Titel: | Verfahren um das specifische Gewicht der Geschützrohre zu bestimmen. |
Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. XXIX., S. 103 |
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XXIX.
Verfahren um das specifische Gewicht der
Geschützrohre zu bestimmen.
Aus den Comptes rendus, Septbr. 1856, Nr.
12.
Verfahren um das specifische Gewicht der Geschützrohre zu
bestimmen.
Der ehemalige Director der kais. Geschützgießerei zu Straßburg,
Artillerie-Oberstlieutenant Aubertin, bemerkt in
einer vom 11. Decbr. 1835 datirten Notiz, welche er in den Archiven jener Anstalt
hinterlegte, daß es sehr nützlich ist, die Dichtigkeit der Geschützrohre zu kennen,
und daß man diese Dichtigkeit erhalten kann, indem man das Gewicht der Körper durch
das Gewicht eines gleichen Volums destillirten Wassers dividirt. Da es aber etwas
schwierig ist, das Volum eines Geschützrohrs genau zu berechnen, so war Hr. Aubertin, bemüht, ein praktisches Verfahren zur
Bestimmung der Dichtigkeit dieser Rohre zu ermitteln, welches seit jener Zeit nach
der von ihm hinterlassenen schriftlichen Anleitung in der Gießerei zu Straßburg
befolgt wird.
Man stellt auf die Tafel einer tragbaren Brückenwaage einen langen Trog, welcher das
Geschützrohr aufnehmen kann; diesen Trog füllt man mit Wasser auf beiläufig zwei
Drittel, oder so hoch, daß man später auch noch das Geschützrohr hineinbringen kann,
ohne daß das Wasser über den Rand lauft, und stellt das Gleichgewicht mittelst
Gewichten her. Hierauf zieht man mit Hülfe eines Seiles, welches sich über die
Rollen eines Klobens schlingt, der am Gebälk über dem Trog befestigt ist, das
Geschützrohr vom Boden in die Höhe und läßt es dann in das Wasser hinab, bis es
darin gänzlich eintaucht, indem man besorgt ist, daß es nirgends die Wände des Trogs
berührt. Uebrigens muß man alle erforderlichen Vorkehrungen treffen, daß keine
Luftbläschen in der Seele des Geschützrohres zurückbleiben oder seiner Oberfläche
anhaften.
Da das Geschützrohr von dem Seilwerk gehalten wird, so wirkt sein Gewicht gar nicht
auf die Waage; seine Gegenwart im Wasser, worin es vollständig untergetaucht ist,
entspricht daher dem Zusatz eines dem seinigen gleichen Volums Wasser.
In Folge der Eintauchung des Geschützrohres sinkt die Tafel der Waage auf dieser
Seite, und um das Gleichgewicht wieder herzustellen, muß man auf der
entgegengesetzten Seite ein Gewicht beifügen, welches demjenigen eines Wasservolums
entspricht, das dem Volum des Geschützrohres gleich ist.
Wenn folglich P das Gewicht des in der Luft gewogenen
Geschützrohres bezeichnet, P' das Gewicht des
Wasservolums welches dem Volum des Geschützrohres gleich ist, Δ die gesuchte
Dichtigkeit, D diejenige der Flüssigkeit, so hat man Δ/D = P/P', also Δ = DP/P'; und da man die
Dichtigkeit des Wassers zur Einheit nimmt, so erhält man Δ = P/P'
als Ausdruck der Dichtigkeit des Geschützrohres.
In den Gießereien, wo es sich nur darum handelt die Dichtigkeiten der Geschützrohre
unter einander zu vergleichen, begnügt man sich die Operation mit allen Stücken
unter denselben Umständen vorzunehmen und zieht das Gewicht des von dem Körper
verdrängten Luftvolums nicht in Rechnung, d.h. die Dichtigkeit der Luft, oder der
Gewichtsverlust welchen der Körper beim Wägen in der Luft erleidet, wird nicht
berücksichtigt.
Abgesehen von diesem Umstand, ist das von Hrn. Raimondi
angegebene Verfahren (S. 21 in diesem Bande des
polytechn. Journals) ganz dasselbe welches Hr. Aubertin
schon im J. 1835 angewendet hat.
Nachdem Hr. Oberstlieutenant Aubertin die vorstehende
Operation beschrieben hat, theilt er in der erwähnten Notiz die Vorsichtsmaßregeln
mit, welche zu beobachten sind, um die Irrthümer zu vermeiden, welche entstehen
würden, wenn an den Wänden des Geschützrohres beim Eintauchen desselben in das
Wasser Luft haftend bliebe; er gibt die Rectificationen an, welche man zu machen
hat, um die erhaltenen Resultate auf diejenigen zurückzuführen, welche man bei
Anwendung von destillirtem Wasser und bei der Temperatur des schmelzenden Eises
erhielte, wie dieses zur Erzielung einer großen Genauigkeit erforderlich wäre.
Einen kleinen Körper, dessen Dichtigkeit bestimmt werden soll, kann man an einem
feinen Faden aufhängen; für ein Geschützrohr ist aber zu diesem Zweck ein sehr
starkes Seilwerk erforderlich, an welchem dasselbe mittelst eines eisernen Hackens
befestigt wird. Der Stiel dieses Hackens endigt unten in Form eines umgekehrten T, dessen Schenkel in die Henkel oder Delphinen des
Rohrs gesteckt werden, so daß der untere Theil des Hackens zum Theil in das Wasser
taucht, daher man, um mit aller wünschbaren Genauigkeit zu verfahren, das Gewicht
des von dem Hacken verdrängten Wasservolums in Rechnung ziehen muß. Zu diesem Zweck
bezeichnet man auf dem Hackenstiel den Punkt, bis zu welchem das Wasser nach dem
Untertauchen des Rohres reicht, mit einem Strich; man stellt dann mit dem Hacken für
sich einen ähnlichen Versuch wie mit dem Rohr an, um das Gewicht des Wasservolums zu
ermitteln, welches der eingetauchte Theil des Hackens verdrängte. Dieses Gewicht
wird von demjenigen abgezogen, welches man für das dem Volum des Rohres
entsprechende Wasservolum gefunden hat. – Um letztern Versuch zu ersparen,
brachte man auf dem Hackenstiel eine graduirte Scala an, deren Ziffern das Gewicht
des von dem Hacken verdrängten Wasservolums in Dekagrammen für jede Abtheilung
angeben, an welche der Flüssigkeitsspiegel reicht.