Titel: | Ueber die Herstellung der Pappedächer. |
Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. XCIX., S. 424 |
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XCIX.
Ueber die Herstellung der
Pappedächer.
Ueber die Herstellung der Pappedächer.
Die „Mittheilungen des Gewerbevereins für das Königreich
Hannover“ enthalten im Jahrgang 1855 S. 10 darüber Folgendes:
Sowohl wegen der Beschaffenheit der Pappen, als auch wegen der Art und Weise ihrer
Zusammenfügung, muß das Verlegen derselben möglichst sorgfältig ausgeführt werden,
wenn man ein gutes, dauerhaftes Dach erhalten will. Das Verfahren dabei ist einfach;
die Fabrikanten versehen ihre Abnehmer gewöhnlich mit einer genauen Beschreibung
desselben, und garantiren, wo ihre Vorschriften befolgt werden, für die
Dauerhaftigkeit des Daches.
Um den Pappen, welche hart sind, die zum Verlegen nöthige Elasticität zu geben, ist
es nöthig, daß man sie in einem ihrer Größe entsprechenden Gefäße mit warmem Wasser
übergießt und sie darin 1/2 bis 2 Tage, je nach ihrer Härte, liegen läßt. Demnächst
werden sie herausgenommen und jeder Bogen einzeln abgelöst, in Haufen zusammengelegt
und mit nassen Lappen bedeckt, um das schnelle Trocknen durch den Luftzug zu
verhindern. Auf gleiche Art ermöglicht man ein leichtes Ablösen der Pappbogen von
einander, wenn dieselben etwa bei der Versendung an einander geklebt seyn sollten,
was nicht leicht ganz zu vermeiden ist, obwohl die Pappen, um dieß zu verhüten,
gleich nach ihrer Anfertigung mit Asche bestreut werden. Man muß sich hüten, die
aneinanderklebenden Pappen im trockenen Zustande gewaltsam zu trennen, da sie
hierdurch leicht an den Rändern verletzt werden können. So sehr die Weichheit der
Pappen die Deckbarkeit erleichtert, macht sie auch wieder desto größere Vorsicht
nöthig, und man muß sich in Acht nehmen, die erweichten Pappen vor ihrem
Wiedererhärten mit Stiefeln oder Holzpantoffeln zu betreten, und namentlich auch
jede drehende Bewegung mit dem Fuße vermeiden. Die Arbeiter thun wohl, sich durch in
Oel getränkte Strümpfe gegen ihr Ankleben auf den Pappen zu schützen, und müssen aus
demselben Grunde sowohl ihre Hände als die zum Schneiden der Pappen nöthigen
Instrumente häufig mit Oel einreiben oder in dasselbe eintauchen.
Das Gefälle des Daches kann sehr gering sehn; bis 1/6 der Grundlinie oder 12/3
Dec.-Zoll auf 1 Fuß ist schon hinreichend. Ein stärkeres Gefälle schadet zwar
nichts, doch nimmt man nicht gern mehr als 1/3 der Grundlinie oder 3 1/3
Dec.-Zoll auf den Fuß, weil sonst die Deckbarkeit sehr beschwerlich wird. Die
Construction des Dachverbandes kann die einfachste und leichteste seyn, da das
Gewicht der Pappen sehr unbedeutend ist und selbst Erschütterungen desselben seiner
Dichtigkeit nicht schaden. Wohl muß man aber darauf achten, das Dachgerüst an seinen
Auflagern gehörig zu befestigen, damit nicht etwa, wie bei allen flachen Dächern,
das ganze Dach vom Winde fortgeweht werden kann. Eine Hauptsache ist es, die
Schalung möglichst eben herzustellen, die Fugen zwischen den einzelnen Bretern,
welche übrigens nur gut gesäumt zu seyn brauchen, nicht zu weit zu machen und
besonders die Breter gegen das Werfen zu bewahren. Zu diesem Ende thut man wohl, nur
schmale, etwa 8 Zoll breite trockene Breter zu nehmen, oder am besten, die geringen
Mehrkosten nicht zu scheuen und diese Breter noch in je 4 Zoll breite Streifen zu
trennen, die dann auf jeden Sparren zweimal mit 3 3/4 bis 4 Zoll langen Nägeln
genagelt werden müssen. Bei der gewöhnlichen Lage der Sparren von 3 Fuß von Mitte zu
Mitte genügen 3/4 zöllige Schalbreter vollkommen, namentlich, wenn man nicht
beabsichtigt das Dach viel zu betreten oder auf irgend eine andere Art zu benutzen;
doch sind 1 Zoll starke Breter zur Schalung jedenfalls vorzuziehen. Nachdem die bei
den Stößen etwa vorstehenden Kanten oder sonstige Unebenheiten der Schalung
beseitigt sind, nagelt man in der Richtung der Sparren dreieckige Latten auf
dieselben, welche bei 2 1/2 bis 3 Zoll Grundfläche, 1 1/4 bis 1 1/2 Zoll hoch sind,
und also aus 1 1/4 oder 1 1/2 Zoll starken Bretern oder Bretabfällen getrennt werden
können, und deren obere Kante etwas abgestumpft ist. Da sich die Entfernung dieser
Leisten, welche man mit Lattnägeln aufnagelt, nach der Größe der Pappen richten muß
und sowohl der Festigkeit als auch, bei überstehenden Dächern, des besseren
Aussehens wegen, dieselben gerade auf der Mitte der Sparren liegen sollen, so steht
ihre Entfernung in einem bestimmten Verhältniß zur Größe der Pappen, und zwar muß
dieselbe von Mitte zu Mitte 1 1/2 bis 2 Zoll geringer seyn, als die äußerste Breite
der Pappen ist. Ist die Entfernung der Sparren von Mitte zu Mitte daher 3 Fuß, so
müssen die Pappen eine Breite von 31 1/2 bis 32 Zoll haben.
Von den verschiedenen Methoden, welche man bis jetzt beim Verlegen der Pappen
angewendet hat, hat sich die mit bedeckter Nagelung und dreieckigen Leisten als die
unbedingt beste herausgestellt, wobei zum Ueberstreichen der Fugen Steinkohlenpech
in Anwendung kommt. Letzteres wird dadurch gewonnen, daß man Steinkohlentheer so lange
kocht (abdampft) bis er dickflüssig geworden ist. Nach dem Erkalten erstarrt es dann
und läßt sich bei niederer Temperatur wie das gewöhnliche Pech in Stücke
zerschlagen. Man erhält das Pech während des Gebrauches am besten durch
hineingeworfene heiße Steine oder Eisenstücke flüssig, die man, sobald es anfangt
kalt zu werden, öfters erneuern muß. Außer dem oben erwähnten Mittel, das Ankleben
und Beschädigen der Pappen während des Deckens zu verhüten, ist es auch sonst für
die Pappen von Vortheil, wenn sie, sobald sie fest liegen, mit trockenem Sande
bestreut werden. Ist das ganze Dach eingedeckt, und sind durch einige Tage anhaltend
warmes, trockenes Wetter die etwa vorhanden gewesenen Buckel geebnet, so versieht
man es noch mit einem Ueberzug von Kalktheer. Ist das Dach im Herbst oder Winter
gemacht, so kann man mit diesem Ueberzug ohne Gefährdung für das Dach ruhig auf
gutes Wetter warten. Den Kalktheer stellt man dadurch her, daß man Kalkmehl, welches
man am einfachsten erhält, wenn man ungelöschten Kalk an der Luft so lange mit
Wasser bespritzt, bis er zu Mehl zerfallen ist, mittelst eines Siebes und unter
fortwährendem Umrühren des kochenden Steinkohlentheers, mit diesem mischt, und zwar
gleiche Maaßtheile von beiden. Den entstehenden dünnflüssigen Brei muß man dann
möglichst heiß auf die gut abgefegte Dachfläche auftragen und ihn gleich darauf mit
an der Sonne oder im Backofen getrocknetem, scharfem Mauersand, mit Holz-
oder Torfasche, oder mit einer Mischung von beiden, mittelst eines feinen Siebes so
dick bestreuen, daß derselbe vollkommen gesättigt wird. Sowohl um den Theer
möglichst heiß bestreuen zu können, als auch um das Betreten der frisch gestrichenen
Fläche zu verhüten, sind hiezu zwei Arbeiter nöthig, von welchen der eine, welcher
den Sand streut, dem andern, welcher den Kalktheer aufstreicht, unmittelbar folgt.
Das Betreten der mit diesem Ueberzug ganz fertigen Dachfläche ist erst nach einigen
Tagen, nachdem der Theer hart geworden ist, zu gestatten.
Die Kosten eines Pappdaches stehen niederer, als beim billigsten Ziegeldach; noch
günstiger stellt sich das Resultat, wenn man auch in Rechnung bringt, daß das
Sparrwerk bedeutend leichter seyn kann. Die Unterhaltung kostet ganz wenig, denn ein
alle drei oder höchstens alle zwei Jahre wiederholter Kalktheer-Anstrich,
möglichst heiß und dünnflüssig aufgebracht, genügt vollkommen, und ist mit 1/3 Thlr.
pro Quadratruthe reichlich veranschlagt. Sollte das
Dach durch irgend eine äußere Verletzung einen Leck bekommen, so überstreicht man
diese Stelle mit heißem, dickem Steinkohlenpech, klebt darauf ein reichlich großes
Pappstück, dessen eine Ecke man dem Firste zukehrt und dessen beide nach oben
gekehrte Seiten man
möglichst dicht nagelt. Danach bestreicht man die Fugen und Nagelköpfe mit
Steinkohlenpech und bringt, wenn dieß ganz trocken ist, den gewöhnlichen
Kalktheer-Ueberzug darauf.Unsere Quelle enthält über die Feuersicherheit der
Pappedächer Nachstehendes:„Bei seiner Entstehung hatte das Pappedach am meisten mit dem
Vorurtheil zu kämpfen, daß es leicht brennbar, feuergefährlich sey. Es
hat sich aber aus angestellten Versuchen ergeben, daß ein Pappedach,
selbst bei noch nicht vollkommener Erhärtung des Ueberzuges, nur durch
hellloderndes Feuer in Brand gesteckt werden kann. Da ein solches Feuer
aber nur von unten oder von der Seite das Dach erreichen kann, also
gleichzeitig auch das Sparrwerk ergreifen muß, so ist es gleichgültig,
ob die von außen schützende Decke wirklich, wie die Ziegel,
unverbrennlich ist. Bei einem Feuer in der
Nachbarschaft gewährt ein Pappedach entschiedene Vortheile, da
es durch die Hitze nicht glühend wie Metall, oder flüssig wie Asphalt
wird, noch wie Ziegel zerspringt, auch seiner Form wegen als ein
bequemer Platz zum Löschen des Feuers dienen kann.“„Seitdem dieses Vorurtheil beseitigt und damit das einzige
Hinderniß der Verbreitung gehoben ist, vermehren sich die Pappedächer
mit unglaublicher Schnelligkeit; auch stellen alle
Feuerversicherungs-Gesellschaften die Pappedächer in gleichen
Rang mit den Ziegeldächern.“Nach dem „Handelsbericht aus Köln“ hat in einem großen
Theil der Rheinprovinz und Westphalens die Eindeckung der Dächer mit
getheertem Pappendeckel häufige Anwendung gefunden und sich als durchaus
praktisch bewährt. Die Hauptvortheile dieser Dach-Eindeckung sind,
daß ein Theerpappedach 1) wegen seines geringen Gewichtes einen ganz
leichten und daher wohlfeilen Dachstuhl zuläßt, 2) nur einer geringen
Steigung der Dachfläche bedarf, ohne daß der Wasserabfluß deßhalb gehindert
ist; 3) daß wegen dieser geringen Steigung der ganze Bodenraum nutzbar
gemacht werden kann; 4) daß die Unterhaltungskosten eines solchen Daches so
gering sind, daß sie kaum in Anschlag gebracht zu werden verdienen. –
Die Darstellung getheerter Pappe ist daher in jener Gegend zu einem neuen
Industriezweig herangewachsen. In einem Hauptetablissement werden
Dachpfannen, Ziegelsteine, Wasserleitungsröhren und Filze asphaltirt, welche
Gegenstände immer mehr Anerkennung und Verbreitung finden.