Titel: Technisch-chemische Notizen; von G. E. Habich in Kassel.
Autor: G. E. Habich
Fundstelle: Band 140, Jahrgang 1856, Nr. LXXXVII., S. 367
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LXXXVII. Technisch-chemische Notizen; von G. E. Habich in Kassel. Habich's technisch-chemische Notizen. I. Bemerkungen über Thieux's Verfahren, Gewebe wasserdicht zu machen. In diesem Bande des polytechn. Journals ist S. 158 die Beschreibung des Thieux'schen Verfahrens zum Wasserdichtmachen der Gewebe mitgetheilt. Es ist vielleicht für Manchen interessant, wenn ich hier über diese Methode Erfahrungen mittheile, welche bis zum Jahre 1841 zurückreichen.Das Verfahren des Hrn. Thieux, welches derselbe seit einigen Jahren in kleinem Maaßstab ausübt, ist nicht neu, wie auch Hr. Jacquelain in seinem der Société d'Encouragement erstatteten Bericht (deren Bulletin, 1855, S. 604) bemerkte, denn:1) im J. 1840 wandte Hr. Muston zum Wasserdichtmachen der Gewebe eine Auflösung von essigsaurer Thonerde und thierischem Leim an, welche er mit 5 Kil. Alaun und 5 Kil. Bleizucker auf 200 Kil. Wasser und 1/2 Kil. Hausenblase bereitete; abgesehen von dem Leim, sind dieß die Verhältnisse des Hrn. Thieux;2) im J. 1846 bereitete Hr. Monier zu diesem Zweck die essigsaure Thonerde mit 1 Kil. Alaun und 1 Kil. Bleizucker auf 32 Liter Wasser; aber er filtrirte über Holzkohlenpulver, ließ die Flüssigkeit mehrere Stunden lang über die Kleider laufen, und das Austrocknen derselben dann an der Luft sich bewerkstelligen. A. d. Red. Zu jener Zeit etablirte ein nunmehr verstorbener Schneidermeister (Schmidt) hiesigen Orts ein Geschäft, in welchem Gewebe genau nach dem in Rede stehenden Verfahren (mit essigsaurer Thonerdelösung) wasserdicht gemacht wurden. Ich selbst habe häufig nach dieser Methode gearbeitet. Sie ist vortrefflich für baumwollene Stoffe, – weniger gut für Wolle und ohne Werth für Leinen. Der allen Färbern bekannte Umstand, daß Thonbeizkattune nach scharfem Austrocknen kaum vom Wasser benetzt werden, mag wohl die Idee, solche Beize überhaupt zum Wasserdichtmachen anzuwenden, damals ins Leben gerufen haben. Die Präparation der baumwollenen Gewebe ist am einfachsten. Für diese ist das von Thieux mitgetheilte Verfahren vollkommen ausreichend, besonders wenn das Trocknen in einem geheizten Raume geschieht. Es handelt sich darum, möglichst viel Thonerde auf dem Stoffe zu fixiren, und deßhalb wird auch durch heißes Ausbügeln, wobei fortwährend Essigsäure abdunstet, der beabsichtigte Effect wesentlich gesteigert. Wahrscheinlich würde man durch Trocknen in einer mit Ammoniakgas geschwängerten Atmosphäre das Maximum von Wasserdichtheit herbeiführen können, – was ich deßhalb zum Versuch empfohlen haben will. Um wollene Stoffe zu präpariren, muß man vor allen Dingen eine weit concentrirtere Auflösung haben und die Gewebe müsse nach dem Trocknen wiederholt und so lange heiß gebügelt werden, als noch der Geruch nach Essigsäure zu bemerken ist. Aber auch bei der sorgfältigsten Ausführung dieses Verfahrens ist es nicht zu vermeiden daß die Kleider an jenen Stellen welche öfters ausgedehnt werden (am Ellbogen, Knie etc.) ihre Wasserdichtheit bald wieder verlieren. Es scheint mir diese Erfahrung dafür zu sprechen, daß das Wasserdichtwerden nur durch einen mechanischen Ueberzug von Thonerdehydrat, welches die einzelnen Fasern umhüllt, herbeigeführt wird, indem dieses beim Trocknen eine spröde glasige Masse bildende Hydrat bekanntlich nicht vom Wasser benetzt wird. Ist nun durch größere Strapazen das pulverige Hydrat an einzelnen Stellen abgefallen, so werden diese auch dem eindringenden Wasser keinen Damm mehr entgegensetzen. Das Verfahren würde einen weit höhern Werth haben, wenn es sich auch für wollene Gewebe bewährte. Da das aber, wie bereits erwähnt, nicht der Fall war, so ist die hiesige Anstalt wegen Mangel an Aufträgen alsbald zu Grabe gegangen. Wenn übrigens die obige Voraussetzung richtig ist und die kurze Dauer der Wasserdichtheit auf der Sprödigkeit und dem dadurch bedingten Abfallen des Thonerdehydrats beruht, so wird sich für wollene Zeuge wahrscheinlich Abhülfe durch ein – wenn ich nicht irre – schon früher vorgeschlagenes Verfahren schaffen lassen. Die ölsaure Thonerde besitzt durchaus nicht die Sprödigkeit des Thonerdehydrats und man würde also zu versuchen haben, ob nicht durch Ansieden der wollenen Gewebe in concentrirter Alaunauflösung und nachfolgende Behandlung mit ölsaurem Natron ein besseres Resultat erzielt wird. Die Richtung, Gewebe auf diesem Wege und nicht durch Tränken oder Belegen mit Kautschukmassen wasserdicht zu machen, ist jedenfalls aus Sanitätsrücksichten wohl zu beachten. Alle durch solche dem Wasser nicht adhärirenden Fadenumhüllungen hervorgerufene Wasserdichtheit schließt durchaus nicht den Durchzug von Gasen ab, wird also der Körpertranspiration keinen Riegel vorschieben und jede lästige und schädliche Anhäufung von Schweiß auf der innern Fläche der Kleider unmöglich machen. Es bleibt deßhalb Pflicht, die Sache nicht aus den Augen zu lassen und besser fortzuentwickeln, als es bis jetzt geschehen ist. II. Schweißmittel für Stahl. Beim Schweißen überhaupt kommt es bekanntlich darauf an, eine jede Oxydation der betreffenden Flächen, welche sich innig verbinden sollen, zu verhüten oder – da eine solche kaum zu verhindern ist – im geeignetem Momente eine Reduction oder Auflösung der gebildeten Oxydkruste herbeizuführen. Es gibt nun kein besseres und kräftigeres Reductionsmittel als Cyankalium oder Cyannatrium. Und es ist keine Schwierigkeit mehr, selbst die am schwersten schweißbaren Stahlsorten vermittelst derselben zu verbinden. Man bereitet sich ein dahin abzweckendes Schweißpulver dadurch, daß man als Materialien käufliches Blutlaugensalz (blausaures Kali) durch fortgesetztes Erwärmen in ein weißes Pulver verwandelt, – daß man 2) krystallisirte Soda durch Schmelzen in einem eiserner Topfe vollständig entwässert und zum feinen Pulver zerreibt, – daß man 3) Borax durch Eintragen in einen glühenden Tiegel calcinirt, so daß er unter Verlust seines Wassers zu einer schwammigen Masse wird, die man ebenfalls pulverisirt. Von diesen Materialien mengt man nun zunächst je 7 Gewichtstheile des trockenen Blutlaugensalzes mit 2 Gewichtstheilen der entwässerten Soda. Dieses Gemenge ist schon für sich anwendbar, für die schwerer schweißbaren Stahlsorten aber jetzt man eine angemessene Menge des calcinirten Borax zu. Die Menge desselben zu bestimmen ist Sache der Erfahrung, – man kann dabei ab und zu thun, je nach der Qualität der verarbeiteten Stahlsorte. Das obige Verhältniß zwischen Blutlaugensalz und Soda aber hat man strenge festzuhalten, wenn man ein rasch wirkendes Reductionsmittel verlangt. III. Vollständige Entschwefelung der Sodalaugen. Man weiß, wie sehr es für viele Zwecke wünschenswerth ist eine von Schwefelnatrium und unterschwefligsaurem Natron freie Soda zu haben, – wie sehr der Handelswerth durch eine solche Reinheit gesteigert wird. Die dazu vorgeschlagenen Reinigungsmethoden haben mir nicht praktisch erscheinen wollen, – im Großen sind sie auch (z.B. das Verfahren mit Kupferoxyd) nie zu allgemeiner Anwendung gekommen. Mehr Berücksichtigung verdient die Anwendung des kohlensauren Eisenoxyduls, welches, als Spatheisenstein, in großen Massen von größerer oder minderer Reinheit gewonnen wird. Es versteht sich wohl von selbst, daß dessen Wirksamkeit abhängig ist von seinem Gehalt an kohlensaurem Eisenoxydul, und daß die gewöhnlichen Beimengungen von kohlensaurer Kalk- und Bittererde und Eisenoxyd den beabsichtigten Zersetzungsproceß nicht fördern können. Es leuchtet ferner ein, daß es wesentlich darauf ankommt, die schwefelhaltigen Sodalaugen möglichst frisch mit dem feingemahlenen Spatheisenstein in Contact zu bringen, weil bereits entstandenes unterschwefligsaures Natron unzersetzt bleibt. Wird dieser Umstand gehörig gewahrt, so kann man des besten Erfolgs gewiß seyn. Man erhält aus Schwefelnatrium und kohlensaurem Eisenoxydul eine reine Auflösung von kohlensaurem Natron und einem Bodensatz von Schwefeleisen. Ohne Zweifel kann das Verfahren in manchen Gegenden zur Grundlage der Sodafabrication gemacht werden, wo reiner Spatheisenstein in genügender Masse neben billigen Brennstoffen zu haben ist.