Titel: | Ersatz für den seideübersponnenen Kupferdraht der Multiplicator-Spiralen; von Hrn. Ritter v. Bonelli, königl. sardinischem Telegraphen-Director. |
Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. XCVIII., S. 422 |
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XCVIII.
Ersatz für den seideübersponnenen Kupferdraht der
Multiplicator-Spiralen; von Hrn. Ritter v. Bonelli, königl. sardinischem
Telegraphen-Director.
Aus den Comptes rendus, Mai 1856, Nr.
19.
Mit einer Abbildung.
Bonelli's Ersatz für den seideübersponnenen Kupferdraht der
Multiplicator-Spiralen.
Um die Erscheinungen des Elektromagnetismus und der Magnetelektricität
hervorzubringen, d.h. um aus der Elektricität die Wirkungen der Magnete und aus
diesen die Wirkungen der Elektromotoren abzuleiten, muß man sich immer metallischer,
mit einem isolirenden Stoff überzogener Drahtspiralen bedienen. Dieser Stoff bestand
seither aus einer Hülle von Seidengarn. Diese Drahtspiralen müssen je nach den
hervorzubringenden Erscheinungen und den in Anwendung gebrachten Kräften mehr oder
weniger dick und mehr oder weniger lang seyn; aber sehr oft muß man den Spiralen
eine bedeutende Länge und den Drähten einen möglichst kleinen Durchmesser geben. Nun
sind die mit Seide oder Baumwolle übersponnenen Metalldrähte und insbesondere die
feineren Sorten sehr theuer – ein Umstand, welcher die praktischen
Anwendungen der Elektricität erschwert. Es gibt überdieß Gränzen der Feinheit,
welche man nicht überschreiten kann und an die man sich halten muß, so wichtig es
auch seyn mag über eine noch größere Feinheit und einen noch größeren Widerstand
verfügen zu können. Es gibt mehrere Versuche, deren Anstellung von Wichtigkeit wäre,
und die dem Studium der Elektricität ein neues Feld eröffnen würden, auf die man
aber in Ermangelung sehr feiner und zweckmäßig isolirter Drähte verzichten muß.
Folgendes ist nun das Problem, dessen Lösung mir gelungen ist:
1) für elektromagnetische oder magnetelektrische Maschinen, für
Relais und Elektromagnete der Telegraphen sowie für Galvanometer, sehr billige
Spiralen herzustellen;
2) Spiralen von unendlich größerer Feinheit als die dünnsten
Drähte und zu einem um 4/5 billigeren Preis herzustellen.
Das sehr einfache Mittel, um ein so wichtiges Resultat zu erzielen, besteht darin,
daß ich die Metalldrähte durch endlose, mit metallischen Linien überzogene
Papierbänder ersetze. Man denke sich z.B. ein Papierband A,
B von der Höhe einer elektromagnetischen Spule oder des Rahmens eines
Galvanometers, und auf diesem Papier metallische Linien
aa', bb', cc', dd' gezogen, so ist klar, daß diese
Linien durch das sie trennende Papier von einander isolirt sind, und daß der
elektrische Strom jede derselben durchlaufen kann, wenn nur in dem Metall der Linien
die nöthige Continuität stattfindet. Wickelt man nun dieses Papier auf die Spule
oder auf den Rahmen, indem man die Enden a, b, c, d mit
einander und dem einen Pol, die Enden a', b', c', d' mit
dem andern Pol der Batterie in Verbindung setzt, so hat man dieselbe Wirkung, welche
ein Draht geben würde, dessen Querschnitt dem Querschnitt der Metalllinien
zusammengenommen und dessen Länge der Länge des Papierbandes gleich käme. Läßt man
dagegen das innere Ende dieses Bandes, wo sich die Enden a',
b', c', d' befinden, außen, und vereinigt a'
mit b, b' mit c, c' mit d, während man das Ende a
mit dem einen und das Ende d' mit dem andern Pol der
Batterie verbindet, so wird der Strom alle Linien hinter einander in der Richtung
aa', bb', cc' dd', also immer in demselben Sinne
durchlaufen und die nämliche Wirkung hervorbringen wie beim Durchlaufen eines
einzigen sehr dünnen Drahts von dem Querschnitt einer einzelnen dieser Metalllinien,
und von einer Länge gleich der Summe der Länge dieser Linien.
Textabbildung Bd. 142, S. 423
Wir haben in der Zeichnung der Einfachheit wegen nur vier Linien angenommen; es ist
aber einleuchtend, daß man diesen Linien und ihren Zwischenräumen eine Breite von 1
Millimeter und noch weniger geben kann, so daß auf eine gewöhnliche Spule deren 40
bis 50 kommen. Die metallischen Linien werden durch das zwischen und unter ihnen
befindliche Papier vollkommen isolirt erhalten, und da dieses Papier sehr fein und
sehr dicht auf die Spule gewickelt seyn kann, so ist man auch im Stande, eine sehr
bedeutende Länge solcher Metallspiralen anzuwenden, welche somit auf den Eisenkern
eine erheblich stärkere Wirkung hervorbringen werden. Wir haben nach dem
bezeichneten System einen Galvanometer und einen Elektromagneten construirt, welche
sich trefflich bewährten, und sind eben mit der Untersuchung der Regeln und Gesetze
beschäftigt, welche rücksichtlich der besten Construction der elektrischen Apparate nach dem neuen
System zu befolgen sind.