Titel: Ueber die Fabrication des Natriums und des Aluminiums; von H. Sainte-Claire Deville.
Fundstelle: Band 141, Jahrgang 1856, Nr. LXXXV., S. 378
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LXXXV. Ueber die Fabrication des Natriums und des Aluminiums; von H. Sainte-Claire Deville. (Fortsetzung von S. 303 des vorhergehenden Heftes.) Mit Abbildungen auf Tab. V. Deville, über die Fabrication des Natriums und des Aluminiums. 2. Continuirliche Fabrication des Natriums in Cylindern. Man könnte glauben, daß man nur die beschriebenen Apparate in allen ihren Theilen in gleichem Verhältniß zu vergrößern braucht, um auf einmal eine größere Quantität Natrium zu erzeugen. Diese Ansicht ist aber, wie ich mich durch zahlreiche Versuche überzeugt habe, nicht richtig. Bei der continuirlichen Fabrication des Natriums nach der unten folgenden Methode empfehle ich die gegebenen Vorschriften auch in den scheinbar unwesentlichen Theilen genau zu befolgen, um eines guten Erfolgs versichert zu seyn. So wird man sich vielleicht wundern, daß ich fünfmal größere Reductionsapparate die Entwickelungsröhren und Vorlagen von gleicher Größe wie bei Benutzung von Quecksilberflaschen anwende; ich habe aber diese beschränkten Dimensionen erst dann angenommen, nachdem ich die Anwendung von größeren Röhren und Vorlagen, welche überdieß schwer zu handhaben seyn würden, vergeblich versucht hatte. Das Gemenge von kohlensaurem Natron, Kohle und Kreide wird in derselben Weise gemacht, wie es früher beschrieben wurde. Es ist hier besonders vortheilhaft, dasselbe vorher stark zu calciniren, nicht nur, weil dann mehr davon auf einmal in die Reductionsröhren geht, sondern auch, weil von der calcinirten compacteren Masse nicht leicht Theile durch die Gase weggeführt und aus den Reductionsröhren geschleudert werden können. Man kann das Gemenge auch nach Maaßgabe des Bedarfs calciniren und glühend in die Röhren bringen. Wendet man ein nicht calcinirtes oder kaltes Gemenge an, so füllt man dasselbe in Patronen aus starkem Papier oder Leinwand von 8 Centim. Durchmesser und 35 Centim. Länge. Die von mir benutzten Röhren T, Fig. 27, aus Gandillot's Fabrik, sind von Schmiedeisen, gezogen und geschweißt; sie haben 120 Centim. Länge, 14 Centim. inneren Durchmesser und 10–12 Millim. Wanddicke. So wie die Fabrik sie liefert, sind sie an einem Ende offen, am andern geschlossen. Die eiserne Platte P, welche diese Röhren schließt, ist ungefähr 2 Centim, dick; man macht in derselben an einem ihrer Ränder und ganz nahe an der Cylinderwand, ein LochDieses Loch muß so eingebohrt werden, daß sich später die Schweißnaht am obern Theil der in dem Ofen angeordneten Röhre befindet., in welchem man durch Einschrauben oder in anderer Weise ein eisernes Rohr L befestigt, das bei 15–20 Millimet. innerem Durchmesser 5–6 Centim. lang ist und sich conisch endet, um in den Hals der Vorlage gesteckt zu werden, ganz so, wie es früher beschrieben wurde. Die andere Oeffnung der als Retorte dienenden Röhre, durch welche man das Gemenge in dieselbe einbringt, wird durch einen mit Handhabe versehenen eisernen Deckel O geschlossen. Diese eisernen Röhren kann man nicht, wie die Quecksilberstaschen, dem freien Feuer aussetzen. Man überzieht sie mit einer Masse, welche aus gleichen Theilen graublauem Thon und Töpferlehm besteht, der man beim Zusammenkneten mit Wasser so viel Sand einverleibt hat, daß die Mischung ihre Elasticität gänzlich verlor; man kann ihr auch etwas Pferdemist zusetzen. Nachdem die Röhre mit dieser Masse überzogen ist, wickelt man um letztere noch dünnen Eisendraht (wie mir Balard empfahl), damit sie besser hält. Man läßt nun den Ueberzug langsam trocknen und steckt dann die so vorgerichtete eiserne Röhre in eine andere Röhre von feuerfestem Thon, welche 1 Centim. Wanddicke, 22 Centimet. inneren Durchmesser und dieselbe Länge wie die eiserne Röhre hat. Der Zwischenraum zwischen beiden Röhren wird mit pulverisirter, fest zusammengedrückter Charmotte genau ausgefüllt. Endlich überzieht man mit der besagten Thonmasse auch die Platte P, so daß das Eisen nirgends direct der Flamme ausgesetzt ist. Der von mir angewendete Ofen – welchen ich aber ohne erhebliche Abänderungen nicht empfehlen kann, weil er nicht alle Bedingungen einer leichten und ökonomischen Feuerung erfüllt – ist ein Flammofen, in Fig. 26 und 27 abgebildet. Der Rost und der Feuerraum sind durch eine 40–50 Centim. hohe Mauer aus feuerfesten Steinen, auf welcher der mittlere Theil der Röhren oder Cylinder ruht, in zwei gleiche Theile getheilt; dadurch entstehen zwei unten getrennte Feuerungen, die man durch zwei seitliche Oeffnungen K mit dem Brennmaterial beschickt. Diese Oeffnungen sind durch das Brennmaterial geschlossen, welches man auf einer Tafel M anhäuft; sie münden in solcher Höhe aus, daß man den Rost 20 Centim. hoch mit dem Brennmaterial beschicken kann. Zwischen dem Brennmaterial und den Cylindern ist daher ein Zwischenraum von etwa 30 Centim. Höhe, welcher unzureichend ist, um mit bloßer Steinkohle einen guten Effect zu erzielen. Ich benutzte auch in Wirklichkeit als Brennmaterial ein Gemenge von ziemlich gleichen Theilen Kohks und Steinkohlen. Eine Brücke A, welche die obere Seite der Cylinder ein wenig überragt, gab der Flamme eine verticale Richtung und das Gewölbe V nöthigte dieselbe, die Cylinder zu umspielen. Man hätte leicht, ohne größeren Aufwand an Brennmaterial, über den zwei Cylindern noch einen dritten Cylinder anbringen können. Auf den Herd F brachte man die zu calcinirenden Gemenge, welche je nach ihrer Natur in gußeisernen oder thönernen Töpfen enthalten waren, ferner die Tiegel welche das mit Schlacke gemengte Aluminium enthielten, u.s.w. Wenn der Ofen Tag und Nacht zur Natriumfabrication diente, stieg die Hitze im Herdraum bis zum hellen Kirschrothglühen, so daß, wenn man hier Reductionscylinder angebracht hätte, dieselben auch noch genügende Hitze empfangen haben würden. Alles, was ich für die Natriumfabrication mit Quecksilberstaschen gesagt habe, gilt auch für die Fabrication mit Cylindern. Der einzige Unterschied besteht im Beschicken und Entleeren, bei welcher Operation folgende Vorsichtsmaßregeln zu beobachten sind. Man bringt das Gemenge in Patronen von Papier oder Zeug in die Cylinder; wenn es nicht calcinirt ist, kann man auf einmal nur 9 bis 10 Kilogr., von dem stark calcinirten Gemenge dagegen doppelt so viel einbringen. Man verschließt den Cylinder mit dem Deckel O, der etwas leicht hineingehen muß, so daß man ihn stets leicht wegnehmen kann, und verstreicht die Fuge nöthigenfalls mit Thon. Wenn die Reduction, welche beiläufig vier Stunden dauert, beendigt ist, so spritzt man ein wenig Wasser auf den Deckel O, damit er sich leichter wegnehmen läßt. Sieht man ins Innere der Cylinder, so findet man die Patronen von unveränderter Form, ihr Durchmesser hat sich aber auf 2–3 Centim. verringert, und sie sind sehr schwammig. Dieß beweist, daß die Masse nicht geschmolzen ist. Der aus Kalk und Kohle bestehende Rückstand enthält nur noch Spuren von kohlensaurem Natron; um diese noch zu gewinnen, laugt man ihn aus. Wenn man einen Cylinder öffnet, so steckt man in das Rohr L einen glühenden Eisenstab, damit dasselbe nicht verunreinigt wird, und man nimmt denselben weg, wenn die neue Beschickung beendet ist. Die Patronen werden mit einer halbcylindrischen Schaufel in den Cylinder gebracht, worauf man sie rasch mit einem eisernen Instrument an die Stelle schiebt, wo sie liegen sollen. Bei dieser Operation bildet sich in Folge der plötzlichen Erhitzung des Gemenges, wenn dasselbe nicht calcinirt ist, Sodastaub, welcher für die Arbeiter sehr unbequem ist. Man verschließt den Cylinder wieder mit dem Deckel, legt, wenn die Natriumflamme erscheint, die Vorlage an, u.s.w. Die Fabrication des Natriums in Cylindern ist leichter, für den Arbeiter weniger beschwerlich und hinsichtlich der Handarbeit und des Brennmaterials wohlfeiler, als die Fabrication in Quecksilberstaschen. Nach einem zehntägigen Betriebe derselben fand ich sowohl die Cylinder als deren Umhüllung unversehrt. Man müßte nur den beschriebenen Ofen so modificiren, daß man eine große Zahl von Cylindern darin erhitzen könnte. (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)

Tafeln

Tafel Tab.
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Tab. V