Titel: Anleitung zur Untersuchung des Mehles und des Brodes; von Professor Rivot.
Fundstelle: Band 143, Jahrgang 1857, Nr. XCIV., S. 381
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XCIV. Anleitung zur Untersuchung des Mehles und des Brodes; von Professor Rivot. Aus den Annales de Chimie et de Physique, Mai 1856, S. 50. Rivot's Anleitung zur Untersuchung des Mehles und des Brodes. Die hohen Preise, welche das Mehl nach zwei auf einander folgenden ungenügenden Ernten erreicht hat, haben (in Frankreich) die Einfuhr bedeutender Mengen Getreides und Mehles aus dem Ausland, namentlich aus Amerika, zur Folge gehabt. Die (französische) Regierung ließ daher die eingeführte Waare fortwährend auf ihre Qualität prüfen, und auch über die von mehreren Seiten vorgeschlagenen Verfahrungsweisen einer wohlfeilern Brodbereitung Versuche anstellen. Mit der Untersuchung zahlreicher Proben von Mehl und Brod beauftragt, hielt ich mich vorzüglich an den praktischen Gesichtspunkt, weil die chemische Analyse für sich allein über die Güte eines Mehles oder Brodes nicht zu entscheiden vermag, denn die mit dem Mehle etwa vorgenommenen Mischungen und sein physischer Zustand äußern auf die Güte des Brodes einen viel größeren Einfluß als die chemische Zusammensetzung des Mehls nach absolutem Werth betrachtet. Die chemischen und physikalischen Eigenschaften des Mehls und seiner Bestandtheile sind genugsam bekannt. Die praktischen Punkte, welche ich zu meinem Zwecke vorzüglich im Auge hatte, waren: die Qualität des Weizens und sein Conservations-Zustand; die Sorgfalt, mit welcher die Kleie abgesondert wurde; die Natur der fremdartigen Mehle, welche ihm betrüglicher Weise, aus Nachlässigkeit oder in der Absicht beigemengt wurden, um die schlechte Beschaffenheit des Weizenmehls durch einen besondern Geschmack zu maskiren. Diese fremdartigen Mehle sind fast immer nur in geringer Menge vorhanden, ihre Gegenwart ist schwer nachzuweisen und ihre quantitative Bestimmung wäre unmöglich. Das Weizenmehl ist in den meisten Fällen sehr vorherrschend und dessen Qualität von vorzüglichem Einfluß auf den Handelswerth des Mehls. Beim Brod beachtete ich: wie stark sowohl die Krume als die Kruste gebacken war, dann den Geruch der Krume, den Geschmack und die Verdaulichkeit; die Art seiner Erhärtung durch freiwilliges Austrocknen; das Mengenverhältniß des hygroskopischen Wassers, dann dasjenige der Asche sowohl in der Krume als in der Kruste; die Menge des zur Erzeugung von 100 Theilen Brodes erforderlichen Mehles, welche mit zahlreichen Umständen sehr variirt; endlich suchte ich die Gegenwart anderer Mehle (außer Weizenmehl) zu erkennen. Letztere Untersuchung ist beim Brode viel schwieriger als bei dem zu seiner Darstellung verwendeten Mehle, wegen der, wenigstens theilweise, veränderten Gestalt der Stärkmehlkörner in Folge des Backens. Die Untersuchung eines Mehles und eines daraus gebackenen Brodes müssen stets Hand in Hand gehen; die mikroskopischen Untersuchungen können hinsichtlich beigemengten fremden Mehls, namentlich Roggenmehls, manchmal in Zweifel lassen, aber der Geschmack des Brodes und seine physischen Eigenschaften können diese Zweifel fast immer heben. Wenn von einem Bäcker genommenes Brod in Untersuchung gezogen werden soll, ohne daß man das zu demselben verwendete Mehl untersuchen kann, so gebricht es dadurch an einer wichtigen Controle der erhaltenen Resultate. Ebenso hat die Untersuchung eines Mehles, ohne daß man aus demselben Brod bäckt, nicht ihren vollen Werth. I. Untersuchung des Mehles. Die Untersuchung des Mehles erheischt: 1) Bestimmung des hygroskopischen Wassers; 2) Abscheidung und quantitative Bestimmung des Klebers; 3) mikroskopische Beobachtung des Mehles selbst und des bei der Darstellung des Klebers abgeschiedenen Stärkmehls; 4) quantitative Bestimmung des Stickstoffs und der mineralischen Substanzen. Im Folgenden will ich den Zweck und die Ausführung einer jeden dieser vier Operationen auseinandersetzen. Hygroskopisches Wasser. – Das Mehl ist eine sehr hygroskopische Substanz, daher schwierig genau auszutrocknen. Bei einer Temperatur, welche die zum Austreiben des bloß hygroskopischen Wassers erforderliche wenig übersteigt, fängt es an röthlich zu werden, indem seine organische Substanz Wasser verliert. Zu seiner vollkommenen Austrocknung eignet sich am besten ein Trockenapparat, dessen Temperatur constant zwischen 92° und 96° R. (115 und 120° C.) erhalten werden kann. Man erreicht den Zweck auch mittelst eines Sandbads; dabei muß aber die Feuerung sehr umsichtig geleitet werden; in diesem Falle gibt man das Mehl in eine große Porzellanschale und rührt es sehr fleißig um, damit die Temperatur in allen Theilen der Masse ziemlich dieselbe ist, weil sonst der mit den Wänden in Berührung stehende Theil sich schon zersetzt und schwärzt, ehe noch die oberen Theile völlig trocken sind; mehr als 50 Gramme Mehl dürfen nicht genommen werden, denn bei einer größern Quantität würde die Austrocknung nicht gleichmäßig ausfallen. Im Trockenapparat hingegen kann man jede beliebige Menge Mehl gleichmäßig austrocknen und der Zweck wird noch viel rascher erreicht. Im Sandbad brauchte ich zur völligen Austrocknung zwei Tage. Bei recht langsamem Austrocknen wird das Mehl weniger hygroskopisch, daher das während der Wägungen aus der Luft absorbirte Wasser bei solchem Mehl vielleicht vernachlässigt werden kann. Die Austrocknung kann als vollkommen betrachtet werden, wenn, nachdem das Mehl wenigstens 24 Stunden lang einer Temperatur über 88° R. (110° C.) ausgesetzt war, zwei in einem Zwischenraum von mehreren Stunden vorgenommene Wägungen dasselbe Gewicht ergeben. Die weiße Farbe des Mehls darf nur sehr schwach gelblich seyn, sonst ist eine theilweise Zersetzung eingetreten. Das Mengenverhältniß des hygroskopischen Wassers im Mehle ist sehr verschieden nach der Natur und dem Ursprung des Getreides und nach den Umständen beim Mahlen, der Kleienabsonderung und der Aufbewahrung des Mehls. Schönes Weizenmehl, welches mehrere Tage in einem trocknen Zimmer bei 16 bis 20° R. aufbewahrt worden ist, hält nur 9–10 Procent Wasser zurück. Das von den Pariser Bäckern verkaufte Weizenmehl enthält 16 bis 17, manchmal sogar 18 Proc. Wasser. Mehrere fremde, namentlich gewisse amerikanische Mehle enthalten nur 13–14 Proc. Wasser; sie sind aber nicht in gutem Zustande. Gutes, unter gewöhnlichen Umständen aufbewahrtes Weizenmehl enthält im Mittel 15–17 Proc. Wasser. Wenn ein zu prüfendes Mehl einen beträchtlich geringern Wassergehalt hat, so ist es wahrscheinlich, daß es sich nicht mehr in seinem Normalzustand befindet; dieser geringere Wasser gehalt könnte nämlich auch durch die Getreidesorte bedingt seyn. Kleber. – Die Darstellung des Klebers auf gewöhnliche Weise durch Kneten des Mehls unter einem Wasserstrahl läßt bestimmt erkennen, ob das vorliegende Mehl sich in Gährung befindet. Sie ist folglich von großer Wichtigkeit und soll immer unter gleichen Umständen, wo möglich auch von einer und derselben Person vorgenommen werden. Die gute oder schlechte Conservation des Mehls und seine Tauglichkeit zur Brodbereitung lassen sich an der Schnelligkeit womit der Kleber sich vereinigt und, nachdem er vom Stärkmehl gut abgesondert ist, an dessen physischen Charakteren leicht erkennen. Durch Uebung in dieser Operation kann man die Mehle nach ihrer Qualität ebenso sicher classificiren, wie die Weinhändler die Weine nach deren Geschmack classificiren. Man sollte diese Operation mit einem etwas beträchtlichen Gewichte vornehmen, um das Mengenverhältniß der Kleie besser beurtheilen und sich überzeugen zu können, ob Staub, Steinchen und andere Unreinigkeiten im Mehle vorhanden sind. Ich nehme gewöhnlich 100 Gramme Mehl und beginne damit, es in einem leinenen Säckchen auszuwaschen; sobald der Kleber die hinreichende Consistenz besitzt, nehme ich den Inhalt aus dem Säckchen heraus und setze die Behandlung in den bloßen Händen fort; die Operation ist beendigt, wenn bei starkem Drücken des Klebers unter einem dünnen Wasserstrahl das Wasser vollkommen klar ablauft. Was aus dem Leinwandsäckchen oder von den Händen ablauft, muß man durch ein feines Sieb gehen lassen und in einer großen, reinen Schale sammeln. Auf dem Siebe verbleiben die Kleie, Stückchen des Zellgewebes, fremdartige Körper, oft auch etwas durchgeschlüpfter Kleber; das Stärkmehl allein gelangt in die Schale. Auf diese Weise wird das Mehl in drei Theile getrennt, deren jeder für sich untersucht werden muß: in den Kleber, die Kleie mit den fremdartigen Substanzen, und das Stärkmehl. Die zur Darstellung des Klebers erforderliche Zeit ist je nach der Operationsweise und der Qualität des Mehls verschieden; sie ist um so kürzer, je reiner und besser das Weizenmehl ist. Bei schönem Mehle wird man sehr leicht in einer halben Stunde fertig, während bei verdorbenem Mehle eine Stunde und mehr Zeit erforderlich ist. Man muß daher immer das gleiche Verfahren einhalten, und aufzeichnen wie lange Zeit man bedurfte. Bei gutem Weizenmehl beginnt der Kleber fast sofort sich zusammenzubegeben und strebt nicht, durch die Leinwand zu dringen; später nimmt er in den Händen sehr rasch eine immer größere Consistenz und Elasticität an; man kann alles Stärkmehl absondern, ohne daß Kleber dabei verloren geht, wenn man besorgt ist die durch die Zusammenhäufung des Stärkmehls in gewissen Theilen sich bildenden Klümpchen sanft zu zerdrücken. Gegen das Ende erscheint der Kleber weiß, etwas gelblich, ist sehr consistent und elastisch. Man kann ihn feucht wägen; es ist aber vorzuziehen ihn in einer vorher tarnten, kleinen Porzellanschale bei 92 oder 96° R. (115 oder 120° C.) zu trocknen, was jedoch im Sandbad 2–3 Tage erfordert. Bei der ersten Einwirkung der Wärme bläht sich der Kleber auf und nimmt in der Schale eine sehr convexe Oberfläche an. In dem Maaße als er austrocknet, fällt er wieder in sich zusammen und nimmt dabei eine braune Farbe an; gut ausgetrocknet, ist er hart, spröde und von regelmäßigem blätterigem Gefüge. Das Mengenverhältniß des Klebers in schönem Weizenmehle ist je nach dessen Ursprung verschieden, es beträgt 9–11 Proc. vom Gewicht des Mehles in seinem gewöhnlichen hygroskopischen Zustande. Wenn ein Mehl durch Gährung Schaden gelitten hat, so beginnt der Kleber erst nach ziemlich langer Zeit, nach 1/2 Stunde, manchmal erst nach 1 Stunde (wenn man mit 100 Grammen operirt) im Leinwandsäckchen sich zu vereinigen und geht zum Theil durch das Tuch. Hat er die erforderliche Consistenz um ihn aus dem Säckchen nehmen und in den Händen kneten zu können, so theilt er sich gern in Klümpchen, die unter sich wenig zusammenhängen; nur mit Mühe lassen sich diese zu einer Masse vereinigen, welche eine viel geringere Consistenz und Elasticität besitzt als der von gutem Mehle herrührende Kleber. Während des Austrocknens bläht sich der Kleber nur sehr wenig auf, manchmal zeigt er gleich anfangs eine concave Oberfläche. Ist das Austrocknen vollständig, so ist er hart, wenig blätterig und fast immer ziemlich stark gefärbt. Die aufmerksame Beobachtung dieser Merkmale bei einem als gut erkannten Mehle im Vergleich mit dem zu untersuchenden Mehle, läßt mithin den Zustand der Conservation des Mehls entschieden erkennen, was hinsichtlich der Brodbereitung gewiß der wichtigste Punkt ist. Von minderer Wichtigkeit ist das Gewicht des Klebers, weil das Mengenverhältniß desselben in einem verdorbenen Mehle beinahe so groß seyn kann wie in einem guten Mehle. Die Beimengung fremder Mehle zum Weizenmehle äußert auf das Ansehen des Klebers und die Art, wie er sich zusammenbegibt, einen großen Einfluß; dieser Einfluß ist aber nur dann auffallend, wenn die Beimengungen in beträchtlichem Verhältniß vorhanden sind, was sehr selten der Fall ist, wo sie dann überdieß unter dem Mikroskop, so wie durch das weit geringere Ergebniß an elastischem Kleber, leicht nachzuweisen sind. Wenn der Kleber sich schwer zusammenbegibt, so ist der Grund in der Regel, daß das Mehl sich in Gährung befindet. Hat man aber gesunden, daß mehrere Mehlarten in beträchtlicher Menge dem Weizenmehl beigemengt sind, so können die abnormen Eigenschaften des Klebers der Gegenwart dieser Mehle, oder der Veränderung des Weizenmehls, oder auch beiden Ursachen gemeinschaftlich zugeschrieben werden. Man kann alsdann aus der Darstellung des Klebers über den Gährungszustand des vorliegenden Mehles sichere Anzeichen nur entnehmen wenn man große Erfahrung über den speciellen Einfluß verschiedenartiger Beimengungen besitzt. Die Einäscherung des Klebers kann in der Regel keinen nützlichen Aufschluß über den Werth der Mehle geben; sie ist daher überflüssig. Der Kleber verbrennt schwer, und nur unter der Muffel eines großen Kapellenofens kann die Asche recht weiß erhalten werden. Sie besteht hauptsächlich aus Phosphorsäure, Alkalien und Kalk; Kieselerde enthält sie in beträchtlich größerer Menge als die Asche des Mehles selbst. In mehreren Klebern aus Weizenmehl fand ich 1,25 bis 1,45 Proc. Asche, welche mehr als die Hälfte ihres Gewichts an phosphorsaurem Kalk enthielt. Stärkmehl. – Das bei Darstellung des Klebers mit dem Wasser durch das Sieb ablaufende Stärkmehl setzt sich in der Porzellanschale mehr oder weniger langsam ab. Die größten Körner gelangen ziemlich schnell auf den Boden des Gefäßes und bilden eine feste Schicht, auf welche sich nach und nach die kleineren und leichteren Körner ablagern. Das Wasser bleibt nahezu zwei Stunden lang, manchmal noch länger, milchig. Ich empfehle die schweren und die leichten Theile des Stärkmehls sich nicht vermengen zu lassen, um die größern und kleinem Körner leichter durch das Mikroskop beobachten zu können. Zu diesem Behufe gießt man die milchige Flüssigkeit eine halbe Stunde nach Beendigung der Darstellung des Klebers ab, und läßt die Flüssigkeit sich langsam abklären. Man filtrirt, um das klare Wasser auf Legumin zu prüfen, welches nach mehreren Chemikern ein charakteristisches Merkmal der Gegenwart von Hülsenfrüchten (Leguminosen) ist; dasselbe gibt sich durch einen auf Zusatz von Essigsäure entstehenden weißen Niederschlag kund. Da aber noch andere Substanzen in der Flüssigkeit enthalten seyn können, welche ebenfalls durch Essigsäure gefällt werden, z.B. die auflöslichen stickstoffhaltigen Bestandtheile mancher Getreidearten, so ist diese Reaction nicht entscheidend; besonders unsicher ist dieses Merkmal, wenn man es mit einem in Währung begriffenen Mehl zu thun hat. Der durch Essigsäure erhaltene weiße Niederschlag ist daher nur als ein Anzeichen der möglichen Beimengung von Hülsenfruchtmehlen zu betrachten, welches Anzeichen erst durch die Gesammteigenschaften des vorliegenden Mehles bestätigt werden muß. Der schwerste Theil des Stärkmehls ist manchmal mit einer schwach gefärbten Schicht bedeckt, worin sich die feinsten Theilchen der Kleie und des Zellgewebes, welche durch das Sieb gehen konnten, erkennen lassen. Bei guten und sorgfältig fabricirten Mehlen kommt dieser Umstand aber nie vor. Diese Schicht muß, wenn sie sich bildet, abgesondert werden, um sie zugleich mit dem auf dem Sieb gebliebenen gröbern Theil durch das Mikroskop zu untersuchen. Das am Boden der Schale abgesetzte Stärkmehl muß aufmerksam untersucht werden; wenn es von reinem und gutem Weizenmehl herrührt, hat es ein atlaßglänzendes Ansehen; rührt es hingegen von verdorbenen Weizenmehl oder einem Gemenge guten Weizenmehles mit Roggen-, Türkischkorn-, Hirsenmehl etc. her, so klebt es an den Fingern und hat in jedem besondern Fall einen eigenthümlichen Charakter. Die Verschiedenheit des Ansehens aber ist nur für ein sehr geübtes Auge erkennbar und kann nicht beschrieben werden. Das Ansehen des Stärkmehls ist daher als ein Anzeichen der guten oder der schlechten Qualität des Mehls oder der Beimengung anderer Mehle wohl zu beachten. Durch diesen Charakter im Vergleich mit dem des Klebers kann man sich von dem Werthe des vorliegenden Mehls schon eine richtige Vorstellung machen. Ein Theil dieses Stärkmehls wird bei Luftzutritt unter einer schwachen Wasserschicht aufbewahrt; bald tritt die Gährung ein, und zwar um so schneller, je mehr das Mehl selbst schon verdorben war; dieser Umstand läßt sich also zur Beurtheilung benutzen. Der andere Theil des Stärkmehls ist zu mikroskopischen Beobachtungen bestimmt; man läßt ihn bei mäßiger Wärme trocknen und bewahrt ihn dann zu den Versuchen unter dem Mikroskop auf. Vermuthet man daß das fragliche Mehl Beimengungen enthält, so kann man das Stärkmehl einer mechanischen Behandlung unterziehen, um die Stärkmehlkörner soviel als möglich nach ihrer Größe zu sondern und dadurch die Unterscheidung der Körner verschiedener Fruchtarten zu erleichtern. Diese mechanische Behandlung besteht bloß in einer Reihe auf einander folgender Umschüttelungen und Abgießungen aus einem großen Standglase. Im schwersten Theil sind die Satzmehlkörner von Kartoffeln und Bohnenmehl enthalten; der Theil von mittlerer Dichtigkeit enthält hauptsächlich die Satzmehlkörner des Türkischkornes. Der Bodensatz welcher sich in der milchigen Flüssigkeit bei der Darstellung des Klebers langsam bildet, muß die kleinsten Körner des Weizens, Roggens, und alle Körner der Hirse und des Hafers enthalten; sicher enthält er aber keine Körner von Bohnen und Kartoffeln, weil diese alle ziemlich groß und von fast gleichem Durchmesser sind. Die Producte der auf einander folgenden Abgießungen müssen bei gelinder Wärme getrocknet und für die mikroskopischen Beobachtungen aufbewahrt werden. Auf dem Siebe gebliebene Substanzen. – Das Sieb, auf welches alle während der Darstellung des Klebers aus der Leinwand oder von den Händen abgehenden Substanzen fallen, enthält die Kleie, die Ueberbleibsel von Zellgewebe, die fremdartigen Substanzen und kleine Antheile von Kleber. Letztere müssen sorgfältig abgesondert und mit der übrigen Klebermasse vereinigt werden. Die verbleibende Menge der anderen Substanzen gestattet die Sorgfalt, womit die Kleie abgesondert wurde, und die Reinheit des Mehles annähernd zu beurtheilen. Die Untersuchung derselben durch das Mikroskop kann auch vermittelst der Ueberbleibsel des Zellgewebes zur Entdeckung der Natur der beigemengten Mehle führen. Ich konnte jedoch bei allen meinen Versuchen die Beimengungen leichter durch Beobachtung des Stärkmehles und des Mehles selbst, als durch Untersuchung dieser Ueberbleibsel von Zellgewebe erkennen. Beobachtungen durch das Mikroskop. – Ich bediente mich zu meinen Versuchen stets eines Chevalier'schen, mit einem Polarisationsapparat versehenen Mikroskops. Als die geeignetste Vergrößerung betrachte ich die 300fache des Durchmessers der Gegenstände, für welche letztere noch stark genug beleuchtet sind und das Gesichtsfeld noch groß genug ist, um eine ziemliche Anzahl von Stärkmehlkörnern deutlich wahrnehmen zu können. Dasselbe gestattet auch die Gestalt der etwas großen Körner mittelst der Camera clara genau abzuzeichnen, was die Vergleichung des vorliegenden Mehles mit Mehlen von bestimmter Natur sehr erleichtert. Eine stärkere Vergrößerung ermüdet das Gesicht sehr und gestattet bei jeder Beobachtung nur eine sehr kleine Anzahl von Stärkmehlkörnern deutlich zu sehen, daher man die Beobachtungen sehr zu vervielfältigen genöthigt ist. Für jedes zu prüfende Mehl müssen das Mehl selbst, das in 2, 3 bis 4 Größen sortirte Stärkmehl, und endlich die Ueberbleibsel vom Zellgewebe besonders unter das Mikroskop gebracht werden. Man kann mittelst des Mikroskops die Beimengung einer gewissen Anzahl anderer Mehle mit Sicherheit erkennen, wenn man die Geduld besitzt, die Beobachtungen zu vervielfältigen und mit dem Ansehen der reinen Mehlarten ganz vertraut ist. So konnte ich durch mikroskopische Beobachtungen im Weizenmehl sehr geringe Antheile von Türkischkorn, Hafer, Hirse, Bohnen und Kartoffeln deutlich erkennen; hinsichtlich des Roggens hingegen erhielt ich immer etwas unsichere Resultate; für Wicken und weiße Bohnen scheinen mir die bekannten chemischen Merkmale schärfer zu seyn. Aber für keine beigemengte Mehlart läßt sich deren Mengeverhältniß auch nur annähernd schätzen. Ich will nun die Mehle betrachten, welche bis jetzt am häufigsten dem Weizenmehle beigemengt wurden und bei jedem die Merkmale angeben, wodurch es mehr oder weniger sicher zu erkennen ist. Roggen. – Der Roggen ist äußerst schwierig unter dem Mikroskop vom Weizen zu unterscheiden, besonders wenn man statt des Mehles selbst das Stärkmehl beobachtet. Die Größe und Gestalt der Körner, ihre Streifen, ihre Färbung durch Jod, ihr Aufschwellen durch Kali, das bei der Polarisation des Lichts entstehende, nicht sehr deutliche schwarze Kreuz, alle diese Charaktere sind bei dem Roggen- und Weizenstärkmehl nahezu übereinstimmend. Dieselbe Schwierigkeit bietet das Mehl selbst dar, außer wenn es gelingt, in dem Gesichtsfeld eine jener kleinen Flaumfedern anzutreffen, welche jedem Roggenkorn anhängen und in das Mehl übergehen. Diese Flaumfedern sind sehr charakteristisch; man erkennt sie sogleich, wenn man sie nur einmal gesehen hat. Um sie mit Wahrscheinlichkeit aufzufinden, muß man das bloß befeuchtete Mehl zwischen zwei Glasplatten ausbreiten, ohne vorher den Kleber von ihm abzusondern, welcher den Flaum sicher mit sich reißen würde. Ist er einmal nachgewiesen, so ist das Vorhandenseyn von Roggen im fraglichen Mehl ganz sicher; im umgekehrten Fall aber, wenn man im Gesichtsfeld kein Flaumfederchen gewahr wird, ist man deßwegen nicht auf die Abwesenheit von Roggen zu schließen berechtigt. Hinsichtlich des Roggens bleibt man also oft in Ungewißheit, wenn er nicht in so großer Menge vorhanden ist, um auf das Mengenverhältniß des Klebers oder auf den Geschmack des Brodes (welcher noch das sicherste Anzeichen eines großen Roggenzusatzes ist) einen bedeutenden Einfluß zu äußern. Hafer. – Der Hafer wird dem Weizenmehl nur selten betrüglicherweise zugesetzt; wenn es solchen in starkem Verhältniß enthält, so erkennt man ihn leicht durch den Geschmack des Brodes; enthält es von ihm nur wenig, so läßt er sich leicht unter dem Mikroskop durch zwei Reihen von Beobachtungen erkennen, wovon die eine mit dem Mehle selbst, die andere mit den leichtesten Theilen des Stärkmehls angestellt wird, welche durch die erste Abgießung nach der Darstellung des Klebers abgesondert worden sind. Hinsichtlich des Mehles verfährt man wie für den Roggen, d.h. man breitet das befeuchtete Mehl zwischen zwei Glasplatten aus; man erkennt den Hafer an den aus den Körnern hervortretenden sehr langen Federchen, welche immer im Mehle zurückbleiben. Sie sind im Ansehen ganz verschieden von jenen des Roggens, namentlich wenn man sie im polarisirten Licht untersucht. Die Achse und die zwei Ränder dieser Federchen sind durch sehr deutliche schwarze Linien bezeichnet, welche durch zwei glänzende Linien getrennt sind. Man braucht daher die Beobachtungen nur mehrmals zu wiederholen, um sich zu vergewissern, ob Hafer vorhanden ist oder nicht. Bei Anwendung des Stärkmehls muß man den Hafer im leichtesten Theil suchen, denn alle Körner dieser Getreideart sind äußerst klein. Bei einiger Uebung erkennt man sie an folgenden Merkmalen: sie erscheinen sehr klein und im gewöhnlichen Licht wenig durchsichtig, im polarisirten Licht zeigen sie keinen glänzenden Punkt. Diese Charaktere sind jedoch nicht so deutlich wie diejenigen der Haferfederchen, welche sich im Mehle beobachten lassen, und man darf sie folglich nicht eher benutzen, als nachdem man sich mit dem Ansehen der Stärkmehlkörner des Hafers recht vertraut gemacht hat, zu welchen Uebungen man sie anfangs in großen und dann in immer geringeren Mengenverhältnissen mit den kleinsten Stärkmehlkörnern des Weizens, des Roggens und der Hirse vermengt. Türkischkörn. – Ich habe dasselbe in allen Mustern amerikanischen Weizenmehls aufgefunden, welche mir von den Behörden zur Untersuchung übergeben wurden. Seine Gegenwart läßt sich durch Beobachtung sowohl des Mehles als des Stärkmehls unter dem Mikroskop leicht erkennen. Da die Stärkmehlkörner des Türkischkorns sehr regelmäßig und von mittlerm Durchmesser sind, so muß man hauptsächlich den bei der Darstellung des Klebers sich zuerst absetzenden Theil des Stärkmehls beobachten und von demselben durch rasches Abgießen die größten Körner absondern, mit anderen Worten, es ist zweckmäßig, die Versuche mit dem Mittlern Theil des Stärkmehls vom vorliegenden Mehle vorzunehmen. Im Mehle selbst, welches befeuchtet zwischen zwei Glasplatten gut ausgebreitet wurde, läßt sich das Türkischkorn an den Ueberbleibseln von Zellgewebe erkennen, und an der prismatischen Form der Körner welche von den Theilen in der Nähe der Hülle herrühren. Folgendes Merkmal aber ist viel schärfer und mit dem Stärkmehl leichter als mit dem Mehl zu beobachten. Man befeuchtet das Stärkmehl mit Olivenöl, breitet es auf einer Glasplatte gut aus und beobachtet es dann nach einander im gewöhnlichen und im polarisirten Licht. Im gewöhnlichen Licht erscheinen die Körner des Türkischkorns (bei 300maliger Vergrößerung des Durchmessers) ganz rund und zeigen sämmtlich in der Mitte einen deutlichen schwarzen Punkt) im polarisirten Licht hingegen erscheinen sie viereckig und in vier Theile durch ein rechtwinkeliges schwarzes Kreuz getheilt, dessen zwei Arme gleich dunkel sind; die vier Winkel sind sehr glänzend. Dieses, den Stärkmehlkörnern des Türkirschkorns allein zukommende MerkmalDie Hirsekörner haben im gewöhnlichen Lichte dasselbe Ansehen, da sie aber einen viel kleinen: Durchmesser haben, so ist es unmöglich, sie mit denen des Türkischkorns zu verwechseln; überdieß zeigt sich das schwarze Kreuz im polarisirten Lichte nicht. gestattet mit Gewißheit zu erkennen, ob Türkischkorn vorhanden ist oder nicht. Hirse. – Die Hirse ist dem Weizen im Mehle des Handels sehr selten beigemengt; ihr Geruch und Geschmack lassen sie in unverdorbenem Mehle leicht erkennen. Ich habe sie in mehreren gegohrenen Mehlen gefunden, denen sie vielleicht beigemengt wurde, um durch ihren Geschmack den bei der Gährung sich entwickelnden zu maskiren. Durch die Beobachtung unter dem Mikroskop läßt sich ihre Gegenwart oder Abwesenheit in allen Fällen mit Gewißheit erkennen. Da das Hirsestärkmehl aus äußerst kleinen Körnchen besteht, so muß man den Versuch nicht mit dem Mehle selbst, sondern mit den leichtesten Stärkmehltheilen anstellen, mit dem Absatz welcher sich in der ersten abgegossenen Flüssigkeit (bei der Darstellung des Klebers) langsam bildet. In diesem leichten Theil des aus dem verdächtigen Mehle gewonnenen Stärkmehls läßt sich die Hirse an folgenden Merkmalen erkennen: ihre sehr kleinen Körner erscheinen ganz rund und durchsichtiger als diejenigen des Hafers; sie zeigen alle einen schwarzen Punkt in der Mitte; im polarisirten Licht sind die Ränder der Körner schwer vom dunkeln Grund zu unterscheiden, ihre Mitte ist durch einen sehr glänzenden Punkt angezeigt. Durch diese Merkmale läßt sich ein einziges Hirsekörnchen im Gesichtsfeld des Mikroskops deutlich erkennen. Bohnen. – Wenn dem Weizenmehl Bohnenmehl in beträchtlicher Menge beigemengt ist, so verräth sich dessen Gegenwart während der Brodbereitung und hernach im Brode. Ist es nur in kleiner Menge vorhanden, so kann man es unter dem Mikroskop immer leicht erkennen. Die Körner des Bohnenstärkmehls sind ziemlich von gleicher Größe, welche die Mitte zwischen den größten und Mittlern Körnern des Weizenstärkmehls hält. Folglich befinden sich die Bohnen, beim Ausziehen des Klebers aus dem fraglichen Mehle, fast alle im schwersten Theile des Stärkmehls. Diesen Theil muß man daher vorzugsweise zu den mikroskopischen Beobachtungen anwenden. Im gewöhnlichen Licht zeigen die Bohnenkörner eine etwas längliche Form, eine sehr ausgespannte Hülle, und auf der Seitenfläche zwei schwarze Punkte sehr nahe an einander. Im polarisirten Licht betrachtet, erscheinen diese Körner beinahe rund, der Rand ist durch einen schwarzen Kreis scharf bezeichnet, die Oberfläche ist durch ein rechtwinkeliges Kreuz getheilt, dessen beide Arme gleich dunkel sind; deren Durchschnitt ist durch einen großen schwarzen Punkt bezeichnet und die Räume zwischen den Armen sind sehr glänzend. Diese Merkmale zusammengenommen, sind so bezeichnend als wie diejenigen welche die Türkischkorn- und Hirsekörner darbieten, und können über das Vorhandenseyn oder die Abwesenheit von Bohnenmehl in einem gegebenen Weizenmehl nicht den geringsten Zweifel bestehen lassen. Ich bemerke nochmals daß man, um schneller und sicherer zum Resultat zu gelangen, das Stärkmehl und nicht das Mehl betrachten muß; Hirse und Hafer sind im leichtesten Theil, Türkischkorn im Mittlern und Bohnen im schwersten Theil des Stärkmehls zu suchen. Kartoffeln. – Die Kartoffelstärke ist im Mehl, vorzüglich aber im schwersten Theil des Stärkmehls, leicht zu erkennen. Von mehreren Chemikern, namentlich von Payen, wurden Methoden vorgeschlagen, um die Gegenwart einer kleinen Menge Kartoffelstärke im Weizenmehl nachzuweisen;Wir verweisen auf Lecanu's Abhandlung über die Verfälschung des Mehls mit Kartoffelstärke etc. im polytechn. Journal. 1849. Bd. CXIII. 55. A. d. Red. am einfachsten und sichersten scheint mir die zu seyn, das Stärkmehl im gewöhnlichen und im polarisirten Lichte zu beobachten. Im gewöhnlichen Lichte haben die Kartoffelstärkekörner ein sehr charakteristisches Ansehen; im polarisirten Lichte zeigt ihre Oberfläche zwei ungleich schwarze hyperbolische Aeste, deren Spitzen deutlicher hervortreten und dünner sind. – Die von Donny empfohlenen Verfahrungsweisen brauche ich als bekannt nicht aufzuführen.Donny's Verfahrungsarten um die Verfälschung des Mehles zu erkennen, wurden im polytechn. Journal. 1847, Bd. CV S. 448 und Bd. CV S. 297 mitgetheilt. A. d. Red. Die eben von mir angegebenen Merkmale sind sehr bezeichnend und in allen vorkommenden Fällen anwendbar. Wicken und Weißbohnen. – Diese beiden Mehle können nach Donny's Verfahren im Weizenmehl leicht nachgewiesen werden. Man überzieht die inneren Wände einer kleinen Porzellanschale mit dem Mehl und setzt dasselbe nach einander Dämpfen von Salpetersäure und Ammoniak aus. Alle Theile von Wicken und Weißbohnen färben sich dunkelroth, während das übrige Mehl nur gelb wird. Die Untersuchung der gerötheten Substanz unter dem Mikroskop gestattet die rothgefärbten Körner zu erkennen und daher das Mengenverhältniß der Wicken und Weißbohnen im fraglichen Mehle annähernd zu schätzen. Reis. – Der Reis ist im Mehl sehr schwer zu erkennen; doch läßt er sich unter dem Mikroskop durch die eckigen Bruchstückchen des Perispermiums (der Keimhülle) herausfinden. Man muß dieselben im Mehle selbst, und hauptsächlich in den schweren Theilen des Stärkmehls aufsuchen. Es gehört große Uebung dazu, um sie sicher zu erkennen, besonders wenn der Reis dem Weizenmehl in sehr schwachem Verhältniß beigemengt ist. Die Erkennung ist in diesem Fall noch etwas leichter als diejenige des Roggens, aber bei weitem nicht so scharf wie die Unterscheidung von Kartoffelstärkmehl, Türkischkorn, Hirse, Bohnen und Hafer. Auch die Bestimmung des Klebers und die Brodbildung vermögen nur undeutliche Kennzeichen abzugeben, wenn das Verhältniß des Reises nicht ein sehr beträchtliches ist. Buchweizen. – Der Buchweizen ist leichter mittelst der Brodbereitung als durch die mikroskopische Untersuchung zu erkennen; er ertheilt dem Brod einen eigenthümlichen Geschmack, der nicht leicht mit einem andern zu verwechseln ist. Um den Buchweizen im Mehle zu erkennen, muß man vorerst den Kleber und die leichtesten Theile des Stärkmehls absondern; in den etwas schweren Theilen dieses Stärkmehls erkennt man den Buchweizen an vorhandenen kleinen Massen welche eckig und prismatisch sind, ähnlich der stängeligen käuflichen Stärke. Leinsamen. – Dieser ist dem Weizenmehl, wenigstens in Paris, nur selten beigemengt. Man kann ihn sicher unter dem Mikroskop an vorhandenen kleinen viereckigen Bruchstückchen erkennen, welche fast gleichförmig, braunroth gefärbt sind und ihr Ansehen nicht verändern, wenn man das Stärkmehl in 12–14procentiger Kalilösung auflöst. (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)