Titel: Die Producte der trockenen Destillation des Torfes (oldenburger und hannoveraner Stichtorf) und deren Verwendung als Beleuchtungsmaterialien; von Dr. H. Vohl in Bonn.
Autor: Hermann Vohl
Fundstelle: Band 140, Jahrgang 1856, Nr. XIV., S. 63
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XIV. Die Producte der trockenen Destillation des Torfes (oldenburger und hannoveraner Stichtorf) und deren Verwendung als Beleuchtungsmaterialien; von Dr. H. Vohl in Bonn. Vohl, über die Producte der trockenen Destillation des Torfes. Schon seit dem Jahre 1847 habe ich eine Untersuchung der verschiedenartigsten bituminösen Fossilien unternommen, die ein Erzielen ätherischer Beleuchtungsmaterialien zum Zweck hatte. Die Untersuchung bestand darin, daß ich diese Stoffe der trockenen Destillation unterwarf und den gewonnenen Theer auf Photogen, Schmieröl, Paraffin, Asphalt und Kreosot verarbeitete. Alle meine Versuche wurden im Großen und mindestens mit 100 Pfd. Rohmaterial ausgeführt, weßhalb die Ergebnisse derselben bei einem technischen Betrieb maaßgebend sind. Versuche, welche im Kleinen mit nur einigen Pfunden ausgeführt wurden, geben leicht zu Täuschungen Anlaß und sind also zur Basirung bei einem industriellen Unternehmen fast nutzlos, indem sie kaum einen annähernden Haltpunkt geben. Auch treten beim Verarbeiten großer Mengen andere Erscheinungen auf, und man stößt dabei auf Schwierigkeiten, die bei kleinen Mengen minder in die Augen springend sind und deßhalb gewöhnlich übersehen werden. Nachfolgender Aufsatz handelt nur von den durch trockene Destillation des oldenburger und Hannoveraner Torfes erzeugten nutzbaren Producten, und die Ergebnisse sind als reine Substanzen, die weiter keiner Behandlung bedürfen, aufgeführt, weßhalb sie in quantitativer und qualitativer Beziehung für den Industriellen maaßgebend sind und für einen Betrieb zur Basis genommen werden können. Der von mir zur Untersuchung verwandte Torf war ein ziemlich fester Stichtorf, hier und da von einigen starken Wurzelfasern durchzogen, und in länglich-viereckige Stücke geformt. Er besaß lufttrocken eine schmutzigbraune Farbe und sein verhältnißmäßig geringes spec. Gewicht ließ auf einen nicht bedeutenden Aschengehalt schließen, welche Ansicht später durch die Analyse bestätigt wurde. Bei der Voruntersuchung ergab der Torf, in einem Probirröhrchen erhitzt, zuerst Wasser, welches größtentheils mechanisch eingeschlossen war und bei seinem Austreten von einer geringen Menge leichtflüchtigen, dünnflüssigen Oeles begleitet wurde. Bei verstärkter Hitze entwickelten sich säuerlich unangenehm riechende mit hellleuchtender Flamme verbrennende Gase in Begleitung eines braunen, in der Kälte durch seinen Paraffingehalt erstarrenden Oeles. Zur Untersuchung, resp. trockenen Destillation, wurden 100 Pfund lufttrockener Torf verwendet, und zwar wurde nicht die ganze Menge auf einmal, sondern dieselbe in fünf Portionen zu 20 Pfd. der trockenen Destillation unterworfen. Die Destillation nahm ich in einer eisernen Retorte vor. Dieselbe hatte im Querdurchschnitt die Form, war 3 Fuß lang, 1 Fuß breit und 10 Zoll hoch. Das Mündungsrohr hatte einen Durchmesser von 4 Zoll. Die Retorte wurde mit einem eisernen Deckel, der mit Thon bestrichen und vermittelst einer Stellschraube angedrückt werden konnte, verschlossen. Das Retortenmündungsrohr war mit einem 6 Fuß langen, geneigt liegenden Schwarzblechrohr, dessen lichter Durchmesser sich von 4 Zoll auf 1 1/2 Zoll verjüngte, verbunden. Dieses Abzugsrohr war mit grobem Packtuch umgeben und wurde behufs der Abkühlung durch ausfließendes Wasser naß gehalten. Es stand mit zwei blechernen zweihalsigen, cylinderförmigen Gefäßen, welche auf dieselbe Art wie das Abzugsrohr gekühlt wurden, in Verbindung. Das Gas, auf diese Weise von den verdichtbaren Producten möglichst befreit, ließ ich nun noch ein 20 Fuß langes 3/4zölliges bleiernes Schlangenrohr Passiren, welches in einer kleinen Tonne durch kaltes Wasser auf einer niedrigen Temperatur erhalten wurde, und dann entweder zur weitern Untersuchung in Gasometern auffangen oder direct verbrennen. Nachdem die Retorte mit 20 Pfd. lufttrockenem Torf beschickt war, wurde die Destillation bei schwachem Feuer begonnen und bei heller Rothgluth beendet. Im Anfang entwickelte sich eine bedeutende Menge Wasserdampf, welcher von einer geringen Menge empyreumatischem Oel begleitet war; erst nach Entfernung der größten Menge des mechanisch eingeschlossenen Wassers und nachdem die Temperatur sich bis zur dunkeln Rothgluth gesteigert hatte, entwickelten sich massenhaft die Oeldämpfe, welche abgekühlt in einem dünnen Strahl in die Vorlage flossen. Die Gase, welche im Beginn der Destillation auftraten, waren nicht brennbar und bestanden hauptsächlich aus Kohlensäure; bei gesteigerter Temperatur wurden sie allmählich entzündbar und brannten mit hellleuchtender nicht rußender Flamme, die zuletzt jedoch der hellblauen Flamme des Kohlenoxydgases Platz machte. Schwefelwasserstoffgas, welches ich in so enormen Massen bei der Destillation der Braun- und Blätterkohle erhielt, zeigte sich hier nur in sehr geringer Menge, dagegen war das Auftreten von Cyanammonium am Ende der Destillation nicht unerheblich. Die Destillation einer Portion von 20 Pfd. lufttrockenem Stichtorf dauert 3 bis 3 1/2 Stunden, und man kann den Gang derselben aus dem Verhalten des sich entwickelten Gases ermessen. Die flüssigen Destillationsproducte, welche sich in den verschiedenen Condensationsgefäßen angesammelt hatten, wurden zusammengegossen und behufs der Trennung erwärmt. Das specifisch leichtere empyreumatische Oel, der Theer, trennte sich mit der größten Leichtigkeit von der wässerigen Flüssigkeit und letztere wurde durch einen Scheidetrichter von dem Theer entfernt. Das specifische Gewicht der Theermasse schwankt zwischen 870 und 895, je nachdem die Erzeugungstemperatur niedrig oder hoch war. Nach der eben beschriebenen Methode erhielt ich durchschnittlich von 100 Pfd. oldenburger oder Hannoveraner Stichtorf im lufttrockenen Zustande: Theer =     9,0630 ammoniakalisches Wasser   =   40,0000 Kohks =   35,3120 Gas und Verlust =   15,6250 –––––––– 100,0000. Der Destillationsrückstand hatte die Form des Torfes beibehalten, nur sein Volumen war um 1/8 geschwunden; derselbe war von dunkelschwarzer Farbe und verbrannte angezündet wie eine gute Holzkohle, ohne auch nur den mindesten Geruch zu verbreiten. Er hinterließ eine geringe Menge durch Eisenoxyd nur schwach gelb gefärbte Asche, die größtentheils aus Kalk, Magnesia, Thonerde, Kieselsäure, Kohlensäure nebst geringen Mengen von Eisenoxyd, Manganoxyduloxyd, Phosphorsäure und Schwefelsäure neben Spuren von Jod, Chlor, Kali und Natron bestand. Vor dem Gebläse steht diese Kohle ziemlich gut, und es ist wegen dieser Eigenschaft, sowie dem nicht zu hohen Gehalt von Asche, welche die oben angegebene Zusammensetzung hat, die Aussicht gerechtfertigt, daß dieser Rückstand, wahre Kohks, zu hüttenmännischen, metallurgischen Zwecken mit Vortheil verwendbar ist. Der oldenburger sowohl wie der Hannoveraner Stichtorf ergibt, wie oben angeführt, circa 35 Proc. Kohks, welche 12 Proc. Asche hinterlassen und enthält demnach 75,318 Proc. brennbare Bestandtheile, resp. wasser- und stickstoffhaltige Kohle. Nachdem der gewonnene Theer entwässert war, wurde derselbe einer fractionirten Destillation unterworfen und die Producte derselben, nachdem sie durch Behandeln mit Säuren und Alkalien gereinigt worden waren, einer neuen Destillation vermittelst Wasserdämpfen unterworfen. Ich erhielt nach dieser Methode außer dem Paraffin und Asphalt zwei verschiedene Oele und eine erhebliche Menge Kreosot (neben Karbolsäure und Picamar). Aus dem wässerigen Destillate der Rohdestillation stellte ich eine bedeutende Menge Essig-, Butter- und Metacetonsäure sowie Ammoniak dar. Die Essigsäure ist in solcher Menge in diesem Wasser enthalten, daß man sie mit Nutzen daraus bereiten kann. 100 Gewichtstheile Theer liefern folgende Durchschnittsergebnisse: Reine Producte. Leichtes Oel (Photogen)Schweres Oel, oder Schmier- oder GasölAsphaltParaffin   19,457  19,547   17,194    3,316 spec. Gewicht 830spec. Gewicht 870 Kreosot und Verlust   40,486 ––––––– 100,000. Demnach werden 100 Pfd. lufttrockener Torf ergeben an: Leichtem Oel oder Turfol (Photogen)         1,7633 Gas- oder Schmieröl     1,7715 Asphalt     1,5582 Paraffin     0,3005 Kohks   35,3120 Wasser   40,0000 Gas   15,6250 Kreosot und Verlust     3,6695 –––––––– 100,0000. Beschreibung und Anwendung der erzielten Producte. I. Turfol (Torfphotogen). Das TurfolBenennung gebildet aus turfa und oleum. ist ein wasserhelles, farbloses, sehr liquides Oel von einem nicht unangenehmen Geruche. Da es vollkommen kreosotfrei ist, so bräunt es sich nicht durch Sauerstoffaufnehmen aus der Luft. Es ist vollkommen flüchtig, so daß die durch dasselbe verursachten Flecken sehr bald verschwinden. Das spec. Gewicht dieses neuen Beleuchtungsmaterials übersteigt nicht 835 (Wasser = 1000). Es ist ein kräftiges Lösungsmittel für Fette, Harze und Kautschuk, welche Substanzen es beim Verdunsten unverändert, und ohne einen fremden Beigeruch zu besitzen, zurückläßt. Jod wird von demselben mit schön Purpurrother Farbe gelöst) Schwefel und Phosphor sind bei Anwendung von Wärme ziemlich löslich in diesem Oel, ein großer Theil krystallisirt beim Erkalten wieder heraus. Es ist sauerstofffrei und ein reiner Kohlenwasserstoff, der ein Multiplum des Elaylgases ist, also gleichsam flüssiges Leuchtgas (ebenso wie das Paraffin festes Leuchtgas vorstellt). Angezündet brennt es ohne Beihülfe eines starken Luftzuges mit starkrußender Flamme, welch letzterer Umstand seine Befähigung zu leuchten bekundet. Auf jeder Camphin-, Photogen- und Mineralöl-Lampe brennt das Turfol mit einem ausgezeichnet schönen weißen Lichteffecte, ohne auch nur den mindesten Geruch oder Ruß zu verbreiten. Der Docht wird dabei nur so wenig verkohlt, daß ein Abschneiden desselben erst den dritten Tag nothwendig wird. (Das Verkohlen des Dochtes bei dem Mineralöl, Photogen und Hydrocarbür beruht auf einem starken Kreosotgehalt, demnach schlechter Reinigung des Oeles; die Oele müssen wasserhell und farblos seyn.) Die Nitroverbindung des Turfols hat einen angenehmen, dem Moschus und Bittermandelöl ähnlichen Geruch und eignet sich zum Parfümiren der Toilettenseife. (Aehnliche Körper liefert auch das Blätterschiefer- und Braunkohlenöl, sowie das Hydrocarbür. Das Nitrobenzöl aus dem Steinkohlentheeröl ist schon längst als künstliches Bittermandelöl in Anwendung.) Für sich sowohl wie mit Alkohol gemischt, liefert es ein vorzügliches Fleckenwasser. Die Hauptanwendung ist die als Beleuchtungsmaterial. II. Gas- oder Schmieröl. Das aus dem Torfe gewonnene Gas- oder Schmieröl ist von hellbrauner Bierfarbe, besitzt einen unbedeutenden Geruch und ist minder flüchtig als das Turfol. Auf jeder gut construirten Mineralöl-Lampe brennt dasselbe mit blendend weißem Lichte, jedoch muß nach einem sechs- bis achtstündigen Brennen der Docht gesäubert werden. Es hat eine größere Leuchtkraft wie das Turfol, welche durch seinen größern Kohlenstoffgehalt bedingt wird. (Die Ansicht, daß die leichten Oele besser leuchten als die schweren, ist ganz irrig.) In den Harz- und Oelgasfabriken kann dieses Oel mit Vortheil zu Erzeugung eines vorzüglichen Gases benutzt werden. Mit den geeigneten Materialien versetzt, liefert es eine sehr gute Schmiere, die weder durch ein Verharzen, noch bei Winterkälte fest wird. Auch kann dieses Oel zum Schmieren der Spindeln in den Baumwollenspinnereien benutzt und zum Versetzen des Rüböls und des Thrans verwendet werden. Das spec. Gewicht dieses Oeles übersteigt nicht 870 und dasselbe ist wie das vorhergehende sauerstofffrei. III. Asphalt. Der aus dem Torfe gewonnene Asphalt ist von schön schwarzer Farbe und findet seine Verwendung zu Eisenlack oder zur Rußbereitung. IV. Paraffin. Das Paraffin, welches man durch trockene Destillation des Torfes erhält, ist von großer Schönheit, hart, klingend und durchscheinend wie Alabaster. Die aus demselben gefertigten Lichter übertreffen an Leuchtkraft die Wachslichter von gleicher Stärke. Die Ausbeute an reinem Paraffin (nicht Paraffinmasse) übersteigt die des besten Blätterschiefers um das Doppelte, kömmt demnach der Ascherslebener Braunkohle ziemlich gleich. Aus diesem Grunde eignet sich der Torf vorzüglich zur Erzielung des Paraffins. Ohne Nachtheil kann das Paraffin zu Lichtermasse mit 10 Procent Stearin versetzt werden. V. Kohks. Die Kohks sind ein vorzügliches Brennmaterial, welches seine Verwendung beim Betriebe eines solchen Etablissements selbst findet; auch kann es zu hüttenmännischen Zwecken verwandt werden. Sie brennen ohne den mindesten Geruch zu verbreiten und liefern eine als Düngmittel zu verwendende Asche. VI. Wässeriges Destillat (Ammoniakwasser). Das erzeugte wässerige Destillat ist zur Essigsäure- und Ammoniak-Bereitung vortheilhaft zu verwenden, auch kann dasselbe mit dem pulverigen Kohlenrückstande gemischt als Dünger seine Verwendung finden. VII. Gas. Das sich bei der trockenen Destillation des Torfes entwickelnde Gas kann mit Vortheil zur Heizung der Reinigungsapparate benützt werden; durch Kalkhydrat gereinigt, liefert es ein vorzügliches Leuchtgas, welches zur Beleuchtung der Fabrik selbst benutzt wird. Vier Retorten liefern so viel Gas, daß eine fünfte durch dieses erzeugte Gas, als Brennmaterial verwandt, abdestillirt werden kann. Bei der Benutzung des Gases als Brennmaterial sind besondere Vorsichtsmaßregeln zu treffen. Das Gemisch besteht aus ölbildendem, Sumpf-, Wasserstoff-, Kohlenoxyd-, Kohlensäure-, Schwefelwasserstoff-, Cyanwasserstoff- und Ammoniakgas, geschwängert mit dem Dampf des leichten Turfols. VIII. Kreosot. Das erzeugte Kreosot ist von dunkelbrauner Farbe und enthält 80 bis 85 Proc. reines Kreosot. (Der verunreinigende Bestandteil ist Karbolsäure, Buttersäure, Metacetonsäure und Picamar.) Es ist ein vorzügliches Conservirungsmittel und wird mit Vortheil zum Tränken des Schiffbauholzes, der Eisenbahnschwellen etc. verwendet; auch kann er zur Rußbereitung benutzt werden. Dieser Körper ist es, der durch seine Anwesenheit dem Mineralöl, dem Hydrocarbür und Photogen den unerträglichen festhaftenden Geruch ertheilt und das Verkohlen des Dochtes bedingt. Das unter dem Namen doppelt gereinigtes Mineralöl (Asphaltöl) verkaufte Oel enthält noch 6 bis 7 Proc. Kreosot. Das Oel aus Blatterschiefer, wie es im Handel vorkommt, enthält davon 10 bis 12 Procent. Wie bekannt, bräunt sich das Kreosot durch Sauerstoffaufnahme sehr bald, und die Gegenwart desselben in den ätherischen Beleuchtungsmaterialien ist die Ursache des Nachdunkelns und Bräunens derselben. Es ist auffallend, daß, da die Beseitigung dieses Körpers so leicht ist, dieß nicht von den Fabrikanten geschieht, um dadurch ihrem Fabricat die Schönheit und den Werth zu geben, dessen dasselbe fähig ist. Die Verarbeitung von Theer (von Blätterschiefer, Braunkohle und Torf) zur Erzielung der ätherischen Beleuchtungsmaterialien und des Paraffins. Seit dem Jahre 1847, wo ich die Fabrication dieser Produkte im Großen vornahm, hat man in diesem Industriezweig eine große Menge sogenannter Verbesserungen der Methoden und der dabei anzuwendenden Apparate angepriesen, die uns leider alle nur mit einem Wust von kostspieligen und complicirten Apparaten und Manipulationen bereichert haben. Es mag dieß wohl daher gekommen seyn, daß Leute sich damit beschäftigten, die nicht befähigt waren die chemische Natur und das Verhalten dieser Körper zu erkennen. Es ist ja klar, daß von einer Trennung und Reinigung keine Rede seyn kann, wenn man den Körper den man vor sich hat, nicht genau kennt, und so kam es, daß dieses Umhertappen im Finstern so überhand nahm. Ich will hier die Methode und Apparate mittheilen, durch welche ich bis jetzt diese Körper in der größtmöglichen Vollkommenheit und Schönheit darstelle. Was die Theerdestillation anbetrifft, so verweise ich auf meine Abhandlung in den Annalen der Chemie und Pharmacie von Wöhler, Liebig und Kopp Bd. XCVII S. 9 (daraus im polytechn. Journal Bd. CXXXIX S. 216). Nachdem der Theer entwässert ist, wird er in eiserne Destillirblasen gegeben, die mit einem sehr niedrigen Hute versehen sind und denen ähnlich, worin man den Kautschuk destillirt (m. s. die „Chemie und ihre Anwendung auf Künste und Gewerbe“ von Dr. Sheridan Muspratt, Bd. I S. 965, Fig. 259). Ein vorheriges Mischen des Theers mit Eisenvitriol etc. zur Bindung des Schwefelammoniums ist nicht allein nutzlos, sondern verringert auch die Ausbeute. Auch habe ich gefunden, daß Einleiten von überhitzten Wasserdämpfen eine Gaserzeugung im letzten Stadium der Destillation auf Kosten der ätherischen Oele hervorruft. (Kohlensaures Gas wäre eher vorzuschlagen.) Man erhält bei der anfangs langsamen, allmählich rascheren Destillation zwei Oele, wovon das erstere flüssig, das zweite beim Erkalten fest ist und alles Paraffin enthält. Das flüssige Oel wird nun mit caustischer Lauge zuerst behandelt, wodurch das Kreosot und alle sauren Bestandtheile welche die Einwirkung der Schwefelsäure beeinträchtigen würden, beseitigt werden. Das Rohöl wird dadurch beinahe farblos und von dem starken penetranten Gerüche befreit. Nachdem man durch Decantiren die Lauge von dem Oel getrennt hat, wird dasselbe mit 10 Proc. Schwefelsäure von 66° Baumé in einem bleiernen Gefäße gut gemischt, wobei das Gemenge sich bedeutend erwärmt, alsdann von der Säure abgelassen und nun in dem Abblaseständer mit verdünnter Lauge zur Neutralisation gemischt. Dieser Abblaseständer vertritt nicht nur vollkommen das so kostspielige Vacuum, wie solches zuerst in England und später auch in Deutschland angewandt wurde, sondern liefert auch reinere und schönere Producte. In diesem Abblaseständer wird das Oel mit einem verticalen Wasserdampfstrahl von 1 1/2 Atmosphären Druck behandelt, wodurch alles Photogen abgeblasen und durch die Wasserdämpfe fortgeführt wird. Ein solcher Apparat, welcher täglich 1000 Quart Oel liefert, kostet mit dem Dampfkessel nur 800 Thlr. Die Oele, welche man so erhält, sind wasserklar, kreosotfrei und haben keinen starken unangenehmen Geruch. Das im Ständer zurückbleibende Oel ist das sogenannte Schmieröl und bedarf keiner weitern Behandlung. Da alle leichtflüchtigen Theile abgeblasen sind, so kann es keinen starken Geruch besitzen. Das Paraffinöl wird gerade so zuerst mit Lauge und mit 10 Proc. Schwefelsäure von 66° B. behandelt und alsdann abgeblasen. Man erhält so aus dieser Paraffinmasse noch 12 bis 13 Proc. wasserhelles Photogen. Die abgeblasene Paraffinmasse gebe ich nun in einen Nutschapparat, bei welchem ein Saugen durch luftleere Räume hervorgerufen wird. Ich stelle den luftleeren Raum einfach so dar, daß ich Gefäße mit Wasser fülle und das am Boden befindliche Abzugsrohr in einen Brunnen unter das Wasserniveau leite und dadurch eine verticale Ausflußlänge von 32 Fuß erhalte. Das Paraffin bleibt auf dem Trichter als eine perlmutterglänzende, trockene Masse zurück, die keinen Geruch besitzt und blendend weiß ist. Um das in der Masse vertheilte Oel zu beseitigen, schmilzt man das Paraffin im Wasserbade, setzt auf 100 Pfd. 10 Quart weißes Photogen zu und preßt die Masse nach dem Erkalten bei 24 bis 26° C. Man erhält so durchsichtige Kuchen, die man in einem kleinen Abblaseständer mit Dämpfen behandelt, bis kein Oel mehr entweicht und die Masse geruchfrei ist (es geschieht dieß in circa 5 Stunden). Sollte das Paraffin noch nicht weiß seyn, so schmilzt man es mit einem neuen Zusatz von Photogen und behandelt es nach dem Pressen nochmals im Abblaseständer. Vor dem Gießen wird es mit verwittertem Glaubersalz im Wasserbade zum Entwässern geschmolzen. Es ist eben so schön wie das mit Schwefelsäure behandelte, und diese Methode ist bedeutend sicherer. Das beim Abgießen erhaltene Oel wird durch Abblasen von dem Paraffin und dem färbenden Oel befreit und kann so wieder zur Reinigung neuer Massen verwendet werden. Durch Vermischen der gebrauchten Lauge und Schwefelsäure erhalte ich schwefelsaure Alkalien und eine Oelschicht, die das eben erwähnte Kreosot ist. Ueber das Anlagecapital und die Rentabilität eines Etablissements zur Erzeugung des Turfols, Paraffins etc. aus oldenburger oder hannoveraner Torf. Bei einem Minimumsbetriebe, welcher täglich (in 24 Stunden) eine Verarbeitung von 30,000 Pfd. lufttrockenem Torf erheischt, ist ein Anlagecapital (abgesehen von Gebäulichkeiten, die in bloßen Schuppen bestehen) von nur 8000 Thlrn. erforderlich. Man wird bei einem solchen Betriebe erhalten an: Turfol     528 Pfd. circa 255 Quart à 10 Sgr. = 85 Thlr.  –  Sgr. Gas- od. Schmieröl     531   „    „    250     „    à   5   „ = 42   „ 15   „ Asphalt     467   „ Centner à 20 Sgr. =   2   „ 20   „ Paraffin       90   „ à 15 Sgr. = 45   „  –    „ KohksAmmoniakwasserGas nach Abzug der Kohlensäure 1059312000  3120   „  „  „ Verwenrthung in der Fabrication selbst. Kreosot   1100   „ Centner à 10 Sgr. =   3   „ 20   „ ––––––––––––––– Werth der Gesammtausbeute 178 Thlr. 25 Sgr. Davon gehen ab für Beschaffung des Torfes pro Tag    40 Thlr. Tägliche Ausgabe von Arbeitslohn etc. 36    „ –––––– Summa 76 Thlr.   76   „  –   „ ––––––––––––––– Bleibt demnach ein täglicher Reingewinn von 102 Thlr. 25 Sgr. Obgleich alle Unkosten zu hoch gegriffen sind, so ist dennoch der Reingewinn ein enormer und gränzt ans Unglaubliche. Bonn, im Februar 1856.