Titel: | Ueber ein einfaches Verfahren die Dicke einer Verzinkung auf Eisen zu schätzen; von Dr. Max Pettenkofer. |
Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. XCVII., S. 420 |
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XCVII.
Ueber ein einfaches Verfahren die Dicke einer
Verzinkung auf Eisen zu schätzen; von Dr. Max Pettenkofer.
Aus den Abhandlungen der
naturwissenschaftlich-technischen Commission bei der k. Akademie der
Wissenschaften in München.
Pettenkofer, über ein einfaches Verfahren die Dicke einer
Verzinkung auf Eisen zu schätzen.
Als die bayerische Eisenbahnbaucommission beauftragt wurde, die Telegraphenleitungen
durch Bayern herzustellen, wählte sie als Material für ihre Linien verzinkten
Eisendraht. Den mit inländischen Fabrikanten abzuschließenden Verträgen lag ein
englisches Muster zu Grunde, welches sich in der Praxis bereits bewährt hatte.
Demjenigen Fabrikanten, welcher einen 25 Fuß langen Probedraht einlieferte, der in
der Dicke der Verzinkung dem englischen Muster am nächsten stand, wurde die
Lieferung des gesammten Bedarfs übertragen. Um bei den Lieferungen im Großen leicht
untersuchen zu können, ob diese dem Probedraht gleich beschaffen wären, verlangte
die Eisenbahnbaucommission von mir die Angabe eines einfachen Prüfungsverfahrens.
Das Sicherste wäre allerdings gewesen, wenn man stets gleiche Längen des Drahts
(etwa 1 Fuß) mit verdünnter Salzsäure so lange behandelt hätte, bis alles Zink und
ein Theil des darunter befindlichen Eisens wäre aufgelöst gewesen, um aus der Lösung
dann nach den Regeln der analytischen Chemie das Zink zu scheiden und dem Gewichte
nach zu bestimmen. – Diese Methode hätte aber zu viel Zeit, Kenntnisse und
Apparate erfordert, als daß sie praktisch hätte angewendet werden können. –
Ich wählte deßhalb eine zwar minder schulgerechte, aber sehr leicht ausführbare und
sichere Methode, welche sich auf das Verhalten von metallischem Zink und Eisen gegen
eine verdünnte Kupfervitriollösung gründet. Es ist bekannt, wenn man blankes Eisen
in eine Auslösung von 1 Theil Kupfervitriol in 12 Theilen Wasser taucht, so
überzieht sich dasselbe alsogleich mit metallischem glänzendem Kupfer, das ziemlich
fest auf dem Eisen haftet; taucht man hingegen blankes Zink in eine solche Lösung,
so bedeckt sich dieses nach kurzer Zeit mit einem sammetschwarzen Pulver, welches
leicht abzuwischen ist und darunter erscheint wieder die weiße Zinkfläche. Hat man
eine verzinkte Eisenfläche und taucht man diese zeitweise in eine verdünnte
Kupfervitriollösung, indem man den sammetschwarzen Beschlag jederzeit abwischt, so
erkennt man den Zeitpunkt, wo alles Zink aufgelöst ist und das Eisen bloß liegt,
leicht daran, daß der schwarze Beschlag nach dem Eintauchen nicht wieder erscheint,
sondern dafür die rothe Farbe des Kupfers, welches sich auf das Eisen
niedergeschlagen hat, bemerkbar wird. Wurde ein Stück des englischen
Muster-Telegraphendrahtes etwa einen Zoll tief in eine Kupfervitriollösung
von obiger Stärke eingetaucht, 10 Secunden in derselben gelassen, herausgezogen, mit
weißem Filtrirpapier abgewischt, um wieder eben so lange hineingetaucht zu werden,
so hielt dieser englische verzinkte Eisendraht 26 solcher Eintauchungen und
Abwischungen aus, bis die rothe Kupferfarbe und damit das Eisen zum Vorschein kam.
Die beste von den bayerischen Proben hielt 16 Eintauchungen aus, und diese wurde
gewählt; denn bei dieser Stärke der Verzinkung kamen auf 1 Quadratfuß
Drahtoberfläche bereits 16,261 Gramme Zink, wie sich durch eine vorgenommene
analytische Untersuchung ergab. – Ein Drahtmuster, welches nur 3,847 Gramme
Zink auf 1 Quadratfuß Drahtoberfläche enthielt, hielt 3 Eintauchungen aus, ein
anderes mit 4,341 ertrug 4. – Die Wiederholung des Versuches mit ein und
derselben Drahtsorte gab stets die gleiche Zahl von Eintauchungen. Daß diese
Vorsicht der Eisenbahnbaucommission nicht überflüssig war, zeigte sich, als die
Lieferungen im Großen erfolgten, wo die Drähte oft nur 4 bis 5 Eintauchungen
aushielten, während das Muster, auf Grund dessen der Vertrag geschlossen war, 16
ertrug. Der Lieferant wurde allerdings durch dieses Verfahren in große Verlegenheit
gesetzt; aber es zwang ihn besser zu fabriciren, und er erreichte bald einen solchen
Grad der Vervollkommnung, daß seine Drähte gegenwärtig den englischen mindestens
gleich stehen, was die Stärke und Güte der Verzinkung anlangt.
Diese Prüfungsmethode hat die königl. bayerische Eisenbahnbaucommission bereits im
Jahre 1848 angewendet, und wie ich höre, ist sie von Bayern aus bereits vielfach
auch anderwärts in die Praxis übergegangen.
In botanischen Gärten benützt man längst das Verhalten einer verdünnten Kupferlösung
zu Zink, um eine dem Wetter widerstehende schwarze Schrift hervorzubringen. Man
schreibt dort die Namen der Pflanzen häufig auf Zinkblech mit einer Tinte, welche
wesentlich nur eine Auflösung von Grünspan ist.
Auf die nämliche Weise könnte man neue Zinkdächer schwärzen.
Die Zusammensetzung und die Eigenschaften des sammetschwarzen Pulvers, welches sich
auf Zinkflächen in Berührung mit verdünnter Kupfervitriollösung bildet, verdient
eine genauere Untersuchung und Besprechung: einstweilen bemerke ich nur, daß es aus
beiläufig 60 Procenten Kupfer und 40 Procenten Zink besteht, und eine Metalllegirung
im amorphen Zustande zu seyn scheint.