der von A beschriebenen Figur und φ den Drehungswinkel φ₁ – φ₀ des Kreises bezeichnet, und zwar auf denjenigen Winkel als Winkeleinheit bezogen, dessen entsprechender Bogen seinem Halbmesser gleich ist, so daß ρφ die Länge des von dem Kreise aa abgewälzten Bogens mißt. Aus dieser Formel geht hervor, daß φ für ein gegebenes O und l um so größer wird, je kleiner man ρ im Verhältnisse zu a macht, da dieses in seiner Größe auf 1/2 l beschränkt ist. Bei den Instrumenten, welche Hr. Bouniakovsky der Akademie vorzeigte, ist l = 6'' engl., ρ = 1'', a = 3/4 π oder 2,356 Zoll, und die Drehung des Kreises wird unmittelbar an diesem selbst mittelst eines Nonius abgelesen, welcher ein Hundertel des Kreisumfanges noch in 12 Theile theilt, also 1/1200 des Kreisumfanges angibt. Drückt man daher φ in n solcher Theile aus, so hat man φ = π/600 n; für die genannten Instrumente ist demnach allgemein O = (4 . 36)/(3π) π/600 n = 8/100 n Quadratzoll, und es entspricht ein solcher Theil einer Fläche von 8/100 Quadratzoll, oder 11,52 Quadrat-Duodez.-Linien, was unsern Anforderungen an ein solches Instrument kaum genügen dürfte. Bei dem Instrumente von Albrecht rollt der Kreis oder das Rädchen aa unmittelbar auf dem Papier, auf welchem die zu berechnende Figur gezeichnet ist, und seine Achse liegt in der Ebene des Rhombus, welcher auf vier Füßen von Stahl und 5 1/2 Linien Höhe ruht; zwei derselben, in B und D, sind abgerundet, der in A endigt in eine abgestumpfte Spitze und dient zugleich als Führung und als Stift zum Nachfahren der Figur, während der in C etwas länger und scharf zugespitzt ist, um ihn in die Unterlage einstechen und damit die Achse C des Instrumentes befestigen zu können. Bei dem zweiten Instrument, welches Hr. Bouniakovsky vorzeigte, ist die Achse C auf einer kreisförmigen mit feinem Papier überzogenen Platte von 5 1/2 Zoll Halbmesser befestigt, und auf dieser rollt das Rädchen aa, dessen Achse hier soweit unter dem Rhombus liegt, daß es unter den Schienen EF und EG weggehen kann, zu welchem Ende denn auch die Füße in A, B und D über 2 Zoll Höhe erhalten haben. Es wird damit das erreicht, daß sich die Schienen CB und CD mehr nähern lassen, als bei dem ersten Instrumente, und daß daher der Stift in A einen Spielraum von 6 Zoll bezüglich seiner Entfernung von C erhält, nämlich von 5 1/2 bis 11 1/2 Zoll. Um das Rädchen aa in der oben bemerkten Lage zu erhalten, nämlich so, daß seine Ebene durch die Punkte F und G geht und zu CE senkrecht ist, und daß seine Achse in der Diagonale CA bleibt, beziehungsweise in einer durch CA gelegten verticalen Ebene, ist bei beiden Instrumenten die Schiene FG, welche die Achse des Rädchens aa trägt, durch ein unveränderliches gleichschenkliges Dreieck bcd mit einem prismatischen Schieber cf verbunden, welcher auf FG senkrecht steht und in einem Schlitze der Schiene CE in der Richtung CE gleiten kann. Im Uebrigen ist weder aus der Zeichnung noch aus der Beschreibung dieser Instrumente eine besondere Fürsorge zur Verhütung der vielen möglichen tobten Bewegungen zu entnehmen, und namentlich scheint nicht dafür gesorgt zu seyn, daß das Rädchen mit seiner Unterlage, auf welcher es sich abwickeln soll, in genügender Berührung bleiben muß, worauf es doch für eine richtige Angabe des Instrumentes so wesentlich ankommt. Ueberhaupt wird sich bei näherer Betrachtung ergeben, daß die praktische Durchführung eines solchen Instrumentes, so einfach auch das Princip an sich ist, wegen der vielen drehenden und gleitenden Bewegungen manche Schwierigkeit darbietet, wenn dasselbe auf die möglichste Genauigkeit Anspruch machen und den heutigen Anforderungen genügen soll, und daß ein so ausgeführtes Instrument dieser Art auch nicht so billig werden wird, als es zu wünschen wäre; das von Albrecht ausgeführte soll freilich nur 30 Silber-Rubel kosten. II. Das Planimeter von Amsler, Polar-Planimeter (planimètre polaire) genanntCosmos, Revue encyclopédique, t. VIII, Februar 1856, S. 213., erscheint in seiner Ausführung viel einfacher als das vorhergehende und darf in dieser Beziehung wohl als das möglichst einfache bezeichnet werden; es beruht indessen auf einem Princip, welches wir nicht empfehlenswerth nennen können, da dasselbe, wenn auch theoretisch richtig, in der Anwendung niemals die nothwendige Zuverlässigkeit gewähren kann. Dieses Princip ist folgendes. Zwei unbiegsame Gerade von beliebiger Länge CB und AD, Fig. 6, sind in B so verbunden, daß sie sich um eine zur Ebene der Figur senkrechte Achse drehen können; in C ist eine parallele feste Achse, der Pol, um welchen sich der ganze Apparat dreht, und in A befindet sich der Führungsstift, welcher wieder dem Umfang der zu berechnenden Figur folgt. In der Geraden AB oder in ihrer Verlängerung liegt die Achse D eines Kreises aa, welcher eine zur Ebene der Figur parallele feste Ebene berührt, um sich auf dieser abzuwälzen. Der Drehungswinkel dieses Kreises ist der Oberfläche der von A umschriebenen Figur proportional, wenn der Pol C außerhalb dieser Figur liegt; wird dagegen der Pol von der Figur umschlossen, so ergibt sich deren Oberfläche aus jenem Drehungswinkel durch Hinzufügung einer Konstanten. Um die Richtigkeit dieses Princips zu beweisen, stellt unsere Quelle folgende umfangreiche Betrachtung an, welche wir für diejenigen Leser aufnehmen, denen ein strenger analytischer Beweis, wie wir ihn nachher geben werden, nicht die erforderliche Ueberzeugung zu bieten vermag. „Wenn der Stift A den ganzen Umfang der auszumessenden Figur beschrieben hat, so hat der Punkt B entweder einen ganzen Kreis um C herum beschrieben oder nur einen Kreisbogen vorwärts und rückwärts zurückgelegt, je nachdem der Pol C innerhalb oder außerhalb der von A beschriebenen Figur liegt. Diese beiden Fälle müssen daher getrennt behandelt werden.“ „1) Nehmen wir zuerst an, der Pol C sey außerhalb der Figur APQ Fig. 7. In diesem Falle wird die Gerade CF, wenn A den ganzen Umfang der Figur beschrieben hat, ihre ursprüngliche Lage wieder eingenommen haben, und während ihrer Bewegung wird sie jeden Punkt innerhalb der Curve APQ eine ungerade Zahl mal getroffen haben, einen außerhalb liegenden dagegen eine gerade Zahl mal oder gar nicht.“[Mit Ausnahme einiger besonderer Lagen, wo sie oder der Punkt B die Richtung der Bewegung ändert?] „2) Bezeichnen wir mit BA und bd zwei sehr nahe aufeinanderfolgende Lagen der beweglichen Geraden AB. Diese Gerade gelangt von der Lage BA zu der Lage bd durch eine gleichzeitig fortschreitende und drehende Bewegung; wir ersetzen sie durch zwei einfache Bewegungen, indem wir annehmen, die Gerade BA gelange zuerst durch eine parallele Versetzung in die Lage bc und dann durch eine drehende Bewegung um b in die Lage bd. Das Flächenelement BbdA kann als die Summe eines Parallelogrammes BbcA und eines Sectors bcd (diese Summe in algebraischem Sinne genommen) betrachtet werden. Bezeichnen wir die Fläche des Parallelogrammes mit p, die des Sectors mit s, und betrachten wir p als positiv, wenn sich das Parallelogramm in Bezug auf die Tagente in B auf der dem Pol C entgegengesetzten Seite befindet, und wenn überdieß der Punkt b von C aus gesehen zur Rechten liegt) der Sector s wird als positive Fläche betrachtet werden, wenn die Gerade bc durch eine von der Linken zur Rechten statthabende Drehung [von B aus gesehen?] in die Lage bd kommt.“ „3) Nach diesem ist es evident, daß wenn jedes Flächenelement, welches durch zwei aufeinanderfolgende Lagen der beweglichen Geraden AB und die dazwischenliegenden Bogen der Curven BE und APQ begränzt wird, auf die angegebene Weise in ein Parallelogramm p und einen Sector s zerlegt worden ist, die von der Curve APQ begränzte Fläche der Summe Σp + Σs gleich seyn wird, welche sich auf alle Elemente erstreckt. Denn man sieht ohne Mühe ein, daß die übereinanderliegenden Elemente (siehe 1.) abwechselnd positiv und negativ sind, daß sie sich folglich außerhalb der Curve APQ aufheben und daß nur einfache Elemente von gleichen Zeichen für die innere Fläche übrig bleiben. [Werden die dem Bogen AP und die dem Bogen PQ entsprechenden Elemente sich nicht unter sehr verschiedenen Winkeln und selbst innerhalb der Figur durchkreuzen?!] Bezeichnet man also die Oberfläche der Figur APQ mit O, so hat man O = Σp + Σs          (A). „4) Es ist evident, daß man in dem Falle, mit welchem wir uns beschäftigen, Σs = 0 hat, oder daß die Gerade AB, der unveränderliche Halbmesser aller Sectoren, dieselbe Drehung in positivem wie in negativem Sinne gemacht hat, wenn er in seine ursprüngliche Lage zurückgekommen ist; folglich wird die vorhergehende Gleichung O = Σp                  (B). „5) Denken wir uns nun mit den Geraden AB einen Kreis D verbunden, dessen Achse parallel zu AB und dessen Umfang mit dem Papier [worauf die Figur gezeichnet ist] in Berührung sey. Wenn die Gerade AB die bisher betrachtete Bewegung macht, so wird der Kreis eine drehende oder gleitende Bewegung erhalten, je nachdem er in einer zu seiner Achse senkrechten oder parallelen Richtung verrückt wird; wenn der Kreis in einer beliebigen Richtung versetzt wird und seine Achse parallel zu einer festen Geraden bleibt, so ist der von ihm abgewickelte Bogen der senkrechten Entfernung der beiden Lagen seiner Achse am Anfang und am Ende der Bewegung gleich. Wenn daher die stetige Bewegung der Geraden AB durch eine parallel fortschreitende und eine drehende Bewegung ersetzt wird, wie wir unter 2) gesagt haben, so wird der Kreis D während die Gerade AB in die Lage bc fortrückt, einen Bogen von der Länge h abwickeln, wenn h die senkrechte Entfernung der Geraden AB und bc bezeichnet. Geht alsdann die Gerade bc in die Lage bd über, so wickelt der Kreis einen Bogen c φ ab, wenn φ den Drehungswinkel cbd, und c die Entfernung des Punktes B von der Ebene des Kreises bezeichnet. Wenn also die Gerade AB in die Lage bd übergeht, so ist der Bogen, welcher von dem Kreise abgewickelt wird = h + , und wenn u den vollständigen Bogen bezeichnet, welcher sich abwickelt, während der Punkt A den ganzen Umfang APQ beschreibt, so hat man u = Σh + Σcφ          (C). In dieser algebraischen Summe muß man die Größen h und p, und ebenso die Größen s und φ mit denselben Zeichen nehmen.“ „6) In dem gegenwärtigen Falle, wenn C außerhalb der Figur liegt, macht die Gerade AB gleiche und entgegengesetzte Drehungen, man hat also Σcφ = cΣφ = 0, folglich u = Σh; man zieht daraus au = aΣh = Σ . ah, indem man AB = a setzt. Da aber ah die Oberfläche des Parallelogramms p ist, so hat man auch au = Σp, und die Gleichung (B) wird damit O = au;          (D) die Oberfläche der Figur APQ ist demnach gleich einem Rechteck, welches den constanten Halbmesser a = AB zur Basis und den abgewickelten Bogen u zur Höhe hat. „7) Untersuchen wir nun den zweiten Fall, wo der Pol C von der Curve AMN, Fig. 8, umschlossen ist. In diesem Falle macht die Gerade AB einen ganzen Umgang um den Pol C bis sie wieder in ihre ursprüngliche Lage zurückgekommen ist, während sie in dem vorhergehenden Fall gleiche positive und negative Drehungen macht. Außerdem gibt im jetzigen Fall die Summe Σp + Σs der in 3) bezeichneten Elemente nicht mehr die ganze von der Curve AMN eingeschlossene Fläche, sondern nur die Differenz zwischen dieser Fläche und der Fläche des um den Pol mit dem Halbmesser CB beschriebenen Kreises. Die oben erhaltenen Resultate müssen daher noch in folgender Weise modificirt werden. Bezeichnet man mit b den Halbmesser CB, so muß die Gleichung (A) durch folgende ersetzt werden: O = πb² + Σp + Σs          (E) Das Glied Σs ist = πa², also wird diese Gleichung O = π (a² + b²) + Σp          (F) Die Gleichung (C) unter 5) hat noch statt; aber das Glied Σcφ wird nicht Null, sondern = 2πc, und daher wird (C) u = Σh + 2πc; man zieht daraus au = Σab + 2πac oder au = Σp + 2πac.         (G) Eliminirt man das Glied Σp aus den Gleichungen (F) und (G), so findet man O = π (a² + b² – 2ac) + au das Glied π(a² + b² – 2ac) ist constant und stellt die Oberfläche eines leicht zu construirenden Kreises vor [auf den wir noch zurückkommen werden]. Man hat also O = au + const;          (J) d.h. im zweiten Fall ist die Oberfläche der Figur AMN gleich einem Rechteck, welches den constanten Halbmesser a zur Basis und den abgewickelten Bogen u zur Höhe hat, plus einer Constanten, welche von den Dimensionen des Apparates abhängt. „Man wird leicht erkennen, daß die Gleichungen (D) und (J) die ganze Theorie des neuen Instrumentes enthalten.“ Es dürfte indessen nach unserer Ansicht nicht überflüssig seyn, diese Theorie etwas strenger und bündiger zu begründen, und zwar in folgender Weise: Sey Fig. 6, AB = a, BC = b, BD = c und zwar positiv, wenn D in der Verlängerung von AB liegt, wie es in Fig. 6 und dem beschriebenen Instrumente der Fall ist, also negativ, wenn D auf AB liegt, wie es in Fig. 7 angenommen wurde; ferner sey CD = h, der Halbmesser des Kreises aa = ρ, der Fahrstrahl AC = r, Winkel CBA = λ, Winkel CDB = μ und wie in Abschnitt I Δφ der Drehungswinkel, welcher für ein constantes r und h der Aenderung Δω des Coordinatenwinkels XCA = ω entspricht, so hat man in dem Dreieck ABC r² = a² + b² – 2ab cos λ;  b cos λ = (a² + b² – r²)/2a ferner ist in den rechtwinkeligen Dreiecken CBE und CDE DE = h cos μ,    BE = h cos λ und es folgt daraus h cos μ = b cos λ + c = (a² + b² – 2ac)/2ar²/2a Denken wir uns nun einen Augenblick, der Kreis aa sey senkrecht zu CD, seine Achse also nach DC gerichtet, so würde sich derselbe für ein constantes r und h und für die Aenderung Δω des Winkels XCA oder XCD um einen Winkel Δφ' drehen, so daß man hätte ρΔφ' = hΔω; diese drehende Bewegung um die Achse DC kann man sich dann in zwei andere unter sich senkrechte zerlegt denken, von denen die eine um die Achse DB stattfindet, mit welcher die Achse des Kreises aa zusammenfällt, und man hat dann für den Drehungswinkel Δφ um diese Achse, wie bei der Zerlegung einer Kraft in zwei rechtwinkligeMan kann sich dazu den Drehungswinkel Δφ' wie eine fördernde oder drehende Kraft in Längeneinheiten auf die Achse DC aufgetragen denken, es wird dann der Drehungswinkel Δφ um die Achse DB durch die Projektion von Δφ' auf diese Achse vorgestellt. Man vergl. Decher's Handbuch der rationellen Mechanik Bd. II, §§. 12, 13 und 186., die Beziehung: Δφ = Δφ' cos μ. Daraus folgt mit den vorhergehenden Werthen und der weiteren Voraussetzung einer solchen Theilung des Kreises, daß wenn λ und μ (wie in unserer Figur) spitze Winkel sind, φ für ein wachsendes ω kleiner wird, oder Δφ negativ ist, die Gleichung: Δφ = – (h cos μ)/ρ Δω = r²/(2) – (a² + b² + 2ac)/2aρ, und diese gibt für ein veränderliches r, welches als Function von ω betrachtet wird, das Aenderungsgesetz: /dω = r²/(2) – (a² + b² + 2ac)/(2) Für eine den Pol C umschließende Figur hat man daher unter Zugrundlegung der in Abschnitt I angewendeten Bezeichnung Textabbildung Bd. 140, S. 37 und zieht daraus O = (φ₁φ₀) + π (a² + b² + 2ac) Liegt dagegen der Pol C außerhalb der Figur, so hat man auch wie dort eine vorwärtsgehende Drehung Textabbildung Bd. 140, S. 37 und eine rückwärtsgehende Textabbildung Bd. 140, S. 37 und daher am Ende einfach Textabbildung Bd. 140, S. 37 oder O = (φ₁ – φ₀), wie es oben ausgesprochen wurde. Das Princip des Amsler'schen Planimeters ist demnach theoretisch vollkommen richtig, und verleiht demselben fast alle für die Anwendung wünschenswerthen Eigenschaften. Das Instrument ist, wie schon bemerkt, möglichst einfach, und besitzt nur drei Achsen, welche gegen fehlerhafte Bewegungen zu sichern sind; es gestattet einen sehr großen Spielraum, da für a = b, die Punkte A und C einander sehr nahe kommen und fast die Entfernung 2a erhalten können; die Angabe des Instrumentes ist, abgesehen von der Konstanten π (a² + b² + 2ac), nur von den Größen a und ρ abhängig und kann leicht so eingerichtet werden, daß der gesuchte Flächeninhalt in verschiedenen Flächeneinheiten abgelesen werden kann, wenn man die Schiene AB, wie es bei dem in unserer Quelle beschriebenen Instrumente der Fall ist, in einer Hülse, in welcher die Achse B und die Achse des Rädchens aa zwischen Spitzen befestigt ist, verschiebbar macht, so daß man BA vergrößern oder verkleinern kann.Für kleine Flächeneinheiten kann dieß natürlich nur auf Kosten des Spielraumes für den Stift A geschehen. Sollte z.B. 1/100 des Umfanges 1 Quadrat-Millimeter entsprechen, und ρ = 10 Millimeter seyn, so dürfte a nur etwa 16 Millimeter lang werden. Endlich ist die richtige Angabe des Instrumentes an keine besondere Bedingung, wie z.B. die Gleichheit mehrerer Längen, geknüpft, sondern erfordert nur, daß die Achsen in B und C unter sich parallel und zur Ebene der auszumessenden Figur senkrecht sind, und daß die Achse des Rädchens aa meiner zu BA. und zu der Achse B parallelen Ebene liegt. Alle diese Vorzüge können aber den Fehler nicht aufwiegen, welcher nothwendig aus der zusammengesetzten drehenden Bewegung des Rädchens aa und aus der geneigten Stellung seiner Achse in Bezug auf die Richtung der Bewegung um die Achse C entstehen muß. Das Rädchen dreht sich durch die an seinem Umfang wirkende Reibung, aber nur so lange als die drehende Wirkung dieser Reibung größer ist als seine Achsenreibung. Bleibt nun r, λ, μ und h constant, so daß der Punkt A einen Kreisbogen um C beschreibt, so ist die Reibung F am Umfang des Rädchens senkrecht zu CD nach DF gerichtet und kann in zwei Componenten Df₁ = F sin μ und Df₂ = F cos μ nach der Verlängerung von BD und senkrecht dazu zerlegt werden, von denen die erste die Achsenreibung des Rädchens vermehrt, und nur die zweite die Drehung desselben bewirkt. Diese zweite Componente und demnach auch die drehende Bewegung des Rädchens wird Null, wenn cos μ = 0, μ = 1/2 π ist, d.h. wenn AD auf CD senkrecht steht, und man wird sich leicht überzeugen, daß die obige constante Fläche π (a² + b² + 2ac), welche der Angabe des Instrumentes beigefügt werden muß, wenn die Figur den Pol umschließt, die Fläche des von dem Punkte A unter der ebengenannten Bedingung μ = 1/2 π beschriebenen Kreises ist und seyn muß, weil für diesen Kreis das Instrument die Fläche Null angibt. Wenn nun aber auch μ nicht genau, sondern nur nahe ein rechter Winkel ist, so ist die Componente F sin μ nahe gleich F, die ganze Reibung am Umfang wird also auf die Vergrößerung der Achsenreibung verwendet, während die Componente F cos μ sehr klein ist und daher das Rädchen nicht zu drehen vermag; es wird daher das Instrument auch die Fläche Null angeben für Kreise, deren Halbmesser etwas größer oder kleiner ist, als √( + + 2ac). Dazu kommt noch der weitere mißliche Umstand, daß das Rädchen im Allgemeinen zwei verschiedene drehende Bewegungen annehmen soll; denn wenn A nicht in einem Kreise um C herumgeführt wird, also r nicht konstant ist, so wird sich AB um B drehen, und daher auch das Rädchen aa eine entsprechende drehende Bewegung machen; für diese wird aber die Reibung am Anfang immer senkrecht zu der Drehungsachse gerichtet und daher die drehende Wirkung derselben immer die größtmögliche seyn; sie wird also in allen Fällen größer seyn, als ihre drehende Wirkung für die um C stattfindende Bewegung, weil dort der Winkel μ weder = 0 noch = π werden kann. Die drehende Bewegung um B wird also immer die um C beherrschen und anstatt daß sich beide Bewegungen nur summiren oder aufheben, je nachdem sie in demselben oder in entgegengesetztem Sinne stattfinden sollen, wird die erstere die zweite häufig ganz unterdrücken und dadurch unrichtige Angaben des Instrumentes veranlassen. Aber auch abgesehen von dieser theoretischen Erörterung muß es schon jedem richtigen praktischen Gefühle widerstreben, einem Rädchen, auf dessen richtige Drehung Alles ankommt, einmal eine gezwungene Drehung zu geben (welche eigentlich um eine andere Achse als die des Rädchens stattfinden will), und dann damit noch eine zweite von einer ganz andern Winkelgeschwindigkeit zu verbinden; wer möchte da zugeben, daß sich diese Bewegungen je nach ihrem Sinne einfach addiren oder subtrahiren werden? Wenn daher in unserer Quelle am Schlusse bemerkt wird: „Man könnte denken, daß die Ungleichheiten des Papiers, auf welchem das Rädchen rollt, die Genauigkeit des Apparates ändern müsse; aber die Erfahrung zeigt, daß die Beschaffenheit des Papiers beinahe keinen Einfluß ausübt; die Angaben differiren je nach der Größe der Figur um 1/500 oder 1/1000, sie besitzen also eine Genauigkeit, welche die gewöhnlichen Bedürfnisse weit übersteigt, da diese nur eine Genauigkeit von 1/100 oder 1/300 verlangen“, so können wir uns weder mit dieser Genügsamkeit des gewöhnlichen Bedürfnisses einverstanden erklären, da man eine solche Genauigkeit leicht ohne geometrische Berechnung und ohne besondere kostspielige Instrumente mittelst eines sogenannten Schätzquadrates erhalten kann, noch uns eines bescheidenen Zweifels über die angegebene Genauigkeit der Angaben des Instrumentes erwehren, da diese allerdings weniger von der Beschaffenheit des Papiers, als von der Gestalt der auszumessenden Figur und von ihrer Lage in Bezug auf den Pol C des Instrumentes abhängen wird. III. Die Theorie des Planimeters von Bouniakovsky führt sehr leicht auf eine Modification desselben, aus welcher ein Instrument hervorzugehen scheint, das allen Anforderungen in Betreff der Zuverlässigkeit und Einfachheit der Ausführung genügen dürfte. Aus der oben gegebenen Theorie folgt nämlich 1) daß das Verhältniß der Winkel Δφ und Δω um welche sich das Rädchen in Bezug auf seine Achse und der Fahrstrahl in Bezug auf den Pol, gleichzeitig drehen, dem Quadrat des Fahrstrahls proportional seyn muß, so daß man hat Δφ/Δω = kr²; 2) daß der Winkel Δφ dem Abstand h der mittleren Ebene des Rädchens vom Pol proportional ist, wenn die verlängerte Achse des Rädchens durch den Pol geht, also diejenige Lage hat, welche die größtmögliche Zuverlässigkeit auf eine richtige Drehung des Rädchens gewährt, oder daß für diesen Fall Δφ/Δω = h/ρ wird, wenn ρ den Halbmesser des Rädchens bezeichnet; 3) daß in dem veränderlichen Rhombus ABCD, Fig. 9, zwischen den Seiten AD und DC von constanter Länge l, der veränderlichen Diagonale, welche den Fahrstrahl r vorstellt, und dem Winkel DCA = λ die Beziehung besteht: r = 2 l cos λ. Daraus folgt weiter, daß der Abstand h des Rädchens vom Pol dem Quadrat des Fahrstrahls r, und wenn dieser durch die Diagonale eines Rhombus gebildet wird, dem Quadrat von cos λ proportional seyn muß, so daß man hat Δφ/Δω = h/ρ = N cos² λ wenn N eine constante Verhältnißzahl bedeutet. Diese Bedingung wird aber einfach erfüllt, wenn man von irgend einem Punkte F der Diagonale AC eine Senkrechte FH auf die Seite CD des Rhombus fällt, die Achse des Rädchens in dieser Seite liegend und längs derselben verschiebbar annimmt und die Ebene des Rädchens mit der Senkrechten FH zusammenfallen läßt, so daß H sein Mittelpunkt und CH = h wird. Denn man hat offenbar CH = CF cos λ = CE cos² λ; macht man also CE = a, so wird Δφ/Δω = a/ρ cos² λ = a/(4ρl²) r², und man hat demnach für die Fläche O einer Figur, welche von dem Punkte A umschrieben wurde und für welche sich während dieser Bewegung das Rädchen um den Winkel φ gedreht hat, O = (2l²)/a ρφ, sowohl in dem Falle, wo der Pol C von der Figur umschlossen wird, als in dem, wo er außerhalb derselben liegt. Nach diesem Princip kommt es also hauptsächlich darauf an, das Rädchen in der Ebene der Senkrechten FH zu erhalten, und das einfachste Mittel dazu dürfte darin bestehen, durch den Punkt F die zu AB parallele Schiene IK zu legen, in l und K mit AD und BC beweglich zu verbinden, an ihr in F den Arm FH senkrecht zu befestigen und durch diesen das Rädchen längs DC verschieben zu lassen. Denn es ist leicht zu sehen, daß der Punkt F auf der IK immer in der Diagonale liegen, daß also auch das Rädchen immer seine richtige Stellung haben wird. Es wird dadurch übrigens die Seite AB des Rhombus entbehrlich, und wenn man F in der Mitte von AC annimmt, wodurch a = l und O = 2lρφ wird, was für die praktische Ausführung offenbar der entsprechendste Fall ist, so reducirt sich das Instrument auf die in Fig. 10 dargestellte einfache Form, welche keiner weitern Erklärung bedürfen wird, da die Bezeichnung mit der in den vorhergehenden Figuren übereinstimmt. Es mag daher nur noch darauf aufmerksam gemacht werden, daß der Arm FH immer auf DC senkrecht steht, daß also in H keine drehende Bewegung stattfindet, und daher die Träger für die Achse des Rädchens aa an zwei übereinanderliegende sich senkrecht kreuzende prismatische Schieber befestigt werden können, von denen der eine in einem Schlitze der Schiene CD, der andere in einem Schlitze des Armes FH gleitet. Dieser Arm darf nur etwas länger als FD oder 1/2 l seyn, und für die Länge seines Schlitzes genügt die Länge 1/4 l, da die Seiten AD und DC niemals in eine Gerade fallen, und die Punkte A und C höchstens bis auf 1/2 l genähert werden können. Die Bewegung dieses doppelten Prismas ist ganz der Natur des Instrumentes entsprechend, sanft und ruhig und leicht vor jeder tobten Bewegung sicher zu stellen, was von dem System der gleichen Arme CE, EG, EF, Fig. 5, mit der Verbindungsschiene FG nicht gesagt werden kann; man wird sich ferner leicht überzeugen, daß das Planimeter nach unserer Modifikation in Fig. 10 drei drehende und drei gleitende Bewegungen weniger besitzt als das in Fig. 5 dargestellte, bei welchem in den Punkten F und G allein schon je eine drehende und zwei gleitende Bewegungen statthaben. Gegen das Instrument von Amsler steht das unsrige hinsichtlich der Einfachheit freilich noch zurück, indem es zwei drehende und zwei gleitende Bewegungen mehr besitzt als jenes, und in der Construction noch mehreren Bedingungen unterworfen ist; dafür gewährt es aber jedenfalls bei richtiger Construction eine größere Zuverlässigkeit, und es würde sich ein Mechaniker durch eine möglichst einfache und solide Ausführung eines solchen, besonders wenn dabei dessen Preis ein mäßiger und dasselbe dadurch allgemeiner zugänglich würde, ein nicht unwesentliches Verdienst erwerben. Augsburg, im März 1856.

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