| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 141, Jahrgang 1856, Nr. , S. 392 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Ueber die Ausdehnung der mechanischen Spinnerei.
                           Es sind wenig über 80 Jahre, seit die mechanische Spinnerei erfunden wurde und die
                              Maschinen den ersten Anfang machten, der menschlichen Hand die Lieferung des Garns
                              für die Bekleidungsstoffe abzunehmen. Ueberblickt man die ungeheure Ausdehnung,
                              welche seither die mechanische Spinnerei erlangt hat, so muß man erkennen, daß
                              allein hiedurch eine große Veränderung in den Erwerbsverhältnissen der neueren Zeit
                              gegenüber von früheren Jahrhunderten stattfand, und darum auch Einrichtungen und
                              Gesetzgebungen sich ändern müssen, welche auf die früheren Zustände berechnet waren,
                              jetzt aber an Ausbeutung der neueren Erwerbsverhältnisse hindern, daß dagegen andere
                              Einrichtungen an die Stelle treten müssen, welche, den jetzigen Umständen
                              entsprechend, den früheren Zwecken zu dienen geeignet sind. Die wesentlichen Zwecke,
                              welche man mit den früheren Einrichtungen anstrebte, bleiben für alle Zeiten sich
                              gleich, der Erwerb soll gefördert, ein sittlicher Halt soll den Einzelnen geboten
                              und so ein allgemeiner Wohlstand herbeigeführt werden. Nur die Mittel zu Erreichung
                              dieser Zwecke müssen sich ändern, wenn das Fortschreiten der Industrie die Art der
                              Erwerbsthätigkeit umgestaltet. Noch jetzt wird allerdings Garn durch Handspinnerei
                              erzeugt, allein als Erwerbszweig hat diese zu bestehen fast aufgehört, dagegen ist allenthalben die
                              mechanische Spinnerei in steter Ausdehnung begriffen. Man schätzte nach den
                              Berichten über die Londoner und Pariser Ausstellung die Zahl der mechanischen
                              Spindeln auf etwa 40 Millionen für Baumwolle, nahezu 3 Millionen für Leinen. 8
                              Millionen für Wolle. Hievon kommen in runden Zahlen auf:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 141, S. 392
                              Baumwoll-Spindeln;
                                 Leinen-Spindeln; Streichwoll-Spindeln; Kammwoll-Spindeln;
                                 Großbritannien 1850; Die Vereinigten Staaten Nordamerika's 1849; Frankreich 1854
                                 (nach Pariser Ausstell.-Ber.); Oesterreich 1854 (Pariser
                                 Ausstell.-Katalog); Rußland 1852; Schweiz 1851; Zollverein 1854 (Pariser
                                 Ausstell.-Ber.); Belgien 1854 (Pariser Ausstell-Ber.); Spanien
                                 1850
                              
                           Nach dem Berichte der Zollvereins-Commission über die Pariser Ausstellung
                              zeigten die Vorbereitungs-, Spinn-, Webe- und
                              Appretur-Maschinen aus England, Frankreich, Deutschland, Belgien etc.,
                              überhaupt aller industrieller Länder, eine überraschende Uebereinstimmung, so daß
                              man wohl sagen kann: die Zeit der Fabrikgeheimnisse ist vorbei! Die sogenannten
                              nationalen Fabrications-Methoden mit den zugehörigen Maschinen
                              eigenthümlicher (Construction, scheinen zur Zeit, das lehrte Paris, in allen großen
                              Industrien einem gemischten Systeme, gegenseitigem Austausch entsprungen, Platz
                              gemacht zu haben, wozu außer dem lebhaften internationalen Verkehre und der daraus
                              entsprungenen gegenseitigen Bekämpfung auf gemeinschaftlichen Märkten die großen
                              Industrie-Ausstellungen der letzten Jahre nicht wenig beigetragen haben
                              mögen. (Württemberg. Gewerbeblatt, 1856, Nr. 35.)
                           
                        
                           Die Eisenproduction.
                           Ueber diesen Gegenstand hat ein Hr. Abraham S. Hewitt in
                              mehreren wissenschaftlichen Vereinen in den Vereinigten Staaten, sehr interessante
                              Vorträge gehalten, welche einerseits bedeutende Kenntnisse und andererseits eine
                              gewandte Darstellung verrathen. Wir entnehmen das Nachstehende dem Civil Engineer and Architect's Journal, Juni 1856, S.
                              194.
                           In Beziehung auf die Neilson'sche Erfindung, vom Jahre
                              1830, den Gebläsewind zu erhitzen, bemerkt Hewitt, daß
                              ihr Einfluß auf die Produktion aus den nachstehenden Zahlen hervorgehe: in England
                              habe
                           
                              
                                 1836
                                 die
                                 Production
                                 bestanden
                                 in
                                 1,000,000 Tonnen
                                 
                              
                                 1839
                                   „
                                      „
                                      „
                                 „
                                 1,248,781    „
                                 
                              
                                 1840
                                   „
                                      „
                                      „
                                 „
                                 1,396,400    „
                                 
                              
                                 1845
                                   „
                                      „
                                      „
                                 „
                                 1,512,500    „
                                 
                              
                                 1847
                                   „
                                      „
                                      „
                                 „
                                 1,969,607    „
                                 
                              
                                 1852
                                   „
                                      „
                                      „
                                 „
                                 2,701,000    „
                                 
                              
                                 1854
                                   „
                                      „
                                      „
                                 „
                                 3,585,906    „
                                 
                              
                           
                           Diese wurden in 599 Hohöfen producirt, d.h. durchschnittlich
                              in jedem Hohofen 6000 Tonnen, nämlich 2 1/2 Mal so viel als 1825 jeder Hohofen zu
                              erzeugen im Stande war. Diese unglaubliche Produktion wurde durch die directe Arbeit
                              von 238,000 Menschen und 2120 Dampfmaschinen mit einer Gesammtkraft von 242,000
                              Pferden erreicht, und der Werth dieser Production betrug 125 Millionen Dollars (à 1 Rthlr. 14 Sgr. oder 2 fl. 31 kr. rhein.). Um
                              diese ungeheure Production zu bewirken und mehr als die Hälfte davon in Stabeisen zu
                              verwandeln, mußten den Eingeweiden der Erde enthoben und verbraucht werden:
                           
                              
                                 Eisenerze
                                 21,346,000 Tonnen
                                 
                              
                                 Kalkstein
                                   2,458,000
                                        „
                                 
                              
                                 Steinkohlen   
                                 20,942,000
                                        „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––
                                 
                              
                                 Summa
                                 44,746,000 Tonnen.
                                 
                              
                           Eine Totalsumme, bei deren Betrachtung, wie Hr. Hewitt sehr treffend bemerkt, der Verstand still
                              steht.
                           Aber alle diese Summen sind noch geringfügig gegen die Schätzung des zukünftigen Eisenbedarfs. Die jetzige jährliche
                              Production auf der ganzen Erde übersteigt 7,000,000 Tonnen nicht, wovon
                              Großbritannien mehr als die Hälfte liefert. Nehmen wir die Gesammtbevölkerung der
                              Erde zu 900,000,000 Menschen und die Production und folglich auch den Verbrauch zu
                              17 Pfd. auf den Kopf an; setzen wir voraus, daß die Bevölkerung der Erde sich in
                              hundert Jahren verdoppelt habe, so muß im J. 1956 der jährliche Verbrauch
                              200,000,000 Ton. betragen. Von 1840 bis 1855 stieg die Production um das 70fache;
                              stiege sie nun in demselben Verhältniß fort, so würde sie in 115 Jahren jährlich
                              490,000,000 Ton. betragen. Von 1806 bis 1824 wurde die Production in Großbritannien
                              verdoppelt; 1836 hatte sie sich wieder verdoppelt, d.h. in einer um 6 Jahr kürzern
                              Periode als vorher. 1855 war sie in einer Periode von acht Jahren von 2 auf 3 1/2
                              Millionen Tonnen gestiegen, so daß sie sich in zehn Jahren verdoppelt haben wird.
                              Hr. Hewitt nimmt daher an, daß sich die
                              Roheisenproduction auf der ganzen Erde jede zwanzig Jahre verdoppelt, und gibt uns
                              dafür nachstehende ungeheure Ziffern:
                           
                              
                                 Im
                                 Jahre
                                 1875
                                 würde
                                 die
                                 Production
                                 betragen
                                   14,000,000 Tonnen
                                 
                              
                                  „
                                    „
                                 1895
                                      „
                                   „
                                       
                                    „
                                       „
                                   28,000,000      „
                                 
                              
                                  „
                                    „
                                 1915
                                      „
                                   „
                                       
                                    „
                                       „
                                   48,000,000      „
                                 
                              
                                  „
                                    „
                                 1935
                                      „
                                   „
                                       
                                    „
                                       „
                                   96,000,000      „
                                 
                              
                                  „
                                    „
                                 1955
                                      „
                                   „
                                       
                                    „
                                       „
                                 192,000,000      „
                                 
                              
                           Es scheint dieß eine wilde Rechnung zu seyn, allein Hr. Hewitt zeigt, daß diese staunenswerte Menge auf der Erde auch benutzt
                              werden wird. Den Bedarf an Eisenbahnen allein schätzt er
                              auf folgende Weise:
                           In Großbritannien kommt auf acht (engl.) Quadratmeilen Boden 1 (engl.) Meile
                              Eisenbahnen. Im Connecticut ist das Verhältniß etwa wie 1 : 6, in New-York
                              etwa wie 1 : 20. Es würde daher der bewohnbare Theil nicht zu überflüssig mit
                              Eisenbahnen versehen seyn, wenn auf jede zehn Quadratmeilen 1 Meile von diesen jetzt
                              so unumgänglich nöthigen Vehikeln des Reifens und des Transports käme. – Nun
                              umfaßt nach sichern Berechnungen der bewohnbare Theil der Erde 20,000,000 engl.
                              Quadratmeilen, welche demnach 2,000,000 engl. Meilen Eisenbahnen erfordern würden.
                              Zur Herstellung und zum Betrieb dieser sind 600,000,000 Tonnen Eisen erforderlich,
                              deren jährliche Abnutzung zu 10 Procent, zu 60,000,000 Tonnen anzunehmen seyn würde.
                              Der Verbrauch der Eisenbahnen beansprucht jetzt etwa ein Drittel der ganzen
                              Eisenproduction, und da die übrige Benutzung des Eisens sich nothwendig ebenfalls
                              noch steigern wird, indem jedes Jahr noch neue Benutzungen bringt, so gibt es gar
                              keine praktischen Gränzen für die Anwendung des Eisens.
                           Die zunächst auszuwerfende Frage ist: wie und wo, geographisch betrachtet, diese
                              ungeheure Menge, oder die Hälfte, oder das Viertel derselben erzeugt werden kann?
                              Dieß führt Hrn. Hewitt zuvörderst zur Betrachtung der
                              elementaren Bedingungen einer großen Eisenproduction; es bestehen dieselben:
                           1) in einer verhältnißmäßigen Lieferung der erforderlichen Rohstoffe: Erzen,
                              Zuschlagskalkstein und Steinkohlen, da Holzkohlen nur in verhältnißmäßig geringer.
                              Menge auf einmal und niemals viele Jahre hintereinander an einer Localität
                              dargestellt werden können;
                           
                           2) diese Materialien zur Eisenerzeugung müssen eine solche geographische Lage haben,
                              daß sie wohlfeil zu den Hütten geschafft werden können; denn der Werth der Rohstoffe
                              besteht vielmehr in dem Wo als in dem Wie seines Vorkommens; ein Umstand, der jetzt bei vielen
                              Bergwerksunternehmungen ganz übersehen, oder nicht gehörig berücksichtigt wird;
                           3) die Producte müssen durch wohlfeile Transportmittel zum Markte gebracht werden
                              können;
                           4) die Bevölkerung muß dicht genug seyn, um hinreichende und wohlfeile Arbeitskräfte
                              erlangen zu können?
                           5) es müssen hinreichende (Kapitalien zur Anlage und zum Betriebe der Werke vorhanden
                              seyn;
                           6) die Arbeiterbevölkerung und die Beamten der Anlagen müssen hinreichende
                              Geschicklichkeit und Kenntnisse besitzen, um den Betrieb nach den Regeln der Kunst
                              und eines guten Haushaltes führen zu können;
                           7) das Eisenhüttengewerbe kann nur da mit gutem Erfolg und nach einem großen
                              Maaßstabe geführt werden, wo eine recht steißige und kräftige, intelligente und
                              keine großen Ansprüche machende Bevölkerung existirt.
                           Alle diese Bedingungen sind, wie Hr. Hewitt (und mit ihm
                              gewiß alle Sachkundigen) behauptet, in Großbritannien in einem großartigen Maaßstabe
                              vereinigt. Allein es gibt eine natürliche Gränze, über welche hinaus die
                              verhältnißmäßig erforderliche Menge der Rohmaterialien nicht mehr beschafft werden
                              kann. Eben so wenig können die Vorzüge, welche England in Beziehung auf Kapitalien
                              besitzt, immerwährend dauern. Es muß ein Zeitpunkt eintreten, dem seine Hülfsquellen
                              in Beziehung auf Rohstoffe nicht mehr genügen, und wo die Productionskosten für
                              Eisen höher zu stehen kommen als jetzt. Während England jetzt im Stande ist die
                              ganze Erde mit Eisen zu versehen, wird die Steigerung der Produktion des Inselreichs
                              um 1 Million Tonnen den Preis verdoppeln und eine zweite Million des Bedarfs muß ihn
                              noch mehr steigern, dann muß aber ein Zeitpunkt eintreten, wo Britannien den Bedarf
                              nicht mehr liefern kann. Aus welchem Theil der Erde soll dann der Mangel ersetzt
                              werden?
                           Hr. Hewitt antwortet sehr entschieden: aus den Vereinigten Staaten Nordamerika's. Es würde uns
                              zu weit führen, die Erörterungen verfolgen zu wollen, die er in dieser Beziehung
                              macht) wir müssen uns darauf beschränken seine praktischen Folgerungen mitzutheilen,
                              welche nachstehende sind:
                           1) die Vereinigten Staaten haben größere natürliche Quellen zur Eisenerzeugung als
                              irgend ein anderes Land auf der Erde, und zwar wegen der unbegränzten
                              Steinkohlenflötze, der vielen und reichen Eisenerze, und wegen des ausgedehnten
                              Systems natürlicher und künstlicher Straßen, welche das Land durchschneiden;
                           2) die Schwierigkeiten einer großen Production sind nur socialer und künstlicher
                              Natur. Die Theuerung des (Kapitals und der Arbeit, für jetzt sehr wesentliche
                              Hindernisse, werden gewiß nach und nach durch die Fortschritte des Landes und durch
                              den Umstand überwunden werden, daß die Zunahme des Verbrauchs der Erde in gar nicht
                              langer Zeit die Eisenproduction Großbritanniens in seine äußersten Gränzen
                              zurückweisen, nämlich die Productionskosten und die Verkaufspreise steigern
                              wird;
                           3) daß die Vereinigten Staaten keine andere Concurrenz als Großbritannien, wie im
                              Welthandel, so auch hinsichtlich des Eisens haben; sie müssen den Mehrbedarf
                              liefern, welchen England nicht beschaffen kann; es ist daher von der
                              Nationalregierung nicht klug gehandelt, daß sie Particularinteressen begünstigt und
                              Differentialzölle im Eisengeschäft anbahnt. Ein solches Verfahren muß die
                              Fortschritte des Gewerbes hemmen und für diejenigen sehr nachtheilig seyn, welche
                              Capitalien in diesem bedeutenden Industriezweig anlegen wollen, zumal es erwiesen
                              ist, daß in Amerika Eisenbahnschienen im Durchschnitt eben so wohlfeil erzeugt
                              werden können als im Ausland;
                           4) daß die Steigerung des Gewerbes die entsprechende in Großbritannien überstiegen
                              hat; obgleich Nordamerika fünfzig Jahre später begonnen hat, so ist es jetzt doch
                              nur um neunzehn Jahre gegen England zurück, und es ist Grund zu der Annahme
                              vorhanden, daß es die brittische Production noch überflügeln wird;
                           5) daß es wegen des höhern Eisengehalts der amerikanischen Erze möglich seyn dürfte,
                              mit der unmittelbaren Reduction der Erze zu Stabeisen so weit zu kommen, daß dieser jetzt noch
                              unvollkommene Proceß die wohlfeilere brittische Production schon in der nächsten
                              Zukunft ausgleicht.
                           ––––––––––
                           Der deutsche Referent bemerkt hierzu, daß wenn Hr. Hewitt
                              um fünfzig Jahre vorgeht, er Recht haben mag, daß dieß aber nicht der Fall ist, wenn
                              er von der nächsten Zukunft, nämlich den nächsten zehn bis zwanzig Jahren redet.
                              Obgleich die Steinkohlengebirge westlich und östlich von den Alleghanis, in
                              Pennsylvanien, Ohio, Tenessee, Virginien, Alabama etc. mächtige Lager von sehr guten
                              Sphärosiderit und Kohleneisenstein enthalten, die viel und gutes Eisen geben;
                              obgleich auch noch viele andere Arten von Eisenerzen in der Nähe der
                              Steinkohlenformation und von ausgedehnten Waldungen vorkommen, kurz, obgleich alle
                              diese Verhältnisse einer weitern Entwickelung des Eisenhüttengewerbes sehr günstig
                              sind: so stehen derselben in der nächsten Zukunft doch sehr große Hindernisse
                              entgegen. Dahin gehören die Höhe der Arbeitslöhne, der Mangel brauchbarer
                              Hüttenarbeiter und geschickter Beamten, welches bei so schwierigen Betriebszweigen
                              doppelt nachtheilig ist und auch noch lange fortdauern wird, da die Löhne bei der
                              täglich größern Entwickelung aller Industriezweige, für die Arbeiter so specieller
                              Fächer, noch immer steigen werden. Deßhalb kann die amerikanische Production,
                              obgleich sie vollkommen ein Drittel der englischen, d.h. etwa 20,000,000 Centner
                              beträgt, unerachtet der Schutzzölle, noch nicht mit der brittischen concurriren, und
                              die Vereinigten Staaten sind daher noch immer die besten Abnehmer des englischen
                              Roh- und Stabeisens, während die Ausfuhr desselben nach Deutschland sich
                              immer mehr und mehr vermindert, wegen der großartigen Entwickelung des preußischen
                              Eisenhüttengewerbes, insbesondere in Westphalen und am Rhein.
                           Was endlich die Behauptung Hewitts betrifft, als könne
                              durch directe Darstellung des Stabeisens aus Erzen die Production desselben
                              wohlfeiler gemacht werden, so vermögen wir dieser Meinung nicht beizustimmen. Nach
                              dem jetzigen Stande der Eisenhüttenkunde ist, unerachtet neuerlich viel über den
                              Gegenstand geschrieben wurde, nicht daran zu denken, direct aus guten Erzen
                              wohlfeileres Stabeisen als durch die gewöhnlichen Processe darzustellen.
                           
                              H.
                              
                           
                        
                           Entzündung von Bohrlöchern durch den elektrischen
                              Funken.
                           Hr. Ritter v. Zepharovich hatte, einer Einladung des Hrn.
                              A. Magistris folgend, dessen Kalksteinbrüche am
                              Hundskogel in der Hinteren Brühl nächst Mödling besucht, und war daselbst Zeuge der
                              großartigen Wirkung der durch Hrn. Magistris hier zuerst
                              in Anwendung gebrachten Sprengungsmethode, nämlich der Entzündung einer großen Reihe
                              von Minen zu gleicher Zeit durch den elektrischen Funken. Die Tiefe der Bohrlöcher
                              beträgt bei einem Durchmesser von 2 Zoll 6 Fuß, die Pulverladung beiläufig 1 Pfd. im
                              Gewichte. Unmittelbar auf letztere wird der Zünder mittelst einer Stange eingeführt.
                              Derselbe besteht aus einer Hülse von starker Pappe, mit einem leicht entzündbaren
                              Stoffe gefüllt, in welche von beiden Seiten Drähte derart eingebracht werden, daß
                              sie durch die Füllung unterbrochen sind. Schlägt der elektrische Funke hindurch, so
                              wirkt der Zünder nach abwärts in die Pulverkammer. Auf den Zünder wird noch etwas
                              Pulver aufgeladen, dann die Einführungsstange herausgezogen und das Bohrloch,
                              während zwei Arbeiter die Drähte so halten, daß sie diametral gegenüber an der Wand
                              des Bohrloches anliegen, fest mit Letten verstaucht. Sind alle Bohrlöcher auf diese
                              Weise vorbereitet, so werden sie durch die Drahtenden der Zünder unter sich
                              verbunden und der Draht von der ersten Mine durch die Erde, von der letzten frei
                              über Stangen zu dem elektrischen Apparate geleitet. Als solcher dient eine von Hrn.
                              Carl Winter eigens für solche Zwecke construirte, äußerst
                              zweckmäßige Elektrisirmaschine. Durch Ladung der mit ihr verbundenen, auf dem
                              Princip der Leidner Flasche beruhenden Verstärkung mit 1 Quadratfuß Belegung, wird
                              ein Funke bis 2 Zoll lang hervorgebracht, welcher vollkommen hinreicht, um eine
                              große Zahl von Minen in einem Augenblicke zu entzünden. Der ganze Apparat ist in
                              einem Holzkästchen von 1' im Quadrat und 3 Zoll Tiefe eingeschlossen und kann so
                              ungemein leicht und sicher transportirt werden. Die Wirkung der auf die angegebene
                              Weise bewirkten Explosion war überraschend.
                           Die Steinbrüche sind am südwestlichen Abhange des Hundskogels angelegt; der den
                              Kössener Schichten angehörige dunkelgraue Kalkstein steht daselbst massig an und
                              enthält nach der im Laboratorium der k. k. geolog. Reichsanstalt vorgenommenen
                              Untersuchung 95 bis 98 Proc. kohlensaure Kalkerde. Bei so großer Reinheit des
                              Steines ist auch der gebrannte Kalk ein vorzüglicher und erfreut sich eines großen
                              Absatzes. Hr. Magistris hatte bisher zwei
                              Kalk-Schachtöfen nach preußischem Muster mit Holzfeuerung im Betriebe;
                              gegenwärtig wird der eine für Feuerung mit Steinkohle eingerichtet.
                              (Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1856, Nr. 34.)
                           
                        
                           Feuerfester Anstrich auf Eisen- und Thonöfen.
                           Der Maler Karl Mayer und der Ofenfabrikant Karl Uebelen in Stuttgart besaßen ein – nunmehr
                              erloschenes – Erfindungspatent auf folgendes Verfahren.
                           Der Ofen wird zuerst mit der bekannten Schwärze (Graphit), der etwas weniges
                              gebrannte Terra de Siena beigemischt wird, angestrichen
                              und dann gebürstet, bis er einen schönen Glanz hat. Sodann wird der Farbenanstrich
                              aufgetragen. Als Farben können nur solche dienen, die einen bedeutenden Hitzegrad
                              aushalten können, ohne sich zu verändern, z.B. gebrannter Oker, gebrannte grüne
                              Erde, rothe und violette Eisenoxyde, die besseren Sorten künstliches Ultramarin,
                              achtes Chromroth, Chromgrün, gebrannte Eierschalen, Zinkweiß etc., am besten
                              französisches Bronzepulver. Von letzterem wird, um einem Ofen einen Bronzeanstrich
                              zu geben, etwa ein Fingerhut voll mit einer halben Tasse voll Wasserglas, mit 2 Volumtheilen destillirten Wassers verdünnt, angerührt;
                              das rechte Verhältniß für die Mischung findet man durch die Erfahrung. Mit dieser
                              Mischung, die fleißigen Umrührens bedarf, wird der Ofen überstrichen, während er so stark erhitzt ist, daß die Flüssigkeit augenblicklich
                              verdampft; sie darf während des Aufstreichens leicht zischen.
                           Das Aufstreichen geschieht zu wiederholtenmalen, bis die Farbe intensiv genug ist,
                              worauf der Ofen sogleich zum Gebrauch geheizt werden kann. (Württemberg.
                              Gewerbeblatt, 1856, Nr. 32.)
                           
                        
                           Ueber die Gewinnung des Rohsalpeters in einigen Gegenden der
                              westlichen Schweiz.
                           Die nachfolgende Notiz, die wir Hrn. Apotheker Behrens in
                              Château d'Oeux verdanken, mag als Berichtigung und theilweise Ergänzung
                              dessen dienen, was über die Salpetergewinnung in der Schweiz fast in sämmtlichen
                              Lehrbüchern der technischen Chemie angegeben ist. Die Salpetersieder nehmen in den
                              leerstehenden Sommerstallungen die Bodenbreter ab, und füllen mit der darunter
                              befindlichen Erde einige Zuber an, in welchen dieselbe so lange ausgelaugt wird, bis
                              die Lauge nicht mehr salzig schmeckt. Die Lauge wird in einer höchst ärmlichen
                              Hütte, in welcher ein Kessel in einem in die Erde gegrabenen Herde eingesenkt ist,
                              versotten. Die ausgelaugte Erde kommt in die Ställe zurück. Erst nach 7 Jahren soll
                              es sich lohnen, aus dem gleichen Stall den Salpeter zu gewinnen. Trocken gelegene
                              Ställe liefern viel mehr als feuchte; an nassen Orten soll oft gar kein Salpeter
                              gefunden werden. Ein einziger Stall kann 50–200 Pfd. Rohsalpeter liefern. Die
                              Lauge wird mit Asche und Aetzkalk versetzt, vom entstehenden Bodensatz abgezogen, in
                              der bezeichneten Siedehütte eingedampft und der Krystallisation überlassen. Die
                              Krystalle läßt man in Körben abtropfen, verpackt sie in Säcke und versendet sie an
                              die Raffiniranstalten der Pulvermühlen. Ein Mann, der mit zwei Knaben von
                              12–15 Jahren das Geschäft betreibt, macht in der guten Jahreszeit wöchentlich
                              1 Ctr. Salpeter, den man ihm durchschnittlich mit 45 Fr. an Ort und Stelle genommen bezahlt. Es soll
                              das nöthige Holz sich auf 15 Fr. belaufen undnnd dem Stalleigenthümer ist eine kleine Vergütung zu entrichten.
                           Der Rohsalpeter besteht aus feuchten, braungelb gefärbten säulenförmigen gestreiften
                              Krystallen bis zur Länge eines Zolles und der Dicke eines Strohhalmes. Die Krystalle
                              sind meist hohl. Sie enthalten im Durchschnitt 90 Procent reinen Salpeter, 2 1/2
                              Proc. salpetersauren Kalk und 7 Proc. Feuchtigkeit, die meist in dem hohlen Raum der
                              Krystalle sich befindet. (Chlorverbindungen? Die Red)
                           Hr. Behrens ist der Meinung, das Raffiniren sollte von den
                              Salpetersammlern selbst vorgenommen werden. Diese bestreiten wir als unstatthaft,
                              und meinen, ein nächster Fortschritt sollte in zweckmäßigern Anlagen zur Gewinnung
                              des Rohsalpeters bestehen. Die Pulvermühlen müssen überall ihren Salpeter selbst
                              raffiniren und so auch hier. Der Beschluß einer neu zu errichtenden Raffinerie
                              wurzelt auch in der Ueberzeugung von dieser Nothwendigkeit. (Schweizerische
                              polytechnische Zeitschrift, 1856, Heft 4.)
                           
                        
                           Ueber eine neue Bildung der Schwefelsäure; von Fr. Kuhlmann.
                           Wenn Terpenthinöl einige Tage der Luft ausgesetzt war und dasselbe mit wässeriger
                              schwefliger Säure in Berührung gebracht wird, so erwärmt sich die Mischung
                              bedeutend, die Temperatur desselben steigt bis 50° Cels. und selbst noch
                              höher. Der Geruch nach schwefliger Säure verschwindet bald, während der des
                              gewöhnlichen Terpenthinöls hervortritt. Bei dieser Reaction, welche, wie es scheint,
                              durch die Einwirkung der Sonnenstrahlen befördert wird, bildet sich Schwefelsäure
                              auf Kosten des Sauerstoffs aus dem ozonisirten Terpenthinöl.
                           Läßt man in einem feucht gehaltenen Ballon, welcher Dampf von ozonisirtem Oel
                              enthält, einen Strom von schwefliger Säure treten, so verschwindet sie allmählich.
                              Läßt man ferner ein Gemisch aus wässeriger schwefliger Säure und ozonisirtem
                              Terpenthinöl an der Luft sich concentriren, so verkohlt die sich bildende
                              Schwefelsäure das Oel, ohne daß es nöthig wäre die Temperatur des Gemisches zu
                              erhöhen.
                           Das ozonisirte Terpenthinöl zeigte dieselbe oxydirende Eigenschaft auch gegen
                              unterschwefligsaure Salze, gegen arsenige Säure u.s.w. (Journal für praktische
                              Chemie Bd. LXVIII S. 129.)
                           
                        
                           Eigenthümliche Reactionen der ätherischen Oele in der Malerei;
                              von Fr. Kuhlmann.
                           Die ätherischen Oele äußern besonders unter dem Einflusse der Wärme und des Lichts
                              ein reducirendes Vermögen, welches sich langsam auf Bleiweiß und die gefärbten Oxyde
                              äußert. Die der Verharzung fähigen Oele besitzen aber auch vorübergehend eine andere
                              entgegengesetzte Eigenschaft, welche Beachtung verdient in Bezug auf die
                              Veränderungen, welche die Oelmalereien erleiden. Diese bestehen darin, daß sie an
                              der Luft Sauerstoff absorbiren. Hieraus folgt, daß diese Oele im Augenblicke ihrer
                              Anwendung eine oxydirende Einwirkung äußern können, vermöge deren sie die
                              vegetabilischen Farben zerstören und gewisse Mineralfarben verändern können.
                              Folgende Thatsachen mögen dieß beweisen.
                           Erhitzt man Bleiglätte (Bleioxyd) mit lufthaltigem Terpenthinöl, so bildet sich
                              Bleisuperoxyd.
                           Schüttelt man bei gewöhnlicher Temperatur lufthaltiges Terpenthinöl mit den
                              Oxydulhydraten von Eisen, Zinn oder Mangan, so gehen diese in eine höhere
                              Oxydationsstufe über. Bei Anwendung einer Auflösung von schwefelsaurem Eisenoxydul
                              bildet sich ein Niederschlag von basisch schwefelsaurem Eisenoxyd. Der durch
                              Ferrocyankalium in einer Eisenoxydullösung entstandene weiße Niederschlag wird unter
                              denselben Verhältnissen augenblicklich intensiv blau.
                           
                           Durch schweflige Säure entfärbte blaue und rothe Blumen färben sich wieder in
                              Berührung mit lufthaltigem Terpenthinöl. Frisch destillirtes Terpenthinöl zeigt
                              keine oxydirenden Eigenschaften.
                           Es ist also bei Mischung der verschiedenen in der Oelmalerei angewandten Farben außer
                              der an und für sich dadurch bewirkten Farbenveränderung auch die durch den
                              oxydirenden Einfluß des Terpenthinöls hervorgebrachte zu beachten. (Journal für
                              praktische Chemie Bd. LXVIII S. 129.)
                           
                        
                           Ueber das Siccatif zumatique von
                              E. Barruel in Paris.
                           Dieses in Frankreich patentirte Präparat wird in Paris zu 1 Fr. das Paket von 500
                              Grammen verkauft. Auf der Etiquette der Pakete heißt es über dieß Präparat: Die
                              Schwierigkeit des Trocknens der Zinkweißölfarben war bisher immer das Haupthinderniß
                              ihrer Anwendung. Das Siccatif zumatique, wofür ein
                              Erfindungspatent genommen wurde, hat diesen Uebelstand gänzlich beseitigt, 2 1/2
                              Procent dieses Siccatif einer Zinkölfarbe zugesetzt,
                              macht diese in 10–12 Stunden bei gewöhnlicher Temperatur ganz vollständig
                              trocken. Es bietet den Vortheil, daß es ein zartes Pulver darstellt, dessen weiße
                              Farbe weder das Zinkweiß noch Bleiweiß trübt, so daß es als Zusatz zu letzterem der
                              Bleiglätte weit vorgezogen werden muß, obschon es keine Beimengung bleihaltiger
                              Substanzen enthält. Es selbst deckt eben so gutgnt als das Zinkweiß und vermehrt deßhalb durchaus nicht die Kosten des
                              Zinkweißanstrichs.
                           Dieß Präparat wurde im technischen Laboratorium des schweizerischen Polytechnikums
                              untersucht, und gefunden daß es der Hauptsache nach bestehe aus Zinkweiß mit kleinen
                              Spuren von Blei, etwas Gyps, Quarztheilchen und einem Manganoxydulsalz, dessen Säure
                              als Borsäure erkannt wurde. Beim Glühen zeigte sich ein ganz schwacher brenzlich
                              acrolähnlicher Geruch, von einer organischen Substanz herrührend, die jedoch in so
                              geringer Menge darin vorhanden ist, daß sie als zufällige Verunreinigung angesehen
                              werden muß. Es ändert sich die Farbe des Pulvers beim Glühen in ein Helles
                              Graubraun, und wird es nach dem Glühen mit Salzsäure übergossen, so entwickelt es in
                              der Wärme Chlor. Diese beiden Erscheinungen rühren daher, daß das Manganoxydul in
                              Oxydoxydul übergegangen ist.
                           Es ergab die quantitative Bestimmung des bei 100° C. getrockneten Pulvers
                           
                              
                                 91,84 Proc.
                                 Zinkoxyd,
                                 
                              
                                   2,12  
                                    „
                                 Manganoxydul,
                                 
                              
                                   4,20  
                                    „
                                 Unlösliches in Salzsäure.
                                 
                              
                                 –––––––
                                 
                                 
                              
                           Das zu 100 Fehlende ist der Hauptsache nach Borsäure, die nicht näher bestimmt wurde.
                              Die Zusammensetzung des borsauren Manganoxyduls ist wie die anderer borsaurer,
                              schwermetallischer Salze sehr unconstant, indem je nach den Umständen, unter welchen
                              die Fällung geschieht, sich mehr oder weniger Manganoxydulhydrat beimengt. Hiernach
                              läßt sich das Siccatif leicht zusammensetzen aus
                              gewöhnlichem Zinkweiß (das im Großen dargestellt, wohl nie frei von den oben
                              angeführten Verunreinigungen seyn wird) und borsaurem Manganoxydul, welches durch
                              Fällen einer Lösung eines Manganoxydulsalzes mit Boraxlösung und Auswaschen erhalten
                              wird. Vom Zinkweiß möchten 94–95 Proc., vom Manganfalz 5–6 Proc. die
                              Mengen seyn, welche ein entsprechendes Gemisch liefern. Ueber die Wirksamkeit des
                              ziemlich verbreiteten Präparates kann kein Zweifel seyn; auffallend aber ist, daß
                              davon 2 1/2 Proc., wovon nur der 20igste Theil aus dem eigentlich wirksamen
                              Manganoxydulsalz besteht, hinreichen, um das Trocknen von Oelanstrichen zu bewirken.
                              Abgesehen von dem Preisunterschied zwischen diesem, größtentheils aus Zinkweiß
                              bestehenden Pulver und dem eigentlichen Zinkweiß, möchte für uns beachtenswerth
                              seyn, daß es unnöthig ist, die Fracht für das Zinkweiß von Paris zu tragen, da man
                              mit entsprechend viel kleinern Mengen borsauren Manganoxyduls den gleichen Zweck
                              erreichen kann. Dr. P. Bolley. (Schweizerische polytechnische Zeitschrift, 1856, Heft 4.)
                           
                        
                           
                           Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung der Selbstentzündung von mit
                              Oel getränkten Gegenständen.
                           Wenn Wolle und Wollgarn, Baumwolle und Baumwollgarn, Leinwand, Lumpen, Werg,
                              Bastmatten, Moos, Hobelspäne, Stroh, Sägmehl und ähnliche Stoffe mit fetten Oelen,
                              namentlich solchen, die an der Luft von selbst eintrocknen, wie Mohnöl, Leinöl,
                              Hanföl u.s.w., getränkt, nachher auf irgend eine Weise, z.B. durch die
                              Sonnenstrahlen erwärmt, sodann fest zusammengepackt wurden und vor Abkühlung
                              geschützt waren, so haben sie sich nach mehrfachen Erfahrungen selbst entzündet,
                              indem eine rasche Oxydation mit lebhafter Wärme-Entwickelung stattfand. Bei
                              Stroh, Moos, Bastmatten, worauf Oelfässer gelegen hatten und die nachher von der
                              Sonne beschienen worden waren, bei Woll- und Baumwollabgängen aus
                              Spinnereien, auch Wachsleinwand, hat man Selbstentzündung beobachtet; ein frisch
                              geöltes Planwagentuch, das der Sonne ausgesetzt war und nachher zusammengepackt in
                              einem Wagenschuppen über Nacht lag, ist in Brand gerathen; zusammengedrehtes und
                              frisch gefirnißtes Baumwollgarn – sogenannte Hälften – zum Ausbessern
                              von Webgeschirren bestimmt, wurden in einen Bund zusammengepackt und nachher
                              brennend heiß gefunden. Zu Verhütung solcher Selbst-Entzündung sind folgende
                              Vorsichtsmaßregeln zu beobachten.
                           Man bringe niemals geölte (gefirnißte) lockere Gegenstände in Masse zusammen, sondern breite dieselben dünn aus, damit nicht die durch
                              den Oxydationsproceß entwickelte Wärme sich steigern könne, da die Masse des
                              Materials die Intensität des chemischen Processes fördert.
                           Man vermeide jede starke Erwärmung sowohl durch Aussetzen der Gegenstände an die
                              Sonne, oder vermittelst Ofenwärme, vermeide das Zusammenpacken, Aufeinanderhäusen,
                              Zusammenschnüren) man breite dagegen die Gegenstände möglichst aus, wodurch die
                              Ausstrahlung entwickelter Wärme befördert und dadurch einer
                              Temperatur-Erhöhung kräftig vorgebeugt wird.
                           Wenn in gewerblichen Anstalten, wie z.B. in Wollspinnereien, Tuchfabriken, größere
                              Mengen von geölten Wollabfällen sich aufsammeln, ist es durchaus nöthig, dieselben
                              in einen feuerfesten Raum zu bringen und daselbst ausgebreitet aufzubewahren, was
                              auch die Feuerversicherungs-Gesellschaften gewöhnlich den Wollspinnereien zur
                              Bedingung machen. (Preuß. Staatsanzeiger, Nr. 184.)
                           
                        
                           Ueber Darstellung des Collodiums, von L. Hofmann.
                           Der Verf. beschäftigte sich mit der Bereitung des Collodiums für photographische
                              Zwecke, und empfiehlt das folgende Präparat, das man durch Zusätze auch für
                              chirurgische Anwendung brauchbar machen kann. Am besten ist der Zusatz von
                              Ricinusöl, um dem Collodium die Eigenschaft, sich so stark zusammenzuziehen und
                              rissig zu werden, zu benehmen.
                           1 Theil lockerer gereinigter Baumwolle wird in ein Gemisch von 20 Theilen Nitr. dep. sicc. und 30 Thln. Acid. sulphuric. angl. in einem passenden Glasgefäße, welches mit einer
                              Glastafel gut schließend bedeckt werden kann, eine Viertelstunde lang eingetaucht
                              und während dieser Zeit einmal tüchtig umgerührt. Das Gemisch wird nach Ablauf der
                              erwähnten Einwirkungszeit in einen Eimer, welcher reines Wasser enthält, geschüttet
                              und tüchtig ausgewaschen, welche Operation so oft wiederholt wird, bis die letzten
                              Spuren von Säuren und Salz entfernt sind. Man schlägt nun das erhaltene Xyloidin in
                              ein leinenes Tuch, preßt scharf aus und zerzupft dasselbe vor dem Trocknen, so daß
                              alle Knötchen entfernt werden. Das Trocknen geschieht auf dem Stubenofen in einem
                              passenden Siebe.
                           Schacht hat schon dieselben Gewichtsverhältnisse
                              empfohlen, aber die Anwendung von ausgetrocknetem Salze nicht vorgeschrieben, auch
                              die Zeit der Einwirkung bloß auf 4–5 Minuten festgesetzt. Ein nach derselben
                              dargestelltes Xyloidin löste sich nicht so leicht und vollständig in dem
                              Aetherweingeistgemische und das Präparat verlor nach einiger Zeit die Eigenschaft,
                              sich leicht zu lösen, immer mehr. 6 Thle. des nach obiger Vorschrift erhaltenen Xyloidins werden in
                              dem Gemische von 120 Thln. Aether und 8 Thln. höchst rectificirten Weingeistes durch
                              Umschütteln gelöst und der Lösung 3 Thle. Ol. Ricini
                              zugesetzt. (Archiv der Pharmacie Bd. CXXXVII S. 146.)
                           
                        
                           Ueber die Anwendung des Gaskalks in Lohgerbereien.
                           Der in den Gasfabriken zum Reinigen des Leuchtgases angewendete Kalk, sogenannter
                              Gaskalk, entwickelt bedeutende Mengen Schwefelwasserstoffgas, sobald er mit Säure in
                              Verbindung tritt. Dieß geschieht, wenn alte abgenutzte Lohbrühe, welche bekanntlich
                              mehrere organische Säuren enthält, sich mit Gaskalk mischt. Es ist daher, wenn zum
                              Enthaaren der Häute Gaskalk angewendet werden soll – was an und für sich ohne
                              Beeinträchtigung der Gesundheit der Arbeiter geschehen kann, insofern nur die Gruben
                              im Freien, d.h. nicht in abgeschlossenen Räumen angelegt sind, so daß ein genügender
                              Luftwechsel stattfinden kann – darauf zu halten, daß jede Vermischung dieser
                              Flüssigkeit mit saurer Lohbrühe vermieden und so der Gefährdung von Menschenleben
                              vorgebeugt werde. Demgemäß ist bei der Einrichtung von Gerbereien dahin zu sehen,
                              daß die Kalkgruben in gehöriger Entfernung von den Lohkasten angelegt, und daß
                              Vorrichtungen getroffen werden, welche jene Vermischung zu verhindern geeignet sind.
                              Bei dem Betriebe des Gewerbes darf Gaskalk nach dessen Gebrauch mit abgenutzter
                              (saurer) Lohbrühe nicht zusammengeschüttet werden. (Preuß. Staatsanz. Nr. 184.)
                           Wir verweisen auf Lindner's Bemerkungen über das Enthaaren
                              der Häute mittelst Gaskalk, im polytechn. Journal Bd. CXXXVII S. 221. Die Redact.
                           
                        
                           Anwendung des elektrischen Lichtes für den Fischfang; von Sc.
                              Dumoulin.
                           In mehreren Ländern wird bekanntlich der Fischfang (namentlich der Fang von
                              Thunfischen, Lachsen etc.) während der Nacht ausgeführt, mittelst Feuern die man am
                              Vordertheil des Kahns anzündet; ich glaube, daß man ohne Vergleich sicherere und
                              vortheilhaftere Resultate erzielen würde, wenn man das Innere des Meeres mit dem
                              elektrischen Licht beleuchtet. Das Verfahren, welches ich vorschlage, besteht in der
                              Anwendung einer Glaskugel, in deren Inneres zwei Leitungsdrähte einer galvanischen
                              Batterie hineinreichen, worin sie mit Kegeln von harter Kohle versehen sind. Diese
                              Drähte sind mit Gutta-percha überzogen. Die Glaskugel ist als Ballast mit
                              einem Schwimmer versehen, um sie nach Belieben in einer gewissen Tiefe des
                              Meerwassers erhalten zu können. Die elektrischen Batterien werden in dem Fischerkahn
                              angebracht; nachdem die Batterie in Thätigkeit ist, schleudert man die Glaskugel auf
                              die gewünschte Entfernung; das Meer wird so in seiner Tiefe und in einem großen
                              Kreise beleuchtet, und durch dieses lebhafte Licht der Fisch in der Nacht angezogen.
                              Andere mit Netzen ausgerüstete Nachen umgeben diesen Kreis, und indem sie auf die
                              Kugel zusteuern, sammeln sie die leicht zu erkennenden Fische. (Comptes rendus, Juli 1856, Nr. 2.)