Titel: | Ueber Branntweinerzeugung aus Zuckerrüben; von Professor C. Siemens in Hohenheim. |
Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. XXXVIII., S. 143 |
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XXXVIII.
Ueber Branntweinerzeugung aus Zuckerrüben; von
Professor C. Siemens in
Hohenheim.
Mittheilungen aus Hohenheim, 1856, S.
145.
Siemens, über Branntweinerzeugung aus Zuckerrüben.
Mit Ausnahme von Frankreich hat die Verwendung der Rüben zur Gewinnung von Branntwein
und Spiritus in keinem anderen Lande bereits eine allgemeinere Verbreitung gefunden,
als in Württemberg. In Belgien kam sie im letzten Winter nur vereinzelt vor. Seit
dem Jahre 1852 fand dieselbe in der Brauerei zu Hohenheim regelmäßig statt. In
vielen dortigen kleineren Brennereien machen die Rüben seit jener Zeit das
Hauptmaterial aus. Schon im vorigen Jahre wurden einige größere Fabrikanlagen darauf
begründet, und in diesem Jahre wird eine derselben in solcher Ausdehnung betrieben,
daß sie sich den größeren französischen Fabriken zur Seite stellen kann. Man
verdankt diese schnelle Verbreitung zunächst wohl der Einführung eines zweckmäßigen
Branntweinsteuergesetzes und dem Schutze, welchen dieses gegen eine ungleichmäßige
Besteuerung und gegen die Concurrenz des Auslandes den inländischen Brennereien
gewährt.
Die Verwendung der Rüben hat aber in Württemberg nicht nur eine allgemeine
Verbreitung gefunden, sie hat hier auch bereits eine Vervollkommnung erlangt, die
das Ergebniß der französischen Brennereien übertrifft. Während in diesen der Saft
der Rüben meist durch Reiben oder Pressen oder durch Maceration gewonnen wird,
werden in den dortigen kleineren Brennereien die Rüben wie die Kartoffeln gedämpft,
zwischen Walzen zerdrückt und nach der Abkühlung mit Bierhefe in Gährung gebracht.
Es eignet sich dieses Verfahren am besten für den kleineren Brennereibetrieb mit
einfachen Brenngeräthen, weil die meist unvollkommene Zerkleinerung weniger bei der
Gährung als bei der Destillation nachhaltige Störungen verursacht. Wenn auch das Dämpfen
der Rüben einen größeren Aufwand an Brennmaterial und die schwammige Beschaffenheit
der gekochten Rüben einen größeren Gährraum nöthig macht, so gewährt dagegen diese
Bearbeitungsweise den reichsten Ertrag an Branntwein aus der verarbeiteten
Rübenmenge und ein vortreffliches Futter, welches sich namentlich, wie die
Kartoffelschlempe, zur Verbesserung anderer Futtermittel eignet und sowohl auf die
Fleisch- als Milchproduction gleich günstig einwirkt.
Bei den ausgedehnteren Betrieben hat sich aber die Gewinnung des Safts, sowohl durch
Reiben und Pressen, als auch durch Maceration vortheilhaft bewährt. Diese letztere
Verarbeitungsweise hat in der Hohenheimer Brennerei die besten Resultate geliefert,
sowohl in Betreff des in Benutzung zu ziehenden Maisch – oder Gährraumes, als
auch durch Erlangung eines viel reineren Productes, was theils durch geeignete
Behandlung des Saftes, theils durch eine bessere Gährung erreicht wird. Die
Macerationsrückstände werden von dem Viehe gern gefressen und sind auch einer
längeren Aufbewahrung fähig.
Um aber zu einem weiteren Fortschritte in der Bearbeitung des neuen Materials zu
gelangen, ist es vor allem nöthig, daß man seine Zusammensetzung, seine
Beimischungen und seine Verbindungen kennt, und daß man den Einfluß beachtet, den
die in Berührung kommenden Stoffe auf einander zeigen.
Obgleich die Rübe den Zucker, woraus der Alkohol durch den Gährungsproceß zu erzeugen
ist, bereits enthält und deßhalb ihre Verwendung zum Branntweinbrennen viel
einfacher erscheint, als die Benutzung der Kartoffeln und des Getreides, aus deren
Stärkemehl der Zucker durch einen weiteren Proceß durch das Maischen erst erzeugt
werden muß, so ist es bis jetzt doch noch nicht gelungen, eine dem Zuckergehalte der
Rübe entsprechende Menge Alkohol zu erhalten. Es ist dieß theils dem Mangel an
Erfahrungen in der Verwendung des neuen Materials zuzuschreiben, nicht minder aber
auch dem Umstande, daß in der Rübe neben dem vorhandenen krystallisirbaren Zucker
noch Stoffe vorkommen, welche diesen Zucker oder den daraus entstehenden
Traubenzucker, statt zur Umwandlung in Alkohol und Kohlensäure, zur Bildung von
Milchsäure besonders leicht disponiren. Die Vermeidung dieser Säurebildung erscheint
demnach als die Hauptaufgabe des Fabrikanten, der hierzu alles zu beachten und zu
vermeiden hat, was dieser schädlichen Säuerung förderlich seyn kann.
Nach den Erfahrungen in der Rübenzuckerfabrication ist es vorzugsweise der Einfluß
der in dem Rübensafte enthaltenen stickstoffhaltigen Stoffe, welcher hier so leicht
eine nachtheilige Veränderung, ein Sauer- und Zähewerden des Saftes herbeiführt. Eine
schnelle Abscheidung dieser stickstoffhaltigen Bestandtheile oder eine Zerstörung
ihrer schädlichen Einwirkung wird deßhalb auch bei der Verwendung der Rüben in der
Brennerei dringend nöthig. Die hier bereits gemachte Erfahrung, daß die Gährung der
aus den zunächst gekochten oder gedämpften (also erhitzten) Rüben hergestellten
Maischen, sobald dabei nur eine rasche Abkühlung, große Reinlichkeit und ein
kräftiges Gährungsmittel in Anwendung kommen, in Betreff der Ausbeute an Branntwein
oder Alkohol aus dem Gewichte der verarbeiteten Rüben das günstigste Resultat
lieferte, läßt mit Recht vermuthen, daß eine höhere Temperatur das geeignetste
Mittel sey, jenen schädlichen Einfluß wenigstens zu vermindern, wenn auch nicht ganz
zu beseitigen.
Auf diese Erfahrungen gründet sich die in Hohenheim bisher vorzugsweise in Anwendung
gebrachte Verarbeitung der Rüben in der Brennerei, und der dadurch erlangte bessere
Ertrag scheint die Richtigkeit jener Voraussetzung zu bestätigen.
Die in Schnitte oder Scheiben geschnittenen Rüben werden, zum Zerreißen ihrer Zellen
und zum Zerstören des nachtheiligen Einflusses ihrer stickstoffhaltigen
Bestandtheile, zuvörderst so weit in einer bestimmten Portion Wasser erhitzt, bis
sie ganz abgestorben oder abgewelkt erscheinen, hierauf ausgelaugt und der daraus
gewonnene Saft nach vorgenommener Klärung und Abkühlung zur Gährung gebracht.
Zum Schneiden der gewaschenen Rüben diente bisher eine gewöhnliche
Wurzelschneidmaschine mit verticaler Scheibe und glatten Messern zum Zerschneiden
der Rüben in dünnere Scheiben. Erst in letzter Zeit erhielt diese Maschine eine
einfache Veränderung, wodurch sie die Rüben, statt in flache breite Scheiben, in
schmale dünne Streifen schneidet, was eine wesentliche Verbesserung und
Vereinfachung in der Ausführung der Methode verspricht, indem die schmalen Streifen
eine gleichmäßigere Erhitzung und einfachere Auslaugung zu gestatten scheinen, was
die leicht an einander klebenden breiten Scheiben nicht so einfach erreichen lassen.
Statt der Schneidemaschine mit verticaler Scheibe wäre es zweckmäßiger, eine solche
mit horizontaler Drehung zu benutzen, wobei es nicht vorkommt, daß größere Stücke,
gewöhnlich die letzten Reste der zerschnittenen Rüben, mit durchgerissen werden. Das
Durchreißen solcher Stücke findet bei den verticalen Scheiben statt, sobald der
Rumpf nicht ganz nahe an die selten genau vertical laufende Scheibe schließt. Selbst
die besten derartigen Maschinen zeigen diesen Fehler, sobald das Lager ein wenig
abgenutzt wird, was bei der horizontalen Bewegung ohne Nachtheil vorkommen kann.
Zum Abwelken der Rübenschnitte wird eine flache runde Pfanne mit directer Heizung
benutzt. Statt dieser Pfanne können auch, wie dieß in andern Brennereien
eingerichtet wurde, flache runde hölzerne Gefäße angewandt werden, die zur Erhitzung
ein horizontal liegendes Schlangenrohr für geschlossenen Dampf erhalten. Eine
Erhitzung mittelst direct zugeführten Dampfes zeigte sich als unbrauchbar, weil
dabei keine ganz gleichmäßige Vertheilung der Wärme zu erreichen war und die
Flüssigkeit durch den condensirten Dampf nicht unerheblich verdünnt wurde,
namentlich bei der Anwendung von hoch gespannten Dämpfen, die bei der freien
Ausströmung sehr viel Wasser mit fortreißen. Ferner werden, um das Abwelken der
Schnitte, das durch stärkere Heizung, der erforderlichen gleichmäßigen Erhitzung
wegen, nicht zu übereilen ist, dennoch zu fördern, am zweckmäßigsten zwei solcher
Abwelkgefäße in Anwendung gebracht.
Zum Auslaugen oder Auswaschen der abgewelkten Schnitte wurden bisher die vorhandenen
Auswaschgefäße der Dombasle'schen Maceration benutzt. Es
sind dieß sechs einfache Gefäße in einem Kreisbogen aufgestellt, in dessen Mitte ein
drehbarer Krahn steht, um damit die in Netzen befindlichen Schnitte aus einem Gefäße
in das andere bringen zu können. Die aus dünnem Bindfaden gefertigten Netze sind
hierzu an einem eisernen Ringe befestigt, wodurch sie in der ganzen Breite des
Gefäßes offen gehalten werden, so daß man die Schnitte darin bequem umrühren kann.
Der eiserne Ring hat zum Aufziehen eine entsprechende Anzahl Hacken und Oesen.
Durch einfache Zu- und Ableitung der Flüssigkeit von einem Gefäße auf das
andere, welche zur Vereinfachung dieser Operation mehrfach versucht wurde, konnte
bisher keine so rasche und vollständige Auswaschung der in Scheiben geschnittenen
Rüben erlangt werden, es steht aber, wie schon erwähnt, zu erwarten, daß dieß bei
dem Schneiden der Rüben in schmälere Streifen, die sich nicht so dicht
zusammenlegen, möglich wird, da diese der Flüssigkeit einen gleichmäßigeren
Durchgang gestatten.
Die weitere Erhitzung und Klärung des Safts wird in demselben Gefäße, worin das
Abwelken erfolgt, vorgenommen, da derselbe durch das Abwelken der Schnitte oder
Aufschließen der Saftzellen die erforderliche Concentration erhält.
Beim Beginn des Betriebs wird die Pfanne oder das Gefäß zum Abwelken mit dem
anderthalbfachen Gewichte der abzuwelkenden Portion Rüben mit Wasser gefüllt, was
hier 6 Ctr. beträgt, da jedesmal 4 Ctr. Rübenschnitte zum Abwelken kommen. Sobald
das Wasser auf einige 70º R. erhitzt ist, wird auf obiges Rübenquantum 1/10
Pfd. Schwefelsäure zugesetzt, da dieser Zusatz auf 10 Ctr. oder 1000 Pfd. etwa 1 Pfd. betragen soll.
Hierauf wird ein größeres Netz in die Pfanne gebracht und die geschnittenen Rüben so
schnell als möglich eingetragen, damit die ganze Portion gleichmäßig abwelkt. Unter
fleißigem Niedertauchen der Anfangs aus der Flüssigkeit hervorstehenden Schnitte
wird die durch die kalten Schnitte gesunkene Temperatur wieder bis auf 68º R.
gesteigert, welcher Temperaturgrad aber nicht zu überschreiten ist. Die Schnitte
fallen bald so weit zusammen, daß sie von der Flüssigkeit völlig bedeckt werden. Die
hinreichende Erhitzung ist erfolgt, sobald die Schnitte alle Spannung oder
Elasticität verloren haben. Man hat diesen Zeitpunkt genau zu beobachten, da
derselbe die Möglichkeit einer raschen und völligen Auslaugung der Rüben bedingt.
Weder die zu stark, noch die zu schwach erhitzten Schnitte sind vollständig zu
extrahiren. Da diese gleichmäßige Erhitzung bei schwächerer Heizung sicherer zu
erlangen steht, diese aber mehr Zeit in Anspruch nimmt, so ist es, wie schon
angegeben, zweckmäßiger, zwei Gefäße zum Abwelken zu benutzen.
Sobald die Schnitte hinreichend abgewelkt sind, werden sie mit dem Netze aus der
Flüssigkeit entfernt. Wo das Aufziehen eines Netzes nicht gut zu bewerkstelligen
ist, können die Schnitte auch mittelst einer Siebschaufel aus der Flüssigkeit
entfernt werden, wobei es aber nöthig wird, statt des Netzes einen Siebboden von
Holz oder Kupfer in das Gefäß zu bringen, der dann nachträglich noch aus der
Flüssigkeit zu heben ist, damit mit demselben die abgewelkten Schnitte vollständig
entfernt werden; im anderen Falle würden die zurückbleibenden und zu sehr erweichten
Schnitte später ihren Saft nicht mehr verlieren, bald schleimig werden und dadurch
nachtheilig auf die Beschaffenheit des Saftes wirken. Man hat bei der Anfertigung
des Siebbodens nur zwischen den genannten Materialien zu wählen, da das Eisen hier
zu schnell von der Säure zerstört würde. Am zweckmäßigsten und billigsten ist die
Anwendung eines Holzbodens mit größeren Oeffnungen, die mit durchlöchertem
Kupferbleche zu bedecken sind.
Die abgewelkten Schnitte kommen in Portionen von je 2 Ctr. zum Auslaugen in die
bezeichneten Netze und Macerationsgefäße, wovon jedes der letzteren 2 Ctr. Wasser
enthält.
Sämmtliche Portionen kommen nach einander in die einzelnen Gefäße. Da die ersten
Portionen beim Beginn des Betriebs in zuckerärmere Flüssigkeit gelangen, als die
späteren, und dadurch auch schneller ihren Zucker verlieren, so genügen sechs
Gefäße, um auch die späteren Portionen vollständig zu extrahiren, wobei das
concentrirtere Wasser aus den Waschgefäßen immer zum Abwelken neuer Schnitte wieder
benutzt wird. Zur
raschen und völligen Extraction wurde es bisher nöthig, die eingetauchten Schnitte
in den Waschgefäßen fleißig umzurühren und beim Wechsel der Netze aus einem Gefäße
in das andere die Flüssigkeit von den aufgezogenen Schnitten zuvor gleichmäßig
ablaufen zu lassen, damit in allen Gefäßen eine gleiche Menge Flüssigkeit bleibe und
die concentrirtere mit der noch verdünnteren so wenig wie möglich vermischt
werde.
Nach dem Ausleeren des größeren Netzes bringt man dasselbe in die Pfanne zurück und
füllt es sogleich wieder mit einer neuen Portion frischer Schnitte. Das Feuer ist
dann wieder zu verstärken, damit man die zum Abwelken nöthige Temperatur bald wieder
erreicht. Vor dem Einbringen neuer Schnitte erhält die Flüssigkeit jedesmal einen
neuen Zusatz von etwa 1/10 Pfd. Schwefelsäure. Die Menge der erforderlichen
Schwefelsäure ist nach Beschaffenheit der Rüben und nach dem Fortgange der
Operationen nicht immer gleich; es dient dabei als Regel, immer so viel
Schwefelsäure anzuwenden als nöthig ist, um die bei dem Mangel an dieser Säure
eintretende dunklere Färbung der Schnitte zu vermeiden. Da eine größere als die
hierzu erforderliche Menge Schwefelsäure nutzlos ist, so wird man an dieser bis zum
Beginn einer solchen Färbung, die sich beim Auswaschen zeigt, zu sparen suchen, es
darf aber nicht an der nöthigen Säure fehlen, und man verwendet deßhalb doch lieber
etwas zu viel als zu wenig Säure.
Beim Beginn des Betriebs wird zum Abwelken zunächst nur reines Wasser verwendet,
welches erst nach viermaligem Eintauchen frischer Schnitte eine hinreichende
Concentration erlangt. Bevor man die concentrirte oder zuckerige Flüssigkeit aus der
Pfanne entfernt, ist sie bis zum Sieden zu erhitzen, und, im Fall hierbei eine Probe
keine Klärung zeigen sollte, solche durch einen weiteren Zusatz von Schwefelsäure zu
bewirken. Nur durch die Erhitzung bis zum Sieden und durch den genügenden Zusatz von
Schwefelsäure konnte eine regelmäßige Gährung und günstige Ausbeute an Branntwein
mit Sicherheit erlangt werden, weßhalb diese Klärung des Saftes als nöthig zu
bezeichnen ist. Auch zeigt sich jene Klärung des Saftes von großem Einfluß auf die
Reinheit des Products, da diese so wesentlich durch den Verlauf der Gährung bedingt
wird.
Diese Klärung des Rübensafts verursacht allerdings einen Aufwand an Brennmaterial,
der wo möglich vermieden werden sollte, allein die dadurch erlangten Vortheile
dürften diesen größeren Aufwand leicht ersetzen. Schon die damit verbundene weitere
Concentration des Safts läßt den versteuerten Gährraum besser benutzen, und es fragt
sich, ob nicht bei einer so hohen Besteuerung des Maischraums, wie in Preußen, eine noch weitere
Concentration des Saftes mittelst der jetzt zu Gebote stehenden besseren
Abdampfungen mit Benutzung des Maschinendampfes, wenigstens bei größeren
Brennereianlagen, als lohnend sich zeigen würde. Wird nach der Erhitzung des Saftes
bis zum Sieden die Abkühlung mittelst eines Ventilators bewirkt, so erfolgt auch
hierbei schon eine weitere Concentration durch die Verdunstung einer größeren Menge
Wasser. Eine stärkere Berührung mit der Luft wirkt bei dem geklärten Safte eben so
günstig auf den Verlauf der Gährung, als dieß bei den Würzen und Maischen in der
Bierbrauerei und Brennerei der Fall ist, nur muß diese Einwirkung auch hier eine
möglichst kurze seyn.
Nach Entfernung des geklärten Saftes aus dem Abwelkgefäße wird dieses mit dem
zuckerreichsten Wasser aus den Auslauggefäßen wieder gefüllt. In dieser Flüssigkeit
sind dann nur zwei neue Portionen Schnitte abzuwelken, um sie wieder hinreichend
concentrirt zu erhalten. Mitunter sieht man sich auch veranlaßt, die Flüssigkeit
schon nach dem Abwelken einer Portion Schnitte wieder zu wechseln, weil dieß die
Gewinnung des Saftes beschleunigt, ein rascher Wechsel aber auch das Ausleeren der
Waschgefäße oder die Erneuerung des Wassers und damit die vollständigere Gewinnung
des Zuckers aus der Rübe befördert.
Das Abwelken der sämmtlichen Schnitte in einer und derselben Flüssigkeit und die
directe Verwendung der zuckerreichsten Waschflüssigkeit zur Gährung, welche früher
auch versucht wurde und wodurch diese Art der Saftgewinnung sehr vereinfacht und
beschleunigt wird, lieferte kein so gutes Resultat, als durch Kochen der sämmtlichen
Flüssigkeit zu erlangen war.
In der Hohenheimer Brennerei konnten auf die oben angegebene Weise von Morgens 6 bis
Abends 8 Uhr, bei regelmäßigem Betriebe, bequem 36 Ctr. Rüben verarbeitet und damit
ein Gährgefäß von 1000 württemb. Maaß oder 1600 Berl. Quart gefüllt werden. Da die
Rüben beim Abwelken immer einen Theil ihres Saftes verlieren, dessen Menge etwas
mehr beträgt, als die beim Aufschließen und Klären verdampfende Wassermenge, so
erhält man aus 36 Ctr. Rüben gegen 40 Ctr. Saft, und dieses Quantum wurde hier in
sechs Klärungen gewonnen. Das Aufschließen oder Abwelken der 36 Ctr. Rüben in 9
Portionen à 4 Ctr. erfolgte in der Weise, daß bei
fortgesetztem Betriebe Morgens beim Beginn in der vom vorhergehenden Tage bereits
etwas Zucker enthaltenden Flüssigkeit zunächst drei Portionen, in der zweiten
Flüssigkeit dann zwei, in der dritten nur eine, in der vierten wieder zwei, in der
fünften die neunte oder letzte Portion Schnitte abgewelkt wurden. In die sechste
Flüssigkeit kamen in der Regel keine Schnitte zum Abwelken, sie wurde aus den Waschgefäßen sogleich in
den Gährbottich oder zuvor noch auf die Kühle gebracht, je nachdem dieß die
Temperatur des gährenden Saftes nöthig machte. Von der übrigen Flüssigkeit, welche
zum Auslaugen der letzten Schnitte diente, kam die zuckerhaltigste zum Abwelken für
den folgenden Tag in die Pfanne, der Rest blieb in den Auswaschgefäßen zurück. Zur
besseren Conservirung dieser zurückbleibenden Flüssigkeit wurde derselben schon
Abends eine kleine Quantität Schwefelsäure zugesetzt.
Aus Rüben, deren roher Saft 14 Proc. am Saccharometer zeigte, erhielt man eine
12–13procentige gekochte und dadurch geklärte Flüssigkeit. Bei dem Abwelken
einer zehnten Portion Schnitte in der sechsten Flüssigkeit erlangte man eine
Concentration des Saftes, die nicht unter 13 Procent betrug, es konnte dann aber die
Auswaschung der letzten Schnitte nicht mehr so vollständig erreicht werden, als bei
der Füllung des Bottichs mit nur 36 Ctr. Rüben.
Die Gewinnung des Saftes in getheilten Portionen läßt eine rasche Abkühlung und sehr
kräftige Gährung erlangen. Sobald die erste Partie Saft, hier also etwa 6 Ctr. oder
der sechste Theil des Ganzen, auf 18–20º R. abgekühlt war, kam sie in
dem Gährbottiche mit einer gleichen Quantität des gährenden Saftes vom
vorhergehenden Tage zusammen, der sich als das wirksamste Ferment zeigte, und nur
von Zeit zu Zeit erhielt der Saft noch einen weiteren Zusatz von 5–8 Maaß der
in der Hohenheimer Bierbauerei gewonnenen Unterhefe. Mit der zweiten Partie des
abgekühlten Saftes wurde dann zunächst das Gährgefäß des vorhergehenden Tags wieder
aufgefüllt. Die dritte Partie kam aber wieder zu dem bereits in Gährung begriffenen
ersten Safte. Die Gährung bleibt bei der allmählichen Füllung des Bottichs in
ununterbrochenem Gange und ist nach zweimal 24 Stunden oder drei Tagen beendigt. Die
äußeren Erscheinungen einer regelmäßigen Gährung sind die einer lebhaften
Weingährung, ohne einen zähen Schaum abzusondern oder ein Uebergähren befürchten zu
lassen.
Die Destillation der Maische wurde ohne erhebliche Differenz in dem Ertrage sowohl am
dritten als am vierten Tage vorgenommen. Nur kam bei der Destillation nach
dreitägiger Gährung eher ein Ueberkochen der Maische vor, als bei der viertägigen
oder älteren. Die Ausbeute aus 36 Ctr. Rüben betrug bei regelmäßigem Betriebe
100–112 Maaß Branntwein zu 50 Procent nach Tralles, was sich in
Quartprocenten auf circa 250 Proc. aus 100 Pfd. Rüben
und 5 Procent pro Quart Maischraum berechnet.
Gestatten die in schmale Streifen geschnittenen Rüben eine vollständige Auslaugung
durch bloße Durchleitung der Flüssigkeit von einem Gefäße aufs andere, so wird dadurch
nicht nur bedeutend an Arbeit erspart, sondern es ist dann die Ausführung der
Methode für den größeren wie für den kleineren Betrieb gleich einfach und anwendbar.
Die ausgelaugten Schnitte werden von dem Viehe gern gefressen, ihr Futterwerth
stellt sich etwa auf die Hälfte von dem der frischen Rüben. Im Laufe des vorigen
Frühjahrs angestellte Proben zeigten auch die Möglichkeit einer längeren
Aufbewahrung, indem die im Monat Februar mit etwas Salz eingestampften Rückstände
noch Ende Mai, nachdem das Vieh bereits Grünfutter erhalten, gern gefressen wurden.
Nach kürzlich erhaltener Mittheilung verkauft noch Ende Juni eine Brennerei solche
Rückstände, ohne sie mit einem Zusatze von Salz aufbewahrt zu haben. In dieser
Brennerei konnte man im letzten Frühjahre mit dem vorhandenen Brennapparate nicht
das ganze Quantum des gegohrenen Safts der täglichen Verarbeitung zur Destillation
bringen und sah sich deßhalb genöthigt, einen Theil jenes nach der Hohenheimer
Methode gewonnenen Saftes, wie Most, in Fässern aufzubewahren, der dann erst nach
der Verarbeitung des ganzen Rübenvorraths zur Destillation kam, ohne dadurch einen
erheblichen Unterschied im Ertrage zu liefern, was für die Zweckmäßigkeit dieser
Saftgewinnung sprechen dürfte. Diese größere Haltbarkeit des Saftes entspricht auch
der Erfahrung, daß bei seiner Gährung die Bildung von Essig nie vorkam, weßhalb denn
auch die Gährung ohne Nachtheil bei einer weit höheren Temperatur verlaufen kann,
als dieß bei der Verwendung von Kartoffeln und Getreide möglich ist.
Die schon im vorhergehenden Winter in Hohenheim versuchte Benutzung der Schlempe
statt des Wassers zum Auslaugen der Schnitte, welche später als eine eigenthümliche
Methode von Champonnois bekannt gemacht wurde, hat hier
keine weitere Anwendung gefunden, da sie die Aufbewahrung der verdünnteren
Flüssigkeiten von einem Tage zum andern nicht gestattete. Wie zu erwarten stand, hat
diese Methode, so wie sie von Payen beschrieben, auch in
den größeren Brennereien Frankreichs keine Verbreitung gefunden; sie wird dort nur
in einigen kleineren Brennereien angewandt, wo die Gewinnung eines guten Futters aus
den Rüben höher geschätzt wird, als die vollständigere Ausnutzung derselben zur
Branntweinerzeugung. Die Methode erhielt zwar durch die Einrichtung zur wiederholten
Erhitzung der zum Auslaugen dienenden Schlempe in neuerer Zeit eine wesentliche
Verbesserung, da die Rüben, ohne zuvor abgewelkt zu werden, sich nicht wohl
vollständig auslaugen lassen, allein die Verdünnung des Safts durch die Verwendung
der sämmtlichen Flüssigkeit macht diese Methode bei der Besteuerung des Maischraums
dennoch weniger vortheilhaft.
Die in Hohenheim damit angestellten Versuche zeigten, daß durch die Schlempe eine
rasche und vollständige Vergährung zu erreichen steht, daß das Product
reinschmeckender wurde und daß die Rückstände von dem Vieh nicht allein gern
gefressen, sondern daß sie auch an der Luft weniger leicht für das Vieh
unschmackhaft werden, als die nur mit Wasser behandelten. Endlich wies auch hier die
chemische Untersuchung einen größeren Stickstoffgehalt in den durch Schlempe
macerirten Schnitten nach.
Die Wichtigkeit einer möglichst einfachen Verarbeitung der Rüben, namentlich für
kleinere Brennereien des zu gewinnenden Futters wegen, veranlaßte zu wiederholten
Versuchen mit der Verarbeitung der Rüben in Substanz, wozu die zuvor gedämpften
Rüben nur zerkleinert, abgekühlt und ohne Trennung des Saftes in Gährung gebracht
werden.
Der größere Aufwand an Brennmaterial, der hierbei zum Dämpfen der Rüben erforderlich
wird und der theils durch die größere Wässerigkeit, theils durch die größeren
Zwischenräume, welche die Rüben in dem Dampffasse bilden, entsteht, wird dadurch
vermindert, daß man die Dämpfe aus dem unteren Boden durch ein Rohr ableitet,
welches einige Fuß tief in ein Gefäß mit Wasser taucht. Noch mehr kann man aber
diesen Dampfverbrauch bei der Anwendung von zwei Dampffässern vermindern, wenn man
von dem unteren Theile des einen ein Rohr in den oberen Theil des anderen leitet.
Von dem zuerst gedämpften Fasse treten dann die unten entweichenden Dämpfe in das
zweite Faß, worin ihre Wärme zum Vorwärmen der später zu kochenden Rüben benutzt
wird. Nach dem Entleeren des ersten Fasses kann dieses gleich wieder mit frischen
Rüben gefüllt werden, die dann von den abgehenden Dämpfen des zweiten Fasses wieder
vorzuwärmen sind. Auf diese Weise läßt sich bei einem etwas ausgedehnteren Betriebe
nicht unbedeutend an Brennmaterial ersparen, da die Rüben aus den angeführten
Gründen viel mehr Dampf erfordern, als zum Dämpfen der Kartoffeln nöthig wird. Auch
gewährt die angegebene Einrichtung den Vortheil, daß das Brennlocal, wenn die
Dampffässer nicht außerhalb stehen, nicht mit den entweichenden Dämpfen angefüllt
wird.
Das hier und da übliche Zerschneiden der Rüben vor dem Dämpfen, um dadurch die
größeren Zwischenräume zu vermeiden, ist nicht zu empfehlen, weil die Rübenstücke
durch den Dampf gleich viel Saft verlieren und man dadurch genöthigt wird, auch das
zuerst abfließende Wasser, was den unangenehmen Rübengeschmack in hohem Grade
besitzt, sogleich aufzufangen, wodurch der Geschmack des Branntweins sehr
beeinträchtigt wird, während dieser bei der Entfernung des zuerst abfließenden
Wassers von den gedämpften Rüben auffallend reiner ist.
Ferner haben wiederholte Versuche hier schon früher gezeigt, daß eine feinere
Zerkleinerung der gedämpften Rüben gar nicht nöthig wird, um durch den
Gährungsproceß ihren Zucker völlig zu verlieren. Die Zerkleinerung braucht nicht
weiter stattzufinden, als nöthig ist, Störungen durch das Verstopfen von Röhren und
Hähnen bei den gewöhnlichen Destillirapparaten zu vermeiden. Die gröbere Maische
zeigt dabei noch den weiteren Vortheil, daß sie während der Gährung der erzeugten
Kohlensäure einen leichteren Durchgang gestattet, wodurch das Volumen der Maische in
weit geringerem Grade vermehrt und eine bessere Benutzung des versteuerten Gährraums
möglich wird.
Die hier vorhandene Handreibmaschine erhielt zu diesem Zwecke einen neuen
Reibcylinder mit 2–3 Linien weit hervorstehenden Zähnen, wodurch ihre
Leistungsfähigkeit bedeutend vermehrt wurde.
Die Anwendung solcher Reibmaschinen gewährt einen entschiedenen Vorzug den
gewöhnlichen Quetschwalzen gegenüber, bei welchen die Arbeit äußerst langsam von
Statten geht und es unvermeidlich ist, daß nicht größere, wenn auch ganz flach
gedrückte Stücke mit durchgleiten, die dann bei der Destillation sehr hinderlich
werden können. Es kommen immer Rüben vor, namentlich solche, welche im ersten Jahre
schon Samen getragen, deren äußere Schale durch eine Menge Fasern einen solchen
Zusammenhalt erhält, daß sie nur mittelst der Reibe vollständig zu zerkleinern ist.
Als nothwendige Bedingung zur Zweckmäßigkeit einer solchen Reibe gehört ferner ein
größerer Durchmesser des Reibcylinders von mindestens einem Fuß und eine
hinreichende Geschwindigkeit, damit die Zähne durch den Schwung der Umdrehung immer
rein erhalten werden.
Wenn man die Rüben nach dem Dämpfen zunächst zur Abkühlung bringt, wozu man sie, zur
Erleichterung des Transports, gleich in eine Anzahl kleinerer Körbe oder Zainen
vertheilt, und dann erst zerreibt, so kann man durch das beim Reiben zuzuleitende
ohnehin noch erforderliche Wasser gleich eine Temperatur erlangen, die den Brei
sofort in Gährung bringen läßt.
Es ist ein noch immer sehr verbreiteter Irrthum, wenn man glaubt, die Rüben bedürften
bei ihrer Verwendung in der Brennerei eben so, wie die Kartoffeln, eines
Malzzusatzes, während sich dieser hier durch die leichte Säuerung der Rübenmaische
sehr schädlich zeigte. Die Kartoffeln bedürfen eines Malzzusatzes, um durch diesen
ihr Stärkmehl in Traubenzucker zu verwandeln, die Rüben enthalten aber, wie bekannt,
schon Zucker, der auch ohne Malz in gährungsfähigen Traubenzucker umgewandelt
wird.
Die Zuleitung des Wassers erleichtert dann auch das Geschäft des Reibens sehr.
Zerreibt man die Rüben noch heiß, so hat man für eine rasche Abkühlung des Breies zu
sorgen, weil dieser schnell säuert. Als Ferment wurde hier nur reine Bierhefe in
reichlicher Menge, 3–4 Maaß auf 100 Maaß Maische, verwendet. Gute reine
Malzhefe statt der untergährigen Bierhefe gab keinen besseren Ertrag.
Eine Ausbeute zu 3 Maaß zu 45 Procent nach Tralles wurde dieses Jahr in vielen
kleineren Brennereien bei dieser einfacheren Verarbeitung aus 100 Pfd. gewonnen.
Weniger günstig stellt sich der Ertrag aus dem benutzten Maischraume, indem nicht
wohl über 2 Centner Rüben in 100 Maaß Maischraum zu bringen sind. Es werden hiernach
aus 100 Maaß oder 160 Quart nur 270 Maaß- oder 432 Quartprocente, oder 2,7
Proc. pro Quart erhalten.
Dagegen liefert diese einfache Verarbeitung den lohnendsten Ertrag an Futter. Aus 100
Pfd. Rüben erhielten die kleineren Brennereien 50–60 Maaß Schlempe, die sie
mit 12–18 Kreuzer verwertheten. Die Melkviehbesitzer in der Nähe der Stadt
zahlten diese Preise für die Schlempe aber gern, weil sie durch ihren größeren
Milchertrag den für die Schlempe gezahlten Preis leicht um das Doppelte ersetzt
fanden.
Durch eine gleichzeitige Verarbeitung von Rüben und Kartoffeln (gemischt) steht auch
bei obiger einfachen Behandlung in Betreff des Ertrags aus dem erforderlichen
Gährraume ein günstigeres Resultat zu erzielen, weßhalb diese Verarbeitung in den
größeren Brennereien der Magdeburger Gegend bisher fast allein Anwendung gefunden.
Obgleich dabei eine erhebliche Ersparung an Wasser nicht möglich wird, da Rüben und
Kartoffeln das Wasser in größerer Menge aufnehmen, so können doch bei einer solchen
Mischung gut 150 Pfd. Rüben und 100 Pfd. Kartoffeln in 100 Maaß oder 160 Quart
gebracht werden, was denn schon eine erheblich bessere Ausbeute gewährt. Es ist
dabei wohl kaum zu erwähnen, daß, je mehr Kartoffeln im Verhältniß zur Rübenmenge
genommen werden können, das Verhältniß der Ausbeute aus ein und demselben Gährraume
ein günstigeres werden wird, da die Kartoffeln nahezu das Doppelte der Rüben aus dem
benutzten Maischraume gewinnen lassen.