Titel: | Verfahren zur Darstellung der Harnsäure aus dem Guano und zur Anwendung ihrer Oxydationsproducte in der Färberei und Zeugdruckerei; als Mittheilung aus Frankreich für R. A. Brooman in London am 6 Mai 1856 patentirt. |
Fundstelle: | Band 144, Jahrgang 1857, Nr. XXI., S. 68 |
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XXI.
Verfahren zur Darstellung der Harnsäure aus dem
Guano und zur Anwendung ihrer Oxydationsproducte in der Färberei und Zeugdruckerei; als
Mittheilung aus Frankreich für R. A. Brooman in London am 6
Mai 1856 patentirt.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions, Januar
1857, S. 61.
Verfahren zur Darstellung der Harnsäure und zur Anwendung ihrer
Oxydationsproducte.
1. Darstellung der Harnsäure aus dem
Guano.
Um die Harnsäure, jedoch gemengt mit unauflöslichen und nicht nachtheiligen
Substanzen, aus dem (peruanischen) Guano abzuscheiden, behandle ich denselben mit
verdünnter Salzsäure in der Wärme; dann lasse ich das Unaufgelöste absetzen und
ziehe die klare Flüssigkeit ab; mit derselben sauren Flüssigkeit behandle ich
hierauf frische Portionen von Guano, bis sie vollständig gesättigt (neutralisirt)
ist. Die erste Portion des Guanos wird nochmals mit frischer Säure behandelt, dann
wascht man sie mehrmals mit Wasser aus, läßt sie abtropfen und hernach trocknen. Der
Zweck dieser Operationen ist einerseits, die im Guano enthaltenen Salze aufzulösen,
nämlich das kohlensaure und oxalsaure Ammoniak, den phosphorsauren Kalk, die
phosphorsaure Talkerde, die phosphorsaure Ammoniak-Talkerde, den kohlensauren
Kalk etc., anderseits die harnsauren Alkalien zu zersetzen. Der verbleibende
Rückstand enthält bloß Harnsäure, gemengt mit Sand, schwefelsaurem Kalk und anderen
unauflöslichen Körpern, nebst organischen Ueberresten (von gelblicher Farbe);
derselbe läßt sich eben so vortheilhaft wie die Harnsäure selbst zur Darstellung der
Oxydationsproducte dieser Säure benutzen. – Die gesättigten salzsauren
Flüssigkeiten kann man als Dünger oder als Ammoniaksalze verwenden; auch kann man
aus denselben Oxalsäure etc. abscheiden.
2. Darstellung des Purpurcarmins, durch
Abdampfen einer Auflösung von Harnsäure in Salpetersäure.
Die Harnsäure, d.h. der mit Salzsäure gereinigte Guano, wird mit Salpetersäure (von
1,41 spec. Gewicht) in irdenen Gefäßen gemischt; man bringt abwechselnd Säure und
Guano in die Gefäße und immer nur wenig von denselben auf einmal, damit die
Temperatur nicht zu hoch steigt und um das Aufbrausen in Folge des sich
entwickelnden Salpetergases zu mäßigen. Die Mischung läßt man einige Tage lang ruhig
stehen, wodurch man
eine dicke teigige Substanz erhält. Diese behandelt man mit warmem Wasser, filtrirt,
und wascht den Rückstand mit warmem Wasser aus; die filtrirte Flüssigkeit hat eine
gelbliche oder röthliche Farbe; man kann sie durch Thierkohle entfärben, welche die
von der Salpetersäure aufgelösten gelb gefärbten Substanzen zurückhält.
Die Flüssigkeit, sie mag entfärbt worden seyn oder nicht, ist dann eine Auflösung von
Harnsäure in Salpetersäure, d.h. sie enthält Alloxan, Alloxantin, Harnstoff und
verschiedene farblose Producte, welche durch Oxydation der Harnsäure entstanden.
Diese Flüssigkeit wird zunächst in einem weiten eisernen Gefäß, welches innen
emaillirt ist, abgedampft; dabei ist darauf zu sehen, daß sie nicht auf den
Siedepunkt erhitzt wird. Man gießt von der Lösung stets nur wenig auf einmal in das
Gefäß; die bereits in demselben befindliche soll eine teigige Consistenz erlangen,
ehe man eine frische Portion zusetzt, ferner muß man den Inhalt des Gefäßes
fortwährend umrühren. Nachdem sämmtliche Flüssigkeit hinreichend abgedampft ist,
läßt man den Inhalt des Gefäßes zu einer teigigen oder festen Consistenz abkühlen.
Die so erhaltene teigige oder feste Substanz hat eine bräunlichrothe oder violette
Farbe, bisweilen mit grünem Reflex; der Erfinder nennt sie Purpurcarmin (carmin de pourpre).
Durch diese Operation werden die farblosen Oxydationsproducte der Harnsäure, indem
man sie in Berührung mit den in der Salpetersäure aufgelösten Ammoniaksalzen,
Harnstoff, salpetersaurem Ammoniak etc. erhitzt, in röthliche Producte (Murexid)
umgewandelt. Die Hauptsache ist beim Abdampfen, daß die Substanzen in jedem Gefäße
nicht in zu großer Quantität verarbeitet werden und daß sie niemals den Siedepunkt
erreichen.
3. Befestigung des Purpurcarmins auf
Gespinnsten und Geweben mittelst Metallsalzen.
Um den Purpurcarmin auf Gespinnsten und Geweben aller Art (auch auf der für
Türkischroth geölten Baumwolle, auf gegerbten Häuten, Flockwolle etc.) mittelst des
Färbens und Druckens zu befestigen, wendet man Metallsalze in solcher Weise an, daß
in den Fasern unauflösliche purpursaure Metalloxyde erzeugt werden. Die besten
Resultate haben bisher Quecksilberoxydsalze für die verschiedenen Nüancen von Roth
und Purpur, dann Zinksalze für die Nüancen von Gelb und Orange geliefert.
Man kann nämlich die Gewebe mit dem Farbstoff tränken (klotzen) oder bedrucken, und
dann ihn durch Metallsalze fixiren; oder man kann das Gewebe mit dem Metallsalz
beizen, und dann den Artikel mit dem Farbstoff färben; oder man kann den Farbstoff und die
Metallsalze zu einem ganz oder theilweise löslichen Präparat vereinigen und die
Zeuge in demselben färben.
Soll z.B. Seide in den Nuancen von Purpurroth gefärbt
werden, so vermischt man eine Auflösung von Quecksilberchlorid (Sublimat) mit einer
Auflösung von Purpurcarmin, und taucht die Seide in die Mischung, welche sie
absorbirt und wodurch sie sich mehr oder weniger dunkel färbt, je nachdem sie mehr
oder weniger lang in dem Bade verbleibt und nach der Stärke desselben. – Um
Wolle in den Nüancen von Purpurroth zu färben, beizt
man sie zuerst mit einem Quecksilberoxydsalz; hierzu dient Sublimat mit Zusatz von
Oxalsäure, oder die Verbindung welche man durch Kochen von Quecksilberoxyd mit
Weinstein erhält, oder schwefelsaures Quecksilberoxyd. Diesen Beizmitteln muß man
ein oxydirendes Agens, wie Chlorkalk, Chlorwasser oder Zinnchlorid etc. zusetzen, um
das Quecksilber auf der höchsten Oxydationsstufe zu erhalten. Nachdem die Wolle die
Beize empfangen hat und gewaschen worden ist, färbt man sie in einem Bad von
Purpurcarmin allein, oder gemischt mit Alkalisalzen, wie oxalsaurem Natron etc. Um
gelbe Nüancen zu erhalten, wendet man Zinksalze anstatt der Quecksilberoxydsalze an.
– Baumwolle kann man zuerst mit essigsaurem
Quecksilberoxyd oder Zinkoxyd bedrucken, dann in einer Auflösung von Purpurcarmin
färben und hierauf waschen; so erhält man gelbe und rothe Muster auf weißem
Grunde.
Die eben beschriebene Methode zum Fixiren des Purpurcarmins läßt sich auch benutzen
um auf Gespinnsten und Geweben mittelst des Färbens oder Druckens reines Murexid
(purpursaures Ammoniak) zu befestigen, oder auflösliche purpursaure Salze
(purpursaures Natron, Kali etc.), überhaupt gefärbte Oxydationsproducte der
Harnsäure.
Dasselbe Verfahren läßt sich zum Fixiren der farblosen
Oxydationsproducte der Harnsäure anwenden, z.B. von Alloxan oder einer bloßen
Auflösung von Harnsäure in Salpetersäure. Wenn man den Zeugen dann mittelst eines
heißen Luftstroms oder auf sonstige Weise eine höhere Temperatur ertheilt, so
bekommen sie eine rothe Nüance. Um diese Farbe zu fixiren, also ächtes Roth oder
Gelb zu erhalten, muß man den Zeug durch eine Auflösung von Quecksilberoxydsalz oder
von Zinksalz passiren. Jene farblosen Oxydationsproducte eignen sich besonders zur
Darstellung buntfarbiger Artikel; denn nachdem man die Baumwollenzeuge mit denselben
glatt gefärbt hat, kann man sie leicht wegätzen, wobei – je nach den
Substanzen welche mit dem Aetzmittel aufgedruckt wurden – Dessins in Weiß,
Gelb, Blau, Grün, Grau etc. zurückbleiben, welche bei nochmaligem Färben des Zeuges in anderen
Farbstoffen sich mit letzteren leicht verbinden.Bisher wurde das MurexidMurerid nur zum Rothfärben der Wolle angewendet; man sehe A. Schlumberger's Abhandlung im polytechn. Journal
1854, Bd. CXXXII S. 54 und 136. Das Verhalten dieses Pigments zu mehreren
Metallsalzen eröffnet jetzt der Färberei und Zeugdruckerei ein neues Feld.
A. d. Red.
4. Darstellung von Lacken durch
Behandlung des Purpurcarmins mit Metallsalzen.
Der Purpurcarmin oder das MurexidMurerid liefert mit gewissen Metallsalzen Niederschläge (purpursaure Metalloxyde),
welche ganz oder nahezu unauflöslich sind; einige derselben zeichnen sich durch eine
sehr lebhaftelebhaste Farbe aus. Trocknet man diese Niederschläge, so erhält man Pulver oder
Lacke, welche sich vortheilhaft zum Malen oder zum Bedrucken der Papiertapeten
benutzen lassen. So bringen essigsaures oder salpetersaures Quecksilberoxyd in der
Auflösung des Purpurcarmins einen purpurfarbigen oder violetten Niederschlag hervor;
ein ähnlicher entsteht, wenn man die Lösung des Purpurcarmins mit
Quecksilbersublimat vermischt und dann mit einem Alkalisalze (oxalsaurem Natron)
fällt. Zinksalze liefern gelbe und orangefarbige Niederschläge.