Titel: Ueber Rinmann's Grün; von Prof. Dr. Rud. Wagner.
Fundstelle: Band 140, Jahrgang 1856, Nr. LX., S. 283
Download: XML
LX. Ueber Rinmann's Grün; von Prof. Dr. Rud. Wagner. Aus dem bayer. Kunst- und Gewerbeblatt, 1856, S. 83. Wagner, über Rinmann's Grün. Unter Rinmann's Grün (Kobaltgrün) versteht man bekanntlich eine von dem Schweden Rinmann in dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts durch Glühen eines Gemisches von Zinkoxyd mit Kobaltoxydul erhaltene Farbe. Nicht sowohl der keineswegs angenehme Ton der Farbe, als vielmehr der hohe Preis der Materialien zur Darstellung des Kobaltgrüns mochte der Grund seyn, daß diese grüne Farbe nie eine allgemeine Anwendung fand und jetzt, so zu sagen, nur noch in den Lehrbüchern der Chemie und in den Präparatensammlungen zu finden ist. Seit einigen Jahren, seitdem das Zinkweiß ein gangbarer und billiger Handelsartikel geworden und das Kobaltoxydul ebenfalls wohlfeil in ziemlich reiner Gestalt im Handel sich findet, sind die Bedingungen der Fabrication des Kobaltgrüns weit günstiger als früher. Ich fühlte mich veranlaßt eine Reihe von Versuchen über zweckmäßige Darstellung des Kobaltgrüns anzustellen, deren Resultate ich in Folgendem mittheile. Vor allem ist die Darstellung eines von fremden Metallen möglichst freien Kobaltoxyduls nothwendig. Man bedient sich zu diesem Zwecke des Kobaltoxydes, wie es die sächsischen Blaufarbenwerke (Oberschlemma, Pfannenstiel) in den Handel liefern, löst dasselbe in 3 Theilen concentrirter Salzsäure, dampft die Lösung zur Trockene, löst den Rückstand in 6 Theilen Wasser und leitet durch die Flüssigkeit Schwefelwasserstoffgas, so lange als noch ein Niederschlag sich bildet. Die von den ausgeschiedenen fremden Schwefelmetallen abfiltrirte Flüssigkeit wird wieder zur Trockne abgedampft und der Rückstand in so viel Wasser gelöst, daß die Flüssigkeit 10 Theile wiegt. Ein Liter der Lösung enthält nicht viel weniger als 100 Gramme Kobaltoxydul, 100 Kubikcentimeter folglich 10 Gramme. Diese Flüssigkeit wird zum Gebrauche aufgehoben. Fällt man diese Lösung mit kohlensaurem Natron und mischt das entstandene kohlensaure Kobaltoxydulhydrat nach dem Auswaschen noch feucht mit Zinkweiß, so erhält man einen röthlich violetten Brei, der nach dem Trocknen und anhaltenden Glühen eine grüne Masse bildet, deren Farbe um so intensiver ist, je größer die Quantität der angewandten Kobaltlösung war. Das Kobaltgrün läßt sich betrachten als ein Gemisch von zinksaurem Kobaltoxydul (dem Kobaltoxydulaluminat des Kobaltultramarins oder Thenard's Blau ensprechend) mit Zinkoxyd. Aus gut geglühtem Kobaltgrün zieht Ammoniak zuerst Zinkoxyd aus und erst später löst sich die Kobaltzinkverbindung. Glasflüsse werden durch Kobaltgrün, wie es auch nicht anders zu erwarten war, blau gefärbt. Wird die Kobaltlösung bei der Bereitung des Kobaltgrüns in solcher Menge angewendet, daß auf 1 Aequivalent Zinkweiß mehr als ein 1 Aequivalent Kobaltoxydul kommt, so erhält man nach dem Glühen eine schmutzig grüne oder selbst schwarze Masse. Die angenehmste Farbenstufe von Grün erhält man, wenn man auf 9 bis 10 Gewichtstheile Zinkweiß 1 bis 1 1/2 Gewichtstheil Kobaltoxydul anwendet. Die Farbenüance erreicht aber keineswegs die eines lebhaften Kupfergrüns, ja nicht einmal die des grünen Ultramarins. Der belgische Chemiker Louyet hat in einer ArbeitPolytechn. Journal Bd. CXIII S. 432. über die Darstellung des reinen Kobaltoxydes und des Kobaltoxydulaluminates nachgewiesen, daß ein Zusatz von Phosphorsäure oder Arsensäure bei der Bereitung des Kobaltultramarins die Schönheit der Farbe erhöhe. Begünstigte der Zusatz der Säuren die Verbindung des Kobaltoxyduls mit der Thonerde, so mußte die Gegenwart der genannten Säuren auch bei der Herstellung von Kobaltgrün von günstigem Einflüsse seyn. Der Versuch hat gelehrt, daß dem so war. Fällt man die obenerwähnte Kobaltlösung mit phosphorsaurem Natron oder arsensaurem Kali, so besitzt das so erhaltene phosphorsaure oder arsensaure Kobaltoxydul die Eigenschaft dem Zinkweiß die grüne Farbe schon bei niedrigerer Temperatur als gewöhnliches Kobaltoxydul zu ertheilen. Das Kobaltoxydul wird ferner durch die beiden Säuren aufgeschlossen und wird ergiebiger. Die grüne Farbe wird endlich reiner und glänzender. Arsenigsaure Alkalien verhalten sich ebenso wie die arseniksauren und phosphorsauren. Wird die gemischte Masse vor dem Glühen mit einer kleinen Menge arseniger Säure gemengt und dann geglüht, so erhält man eine außerordentlich glänzende grüne Masse, welche durch die arsenige Säure, indem sich dieselbe zum Theil verflüchtigte, eine lockere, schwammige Beschaffenheit angenommen hat, in deren Folge sie sich leicht zerreiben läßt. Fabrikanten, welche Versuche in größerem Maßstabe über die Bereitung des Kobaltgrüns anzustellen gesonnen sind, möchte ich besonders auf die Eigenschaft der arsenigen Säure, die Schönheit der Farbe merklich zu erhöhen, aufmerksam machen. Borsäure hat vielleicht, insofern sie die Verbindung des Kobaltoxyduls mit dem Zinkoxyd erleichtert, ebenfalls günstige Wirkung. Es gelang mir aber nicht, die geeignete Form ausfindig zu machen, in welcher die Borsäure der Mischung zugesetzt werden muß. Borsaures Kobaltoxydul gibt entweder, wenn es in größerer Menge mit Zinkweiß gemischt wird, nach dem Glühen ein blaues Glas, oder wenn man es in kleiner Quantität anwendet, eine zusammengesinterte blaue Masse. Ein ganz ähnliches Resultat erhielt ich, als ich Kobaltoxydullösung mit Wasserglas fällte und das entstandene kieselsaure Kobaltoxydul mit Zinkweiß mengte und glühte. Das mit der arsenigen Säure isomorphe Antimonoxyd, durch Fällen von Antimonchlorid mit kohlensaurem Natron erhalten, läßt die Farbe des Kobaltgrüns unverändert.Die verbreitete Ansicht, als gäbe eisenhaltiges Zinkoxyd mit Kobaltlösung beim Glühen ein lebhafteres Grün, als eisenfreies, ist eine durchaus irrige. Ich habe mit den reinsten Substanzen auch immer die schönsten Farben erhalten.