Titel: | Ueber Bereitung, Eigenschaften und Nutzanwendung des Wasserglases mit Einschluß der Stereochromie; von Dr. Johann Nepomuk v. Fuchs, Professor der Mineralogie und Akademiker in München. |
Autor: | Johann Nepomuk Fuchs [GND] |
Fundstelle: | Band 142, Jahrgang 1856, Nr. C., S. 427 |
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C.
Ueber Bereitung, Eigenschaften und Nutzanwendung
des Wasserglases mit Einschluß der Stereochromie; von Dr. Johann Nepomuk v. Fuchs, Professor der Mineralogie und Akademiker in
München.
(Schluß von S. 392 des vorhergehenden
Heftes.)
Fuchs, über das Wasserglas.
Bevor ich weiter gehe, kann ich nicht umhin, hier in Beziehung auf die vorhergehenden
Bemerkungen über Wand- oder Monumentalmalerei auf
Mörtelgrund (Stereochromie) Einiges einzuschalten.
Daß man das Wasserglas bei der Stereochromie nicht gebrauchen kann, wie das Oel bei
der Oelmalerei, nämlich so, daß die Farben vor dem Auftragen mit Wasserglas
angemacht werden, davon überzeugte man sich bald. Denn wenn auch dasselbe bedeutend
verdünnt ist, so werden doch die Pinsel bald steif und die Farben stocken auf der
Palette. Allein, ob das Wasserglas durchaus und unter allen Fällen als Beisatz zu
den Farben zu verwerfen sey, ist denn doch eine Frage. Daß es nicht zu entbehren
sey, wenn man schadhafte Theile an einem Bilde ausbessern will, oder wenn man,
nachdem es fixirt worden, irgend eine Stelle noch zu übermalen, um sie mit den
übrigen in gehörige Harmonie zu bringen, beabsichtigt, ist eine ausgemachte Sache.
Darum bin ich auch der Meinung, daß es auch beim Malen als Zusatz zu manchen Farben,
besonders den magern, gute Dienste leisten könne. Ich meine hiemit nicht das
gewöhnliche Kali-Wasserglas, was in keinem Falle zulässig ist, sondern das
mit Natrumkieselfeuchtigkeit versetzte, wie es zum Fixiren der Bilder gebraucht wird
und auch dieses nur in ziemlich stark verdünntem Zustande.
Wenn der Pinsel anfängt etwas steif zu werden und seinen Dienst zu versagen, so ist
nichts anderes hiebei zu thun, als ihn in ein Glas mit reinem Wasser zu stellen;
nach kurzer Zeit, nachdem er gut ausgewässert worden, wird man ihn wieder so
brauchbar finden, wie er vorher war. Unterdessen kann man sich eines andern
bedienen.
An der Luft darf man ihn vor dem Abwaschen nicht austrocknen, weil er ganz steif
würde, und dann nicht mehr leicht aufzuweichen wäre.
Dem Stocken der Farben auf der Palette ist leicht dadurch vorzubeugen, daß man ihnen
mittelst eines Tropfglases von Zeit zu Zeit einen Tropfen Wasser zusetzt; was doch
gewiß keine Schwierigkeit hat. Gut würde es auch seyn, wenn nicht zu viel Farbe auf
einmal auf die Palette käme.
Dieß in Betreff dieses Punktes meine unmaßgeblichste Meinung; den Künstlern bleibt es
überlassen zu prüfen, ob dieses Verfahren nach Umständen zulässig oder ganz zu
verwerfen sey.
Bei dieser Gelegenheit glaube ich anführen zu dürfen, daß v. Kaulbach die erste Probe mit verdünntem Wasserglas, dem ich etwas Aetzkali
beisetzte, ausgeführt hat, wobei ihm ein breiter Ziegelstein mit einer Lage von
Mörtel, der mit Marmorpulver bereitet worden, als Unterlage diente. Diese Probe fiel
so gut aus, daß er sogleich für die neue Malart eingenommen wurde. Dieses Probestück
ist noch vorhanden, obwohl ihm manche Torturen angethan wurden, und bis jetzt gut
erhalten; ein zweites
größeres, aber ebenso gemaltes und sehr gut gelungenes, ist durch einen Unfall zu
Grunde gegangen. Bald nachher äußerte er sich, daß ihm denn doch ein schmiegsameres
Bindemittel zur anfänglichen Haftung der Farben auf dem Malgrund erwünscht wäre,
worauf ich ihm eine kleisterartige Masse gab, wie man sie erhält, wenn man eine
verdünnte Alaunauflösung mit Wasserglas präcipitirt und etwas von dem gut
ausgewaschenen Niederschlag davon den Farben beisetzt. Es wurden damit einige Proben
gemacht, die gut, einige mitunter sehr gut ausfielen; allein später sagte ihm dieses
Mittel nicht mehr zu; er fand es zu umständlich und unbequem, und kam zu der
Einsicht, daß wenn die Malgründe rauh sind, gar kein bindender Zuschlag zu den
Farben nöthig ist, sondern daß sie vorläufig genügend haften, wenn sie bloß mit
reinem Wasser aufgetragen werden.
––––––––––
Dem vorhin in Betreff der Fixirung der Farben Gesagten muß ich noch beifügen, daß man
mit dem dabei in Anwendung kommenden Wasserglas schon etwas dreister verfahren darf,
als mit dem früher zu diesem Zweck angewendeten, nämlich dem Kali-Wasserglas,
indem man nicht zu fürchten hat, daß mißfarbige Flecken entstehen. Ein etwas
größeres Maaß von diesem Wasserglas als gerade nothwendig wäre, die Farben zu
binden, kommt dem Obergrund zu gut, der dadurch um so fester wird und sich dauerhaft
mit den Farben vereinigt.
Bleibt das Wasserglas über eine Minute stehen ohne eingesogen zu werden, so braucht
man es, falls man fürchtet, es könnte zu graulich weißen Flecken eintrocknen, nur
mit Löschpapier wegzunehmen. Uebrigens hat man auch beobachtet, daß solche Flecken
mit der Zeit von selbst verschwunden sind.
Sind die Farben gut fixirt, so ist das Gemälde fertig. Zum Schlusse kann es nach ein
paar Tagen vortheilhaft mit Weingeist tüchtig benetzt und damit abgewaschen werden,
wodurch das Wasserglas und damit das ganze Bild noch mehr consolidirt und Schmutz
und Staub nebst etwas frei werdendem Alkali weggenommen werden. Nach wenigen Tagen
kann es, ohne eine Beschädigung zu erleiden, mit reinem Wasser, nicht mit
Quellwasser, was kohlensauren Kalk darauf absetzen könnte, abgewaschen und auch dem
Regen ausgesetzt werden.
Während des Malens eines Bildes auf der Außenseite eines Gebäudes muß Sorge getragen
werden, daß es nicht von einem starken Regen getroffen wird, weil sonst in einer
Stunde zerstört werden könnte, was mehrere Wochen zur Herstellung erforderte.
Diesem habe ich nichts weiter mehr beizusetzen, als den Rath, daß man das fertige
Gemälde nicht ganz außer Augen lassen möchte, besonders wenn es im Freien der
Witterung ausgesetzt ist. Nach Verlauf einiger Monate oder auch eines Jahres sollte
man es prüfen, ob es sich einsaugend zeigt. Ist dieses der Fall, so beweiset es, daß
durch allmählich noch fortgeschrittene Contraction des Wasserglases mehr oder
weniger Poren entstanden sind, die zwar keinen wesentlichen Schaden verursachen,
deren Ausfüllung aber mit Fixirungs-Wasserglas begreiflicher Weise nicht
anders als nützlich seyn kann; denn je mehr Kieselerde einem stereochromischen
Gemälde beigebracht werden kann, desto fester und dauerhafter muß es werden. Mein
Rath geht demnach dahin, das Nachfixiren dieser Gemälde,
besonders derjenigen, die an der Außenseite eines Gebäudes ausgeführt worden, nicht
zu versäumen, wenn es ja leicht thunlich ist.
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Im Vorhergehenden ist nur die Rede davon gewesen, wie auf einer neuen, von Bewurf
entblößten und frisch mit Ober- und Untergrund versehenen Mauer verfahren
werden soll, um ein stereochromisches Gemälde auszuführen. Es entsteht nun die Frage
– und sie ist bisweilen schon an mich gerichtet worden – ob nicht auch
auf ältern und mit Mörtelbewurf schon versehenen Wänden geradezu stereochromisch
gemalt werden könne? Diese Frage kann ich nur bedingungsweise mit
„Ja“ beantworten. Wenn nämlich der Bewurf, nachdem er mit
einem scharfen Sandstein abgerieben und gehörig geebnet worden, sich genugsam
einsaugend und mit dem Gestein der Mauer fest verbunden, durchaus trocken und frei
von Mauerfraß zeigt, kurz: wenn, wie man im gemeinen Leben zu sagen pflegt, die
Mauer ganz gesund ist, so ist kein Grund vorhanden, warum man nicht mit Sicherheit
und gutem Erfolg sollte malen können, nachdem sie vorher mit Wasserglas gehörig
imprägnirt worden. In diesem Betreff kann ich aus eigener Erfahrung, die ich in
Gemeinschaft mit Hrn. Galleriedirector v. Zimmermann und
dem seligen Krötz, Professor an der hiesigen
Gewerbeschule, gemacht habe, ein Wort sprechen.
Unserem Wunsche, die Herstellung eines stereochromischen Gemäldes an der Außenseite
und der Witterung stark ausgesetzten ältern Gebäudes zu versuchen, kam Hr. Baurath
Himbsel mit dem Ersuchen entgegen, zwei
Heiligenbilder an seinem ungefähr zwanzig Jahre alten Landhause am Starnbergersee
(Würmsee) anbringen zu wollen. Wir fanden bei genauer Untersuchung die Mauern
gesund, den reichlich mit Kalk versehenen Mörtelwurf fest an der Mauer anliegend,
wovon wir uns durch Anklopfen mit einem kleinen Hammer überzeugten, zugleich aber auch so geschlossen,
daß er selbst nach dem Abreiben mit einem sehr rauhen Sandstein nicht genug
einsaugend sich zeigte. Wir gaben jedoch unser Vorhaben nicht auf und griffen nach
der Phosphorsäure, die mit sieben Theilen Wasser verdünnt war, und überstrichen
damit die zu bemalende Fläche zweimal hintereinander. Nach dem Trocknen fand sich
die Wand zwar nicht sehr begierig, aber doch so stark einsaugend, daß das Malen ohne
Bedenken unternommen werden konnte. Hr. v. Zimmermann
führte auch ohne Schwierigkeit beide Gemälde aus. Sie wurden hierauf gehörig fixirt,
und nach Verlauf eines Jahres noch einmal nachfixirt. Nun sind sie fünf Jahre alt
und bisher ganz unversehrt geblieben. Ich werde weiter unten noch einmal darauf
zurückkommen.
Dieser günstige Erfolg führte mich durch einen consequenten Ideengang zu dem
Gedanken, daß vielleicht Frescobilder mit schicklich angebrachtem Wasserglas in
stereochromische umgewandelt und in Hinsicht der Dauerhaftigkeit, abgesehen von der
artistischen Vollendung, gleichgemacht werden könnten. Da ich bisher keine
Gelegenheit hatte Versuche darüber zu machen, so muß ich es vor der Hand dahin
gestellt seyn lassen, ob dieses mit gutem Erfolge auszuführen sey oder nicht.
Wünschenswerth möchte es allerdings seyn, da bei den in der neuesten Zeit der
Stereochromie zum Trotz hergestellten Frescogemälden nach Verlauf einiger Jahre
dieses Mittel sehr willkommen seyn könnte, um sie vor der Zerstörung zu
schützen.
Aus Mangel aller Erfahrung hierüber kann ich nur meine Meinung sagen, wie ungefähr
dabei zu Werke gegangen werden könnte.
Zuvörderst wäre das Bild mit Regenwasser, was mit reiner Essigsäure angesäuert
worden, durch Anspritzen abzuwaschen, Staub und Schmutz, vorzüglich aber mittelst
der Essigsäure das dünne Häutchen von kohlensaurem Kalk, was auf der Oberfläche der
Farben liegt und das Einsaugen verhindert, wegzuschaffen, und hierauf dasselbe mit
reinem Wasser stark anzuspritzen, um den erzeugten essigsauren Kalk, der sich mit
dem darauf folgenden Wasserglas nicht vertragen würde, zu entfernen. Stärkere Säure
ist nicht zulässig, weil das etwa vorhandene Ultramarin entfärbt und das Chromroth
in Gelb verwandelt werden würde. Es wäre selbst mit der verdünnten Essigsäure
vorsichtig zu verfahren und nur leise mittelst eines mit dieser Säure getränkten
Schwammes darüber hinzufahren und überhaupt nur wenig Gebrauch davon zu machen, weil
sonst durch die sich entbindende Kohlensäure nach Entfernung des Bindemittels, d. i.
des kohlensauren Kalks, die Farben zu sehr aufgelockert und nicht mehr gut auf dem Grunde haften
würden. Hierauf wäre nichts weiter zu thun, als das Bild nach dem Austrocknen wie
gewöhnlich mit Fixirungs-Wasserglas, falls es gehörig einsaugt, sattsam zu
tränten.
Daß die Frescogemälde in unserm Klima nicht von großer Dauer seyen, darüber belehrt
uns augenscheinlich am hiesigen Isarthor ein großes und schönes Gemälde, den Einzug
des Kaisers Ludwig des Bayers nach der Schlacht bei Ampfing vorstellend, was vor
ungefähr zwanzig Jahren gemalt worden ist und schon so sehr gelitten hat, daß, wenn
nicht bald Abhülfe getroffen wird, es in nicht langer Zeit gänzlich zu Grunde gehen
muß. Dabei ist zu bemerken, daß sich dasselbe in sehr günstiger Lage befindet,
nämlich gegen die Morgenseite über dem Bogen des Thores, und daher nicht der
Wetterseite ausgesetzt ist und ihm vom Boden herauf durch die Mauer kein Wasser und
mithin keine Mauerfraß erzeugenden Salze zugeführt werden können.
Es ist nun die Frage, was zu thun sey, ob und wie dasselbe vom Untergange gerettet
werden könnte.
Es kommt hierbei darauf an, wie weit die Zerstörung fortgeschritten, ob sie nur
oberflächlich oder tiefer in den Grund selbst eingedrungen ist, Klüfte und Spalten
entstanden oder gar Theile heruntergefallen sind. Darnach hat sich die Behandlung
des schadhaften Gemäldes zu richten, was dem Urtheile und der Ausführung desjenigen
anheim gegeben werden muß, welchem die Restauration anvertraut wird.
Ich kann nur überhaupt so viel sagen: daß ich kein anderes Abhülfsmittel kenne, als
das Wasserglas und den Wasserglas-Mörtel; jenes zum Fixiren der Farben und
des Grundes, diesen zum Ausfüllen von Spalten und Lücken, die dann kunstgemäß
wiederum zu bemalen wären. Sollte auch das Bild durch die angedeutete Behandlung
nicht mehr in seiner ursprünglichen Vollkommenheit herzustellen seyn, so würde
dadurch sicher so viel bezweckt, daß die Zerstörung nicht weiter mehr um sich
greifen und das, was noch gut erhalten ist, vom Untergang gerettet würde.
––––––––––
Da die Stereochromie erst vor kurzer Zeit ins Leben getreten ist und noch um ihre
Existenz kämpfen muß, so darf man nicht annehmen, daß sie schon den höchsten Grad
der Vollkommenheit erreicht habe, sondern daß, wenn sie erst in mehrere Hände
gekommen, noch manche Verbesserungen werden angebracht und manche Vortheile dabei
errungen werden.
Ein Hauptaugenmerk dabei verdient immer auf den Ober- oder Malgrund gerichtet
zu werden, wobei leicht Fehler gemacht werden können, wie sie denn auch früher
gemacht wurden.
Deßhalb war ich in der letzten Zeit noch bemüht, einen bessern und sicherer zum Ziele
führenden herzustellen, als der beste bisherige war; und ich glaube, daß es mir
gelungen sey, einen allen Anforderungen entsprechenden Malgrund herzustellen.
Und dieser ist, damit ich es kurz sage, nichts anderes als der Wasserglasmörtel.
Nach meinen hierüber gemachten Versuchen sind zu diesem Mörtel als Grundlagen
geeignet: Marmorpulver, Dolomitpulver und mit an der Luft zerfallenem Kalk gemengter
Quarzsand. Auch für die beiden andern ist es gut, wenn ihnen etwas von diesem Kalk
oder eine kleine Portion Zinkweiß beigesetzt wird, um das darauf folgende Wasserglas
desto sicherer und kräftiger zu binden. Dabei ist eine genaue Vermengung sehr zu
empfehlen.
Die Ingredienzien dieses Mörtels sind im Wesentlichen von denen des bisher zur
Herstellung des Obergrundes gebrauchten nicht verschieden; nur die Art der Bereitung
ist eine andere.
Der Wasserglas-Mörtel hat in mehrfacher Hinsicht nicht unbedeutende Vorzüge
vor dem Kalkmörtel: das Verfahren damit ist sehr einfach, so daß es jeder
einigermaßen geschickte Maurer leicht einüben kann; ein Fehlgriff ist kaum möglich,
da das einmal gewählte Material immer dasselbe bleibt; das Wasserglas ist in der
ganzen Masse gleichmäßig vertheilt, so daß durch und durch gleiche Bindung
stattfindet, was bei dem andern Mörtel, welchem das Wasserglas erst später
beigebracht wird, kaum möglich ist; das quantitative Verhältniß des Wasserglases zum
Sande bestimmt sich so zu sagen von selbst, indem ihm nämlich nur so viel
beizusetzen ist, als erfordert wird, dem Ganzen die gehörige Mörtelconsistenz zu
geben; es kann während des oftmaligen Benetzens des Grundes beim Malen sich kein
Kalk ausscheiden und an die Oberfläche begeben, wodurch die Farben getrübt würden,
weil kein auflöslicher Kalk vorhanden ist; auch kann sich deßhalb nicht wie bei dem
andern Mörtel eine Kalkkruste bilden, die erst abgerieben werden muß, bevor ihm das
Wasserglas zum Einsaugen dargeboten wird; endlich kommt dazu noch der wichtige
Umstand, daß das Wasserglas, womit dieser Mörtel erfüllt ist, unmittelbar in
Berührung tritt mit dem Untergrund, und dadurch beide gleichsam aneinander
geschmolzen werden, während es bei dem bisherigen Verfahren immer ungewiß bleibt, ob
das Wasserglas durch den Obergrund so weit eindringt, daß es überall den Untergrund
erreicht.
Ist dieser Mörtel überall gleich dick aufgetragen und gehörig geebnet worden, so läßt
man ihn austrocknen, wobei er bald steinhart wird. Anfangs zeigt er sich wenig oder
fast gar nicht einsaugend, was begreiflich ist, weil alle Zwischenräume mit
Wasserglas ausgefüllt sind; nach einigen Tagen aber und besonders wenn die Luft warm
und trocken ist, nimmt er diese Eigenschaft in befriedigendem Grade an, nimmt aber
dabei an Festigkeit wegen Zusammenziehung des Wasserglases nicht unbedeutend ab, und
muß dann, um ihm die gehörige Consistenz zu geben, ein- oder zweimal
hintereinander mit Wasserglas, dem 1/2 Maaßtheil Wasser beigesetzt worden, getränkt
werden. Es ist aber dabei Vorsicht nöthig, daß nicht durch Anwendung von zu viel
Wasserglas die Poren verstopft werden, was dem Malen sehr hinderlich seyn würde.
(Das Abbrennen von Weingeist auf so verschlossenem Grunde würde wahrscheinlich
diesen Uebelstand wieder heben.)
Wittert auf der Oberfläche kohlensaures Natrum aus, so ist dieses ein Zeichen, daß
der Mörtel gut bindet. Das ausgewitterte Salz läßt sich sehr leicht mit einem nassen
Schwamm wegwischen, wodurch sich der Grund noch fester zeigt als er vorher war.
Wenn der Grund ganz fertig ist, kann mit dem Malen begonnen und fortgefahren werden,
wie nach der bisherigen Art.
Hr. Echter ist gegenwärtig beschäftigt, ein
Staffeleigemälde auf Wasserglas-Mörtel auszuführen, und die Arbeit hat sehr
guten Fortgang. Dazu dient ihm eine Platte von gebranntem Thon, welche 3' 4'' hoch,
3' breit und 1/2'' dick ist. Nachdem diese sattsam mit Wasserglas war angeschwängert
worden, wurde als Malgrund der Wasserglas-Mörtel 1''' dick aufgetragen und
gehörig geebnet. Das Malen auf diesem Grunde geht so gut von statten, daß, wie Hr.
Echter sich äußerte, er sich keinen bessern Grund
wünschen könnte.
Der zu diesem Gemälde in Anwendung gebrachte Wasserglas-Mörtel wurde mit
pulverisirtem Dolomit, von dem das feinste Pulver mittelst eines feinen Siebes
entfernt und welchem dagegen etwas an der Luft zerfallener Kalk beigegeben worden
war, mit Wasserglas zu einer Masse von gewöhnlicher Mörtelconsistenz angemacht und
auf die Platte gehörig und, wie schon gesagt, nur 1''' dick aufgetragen und nach
einigen Tagen, nachdem er gut ausgetrocknet war, mit Wasserglas, das mit gleichen
Theilen Wasser verdünnt war, gehörig imprägnirt u.s.w.Dieses Gemälde ist inzwischen glücklich vollendet worden. Der Künstler hatte
als Gegenstand die Madonna della Sedia von Raphael gewählt. – Das
Bild befindet sich im Besitze Seiner Majestät des Königs Max von Bayern und
ist gegenwärtig in einer Wand des königlichen Wintergartens angebracht.Dr. M. Pettenkofer.
Es ist auch der hydraulische Kalk als Material zum Malgrund zur Sprache gekommen,
weil er schon mit wenig Wasserglas eine Masse von bedeutender Festigkeit bildet, die
auch sehr gut einsaugt und die auch das Anziehen des sonst langsam anziehenden
hydraulischen Kalks sehr befördert. 1 Theil festes Wasserglas ist zu 15 Theilen
hydraulischen Kalks hinreichend, wie Hr. Feichtinger
durch mehrere Versuche nachgewiesen hat. Ein größeres Quantum von Wasserglas ist
eher schädlich als nützlich. Allein, da der Wasserglas-Mörtel Alles leistet
was zu verlangen ist, und man bei seiner Herstellung Alles in seiner Gewalt hat, so
wollte ich mich auf jenes Material nicht einlassen, um so weniger, da man es schwer
von stets gleicher Beschaffenheit zu erhalten vermag und daher eines sichern
Erfolges nicht immer gewiß seyn kann. Uebrigens erlaube ich mir zu bemerken, daß ich
auch schon in meiner Abhandlung „über Kalk und Mörtel“ des
Dienstes erwähnte, welchen das Wasserglas dem hydraulischen Kalk leisten kann.S. 49 heißt es in dieser Abhandlung:„Ein sehr gutes Mittel, diesen oder jeden andern hydraulischen
Mörtel vor dem Zerfallen zu schützen und in kurzer Zeit zu einer großen
Festigkeit zu bringen, ist die Glasauflösung. Ueberstreicht man ihn
damit, nachdem er zuvor etwas angezogen hat, und bevor man das Wasser
darauf wirken läßt, so kann ihm das Wasser nicht das Mindeste mehr
anhaben. Er bekommt eine harte Kruste, hinter welcher der Kalk und das
Cement ruhig und ungestört ihre gegenseitige Einwirkung fortsetzen
können. Kleine Proben, welche ich in sehr verdünnte Glasauflösung legte,
wurden in 2–3 Tagen auf der Oberfläche so hart, daß sie sich
nicht mehr mit dem Fingernagel ritzen ließen Die Flüssigkeit, welche
sonst immer durch den aus dem Mörtel sich herausziehenden Kalk getrübt
wird, blieb vollkommen klar. Dieses nicht sehr kostspielige Mittel
möchte sich daher in nanchen Fällen mit Vortheil in Anwendung bringen
lassen.“
Es ist oben schon angedeutet worden, daß die Stereochromie sich nicht auf die
Wandmalerei allein beschränkt, sondern auch auf verschiedenen andern Unterlagen sich
anbringen läßt, und auch stereochromische Staffeleigemälde für die Dauer hergestellt
werden können. Diesen Gegenstand glaube ich nun noch etwas weiter besprechen zu
müssen. Zu den vorzüglichsten, zu diesem Zwecke dienenden Unterlagen gehört alles,
was aus mäßig und so weit gebranntem Töpferthon, daß er noch gut einsaugt,
verfertigt worden, als: Thonplatten, Thongeschirre, Oefen von Thon etc. Darauf kann
sowohl unmittelbar als mittelbar gemalt werden, indem, wenn sie sattsam mit
Wasserglas getränkt sind, gar kein Grund vorhanden wäre, warum die Farben darauf
nicht eben so gut hafteten, als auf irgend einem Mörtelgrunde. Es möchte jedoch
besser seyn, denselben einen dünnen Ueberzug von Wasserglas-Mörtel zu geben,
weil sich dadurch leichter eine ganz ebene und gleichmäßig rauhe Oberfläche als die geeignetste zum
Malen herstellen läßt.
Auf Thonplatten lassen sich Staffeleigemälde von ziemlichem Umfange sehr gut
ausführen, wobei nur der Uebelstand ist, daß, wenn sie eine gewisse Größe
überschreiten, sie wegen ihrer Schwere nicht bequem zu behandeln sind und bei einem
Unfall leicht zu Grunde gehen können, wie es leider vor kurzem bei einem von Hrn.
Echter meisterhaft ausgeführten Gemälde der Fall war,
welches durch Umstürzen in mehrere Stücke zersprang.
Diese Platten sollen nicht über 3/7'' dick und nicht zu hart gebrannt seyn, damit sie
gut einsaugen. Ihre Oberfläche soll eben, aber nicht glatt, sondern rauh seyn.
Wenn sie mit Doppelwasserglas, was mit einem halben Theil Wasser verdünnt worden,
öfters getränkt werden, so bekommen sie eine Festigkeit, wie sie nicht größer durch
starkes Brennen zu erlangen ist; verlieren sie durch starkes Tränken mit Wasserglas
die Eigenschaft einzusaugen, so dürfen sie nur, damit sie dieselbe wieder erlangen,
einige Zeit erwärmt werden. Dasselbe wird erzielt, wenn man Weingeist darüber
abbrennen läßt.
Will man unmittelbar darauf mit gutem Erfolg malen, so dürfte den Farben, besonders
den magern, immer etwas Fixirungs-Wasserglas beigesetzt werden. Die weitere
Behandlung versteht sich von selbst. Ebenso wie auf Thonplatten kann auf
verschiedenen andern Gegenständen von gebranntem Thon gemalt werden, und dazu
gehören z.B. aus Thon verfertigte Figuren, Ornamente, Vasen, Becher etc., die
dadurch an Schönheit und Dauerhaftigkeit sehr viel gewinnen würden. Hiebei wäre aber
auf die Qualität des zu diesen Gegenständen zu verwendenden Thons Rücksicht zu
nehmen.
Vorzügliche Berücksichtigung verdienen aber in dieser Hinsicht die aus gebranntem
Thon (Kacheln) verfertigten Zimmeröfen, welchen durch Bemalen oder Anstreichen ein
angenehmes Ansehen gegeben werden kann. Ich glaube, daß der Kunst hiebei nicht
selten Gelegenheit geboten werden könnte, auch von dieser Seite unsere Wohnungen zu
verzieren, den Schönheitssinn zu wecken und den Geschmack zu bilden, wobei
Zeichnung, Form und Farbe zusammenwirken und Töpfer und Maler sich die Hand reichen
müssen.
Um mich von der Ausführbarkeit zu überzeugen, ließ ich in meinem Laboratorium aus dem
schwarz angestrichenen Kachelofen eine Kachel herausnehmen und eine neue von
demselben Thon einsetzen, welche nach vorhergegangener sattsamer Tränkung mit
Wasserglas, mit verschiedenen Farben nebst etwas Wasserglas in bandförmigen Streifen
angestrichen worden, worauf sie bis zur Sättigung fixirt wurden.
Nachdem der Ofen ein paarmal war geheizt worden, zeigten sich die Farben nicht mehr
so stark haftend wie anfänglich, so daß sie wieder fixirt werden mußten; und dieses
mußte später noch ein paarmal wiederholt werden.
Hieraus ist deutlich zu sehen, wie sich durch die Wärme die Zusammenziehung des
Wasserglases steigert. Besser hätte ich gethan, wenn ich die Kachel vor dem
Einsetzen öfters abwechselnd mit Wasserglas getränkt und erwärmt hätte, um ihr die
größtmögliche Menge von diesem beizubringen. Dieses will ich hiemit jedem anrathen,
der einen ähnlichen Versuch machen oder praktisch ausführen will. Zwei Winter
hindurch hielten sich die Farben bei fast täglicher sehr starker Heizung ganz
unverändert, und hafteten so fest, daß sie nur schwer losgemacht werden konnten. Der
weitern Beobachtung machte im vorigen Winter der Heizer ein Ende, indem er beim
Einheizen die Kachel herausstieß, die in vier Stücke zersprang, woran aber die
Farben noch ganz gut und ungetrübt erhalten sind.
Gußeisen mit gutem Erfolg stereochromisch anzustreichen,
lehrte uns der Oberpostrath und Vorstand des Telegraphenamtes Hr. v. Dyk.
Er hat nämlich vor drei Jahren auf einen Vorschlag des Hrn. Prof. Pettenkofer hin die gußeisernen Oefen in seinen Bureaux
auf den ebenen Flächen mit sogenanntem caput mortuum,
und auf den erhabenen Stellen die Einfassungen und Verzierungen mit Zinkweiß
anstreichen lassen. Dieser Anstrich hat sich bisher ganz gut erhalten. Hr. v. Dyk machte hiebei die interessante Erfahrung, daß der
Anstrich nur dann gut haftet, wenn das Eisen wenigstens handwarm ist, daß es aber,
wenn er bei niederer Temperatur gemacht worden, abfällt, sobald der Ofen geheizt
wird.
Die Ursache dieses Unterschiedes liegt ohne Zweifel darin, daß bei höherer Temperatur
die Poren des Eisens etwas mehr geöffnet werden, und die darin befindliche Luft
etwas verdünnt und zum Theil daraus verdrängt wird, so daß dann der Anstrich, resp.
das Wasserglas, sich genauer anlegen kann.
Dieses macht mich auf einen Umstand aufmerksam, welcher bisher beim Fixiren des
Malgrundes und der stereochromischen Bilder nicht beachtet worden war, nämlich die
Temperatur, bei welcher dieses geschieht, und insbesondere welche das dabei dienende
Wasserglas hat.
Hierüber muß ich nachträglich noch Einiges sagen:
Eine Hauptsache ist es, daß das Wasserglas gleichmäßig und tief eindringe, um in
allen Theilen gleiche und starke Bindung zu bewirken. Dieses ist die Ursache, warum
das Wasserglas mehr oder weniger mit Wasser verdünnt werden muß. Da es wie andere
Flüssigkeiten, wenn es erwärmt wird – etwa zwischen 30 und 40 Grad Reaumur
– bedeutend dünnflüssiger (liquider) wird, so muß es auch weit leichter in
die porösen Massen eindringen und die Luft aus den Zwischenräumen verdrängen, als
dieses bei gewöhnlicher Temperatur geschehen kann, oder zu erwarten ist. Dadurch
kann mithin die erforderliche Verdünnung des Wasserglases zum Theil durch die Wärme
bewirkt, oder ein Theil des Wassers durch die Wärme ersetzt werden, was
begreiflicher Weise für die zu fixirenden Gegenstände sehr vortheilhaft seyn muß.
Insbesondere wird sich diese Wirkung der Wärme dann sehr merklich zeigen, wenn auch
diese Gegenstände zugleich erwärmt werden, so daß, wenn diese Behandlung mit
Aufmerksamkeit und Sorgfalt geschieht, man eine Festigkeit und Dauerhaftigkeit
erzielen kann, wie sie nicht viel größer die Mosaik aufzuweisen hat.
Wenn das Fixiren mit der Spritze geschieht, so kann diese am leichtesten durch
Eintauchen in warmes Wasser erwärmt werden. Was die Erwärmung des zu fixirenden
Körpers betrifft, so kann sie nicht wohl auf eine andere Art besser geschehen, als
daß man darauf Weingeist abbrennen läßt. Dieses kann aber bei den bloß mit Wasser
aufgetragenen und nur locker haftenden Farben nicht gleich Anfangs geschehen,
sondern erst, wenn sie vorher einmal mit Wasserglas wie gewöhnlich fixirt worden
sind.
Die Locale, worin sich die zu fixirenden Gegenstände befinden, sollen während dieser
Operation stets warm gehalten werden, wie sich wohl von selbst verstehen möchte.
Als Unterlage zu stereochromischen Gemälden lassen sich auch Platten von lithographischem Kalkstein (hier sogenanntem Kellheimer
Marmor) verwenden, und zu den ersten stereochromischen Versuchen wurden nur solche
genommen. Um aber darauf den Malgrund gehörig haftend zu machen, muß er zuerst einen
dünnen Ueberzug von Wasserglasmörtel mit etwas gröbern Sandkörnern bekommen. Wenn
dieser gut ausgetrocknet ist, so wird der Malgrund aufgetragen etc. Wenn die
Marmorplatten erst mit Phosphorsäure behandelt worden, so nehmen sie die mit
Wasserglas gemischten Farben gerne an und binden sie gut, und es läßt sich darauf
höchst wahrscheinlich ohne weiteres stereochromisch malen.
Daß man auch auf Thonschieferplatten nach gehöriger
Vorbereitung stereochromisch werde malen können, möchte sich wohl von selbst
verstehen. Dieses Material hat vor den Thon- und Kalksteinplatten das voraus,
daß es minder spröde und weniger leicht zerbrechlich ist und nicht so dick zu seyn
braucht wie diese. Hier in München ist damit noch kein Versuch gemacht worden.Die Gemälde auf Platten können in Mauerwände so eingesetzt werden, daß es das
Ansehen hat, als wären sie unmittelbar darauf ausgeführt worden. Hat man sie
darin gut befestiget, so sind sie vor allen Unfällen gesichert und können
auch unversehrt wieder herausgenommen werden, wenn der Eigenthümer beim
Verkaufe des Hauses sie mit sich nehmen will. Auf porösem Sandstein und ebenso auf porösem Kalkstein wird man, nachdem sie
vorher gut mit Wasserglas getränkt worden, ohne Zweifel sowohl unmittelbar als
mittelbar stereochromisch malen können. Ich sehe wenigstens nicht ein, warum dieses
nicht sollte geschehen können.
Auf Holz unmittelbar ein stereochromisches Gemälde
auszuführen, ist noch nicht versucht worden; dagegen wurde das Wasserglas schon
öfters mit gehörigen Zuschlägen und einer beliebigen Farbe zum Anstreichen auf Holz
mit gutem Erfolge benützt. Da es, wenn es vorher mit Wasserglas getränkt worden, den
Wasserglas-Mörtel sehr gut annimmt und überaus fest bindet, so kann man, wenn
man eine dünne Schichte Wasserglas-Mörtel als Grund aufgetragen hat, so gut
malen, wie auf jede andere Unterlage; und dieses Verfahren möchte in vielen Fällen
sehr zu empfehlen seyn.
Ob man es je dahin bringen wird, auf Glas ein
durchscheinendes stereochromisches Gemälde herzustellen, muß ich vor der Hand dahin
gestellt seyn lassen. Mittelbar auf Glas zu malen hat, wenn man ja einen Vortheil
davon sich verspricht, keine Schwierigkeit, da der Wasserglas-Mörtel, worauf
zu malen wäre, überaus gut bindet.
Sehr wünschenswerth wäre es, wenn man auch die Leinwand
als Unterlage zur stereochromischen Malerei benutzen könnte, weil man wegen der
Leichtigkeit und Biegsamkeit dieses Materials auch Gemälde von größerer Ausdehnung,
z.B. Altarblätter, ausführen könnte. Es sind zwar darüber schon mehrere Versuche
gemacht worden, die aber nicht zu ganz befriedigenden Resultaten führten. Diese
Versuche werden noch fortgesetzt.
––––––––––
Es erübrigt nur noch Einiges über die Farben, welche bei der Stereochromie in
Anwendung kommen oder kommen können, zu sagen. Die Reihe von Farben, welche zu
Gebote stehen, ist so groß, daß von dieser Seite von keiner Beschrankung dieser
Malart die Rede seyn kann.
Ein vollständiges Sortiment derselben ist bei Hrn. Karl Buchner, Fabrikant chemischer Producte in München (Karlsstraße Nr. 40),
stets vorräthig, und zwar:
1) Münchnerweiß,
2) Münchnerschwarz,
3) Münchnerbraun,
4) Chromgrün,
5) Kobaltgrün, hell und dunkel,
6) Chromroth,
7) Eisenoxyd, hellroth (hochroth), dunkelroth, violett und braun,
8) Cadmiumgelb, hell und dunkel,
9) Chromgelb, neue Art,
10) Ultramarin,
11) Hellocker und ditto gebrannt,
12) Dunkelocker und ditto gebrannt,
13) Fleischocker,
14) Goldocker und ditto gebrannt,
15) Terra di siena und ditto
gebrannt,
16) Umbra und ditto
gebrannt.
Außerdem die gewöhnliche und vorzüglich die zum Fixiren der
Farben nothwendige Wasserglaslösung.
Auch andere hier nicht verzeichnete Farben, insoferne dieselben zur Stereochromie
geeignet sind, können auf Verlangen geliefert werden. Hiezu muß ich bemerken, daß
alle diese Farben, wie ich mich selbst überzeugte, von bester Qualität sind, so daß
bei ihrem Gebrauche kein Uebelstand eintreten kann.
Keine aus dem organischen Reich abstammende Farbe ist zulässig, weil jede früher oder
später verbleicht, wie es z.B. mit Kugellack der Fall ist. Auch der Zinnober ist zu
verwerfen, weil er im Lichte braun und zuletzt ganz schwarz wird.Der schwarz gewordene Zinnober ist amorphes Schwefel-Quecksilber,
welches sich vielleicht, was nicht uninteressant wäre, ein Jahr lang unter
der Erde vergraben und ganz dem Lichte entzogen, wieder in krystallinisches
Schwefel-Quecksilber, d. i. in rothen Zinnober, verwandeln ließe.
Die Farben sollen möglichst fein gerieben werden, weil sie dadurch geschmeidiger
werden und besser haften. Nur das Chromroth macht eine Ausnahme, weil es durch zu
lange fortgesetztes Reiben gelblich wird.
Kobaltblau zeigt sich nach dem Fixiren merklich heller und der hellocker viel
dunkler; diese beiden Farben sind daher bei dieser Malart nicht sehr zu
empfehlen.
Zu bemerken ist hiebei überhaupt, daß der Farbenton durch das Fixiren sich mehr oder
weniger ändert und das Bild nachher etwas dunkler, so zu sagen ernster erscheint,
was sich aber in der Folge wieder verliert.
Die Farben sollen möglichst rein seyn, insbesondere nichts enthalten, was sich mit
dem Wasserglas nicht verträgt, d. i. eine Zersetzung bewirkt oder es zum Stocken,
Coaguliren bringt, z.B. Gyps, Schwefelsäure, die nicht selten im rothen Eisenoxyd
(Colcothar, caput mortuum), im gelben Ocker
enthalten sind.
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Ich kann diesen Artikel nicht schließen, ohne noch Einiges über die
Eigenthümlichkeit, Auszeichnung und Vorzüge dieser Malart zu sagen, gegenüber der
Frescomalerei und der Enkaustik.
Die Eigenthümlichkeit besteht in einem von den bei allen andern Malarten
gebräuchlichen, verschiedenen Bindemittel, so daß also die Stereochromie als eine
ganz neue Malart betrachtet werden muß; und ihre
Auszeichnung, abgesehen von der artistischen Vollkommenheit, beruht in dem
Malgrunde, wodurch sie fähig ist, unter jedem Himmelsstriche auszuhalten und vielen
sonst schädlichen Einflüssen – Rauch, sauren Dämpfen, dem grellsten Wechsel
der Temperatur, Hagel etc. – zu widerstehen, welche den Fresken verderblich
seyn würden. Deßhalb habe ich ihr den schon oben erläuterten Namen
„Stereochromie“ beigelegt.
Dieses Bindemittel, wodurch nicht nur der Malgrund befestiget, sondern mit diesem
zugleich auch die Farben gleichsam verschmolzen, verkieselt oder petrificirt werden,
macht das materielle Wesen dieser Malart aus, wodurch sie der Frescomalerei weit
überlegen ist, deren Grund gewöhnlicher Kalkmörtel ist.
Von der Beschaffenheit dieses Grundes hängt hauptsächlich die längere oder kürzere
Dauer der Frescogemälde ab; ja gewiß mehr, als von der Kunst des Malers, welchem man
die ganze Schuld beizulegen pflegt, wenn sein Werk mißlingt, oder nicht von langer
Dauer ist. Das Verderben eines Frescobildes geht meines Erachtens stets von dem
Grunde ausDie Fresken an der hiesigen neuen Pinakothek wurden auf einen Grund gemalt,
welcher mit gewaschenem Sand und Regenwasser auf meine Anordnung bereitet
worden, weil Anfangs bestimmt war, daß die Bilder stereochromisch gemalt werden
sollten. Da nun dieses vereitelt worden, so kommt der Grund den Fresken zu
gut, und sie werden sich daher hoffentlich länger halten, als die Gemälde am
Isarthore.; die Fehler,
welche der Maler dabei begehen kann, können fast nur darin bestehen, daß er mitunter
Farben anwendet, welche mit der Zeit verbleichen oder sich verfärben. An den
Fresken, welche Cornelius in der Glyptothek in München
ausgeführt, zeigten sich anfangs einige Mißstände, und es traf den Künstler der
Vorwurf, daß er diese Malart nicht verstünde. Zum Gutachten hierüber aufgefordert,
untersuchte ich den Mörtelgrund und fand ihn mürbe und viel Bittersalz enthaltend.
Auf mein Anrathen wurde dieser Grund heruntergeschlagen und durch einen neuen
ersetzt, zu dessen Bereitung gewaschener Sand und destillirtes Wasser war genommen
worden. Von dieser Zeit an erhob sich keine Klage mehr und die Gemälde haben sich,
so viel ich weiß, bis jetzt ganz gut erhalten. Uebrigens kommt auch hinsichtlich der
Dauerhaftigkeit viel auf den zum Grund verwandten Kalk an; eingesumpfter wird besser
seyn, als frisch gelöschter, der etwas magere besser als der ganz fette, der
Bittererde, Eisen- und Manganoxyd haltige vorzüglicher als der reine.
Die Enkaustik hat zwei Feinde: den Mörtelgrund und die aus dem organischen Reiche
abstammenden Materialien, welche zum Malen gebraucht werden und die naturgesetzmäßig
der Verwesung unterliegen.
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die Frescogemälde in südlichen Ländern, z.B.
in Italien, weit länger sich gut halten, als in nördlichen, z.B. bei uns in diesem
rauhen Klima; daß aber auch in jenen der Zahn der Zeit nicht ruhig und unthätig ist,
beweisen Raphael's Fresken in den Loggien im Vatican,
welche, wie man mir sagte, schon sehr merklich angegriffen sind. Man hat es daher
für nöthig erachtet, Vorsorge zu treffen, um dem weitem Umsichgreifen des Verderbens
Einhalt zu thun.
Um sich von den Vorzügen der Stereochromie zu überzeugen, unterwarf man Probeplatten
den größten Torturen; man setzte sie wochenlang dem Regen und Frost aus, ließ das
darauf gebildete Eis im Zimmer am Ofen aufthauen, übergoß sie mit Wasser und brachte
sie wieder in die Frostkälte. Dabei erlitten sie nicht den mindesten Schaden,
während Frescobilder auf dieselbe Weise behandelt, ganz mürbe wurden und in Stücke
zerfielen.
In Berlin wurde ein kleines stereochromisches Gemälde auf dem Dache des königlichen
Museums nahe bei dem Kamin, wo es oft vom dicken Steinkohlenrauch getroffen wurde, hingelegt und den
Winter über liegen gelassen. Als es im Frühjahre vom Dache herabgenommen wurde, sah
es allerdings so aus, wie wenn es ganz zu Grunde gerichtet wäre; allein, nachdem es
vom Schmutze namentlich mit Weingeist gereiniget worden war, erschien es wieder so
schön, wie es ursprünglich war. Ein kleines Gemälde (zwei Pfauen) an der Westseite
des ehemaligen Ateliers des Hrn. v. Kaulbach, sehr nahe
am Boden, hat sich seit neun Jahren gut erhalten, obwohl die Mauer durch und durch
feucht ist und im Sommer das Gesträuch darüber wächst. Dabei verdient besonders
hervorgehoben zu werden, daß die Feuchtigkeit und die Auswitterung der Mauer in
dieser doch ziemlich langen Zeit dem Gemälde fast keinen Schaden brachte.
Einen weitern Beweis für die Haltbarkeit der Stereochromie liefern die oben schon
besprochenen zwei Gemälde am Landhause des Hrn. Bauraths Himbsel am Starnbergersee. Sie sind nun sechs Jahre alt und stehen noch so
frisch und unverändert da, als wenn sie erst vor Kurzem aus der Hand des Künstlers
hervorgegangen wären, trotzend allem Ungestüm der Witterung, indem von Westen her
über den nahen See der Regen durch den Wind mit Gewalt oft darauf hingeworfen wird,
so daß er an der Mauer in Strömen herabläuft und im Winter mitunter Eiskrusten
darauf sich bilden.
Dem Künstler bietet die Stereochromie nicht unbedeutende Vortheile dar; er hat das
Malen ganz in seiner Gewalt und ist vollständig Herr des Materials, während er bei
der Frescomalerei in der Gewalt dieser Malart ist; er kann seine Arbeit nach Willkür
unterbrechen und wieder fortsetzen nach längerer oder kürzerer Zeit; er kann das
Gemälde vor dem Fixiren, so oft er es für gut findet, übergehen. Hiedurch wird die
feinste Betonung, das feinste Abwägen von Licht und Dunkel, die Stimmung der Farben
und damit die größte Vollendung des Bildes erreichbar. Diesen Zweck zu erreichen,
ist es rathsam, überflüssig brillante Farben zu vermeiden und durch geschickte Wahl
der Mittel- oder Verbindungstöne die Harmonie der Farben herzustellen, welche
sonst durch grelles Nebeneinanderstehen gerade der brillantesten Farben zerstört
wird.
Auf diese Weise allein gelingt es, dem Bilde jene Gesammtstimmung zu geben, welche
der Gegenstand der Darstellung erfordert.
Mit der Frescomalerei hat sie das gemein und vor der Oelmalerei voraus, daß die
Bilder nicht glänzend sind und der Beschauer sie in jeder Situation ganz übersehen
kann.
Hiemit schließe ich den die Stereochromie betreffenden Artikel, enthaltend eine
Arbeit, welche mehr Mühe und Zeit, verbunden mit nicht unbedeutenden Auslagen in
Anspruch nahm, als die meisten meiner übrigen Arbeiten zusammengenommen, wie mehrere
meiner Freunde bezeugen können, von denen mich auch einige in meiner schwierigen
Lage unterstützten. Diesen sage ich hiemit den tiefgefühltesten Dank. Vor allem aber
danke ich Gott für die Gnade, welche er mir stets mehr oder weniger gebrechlichen
und nun auch altersschwachen Diener angedeihen ließ, das hier vorliegende Elaborat
über das Wasserglas und seine Nutzanwendungen so weit zu bringen, daß nun Andere
nicht unschwer weiter darauf fortbauen können.
Dem Geber alles Guten bringe ich Dieses nebst Allem, was ich dabei gelitten habe, zum
Opfer. Möge er dazu seinen Segen geben!
Omnia ad majorem Dei honorem et gloriam!
(Fortsetzung über anderweitige Nutzanwendungen des Wasserglases
folgt.)Die von dem gelehrten Forscher versprochene Fortsetzung über anderweitige
Nutzanwendungen des Wasserglases wird der Leser nicht mehr erhalten. Fuchs hat in den Schlußworten der vorliegenden
Abhandlung die Ahnung seines nahen Todes auf unverkennbare Weise
ausgesprochen, und er, der Andere nie, sich
selbst nur selten täuschte, hatte auch hierin Recht. Er starb am 5. März
1856, 82 Jahre alt. Was Fuchs der Wissenschaft
und dem Vaterlande geleistet hat, haben zwei seiner Schüler und Freunde in
ausgezeichneter Weise zusammengestellt. Prof. Dr. v. Kobell in einer am 28. März
1856, am Stiftungstage der königl. bayer. Akademie der Wissenschaften
gehaltenen Gedächtnißrede, und Prof. Dr. Kaiser in einem Nachrufe im Märzhefte des
Kunst- und Gewerbeblattes für das Königreich Bayern.Dr. M. Pettenkofer.
München, den 20. November 1855.