Titel: | Ueber die beim Rösten des Flachses entwickelten Gase und die Zusammensetzung der gehechelten Flachsfaser; von Hrn. J. F. Hodges. |
Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. LXXI., S. 307 |
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LXXI.
Ueber die beim Rösten des Flachses entwickelten
Gase und die Zusammensetzung der gehechelten Flachsfaser; von Hrn. J. F. Hodges.
Aus der Chemical Gazette, Decbr. 1855, Nr.
291.
Hodges, über die beim Rösten des Flachses entwickelten
Gase.
Die chemischen Veränderungen, welche beim Rösten des Flachses in Wasser von
32° C. nach der Schenk'schen Methode vor sich
gehen, sind im Wesentlichen dieselben wie beim gewöhnlichen Rösten in freier Luft,
nur beschleunigt das warme Wasser den Proceß.
Bei dem Gährungsproceß bildet sich eine beträchtliche Menge Buttersäure. Die
Untersuchung der Gase, welche sich dabei entwickeln, wurde theils in den nach dem
Heißwasserverfahren betriebenen Röstanstalten in der Nähe von Belfast vorgenommenen,
theils bei eigens angestellten Versuchen in Queen's College, wo mittelst Wasserdampf
die nöthige Wärme unterhalten wurde; sie geschah nach Bunsen's Methode durch Absorption der Kohlensäure mittelst Kalikügelchen
und nachherige Verpuffung mit Wasserstoffgas im Eudiometer. Die Gase bestanden
aus:
Kohlensäure
22,29
Procent.
Wasserstoff
44,30
„
Stickstoff
33,41
„
Weder Kohlenoxyd, noch Kohlenwasserstoff, noch
Schwefelwasserstoff konnten entdeckt werden.
Die Zusammensetzung der gehechelten Flachsfaser hat man früher allgemein als nahezu
die der reinen Celluse betrachtet. Sie ist aber, wie schon vor mehreren Jahren
nachgewiesen wurde, nicht so rein, sondern enthält noch einen Antheil unorganischer Salze und
überdieß in den Zellen einen ansehnlichen Betrag von stickstoffhaltigen und anderen
Verbindungen der rohen Flachspflanze; dieß wurde folgendermaßen ermittelt:
Die klein zerschnittene Faser wurde bis zur Erschöpfung mit kaltem Wasser ausgezogen,
die Lösung abgeseiht, filtrirt und gekocht. Es entstand dabei eine Trübung und auf
Zusatz von ein wenig Essigsäure schied sich Caseïn aus, welches gewaschen und
getrocknet wurde. In dem Filtrat, nachdem es zur Syrupsdicke eingedampft war,
brachte Alkohol einen dicken grauen Niederschlag hervor, welcher ebenfalls gewaschen
und getrocknet wurde. Die alkoholische Flüssigkeit färbte sich beim Verdampfen
orange und hinterließ einen rothbraunen Rückstand, der erhitzt einen Caramelgeruch
verbreitete, aufgelöst süß schmeckte und Reactionen auf Zucker gab. Die
verschiedenen Niederschläge wurden nach dem Wägen verbrannt und die Asche von jedem
bestimmt.
Nach Will's Methode wurde zuerst der ganze
Stickstoffgehalt des getrockneten Flachses bestimmt, und dann der in Form
unlöslicher Verbindungen in einem Theile der mit Wasser erschöpften Faser
zurückgebliebene. – Der Gehalt an Wachs und Oel ergab sich durch Behandlung
der Faser mit Aether in einem Extractionsapparat.
Zwei Proben gehechelten Flachses gaben folgendes
Resultat:
1.
2.
Wachs, flüchtiges Oel und Säure, harzige
Materie
2,200
2,620
Zucker und färbende Stoffe, in Alkohol
gelöst
1,541
0,624
unorganische Bestandtheile, in Alkohol
löslich
0,281
0,116
Gummi und Pectin
0,698
0,280
in Alkohol unlösliche Salze
0,076
0,044
Stickstoffverbindungen, in Wasser löslich,
Caseïn etc.
3,560
1,386
Stickstoffverbindungen, in Wasser
unlöslich
2,940
4,310
unorganische Bestandtheile, mit der Faser
verbunden
0,238
1,490
Cellulose
87,974
89,136
Der Gehalt an unorganischen Bestandtheilen wurde durch Einäscherung der gehechelten
Faser im Platintiegel ermittelt, und gab folgendes Resultat: Nr. 1 bei 100°
C. getrocknet, hinterließ 1,40 Procent; Nr. 2 hinterließ 1,54 Proc. Die Asche von
Nr. 1 war weiß, die von Nr. 2 hellroth. Sie hatten folgende Zusammensetzung in 100
Theilen:
1.
2.
Kali
7,94
1,85
Natron
2,19
7,63
Chlornatrium
2,75
1,77
Kalk
29,24
27,08
Magnesia
4,64
0,70
Eisenoxyd
3,72
7,40
Phosphorsäure
5,23
10,40
Schwefelsäure
6,00
3,12
Kohlensäure
28,17
19,10
Kieselerde
10,45
21,31
Zum Vergleich mit den vorstehenden wurde eine Probe Courtrai-Flachs untersucht. Der trockne Flachs wurde mit einer
Kalilösung (1/2 Unze Kalihydrat in 3 Pinten Wasser) digerirt und nach dem Auswaschen
wie oben behandelt.
100 Th. gerösteter und gehechelter Courtrai-Flachs enthielten 8,4 Th. Wasser
bei 100° C. und lieferten dann mit Natronkalk 1,04 Stickstoff. Nach der
Behandlung mit verdünnter Kalilauge und Abzug der Asche blieben 82,56 Faser. Die
Zusammensetzung des bei 100° C. getrockneten Courtrai-Flachses war
also:
Wachs und Oel
2,30
Stickstoffverbindungen, Caseïn
etc.
6,50
Gummi, Zucker und Farbstoff
7,59
unorganische Bestandtheile
1,05
Cellulose
82,56
Aus diesen Untersuchungen ergibt sich also, daß der Flachs, wie er den Spinnern
überliefert wird, nicht nur eine bemerkenswerthe Menge erdiger Bestandtheile,
sondern auch noch Wachs, Oel und Caseïn enthält, deren Anwesenheit für das
Verspinnen wahrscheinlich von Vortheil ist.
Untersucht man die vom Felde genommene reife Flachspflanze, wenn der Same sich zu
bräunen beginnt, so enthält sie Stärkmehl, welches man aus der zerschnittenen und
mit wenig Wasser befeuchteten Pflanze durch starkes Pressen absondern kann. Bleibt
aber die Flachspflanze einige Tage in Haufen der Luft ausgesetzt, so findet sich in
der aus ihr gepreßten Flüssigkeit kein Stärkmehl mehr. Im gehechelten Flachs ist
auch keine Stärke enthalten. Die Anwesenheit von Traubenzucker in demselben scheint
die Angabe erfahrener Flachsbereiter zu bestätigen, daß wenn gerösteter Flachs
aufgestapelt wird, um ihn an der Luft unvollkommen vor dem spätem Ausschwingen
einige Wochen trocknen zu lassen, die Trennung der Faser von den holzigen
Bestandtheilen dann sehr erleichtert ist und ihre Eigenschaften besser werden.