Titel: Verbessertes Verfahren der Phosphorfabrication, von Hugo Fleck.
Fundstelle: Band 140, Jahrgang 1856, Nr. XC., S. 389
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XC. Verbessertes Verfahren der Phosphorfabrication, von Hugo Fleck. Fleck's verbessertes Verfahren der Phosphorfabrication. In einer im vorigen Jahr erschienenen werthvollen SchriftVerbessertes Verfahren der Phosphorfabrication, mit genauer Angabe der bis jetzt gebräuchlichsten Fabricationsmethoden. Von Hugo Fleck. Leipzig, 1855. beschreibt der Verfasser, welcher früher als Chemiker in einer Phosphorfabrik Süddeutschlands placirt war, ein Verfahren der Phosphorfabrication, welches im Vergleich mit dem gewöhnlich angewendeten Verfahren wesentliche Vortheile darzubieten scheint. Wir theilen im Nachstehenden die Grundzüge dieses Verfahrens mit, indem wir bezüglich des Näheren auf die Schrift selbst, welche auch Zeichnungen der anzuwendenden Apparate enthält, verweisen. Die gereinigten, angemessenen, zerkleinerten und möglichst von Fett befreiten Knochen werden mit verdünnter Salzsäure macerirt, wobei Chlorcalcium und saurer phosphorsaurer Kalk (CaO, 2HO, PO₅) entstehen. Diese Maceration wird fortgesetzt, bis die Knochenerde möglichst ausgezogen und bloß die Knorpelsubstanz ungelöst übrig ist. Letztere wird gewässert, in Kalkwasser getaucht, nochmals gewaschen und dann aus Knochenleim verarbeitet, der sehr rein und hell ausfällt. Die Flüssigkeit, welche das Chlorcalcium und den sauren phosphorsauren Kalk enthält, wird abgedampft. Diese Operation wird in Pfannen von glasirtem Steingut, oder scharf gebrannter Thonmasse ausgeführt, da metallene Pfannen der Einwirkung dieser sauren Flüssigkeit nicht genügend widerstehen. Die Abdampfpfannen werden durch die aus dem Phosphorofen abziehende Feuerluft erhitzt. Das Abdampfen wird fortgesetzt, bis die Lauge 38º Baumé zeigt. Man läßt sie dann aus den Pfannen ausfließen und erkalten, wobei saurer phosphorsaurer Kalk in feinen Krystallen sich ausscheidet. Durch Abdampfen und Wiedererkaltenlassen der Mutterlauge wird noch mehr von demselben gewonnen. Aus der bei der zweiten Krystallisation verbleibenden Mutterlauge gewinnt man den noch darin gelösten Antheil des Kalkphosphats durch Vermischen mit Kalkmilch, wobei phosphorsaurer Kalk sich abscheidet, den man ebenso wie die Rückstände aus den Retorten mit Salzsäure behandelt. Der ausgeschiedene saure phosphorsaure Kalk, welcher seiner Löslichkeit wegen nicht ausgewaschen werden kann, wird entweder durch Auspressen zwischen Tüchern, oder dadurch, daß man ihn auf einer porösen Platte ausbreitet und unter derselben einen luftverdünnten Raum erzeugt, worauf der Luftdruck die Mutterlauge durch die Platte hindurchtreibt, möglichst von der Mutterlauge befreit, worauf er eine weiße, zwischen den Fingern knirschende, perlmutterglänzende Masse bildet. Man vermischt ihn unter Erwärmung mit 1/4 Holzkohlenpulver, reibt die Masse durch ein Sieb und bringt sie in die Retorten. Als Retorten schlägt der Verf. thönerne Cylinder vor, die, ähnlich wie die Retorten der Leuchtgasfabriken, zu je 5 über einer Feuerung angebracht sind. Die von den 5 Retorten ausgehenden Röhren münden in eine gemeinschaftliche Vorlage, welche die Gestalt einer Muffel hat und in eine Rinne gestellt ist, durch welche man Wasser fließen läßt. Die erste Vorlage steht mit einer zweiten ähnlich angeordneten in Verbindung. Zur Feuerung dienen Kohks und Steinkohlen. War der saure phosphorsaure Kalk nicht gut von der chlorcalciumhaltigen Mutterlauge befreit, so wird bei der Destillation Salzsäure gebildet und dadurch eine geringere Ausbeute an Phosphor veranlaßt. Das in den Retorten zurückbleibende Gemenge von phosphorsaurem Kalk und Kohle wird auf die Eisenplatten, auf dem Phosphorofen liegen und durch die Feuerluft desselben erhitzt werden, eingeäschert. Der dabei zurückbleibende phosphorsaure Kalk wird nebst den aus den Mutterlaugen des sauren phosphorsauren Kalks durch Kalkzusatz erhaltenen Niederschlägen mit Salzsäure behandelt. Hierbei entstehen wieder Chlorcalcium und saurer phosphorsaurer Kalk; letzterer wird, wie früher angegeben, abgeschieden und auf Phosphor verarbeitet. Man gewinnt in dieser Manier, abgesehen von den unvermeidlichen Verlusten, den ganzen Phosphorgehalt der Knochen. Der erhaltene rohe Phosphor wird gereinigt und geformt. Die früher erwähnte, aus den Knochen mittelst Salzsäure isolirte Knorpelsubstanz wird, mit Wasser übergossen, einem Dampfstrome ausgesetzt, bis die Lösung als eine concentrirte Gallerte erscheint, welche, in die Form gebracht, beim Erkalten zu festen Kuchen erstarrt. Der in den Membranen noch vorhandene phosphorsaure Kalk ertheilt dem Knochenleim ein milchiges Ansehen, welches sehr oft durch Zusatz von Bleiweiß vermehrt wird und dann dem Leim den Namen Patentleim ertheilt. Die Vorurtheile, welche sich noch immer gegen den mittelst Säure-Extraction erhaltenen Knochenleim unter dem gewerbtreibenden Publicum erhielten, fanden ihren Grund in der Anwendung zu concentrirter Säurelösungen. Durch die Anwendung einer Salzsäure von 7° B. bei mittleren Temperaturgraden und nachherige völlige Neutralisation mittelst Kalkwasser, nicht aber Kalkmilch, ist wohl eine Zersetzung der thierischen Gewebe in so hohem Grade nicht zu befürchten, daß durch dieselbe eine Verminderung des ganzen Products resultirte. Weit größer gestaltet sich der Nachthell, welcher den Fabrikanten durch zu langes Sieden der Leimsubstanz erwächst, und mit Recht wird deßhalb jetzt von allen Seiten das Behandeln der Knochensubstanz mittelst Dampf als ein Fortschritt in der Leimfabrication erkannt. Nach dem beschriebenen Verfahren erhält man aus 100 Pfd. frischer Knochen 6–7 Pfd. Phosphor und 10–20 Pfd. Leim, während nach dem alten Verfahren nur 4–5 Pfd. Phosphor gewonnen werden. Eine Schwierigkeit des neuen Verfahrens liegt namentlich in der von dem Verfasser für nothwendig gehaltenen Anwendung thönerner Pfannen zum Abdampfen der Lösung des sauren Kalkphosphats. Vielleicht dürften aber, wie Professor Stein in dem Vorworte zu der Schrift des Verfassers vermuthungsweise ausspricht, statt derselben gemauerte Pfannen nach Art der bei der Alaunfabrication benutzten anwendbar seyn. (Polytechnisches Centralblatt, 1856, S. 681.)