Titel: | Ueber ein neues Verfahren zur Fabrication der Soda und der Schwefelsäure; von Dr. E. Kopp. |
Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. LXXXII., S. 341 |
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LXXXII.
Ueber ein neues Verfahren zur Fabrication der
Soda und der Schwefelsäure; von Dr. E.
Kopp.
Aus den Annales de Chimie et de Physique, Sept. 1856, S.
81.
Kopp, über ein neues Verfahren zur Fabrication der Soda und der
Schwefelsäure.
Die Sodafabriken wenden noch immer das Verfahren von Leblanc mit nur unbedeutenden Abänderungen an, obgleich dasselbe Mängel
besitzt, welche allgemein anerkannt sind; der bedeutendste von diesen ist, daß
sämmtlicher im Glaubersalz enthaltene Schwefel fast vollständig verloren geht, indem
er in einem nur lästigen Product, dem Calciumoxysulfuret zurückbleibt. Das nun zu
beschreibende Verfahren gewährt den Vortheil, daß der Schwefel
nicht verloren geht, sondern immer wieder in Schwefelsäure verwandelt wird,
während es mit Beibehaltung der jetzt in den Soda- und Schwefelsäurefabriken
gebräuchlichen Apparate und Oefen ausgeübt werden kann; bei demselben wird kein
Calciumoxysulfuret gebildet und es geht auch fast gar kein Alkali verloren; überdieß
läßt sich die Soda in gleicher Zeit und mit denselben Apparaten in größerer Menge
als bisher erzeugen. Dasselbe wird bereits in einer großen Fabrik in England,
nämlich in der von Blythe und Benson in Church bei Manchester angewendet, welche darnach seit zehn
Monaten mit bestem Erfolge arbeitet.Dieses Verfahren wurde in England am 3. October 1854 patentirt.
Erste Operation. – Mischung der
Materialien.
Man vermischt innig 125 Kilogr. wasserfreies Glaubersalz mit 80 Kilogr. Eisenoxyd und
55 Kilogr. Kohle.
Das Glaubersalz verwendet man in dem Zustande wie es durch Einwirkung von
Schwefelsäure auf Kochsalz in den Calciniröfen gewonnen wird, indem man die zu
großen Stücke verkleinert; es kann ohne Nachtheil mehr oder weniger Kochsalz
enthalten, nur muß man dann im Verhältniß seines geringern Gehalts an schwefelsaurem
Natron weniger Eisenoxyd und Kohle beigeben.
Das Eisenoxyd wird als wasserfreies, ziemlich feines Pulver gewogen und sollte
möglichst rein seyn.
Für die erste Operation kann man statt des künstlichen Eisenoxyds oder des
natürlichen Oxyds (Rotheisensteins) auch Spatheisenstein, Magneteisenstein, Hammerschlag oder selbst
metallisches Eisen (Granalien von Roheisen) anwenden, muß aber im letztern Falle den
Zusatz von Kohle verringern, weil das metallische Eisen auf das schwefelsaure Natron
ebenfalls reducirend wirkt. In der Folge hat man immer nur mit Eisenoxyd zu
operiren, wenn auch das erste Mal metallisches Eisen angewendet wurde.
Als Kohle kann man Holzkohle oder Kohks, oder Abfälle von Steinkohlen, Braunkohlen
und Anthracit anwenden; in England benutzt man gewöhnliches Steinkohlenklein. Nur
muß man von der mineralischen Kohle eine um so größere Menge anwenden, je weniger
reducirende Elemente sie enthält.
Hinsichtlich der Mengenverhältnisse der Materialien ist noch folgendes zu
beächten.
Vom Eisenoxyd muß man so viel nehmen, daß das darin enthaltene Eisen sich mit dem
ganzen in dem schwefelsauren Natron befindlichen Schwefel zu
Einfach-Schwefeleisen (FeS) verbinden kann; auf 9 Theile reines wasserfreies
schwefelsaures Natron darf man also nicht weniger als 5 Theile reines wasserfreies
Eisenoxyd anwenden; es ist vortheilhaft, von dem Eisenoxyd einen kleinen Ueberschuß
zu nehmen.
Sollte, das Eisenoxyd Kalk enthalten, so müßte man ihm diesen zuvor entziehen, indem
man es in der Kälte oder in gelinder Wärme mit sehr verdünnter Salzsäure behandelt
und dann vollkommen auswascht; denn der Kalk würde sich im Verlaufe der Operationen
abwechselnd in Schwefelcalcium und schwefelsauren Kalk verwandeln, ohne Nutzen das
Volum der Masse vergrößern und Brennmaterial consumiren.
Die Kohle darf nicht im Ueberschuß angewendet werden, weil sie das Vorhandenseyn von
Schwefelnatrium in der Soda begünstigt; ferner, weil die überschüssige Kohle beim
Schwefeleisen verbleibt und man daher beim Rösten desselben die schweflige Säure mit
Kohlensäure vermischt erhielte. Man muß folglich den Zusatz von Kohle so weit
verringern, daß die rohe Soda ein wenig unzersetztes schwefelsaures Natron
enthält.
Man kann in demselben Ofen eine 1 1/2 bis 2 Mal so große Quantität Masse auf einmal
behandeln, wie beim gewöhnlichen Verfahren, weil die eisenhaltige Sodaschmelze viel
leichter zu bearbeiten ist, als die gewöhnliche kalkhaltige, indem bei ersterer die
Masse viel schneller teigig und zuletzt fast flüssig wird.
Zweite Operation. – Darstellung der rohen
Soda.
Das Gemenge von Glaubersalz, Eisenoxyd und Kohle wird in einen gewöhnlichen
Sodaschmelzofen gebracht. Um die Wärme vollständiger zu benutzen, sollte der Ofen zwei
oder selbst drei Etagen haben, von denen die unterste der Feuerung zunächst liegt.
Der Ofen enthält im letztern Falle gleichzeitig drei Portionen, die allmählich auf
den nächst niedrigem Theil des Herdes heruntergeschoben werden.
Die Masse wird im Ofen gerade so wie beim bisherigen Verfahren behandelt, und zeigt
auch fast ganz dieselben Erscheinungen wie beim gewöhnlichen Sodaschmelzproceß; die
Masse wird weich, teigartig, dann immer flüssiger, in dem Maaße als sie gerührt und
weiter nach dem Feuer hingeschoben wird; gelbliche Flammen brechen überall reichlich
aus der Masse heraus und bewirken eine kochende Bewegung derselben. Wenn die
Reaction, welche anfangs sehr lebhaft ist, nachzulassen beginnt, wenn die Flammen
weniger groß und reichlich werden, und die Masse zusammensinkt und ruhig wird, indem
sie das Ansehen eines halbflüssigen, homogenen, dünnen Teiges annimmt, dann ist die
Operation beendet. Man beeilt sich dann die Masse aus dem Ofen herauszuschaffen,
wobei man sie noch rothglühend in einen Wagen von Eisenblech fließen läßt, den man
mit einem Deckel versieht, um die Luft einigermaßen abzuhalten; in diesem Wagen läßt
man die Masse erkalten und fest werden.
Nach dem Erkalten bildet die eisenhaltige rohe Soda einen parallelepipedischen Block
von schwärzlichem Ansehen, mehr oder weniger porös und sehr hart. Wenn die Operation
gut ausgeführt wurde, ist der Block sehr dicht, zeigt an der Oberfläche einen
kupferartigen Glanz und auf dem Bruche ein gleichförmiges krystallinisches Ansehen
mit starkem grünlich-metallischem Reflex.
Dritte Operation. – Zerfallenlassen der rohen Soda und
Behandlung derselben mit Kohlensäure.
Nachdem man sich auf angegebene Weise die rohe eisenhaltige Soda verschafft hat,
handelt es sich darum, dieselbe so zu behandeln, daß man kohlensaures Natron
aufgelöst und Schwefeleisen als ungelösten Rückstand erhält. Wollte man dieselbe
einfach auslaugen, in gleicher Weise wie die mit Kalk bereitete rohe Soda, so würde
man, sowohl bei Anwendung von kaltem als von heißem Wasser, nur schlechte Resultate
erhalten. Die Masse bläht sich nämlich auf, wird sehr voluminös, ist schwer
auszuwaschen, und liefert Flüssigkeiten die nur wenig von ihr aufgelöst enthalten,
eine schwärzlichbraune oder dunkelgrüne Farbe besitzen, sich an der Luft nur sehr
langsam klären und viel caustisches Natron, meistens zugleich mit Schwefelnatrium,
enthalten. Das Auslaugen ist dagegen sehr leicht zu bewerkstelligen, wenn man die
eisenhaltige rohe Soda vorher eine Veränderung, nämlich ein Zerfallen (delitation), erleiden läßt, welche einen der
wichtigsten Theile des neuen Verfahrens bildet.
Wenn man nämlich einen Block von roher eisenhaltiger Soda unter einem Schuppen an der
Luft liegen läßt, so sieht man ihn alsbald sich sehr verändern, was um so schneller
erfolgt, je mehr die Luft mit Feuchtigkeit und Kohlensäure beladen ist. Die
Oberfläche des Blocks verliert ihren Glanz und ihre dichte Beschaffenheit; der Block
zersplittert sich, wittert aus und bedeckt sich mit einer pulverigen, voluminösen,
schwärzlichen oder graulichen Masse, deren Menge so schnell zunimmt, daß nach
Verlauf mehrerer Stunden der Block ganz damit bedeckt und unter einem Hügel der
pulverigen Masse begraben ist. Diese Umwandlung wird durch die gleichzeitige
Absorption von Sauerstoff, Wasserdampf und Kohlensäure bewirkt, die unter
Wärmeentwicklung erfolgt; letztere nimmt man deutlich wahr, wenn man die Hand in die
pulverige Masse hineinsteckt. Ueberläßt man die Masse sich selbst, so steigt die
Temperatur alsbald so sehr, daß sie sich entzündet und eine zu Stärke Oxydation
erleidet. Das Pulver nimmt in letzterem Falle eine röthliche Farbe an und liefert
beim Auslaugen eine Flüssigkeit, welche schwefelsaures Natron mit nur etwa 10 bis 15
Proc. kohlensaurem Natron enthält; der unlösliche Rückstand besteht aus Eisenoxyd
mit einer gewissen Menge Schwefeleisen. Ganz anders ist das Resultat, wenn man die
zu Stärke Temperatur-Erhöhung verhütet, was sehr leicht dadurch zu erreichen
ist, daß man das Pulver verhindert sich um den noch nicht zerfallenen Theil des
Blocks anzuhäufen, so daß dieser stets entblößt und der Wirkung des Sauerstoffs, der
Feuchtigkeit und der Kohlensäure ausgesetzt ist. Der Block zerfällt in diesem Falle
in einer gewissen Zeit ganz und gar zu pulveriger Masse; letztere liefert, wenn sie
so lange der Luft ausgesetzt war, daß sie sich vollständig mit Kohlensäure sättigen
konnte, durch Auslaugen eine reine Lösung von kohlensaurem Natron und einen
hauptsächlich aus Schwefeleisen bestehenden Rückstand. Die Erfahrung im Großen hat
aber gezeigt, daß die Sättigung bloß durch die Kohlensäure der Luft, zu langsam
erfolgt und von einer etwas zu Stärken Oxydation des entstandenen Pulvers begleitet
ist; man hat es deßhalb vortheilhaft befunden, dasselbe künstlich mit Kohlensäure zu
sättigen, indem man es der Einwirkung eines kalten oder warmen Stroms von
Kohlensäure aussetzt (carbonisation).
Mittelst folgender einfachen Einrichtung wird das Zerfallenlassen der rohen Soda und
die Sättigung mit Kohlensäure bestens ausgeführt. Ueber einem mit Steinplatten
belegten und von Mauern umgebenen Fußboden bringt man, 2 1/2 Meter davon entfernt,
einen Rost an, der aus gußeisernen Stäben besteht, welche 1 bis 1 1/2 Centimeter von einander abstehen.
Der Fußboden wird auf etwa 1 Meter Tiefe ausgegraben, der untere Theil des Raumes,
in welchen man durch eine Thür hinabsteigen kann, folglich kellerartig. 2 1/2 Meter
über dem Roste befindet sich ein Dach, unter welchem an den Seitenmauern des Raumes
viele und große Oeffnungen angebracht sind, so daß die Luft mit Leichtigkeit
circuliren und in dem Raume sich erneuern kann. In den Raum unterhalb des Rostes
könnte die Luft nicht anders eindringen, als indem sie zwischen den Roststäben
hinabzieht; dieß findet aber nicht statt, weil man in den Raum unterhalb durch
mehrere in den Mauern angebrachte Oeffnungen beständig kalte und mit Feuchtigkeit
gesättigte Kohlensäure einströmen läßt. In England, wo diese Einrichtung angewendet
wird, erzeugt man die Kohlensäure durch Verbrennung von Kohks in einem Ofen, der
durch einen Ventilator mit Luft gespeist wird; die Producte der Verbrennung ziehen
durch gußeiserne Röhren, welche äußerlich abgekühlt und an der Innenseite beständig
durch einen Wasserstrom befeuchtet werden; erst nach ihrer Abkühlung in den Röhren
und nachdem sie sich mit Feuchtigkeit gesättigt hat, gelangt die Kohlensäure in den
Raum unterhalb des Rostes. Auch ist die Einrichtung getroffen, bei sehr trockner
Witterung die innere Seite des Daches und der Mauern mittelst Wasser feucht erhalten
zu können.
Man verfährt nun folgendermaßen: Die Blöcke von roher eisenhaltiger Soda werden nach
vollständigem Erkalten auf den Rost gebracht, indem man sie auf einer ihrer
kleineren Seiten aufstellt; sie zerfallen nun, wobei das entstandene Pulver durch
den Rost fällt und sich auf dem gepflasterten Fußboden ansammelt, wo es sich sofort
mit Kohlensäure sättigt. Die Absorption derselben erfolgt so rasch, daß man den
Ventilator nur 1 bis 2 Minuten lang still stehen zu lassen braucht, um jedes
Anzeichen von Kohlensäure in dem kellerartigen Raume zum Verschwinden zu bringen. Da
der nicht zerfallene Theil der Blöcke sonach immer entblößt und der Einwirkung der
Luft ausgesetzt bleibt, so zersplittert sich der Block alsbald und theilt sich von
selbst in größere oder kleinere Stücke. Jedesmal, wenn ein neuer Block auf den Rost
gebracht wird, sorgt der Arbeiter dafür, das auf einzelnen Blöcken etwa angesammelte
Pulver durch den Rost fallen zu lassen, und wo nur noch kleine Ueberreste von den
Blöcken zurückblieben, schiebt er dieselben zusammen, um Platz für neue Blöcke zu
gewinnen.
Ein Block von 250 Kilogr. erfordert höchstens 1 Quadratmeter Platz für das Zerfallen,
welches in acht bis zehn Tagen vollständig erfolgt. Folglich reicht ein Gebäude von
20 Metern Länge und 10 Metern Breite für 200 Blöcke aus, welche in zehn Tagen über
50,000 Kilogr. Pulver liefern. – Zehn metrische Ctr. Kohksklein, die in
England 7 bis 8 Francs kosten, sind ausreichend, um die Kohlensäure für 90 bis 100
metr. Ctr. wasserfreies und reines kohlensaures Natron zu liefern. Wo das
Brennmaterial theuer und der Arbeitslohn niedriger ist, kann es vortheilhaft seyn,
die Kohlensäureaufnahme dadurch zu bewirken, daß man das Pulver schwach befeuchtet
der Luft aussetzt, oder man kann dasselbe im befeuchteten Zustande in Canälen der
Einwirkung der aus dem Sodaschmelzofen abziehenden Feuerluft aussehen, nachdem sich
dieselbe vorher etwas abgekühlt hat.
Welches Verfahren man auch anwenden mag, so muß die zerfallene Masse behufs des
Auslaugens folgende Eigenschaften besitzen: sie muß ein feines, graues oder
schwärzlich-graues Pulver bilden und darf keine größeren oder härteren Stücke
mehr enthalten. Es ist stets vortheilhaft, das Pulver durchzusieben, um steinige
Theile zu beseitigen, die man besonders auslaugt, worauf man den unlöslichen
Rückstand wegwirft. Die steinigen oder erdigen Theile rühren gewöhnlich von dem
Schmelzofen oder dem Steinkohlenklein her. Das durchgesiebte Pulver muß beim
Anrühren mit kaltem oder lauwarmem Wasser eine Flüssigkeit bilden, die sich beim
Stehen in fünf bis zehn Minuten vollkommen klärt, wobei einerseits ein schwerer
Niederschlag, welcher eine dunkelschwarze Farbe, häufig mit kupferartigem Reflex,
besitzt, und andererseits eine vollkommen klare, farblose oder kaum gelblich
gefärbte Lösung entsteht.
Vierte Operation. – Auslaugen der Soda.
Das Auslaugen wird methodisch nach einer der bekannten Methoden ausgeführt, und zwar
mittelst warmen Wassers von 30 bis 40° Cels. Die schwachen Lösungen werden
zum Auslaugen neuer Quantitäten des Pulvers verwendet. Wenn die Lufttemperatur nicht
zu hoch ist, so liefern die Stärken Lösungen ohne vorheriges Eindampfen nach
24–48 Stunden eine reichliche Krystallisation von großen farblosen
Sodakrystallen. Man kann die Krystallisation oft sehr beschleunigen, indem man in
die erkaltete Flüssigkeit ein Stück calcinirte Soda wirft. Die Mutterlaugen und die
etwas schwachen Lösungen liefern durch Abdampfen zur Trockne und schwaches
Calciniren einen Rückstand vollkommen weißen Sodasalzes von 80, 85, 90 bis 95 Proc.
Gehalt an kohlensaurem Natron, je nachdem man mehr oder weniger Sorgfalt auf die
Materialien, die Mengenverhältnisse und die Ausführung der verschiedenen Operationen
verwendet hat.
Der Rückstand der Auslaugung, welcher hauptsächlich aus Schwefeleisen von
schwärzlichem und kupferigem Ansehen besteht, wird, nachdem er fast vollständig
erschöpft ist, auf Filtern oder auf einer porösen Fläche gesammelt, damit er
möglichst abtropfen kann. In diesem Zustande verändert er sich nur langsam; nachdem
er abgetropft ist, kann man ihn auf verschiedene Weise behandeln; entweder trocknet
man ihn unvollkommen aus, indem man ihn in nicht zu dünnen Schichten auf erwärmte
Platten bringt, oder man begnügt sich damit, ihn stark zu pressen, wobei man ihm am
besten die Gestalt von Ziegeln gibt. Dieses Schwefeleisen ist so verbrennlich, daß
es, wenn es fast vollständig ausgetrocknet worden ist, schon unter 100° C.
Feuer fängt und wie Zunder brennt.
Fünfte Operation. – Rösten des
Schwefeleisens.
Das Rösten des Schwefeleisens läßt sich mit großer Leichtigkeit ausführen, entweder
auf gußeisernen Platten, die zum dunkeln Rothglühen erhitzt sind, oder noch besser
auf der Sohle einer großen Muffel, welche äußerlich erhitzt wird. Die
Verbrennungsproducte des Feuers können dabei benützt werden, um zerfallener roher
Soda die Kohlensäure zuzuführen. Den Raum zum Rösten des Schwefeleisens theilt man
zweckmäßig in zwei Abtheilungen und behandelt gleichzeitig zwei Portionen darin, von
denen die eine fertig geröstet wird, während die Röstung der andern beginnt. Man
verwendet das Schwefeleisen noch ein wenig feucht zur Röstung und rührt es während
der ersten Stunde nicht um. Es entwickelt anfangs Wasserdampf, dessen Gegenwart die
Bildung der Schwefelsäure begünstigt, dann entzündet es sich und bildet alsbald ganz
und gar eine brennende Masse, welche schweflige Säure in Menge entwickelt, die in
die Bleikammern geleitet wird; wenn die Verbrennung weniger lebhaft wird, rührt man
das Pulver von Zeit zu Zeit mit einer eisernen Krücke um; bei dieser
Verfahrungsweise wird durchaus kein Eisen in die Bleikammern mitgerissen. Nach
Verlauf von drei Stunden ist die Röstung beendet und Eisenoxyd als sehr feines
rothes Pulver zurückgeblieben, welches man aus dem Ofen herauszieht.
Die Schwefelsäure, welche in den Bleikammern mittelst der beim Rösten des
Schwefeleisens entwickelten schwefligen Säure erzeugt wurde, dient zur Umwandlung
einer neuen Portion Kochsalz in Soda, wobei der im gewonnenen Glaubersalz enthaltene
Schwefel wieder in Form von Schwefeleisen erhalten wird, welches man wieder röstet,
um den Schwefel neuerdings in Schwefelsäure zu verwandeln u.s.w., so daß also
derselbe Schwefel immer wieder benutzt wird. Nur um den unvermeidlichen Verlust an
Schwefel auszugleichen, welcher namentlich dadurch entstehen kann, daß etwas schwefelsaures Natron
oder Schwefelnatrium in die Soda übergeht, oder daß das aus dem Röstofen genommene
Eisenoxyd noch schweflige Säure hätte liefern können, muß man neben dem künstlichen
Schwefeleisen zugleich etwas Schwefel oder Schwefelkies verbrennen.
Die Verunreinigungen des Kochsalzes, des Glaubersalzes, der Steinkohle und die von
den Oefen und Apparaten abgelösten Theile häufen sich natürlich in dem Schwefeleisen
oder Eisenoxyd allmählich an, weßhalb man letzteres nach Verlauf einer gewissen Zeit
durch frisches ersetzen muß. Man kann jedoch dasselbe Eisenoxyd viel länger
benutzen, als es den Anschein hat, weil die gröbsten Verunreinigungen durch das
Sieben entfernt, die Kieselerde, Thonerde und Phosphorsäure aber fortwährend von der
Soda aufgenommen werden; überdieß kann man die Kalk- und Talkerde
wegschaffen, indem man das Eisenoxyd (vorher gewaschen, um das darin enthaltene
schwefelsaure Natron auszuziehen) mit einer geringen Menge sehr schwacher Salzsäure
behandelt. Die praktische Erfahrung hat gezeigt, daß ein Eisenoxyd, welches bis 40
Proc. Verunreinigungen enthält, noch sehr gute Soda liefert. Da man das Eisenoxyd so
lange benutzt, so findet kein Verlust an Alkali durch unvollständiges Auslaugen
statt, weil das in dem Schwefeleisen zurückgelassene Natron, welches beim Rösten in
schwefelsaures Natron übergeht, mit dem Eisenoxyd wieder in die Schmelze kommt. Der
Gegenwart einer ziemlich beträchtlichen Menge Natron, welches (als Natrium)
unlöslich im Schwefeleisen verblieben ist, verdankt dieses sogar die Eigenschaft,
leicht zu verbrennen und ein sehr feines und poröses Eisenoxyd zu liefern, welches
eine so schöne Farbe besitzt, daß man es als Farbstoff anwenden könnte, nachdem man
das schwefelsaure Natron durch heißes Wasser daraus ausgezogen hat.
Es ist einleuchtend, daß man bei Anwendung eines Eisenoxyds, welches schon
schwefelsaures Natron enthält, die Mengenverhältnisse zur Darstellung der rohen
eisenhaltigen Soda erheblich verändern muß. Die Erfahrung hat gezeigt, daß die
vortheilhafteste Mischung sich folgenden Verhältnissen nähert:
125
Kilogr.
schwefelsaures Natron,
140
Kilogr.
Eisenoxyd, aus Schwefeleisen entstanden;
70 bis 75 Kilogr.
Kohle.
Diese Verhältnisse werden für alle Operationen beibehalten, so lange dasselbe
Eisenoxyd oder Schwefeleisen benutzt wird. Erst wenn man ein neues Eisenoxyd oder
ein mit siedendheißem Wasser ausgezogenes Eisenoxyd anwendet, muß man für die
Operation wieder die früher angegebenen Mengenverhältnisse anwenden.
Man kann das Eisenoxyd bei diesem Verfahren durch Mangan- oder Zinkoxyd
ersetzen; dieselben haben aber einen höheren Preis und überdieß zeigte ein Versuch
im Großen, daß die mit diesen Oxyden dargestellte rohe Soda, namentlich hinsichtlich
des Zerfallenlassens und der Aufnahme von Kohlensäure, weniger leicht zu behandeln
ist.
Theorie des neuen Verfahrens.
2
Fe²O³
2000
3
SO³NaO
2670
16 At.
Kohlenstoff
1200
–––––
Mischung
5870
Beim Glühen dieser Mischung bildet sich Fe⁴Na³S³ und es
entwickeln sich 14 CO + 2 CO².
Der erhaltene Block von roher eisenhaltiger Soda wiegt 2870, da
Fe⁴
1400
Na³
870
S³
600
–––––
2870
Der feuchten Luft ausgesetzt, absorbirt der Block O², darauf 2 CO²,
nebst Wasser, und verwandelt sich in
Fe⁴Na³S³
(2870)
+ 2 O (200)
+ 2 CO² (550)
= Fe⁴NaS³2 (CO²NaO)
2290 unlöslich;1330 löslich.
––––––
zerfallenes Pulver
3620
(In Wirklichkeit bleibt die Reaction nicht ganz hierbei
stehen; Fe⁴NaS³ wird selbst mehr oder weniger angegriffen; eine
gewisse Menge des darin enthaltenen Natriums wird auch noch oxydirt, mit Kohlensäure
verbunden und später durch das Auslaugen entfernt, aber diese Veränderung erfolgt
nur sehr langsam und unvollständig, oft zugleich mit einer geringen Oxydation des
Schwefeleisens selbst. Es ist eine lange dauernde Einwirkung von Sauerstoff,
Kohlensäure und Feuchtigkeit erforderlich, um 1/3 des Natriums wegzunehmen, und es
ist fast unmöglich, mehr als die Hälfte desselben zu entziehen.)
Ein Block von eisenhaltiger roher Soda, welcher 2870 wiegt, gibt 3620 zerfallenes und
mit Kohlensäure verbundenes Pulver, aus welchem durch das Auslaugen 1330
kohlensaures Natron ausgezogen werden, während ein schwarzer unlöslicher Rückstand
von Schwefeleisen und Schwefelnatrium bleibt, welcher 2290 wiegt. Dieser Rückstand
entspricht der Formel
Fe⁴ S² + NaS. Derselbe wird aber nicht unmittelbar in dem Röstofen
geröstet, sondern vorher noch feucht der Einwirkung der kalten Luft ausgesetzt,
wobei eine Oxydation und Temperaturerhöhung statt findet, jedoch der feuchte Zustand
des Pulvers die Entzündung und die Entwickelung von schwefliger Säure verhindert. Es
findet eine mehr oder weniger vollkommene Oxydation aller Schwefelverbindungen
statt, je nachdem man diesen Rückstand mehr oder weniger lange der Luft
aussetzt.
Folgende Gleichungen repräsentiren die Producte, welche in den verschiedenen Perioden
der Oxydation gebildet werden:
Fe⁴S³Na + O⁴ = Fe⁴S² +
SO³ NaO;
Fe⁴S³Na + O⁷ = Fe²S² +
Fe²O³ + SO³NaO;
Fe⁴S³Na + O¹¹ = FeS +
Ḟe²O³ + SO³NaO;
Fe⁴S³Na + O¹⁵ = 2 (Ḟe) +
Fe²O³ +Ṅa.
Das mehr oder weniger oxydirte Product liefert beim Rösten 2
(SO²), und als Rückstand 2 (Fe²O³) + SO³NaO.
Textabbildung Bd. 142, S. 350
Bei einer neuen Operation fügt man dem Rückstande vom Rösten, welcher 2890 wiegt,
wieder 2 (SO³NaO) = 1780 und 16 At. Kohlenstoff = 1200 hinzu, was das
ursprüngliche Gemenge gibt, nämlich
2 (Fe²O³) + 3 (Ṅa) + 16 C = 5870.
In der Praxis hat man es jedoch, weil aus der Verbindung Fe⁴S³Na ein
Theil des Natriums weggenommen wird, weßhalb der Rückstand von der Röstung
verhältnißmäßig mehr Eisenoxyd und weniger schwefelsaures Natron enthält,
vortheilhaft gefunden, demselben auf 2890 Theile etwas mehr als 1780 Theile
Glaubersalz hinzuzufügen. Man darf aber den Zusatz von Glaubersalz nicht zu sehr
vergrößern, weil sonst die gewonnene Soda erheblich mit schwefelsaurem Natron oder
Schwefelnatrium verunreinigt seyn würde.