Titel: | Beschreibung eines Lederwalkrades; von Hrn. B. E. Saladin. |
Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. XLI., S. 178 |
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XLI.
Beschreibung eines Lederwalkrades; von Hrn.
B. E.
Saladin.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, 1855, Nr. 131.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Beschreibung eines Lederwalkrades.
Ohne daß das Walkrad für Leder eine ganz neue Erfindung ist, denn dasselbe ist schon
in mehreren Fabriken eingeführt, bietet es doch vor dem Eintreten des Leders oder
dem Walken desselben mit den Füßen so wesentliche Vortheile dar, daß man diejenigen
Gerbereien, welche solche Apparate noch nicht besitzen, nicht genug darauf
aufmerksam machen kann.
Das hier zu beschreibende Walkrad, in den Figuren 27, 28 und 29
dargestellt, ist bei den Gebrüdern Millet zu Paris in
Gebrauch, erfordert zu seinem Betriebe eine Pferdekraft und macht hundert Stücke
oder halbgroße Häute täglich, den Tag zu 12 Stunden gerechnet, fertig, und zwar
besser durchgearbeitet, als sie es gewöhnlich beim Walken mit den Füßen sind (wobei
die Arbeiter eine Art Schuhe mit dicken hölzernen Sohlen anziehen). Man legt jedes
Mal in das Walkrad vier Stücke, die vorher schon etwas eingeweicht sind,
gleichzeitig ein, um sie mit einander zu walken; dadurch wird die Zeit welche zum
vollständigen Tränken, Walken und vollkommenen Geschmeidigmachen von vier halbgroßen
Häuten erforderlich ist, auf 28 bis 29 Minuten reducirt. Damit ist dem
Sachverständigen genug gesagt, der die Zeit kennt, welche man gewöhnlich zum bloßen
Tränken der Häute vor ihrem Walken mit den Füßen nöthig hat; denn hierbei muß das
Leder viel längere Zeit im Wasser liegen, wozu noch der Uebelstand kommt, daß die
Arbeiter beständig nasse Füße haben, was ihnen verschiedenartige Uebel
verursacht.
Für gewisse Arbeiten, bei welchen das Leder nur wenig gewalkt zu seyn braucht, ist
die Zeitdauer der neuen Operation noch kürzer; es gibt sogar Leder, die man in ganz
trockenem Zustande zehn Minuten lang in den Apparat bringt, um die Arbeit mit dem
Schlägel, welche von Hand geschah, zu ersetzen. Es ist selbstverständlich, daß man
in dem Walkrade kleine Häute eben so gut wie große behandeln kann, nur legt man von
den ersteren eine größere Anzahl auf ein Mal ein. Die Erfahrung hat bewiesen, daß
bei einem Raddurchmesser von 2,3 Metern zehn Umdrehungen in einer Minute eine
zweckmäßige Geschwindigkeit sind, welche man weder überschreiten noch verzögern
soll. Die ersten Walkräder waren von kleinerem Durchmesser (1,7 bis 1,8 Meter); sie
lieferten aber in derselben Zeit eine weniger gute, und überhaupt nicht so viel
Arbeit, was sich einfach aus dem größeren Stoße oder Schlage erklärt, den die Häute
in einem größeren Rade, beim Herabfallen aus größerer Höhe, erhalten. Ich möchte
sogar glauben, daß ein noch größerer Durchmesser als 2,3 Meter für das Durcharbeiten
des Leders besser wäre, wenn sich hiedurch nicht die Schwierigkeit vergrößerte, die
Räder rund zu erhalten, da sie ganz von Holz sind und nur auf ihrer inneren Seite
durchnäßt werden; ferner darf man nicht vergessen, daß, da die Achse nicht durch das
Rad hindurch geht, die Seiten desselben wegen des Gewichtes des Rades selbst, des
Leders und des im Rade befindlichen Wassers, sich werfen oder durchbiegen könnten,
obgleich die Wassermenge nicht groß ist, da ungefähr 12 Liter oder Kilogr. hinreichen,
um vier Häute zu walken, worauf man für vier frische Häute jedesmal 4 bis 5 Liter
Wasser nachfüllt.
Im Innern des Rades darf wegen des Rostes der die Häute verderben würde, durchaus
kein Eisen verwendet werden; die Schraubenköpfe, welche auf der Innenseite des Rades
sind, müssen deßhalb mit einer Kapsel von dünnem Kupferblech überzogen werden.
Die Zahl der innen im Rade angebrachten Zähne ist 115, und scheint die geeignetste zu
seyn; sie liegen in fünf Reihen neben einander, von denen jede 23 enthält, und
kreuzen sich so, daß zwischen je zweien immer derselbe Abstand bleibt.
Nach der Gattung des Leders und auch nach der Arbeit zu welcher man das aus dem
Walkrade kommende Leder verwenden will, richtet sich die Zeit des Walkens selbst,
welche zwischen zehn Minuten und einer halben Stunde wechselt. Bei den ersten
Walkrädern war deßhalb der Arbeiter, welcher sie zu bedienen hatte, genöthigt,
häufig seine Uhr zu Rathe zu ziehen; wenn aber das Rad langsamer oder schneller als
gewöhnlich ging, so zeigte sich unzweifelhaft der Einfluß auf das Walken. Dieser
Uebelstand ist durch den Zähler beseitigt, welcher an dem neuen Rade angebracht und
durch Beigabe einiger Wechselräder so eingerichtet ist, daß er das Walkrad stille
stellt, wenn es 100, 150, 200, 250 oder 300 Umdrehungen, nach Bedürfniß gemacht
hat.
Die Anordnung des durch die Zeichnung dargestellten Rades ist so, daß es durch einen
Riemen getrieben wird, wobei die Riemenscheiben 100 Umdrehungen in der Minute
machen. Diese Riemenscheiben erhalten ihre Bewegung von einer horizontalen
Transmissionsachse, die so eingerichtet ist, daß sie eine ganze Reihe von Walkrädern
treiben kann, von welchen aber immer je zwei 1 1/2 Meter von einander entfernt
aufgestellt seyn müssen, um Platz genug zum Einlegen und Herausnehmen der Häute zu
haben. Es gibt jedoch kleinere Fabriken, für welche schon ein einziges Walkrad
hinreicht; in diesem Falle bewegt man dasselbe durch ein Pferd mittelst eines
Göpels, einer verticalen Welle und zweier Winkelräder. Statt des oben erwähnten
Zählers mit Absteller wird dann ein solcher mit einer Glocke angewandt, die durch
ihr Schellen dem Pferde das Zeichen zum Stillestehen gibt. Bekannt ist, daß die
Pferde sich hieran sehr schnell gewöhnen, und ich selbst machte bei Hrn. Millet diese Erfahrung, wo ich Walkräder sowohl mit
Pferdebetrieb als mit mechanischem Motor anwandte. Die erste Betriebsart murde
deßwegen angewandt, weil man die Räder, wenn die Arbeit sehr pressirt, die
Sonn- und Feiertage über gehen lassen kann, ohne die übrigen Maschinen
mitlaufen zu lassen. Ein Walkrad mit Göpel kommt auf 2000 Francs zu stehen, während ein mit Maschinenkraft
getriebenes nur 1300 Francs kostet, jedoch ohne die Transmission, welche auch noch
zum Betriebe anderer Maschinen dient.
Das in den Figuren
27, 28 und 29 mit seinen Details abgebildete Walkrad ist im fünfzehnten Theile
seiner natürlichen Größe dargestellt.
Fig. 27 ist
eine Ansicht desselben von der Seite, auf welcher sich die Riemenscheiben
befinden.
Fig. 28 ist
ein verticaler Durchschnitt durch die Achse des Rades.
Fig. 29 ist
eine zweite Seitenansicht desselben, und zwar von der Seite aus gesehen, auf welcher
man das Leder einlegt und wieder herausnimmt.
a ist das eigentliche Rad, welches wie ein Faß aus
eichenen Dauben zusammengesetzt und mit vier eisernen Reifen oder Ringen a' umgeben ist.
b und b' sind die Böden des
Rades, welche ebenfalls aus Eichenholz bestehen.
c, c' sind 115 Zähne von Eichenholz, welche durch
Zapfen in den Dauben festgemacht sind.
Die gußeisernen hohlen Kegel d, d
' mit großer Basis dienen auf jeder Seite des
Rades als Achse desselben; diese Achsen sind drei Centimeter weit durch und durch
gebohrt, und an das Rad a durch 12 Schrauben a'' befestigt, deren Köpfe mit dünnem Kupferbleche
überzogen sind.
e, e' Lager für die Achsen d,
d
'. Diese Lager sind auf die Gestelle f, f
' von Eichenholz mittelst Schrauben
festgeschraubt; die Gestelle f, f
' stehen auf den Grundsteinen g, g
', und sind mit denselben durch je drei Schrauben
verbunden.
h ist ein kleiner Wasserbehälter, welcher auf dem
Gestell f steht und durch eine Leiste h', über welche die Füße h''
greifen, an Ort und Stelle gehalten wird; derselbe kann jedoch, nachdem er über die
Leiste gehoben ist, leicht in der Richtung der Achse bewegt und weggenommen werden.
An diesen Wasserbehälter ist eine Röhre i angelöthet,
welche durch die hohle Achse d hindurch das Wasser in
das Innere des Walkrades führt.
k ist die Thür, durch welche man die Häute in das Rad
bringt und sie wieder aus demselben entfernt.
Der innen gezahnte Radkranz l ist durch 16 Schrauben,
deren Köpfe ebenfalls mit dünnem Kupferblech überzogen sind, mit der Seitenwand des
Walkrades verbunden, und wird durch das Getriebe m in
Bewegung gesetzt; letzteres befindet sich auf der kleinen Achse n.
o ist ein Lager mit langer Hülse oder Büchse, durch
welche die Achse n geht. p
sind die zwei Riemenscheiben, von denen die eine fest, die andere lose auf der Achse
ist. Die endlose Schraube q ist mit der Achse d' des Walkrades verbunden, und treibt den Zähler r, welcher mit Wechselrädern versehen ist; er ist auf
dem Gestell s angebracht, das an den Ständer f' angeschraubt ist. t ist
die Ausrückgabel für den Riemen, sie wird ebenfalls von dem Zählergestell getragen.
Das Gewicht u bewegt die Ausrückgabel, nachdem das
Walkrad eine gewisse Anzahl von Umdrehungen gemacht und der Zähler die Gabel
ausgelöst hat.
v ist ein metallener Spund, der in das Walkrad
eingeschraubt ist, und welchen man öffnet um das Wasser aus dem Rade abzulassen.
Ich bemerke noch, daß der Boden unter dem Rade gepflastert oder mit Steinplatten
belegt seyn soll, welche mit Rinnen versehen sind, um das aus dem Rade abfließende
Wasser fortzuleiten.