Titel: | Zusammenstellung der Resultate der bisherigen Versuche auf den preußischen Eisenbahnen, die Anwendung von Steinkohlen an Stelle von Kohks zur Feuerung der Locomotiven betreffend. |
Fundstelle: | Band 144, Jahrgang 1857, Nr. XXVIII., S. 102 |
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XXVIII.
Zusammenstellung der Resultate der bisherigen
Versuche auf den preußischen Eisenbahnen, die Anwendung von Steinkohlen an Stelle von
Kohks zur Feuerung der Locomotiven betreffend.
Aus Erbkam's Zeitschrift für Bauwesen, 1857, S.
185.
Versuchesresultate über Feuerung der Locomotiven mit
Steinkohlen.
1. Beschaffenheit der Steinkohle. Was die Qualität der zur
Locomotivfeuerung zu verwendenden Steinkohlen betrifft, so hat sich bei allen
Versuchen herausgestellt, daß hierzu nicht jede Kohlensorte brauchbar ist. Von der
versuchten Anwendung grußartiger magerer Kohlen aus dem Wurm-Revier mußte auf
der Aachen-Düsseldorf-Ruhrorter Eisenbahn wieder Abstand genommen
werden; eben so wenig zeigten sich die probirten Sorten fetter, backender
Steinkohlen von der oberen Ruhr und dem rechten Ufer des Niederrheins geeignet.
Dagegen gaben möglichst schwefelfreie Flammkohlen einen durchaus befriedigenden
Effect. Kohlen dieser Gattung von der Zeche Zollverein, in ihrem ursprünglichen
grußartigen Zustande nach der Förderung, vertrugen sogar einen Zusatz von Fettkohlen
der Zeche Concordia (bei Oberhausen).
Für die westphälische Eisenbahn gelang es, im wittenschen Revier aus der Grube
Franziska Tiefbau Kohlen zu erhalten, welche den Anforderungen im Allgemeinen
entsprachen. Dieselben mußten jedoch gesiebt werden, wodurch ein Abfall von 25 bis
33 Procent des angelieferten Quantums entstand, welcher nur für einen geringen Preis
wieder verwerthet werden konnte. Vom Bezuge der Kohlen aus entfernteren Gegenden der
unteren Ruhr mußte diese Bahn Abstand nehmen, da andernfalls die Kosten der Kohlen
durch den weiteren TransportTranport sich höher stellten als die Kosten von Kohks.
Bei der niederschlesisch-märkischen Eisenbahn wurden zum Theil gesiebte
Backkohlen aus der Königin-Louisen-Grube, deren Abfall (etwa 10
Procent) sich durch Verkohkung gut verwerthen läßt, zum Theil trockene Kohle aus der
Königsgrube (beide in Oberschlesien) mit Nutzen verwendet. Der Abfall der letzteren,
im Betrage von ebenfalls nahe 10 Proc., läßt sich jedoch nur wenig verwerthen.
Die Saarbrücker Eisenbahn fand die Kohlen der Gruben Reden und von der Heydt zur
Locomotivfeuerung geeignet, hat jedoch letzteren schließlich den Vorzug gegeben,
weil sie stückreicher sind.
Im Allgemeinen werden die Stückkohlen den Grußkohlen vorgezogen, weil die feineren
Theilchen der letzteren theils durch den Rost fallen, theils bei lebhaftem Zug durch
die Feuerröhren in die Rauchkammer getrieben werden. Es wird deßhalb von einigen
Seiten vorgeschlagen, diese feineren Theile durch Siebung der aus den Gruben
kommenden Kohle von dem Feuerungsmaterial für Locomotiven auszuscheiden und Kohks
daraus zu bereiten.
Auf der Saarbrücker und der westphälischen Eisenbahn hat man mit gutem Erfolg,
insbesondere für Personenzüge, versuchsweise auch Kohlen und Kohks gemischt
angewendet. Erstere nahm hierzu 2 Gewichtstheile Kohks und 1 Gewichtstheil Kohlen,
letztere ließ 6 bis 8 Zoll hohe Kohlen- und Kohks-Schichten im
Feuerkasten abwechseln. Die Kohks erleichterten den Durchgang der Luft durch die
Heizmasse und bewirkten dadurch, daß selbst die kleineren Kohlenstückchen auch in den Ecken des
Feuerraumes vollkommen verbrannten.
2. Einrichtung der Feuerkasten zur Kohlenheizung. Um die
der Steinkohlenfeuerung am besten entsprechende Einrichtung der Feuerkasten kennen
zu lernen, sind verschiedenartig construirte Roste benutzt worden und zwar:
a) sogenannte Treppenroste,
aus gußeisernen Platten auf schmiedeeisernem Gerüst bestehend und an der tiefsten
Stelle mit einigen beweglichen Roststäben zum Reinigen versehen, nach dem bekannten
französischen Muster.
Die niederschlesisch-märkische Eisenbahn hat dieselben in Betreff des
Verbrauchs an Brennmaterial vortheilhafter gefunden als die ad b beschriebenen Roste, jedoch litten die Rostplatten sehr stark, und
beim Gebrauch von Backkohlen fehlte es an Zug. Als später nur mit trockener Kohle
aus der Königsgrube gefeuert wurde, ermäßigte sich der Verbrauch an Rostplatten etwa
auf die Hälfte.
Die Aachen-Düsseldorf-Ruhrorter Eisenbahn hält diese Roste für gewisse
Kohlensorten nicht für unbedingt erforderlich, auch nicht für vortheilhafter als die
nachstehend beschriebenen geneigten Roste. Neuerdings werden dort die Rostplatten
der Länge nach geschlitzt, wodurch gewissermaßen ein nach der Quere liegender Rost
entsteht. Bedeutende Verminderung des Verbrauchs an Platten und Erhöhung des Zuges
wird als Erfolg dieser Anordnung angegeben.
Die Verwaltung der Prinz-Wilhelms-Bahn fand den Treppenrost besonders
für die kleinen Maschinen älterer Construction mit kleinem Feuerkasten und geringer
Heizfläche unter Fortlassung des Aschenkastens geeignet. Bei Beibehaltung des
letzteren wurde die Hitze unter dem Roste so groß, daß ein Schmelzen der Roststäbe
zu befürchten stand. Durch das Fehlen des Aschenkastens entstand jedoch eine solche
Feuergefährlichkeit bei dieser Heizmethode, daß bei anhaltender Dürre dieselbe
dieses Umstandes wegen sistirt werden mußte.
Bei der westphälischen Eisenbahn endlich fand man den Treppenrost aus dem Grunde
nicht vortheilhaft, weil die dem Vorwärtsgange der Maschine entgegengesetzte
Richtung der Zug-Oeffnungen desselben allem Anschein nach einem bequemen und
reichlichen Zutritt der Luft hinderlich ist, dann auch, weil die ganze Construction
die nutzbare Heizfläche des Feuerkastens zu sehr beschränkt.
b) Geneigt liegende
Roste.
Bei der niederschlesisch-märkischen Bahn hat man dergleichen Roste an der
Heiz-Oeffnung anfangs 8 1/2 Zoll, dann 12 bis 15 Zoll höher gelegt als an der Rohrwand. Man
erachtete als einen besonderen Vortheil dieser Lage, daß die Rostfläche und der Raum
zwischen dem Boden des Aschenkastens und dem Roste, dadurch gegen die gewöhnliche
Anordnung der Roste in den Locomotiven vergrößert wird und die Kohle während des
Brennens ohne Nachhülfe der Rohrwand sich nähert. Das Verschieben der Kohle mittelst
eines Rechens oder eines sonstigen Instrumentes, so wie überhaupt alles Berühren der
glühenden Kohle, wobei ein nicht geringer Theil durch den Rost fällt, wird dadurch
vermieden. Auf solchen Rosten ließ sich selbst Backkohle gut verwenden.
Bei der Aachen-Düsseldorf-Ruhrorter Eisenbahn sind gewöhnliche Roste,
deren Stäbe etwas enger als bei Kohksfeuerung und mit einem Gefälle von 6 Zoll nach
der Rohrwand eingelegt wurden, mit demselben günstigen Erfolge für die
Kohlenfeuerung angewendet worden, wie die Treppenroste.
c) Bei der bergisch-märkischen Eisenbahn bediente
man sich auch sogenannter Cylinderroste aus gewöhnlichen,
in der Mitte jedoch acht Zoll höher als an den Seiten und im Ganzen etwas enger als
bei Kohksfeuerung liegenden Stäben. Die dadurch erreichte Vergrößerung der
Heizfläche und der vermehrte Zutritt der Luft wirkten günstig, wie denn überhaupt
große Feuer- und Heizflächen sich als sehr vortheilhaft für die
Kohlenfeuerung erwiesen, wofür der Grund darin gesucht wird, daß ein ruhiges
Durchströmen der nöthigsten atmosphärischen Luft für die Kohlenfeuerung
vortheilhafter ist, als ein auf künstlichem Wege erzieltes schnelles Durchtreiben
derselben. Deßhalb haben die großen, mit solchen Rosten versehenen Lastzugmaschinen
der bergisch-märkischen Eisenbahn, welche große Feuerkasten mit
entsprechenden Heizflächen haben, sich vorzugsweise geeignet für die Kohlenfeuerung
ergeben, auch nicht die nachtheiligen Erscheinungen und die Feuergefährlichkeit
gezeigt, welche bei den kleinen Maschinen der Prinz-Wilhelms-Bahn mit
Treppenrosten beobachtet worden sind.
d) Um eine recht vollkommene Ausnutzung des Brennstoffs
der Kohle, womit zugleich eine Verbrennung des Rauches verbunden ist, zu erreichen,
ist bei der niederschlesisch-märkischen Eisenbahn eine Hinleitung der Luft
über die Feuerung durch einen an der Rohrwand auf den
Hauptrost schräg gestellten 12 Zoll hohen Hülfsrost mit
Vortheil versucht worden.
e) Es ist bei einigen Bahnen gelungen, auch mit dem gewöhnlichen horizontal liegenden Roste die
Kohlenfeuerung durchzuführen, sofern nur die einzelnen Stäbe eng genug lagen.
3. Dampf-Erzeugung mittelst der Kohlenfeuerung. Es
wird von allen Seiten eingeräumt, daß bei angemessener Qualität der Kohle die
Dampf-Erzeugung durch dieselbe im Ganzen nichts zu wünschen übrig lasse. Nur
bei zu starker Beimischung staubförmiger Theile gelang es öfters nicht, die Spannung
der Dämpfe in normaler Höhe zu erhalten. Auch bei anhaltendem Stationiren der
Locomotiven war die Erhaltung der normalen Dampfspannung stellenweise nicht ohne
Schwierigkeiten.
4. Uebelstände der Kohlenfeuerung. Als ein Nachtheil der
Heizung mit Steinkohlen, deren Hebung bisher noch nicht vollständig hat gelingen
wollen, wird von allen Seiten die starke, theils verunreinigend wirkende, theils dem
Publicum und dem Fahrpersonal beschwerlich fallende Rauchbildung bezeichnet. Als
solche trat ferner die Nothwendigkeit auf, bei Anwendung von Grußkohlen sehr häufig,
oft schon nach Zurücklegung von 2 bis 3 Meilen, die Rauchkammer, mitunter sogar die
Rohrwände und die Rohre selbst zu reinigen, wodurch die Anwendung des neuen
Verfahrens auf die Güterzüge beschränkt wurde.
Abgesehen ferner davon, daß die vom Zuge unverbrannt fortgetriebenen Kohlentheile für
den Nutz-Effect verloren gehen, so bewirken sie auch bei einiger Ansammlung
im Rauchkasten ein nachtheiliges Glühendwerden des letzteren, so wie des unteren
Theiles des Schornsteines. Um dieser Erhitzung der Wände, besonders im unteren
Theile des Rauchkastens, vorzubeugen, hat man wohl so weit als thunlich einen mit
Blech abgedeckten Lehmschlag darin angebracht.
Eine Beschädigung oder stärkere Abnutzung der Feuerbüchse und Feuerröhren in Folge
der Kohlenfeuerung hat man im Allgemeinen zwar nicht bemerkt, und als auf der
niederschlesisch-märkischen Eisenbahn der Feuerkasten einer Kohlenmaschine
nach langer Dienstzeit an derjenigen Stelle angebohrt wurde, welche in der Regel am
stärksten abgenutzt wird, wurde eine meßbare Abnutzung nicht vorgefunden. Auf der
westphälischen Bahn hat sich dagegen eine nachtheilige Wirkung der Kohlenheizung auf
diese Theilung nicht verkennen lassen, und es wird die Befürchtung ausgedrückt, daß
die mit Kohlen geheizten Locomotiven häufigeren Reparaturen unterworfen und dem
Dienste länger entzogen seyn werden als die für den Kohksbrand bestimmten. Man fand
daselbst die inneren Wände des Feuerkastens, der Feuerröhren und des Rauchkastens
mit einem sehr gleichmäßig vertheilten, dichten Kohlenstaube bedeckt, nach dessen
Entfernung durch leichtes Anschlagen die reine metallische Kupferfläche sichtbar
wurde. Auch erschienen die Schlacken zuweilen mit metallischem Kupfer gemischt,
wobei indessen bemerkt werden muß, daß die zur Verwendung gekommenen Wittener Kohlen
sehr reich an Schwefel und flüchtigen Gasen seyn sollen. Unabhängig hiervon sind die
nachtheiligen Einwirkungen, welche in Folge der Eigenschaft der Steinkohlen
entstanden, eine concentrirte, fast örtliche und heftige Stichflamme zu geben,
welche zerstörend auf die nächste Umgebung einwirkt. Dieselben machten sich
vornehmlich durch Beulenbildung in dem unteren Theil der Rohrwand, weniger an den
Seitenwänden, und durch Abbrennen der Borde der Feuerröhren bemerklich.
5. Finanzielles Resultat der Steinkohlenfeuerung. Bei der
Aachen-Düsseldorf-Ruhrorter Eisenbahn waren die Resultate am
günstigsten, und werden in Folge dessen daselbst sämmtliche Güterzüge mit auf
Kohlenheizung eingerichteten Locomotiven befördert. Es stellte sich dabei wiederholt
heraus, daß durch 1 Scheffel (nahezu 1 Ctr.) der am besten geeigneten Kohle fast 1
Ctr. Kohks ersetzt wurde. Dabei war der für die dortige Gegend allerdings sehr hohe
Preis pro Centner Kohks 13 1/2 Sgr., pro Scheffel Kohle 6 Sgr. 6 1/2 Pf., die Ersparniß für
den augenblicklichen Stand des Marktes daher nahe 50 Proc.
Auf der Prinz-Wilhelms-Eisenbahn wurden verhältnißmäßig mehr Kohlen pro Nutzmeile verbraucht als auf der
bergisch-märkischen Eisenbahn, zum Theil, weil auf der ersteren die Kohle
eine größere Menge kleiner Theile enthielt als auf der letzteren. Der Verbrauch
betrug pro
Meile auf der
Prinz-Wilhelms-Eisenbahn
285,8 Pfd. Kohlen
gegen
223,04
„ Kohks,
und auf der bergisch-märkischen
Eisenbahn
175 „ Kohks,
gegen
193,4
„ Kohlen.
Die Kosten-Ersparniß berechnet sich hiernach bei beiden
Bahnen auf circa 6 bis 7 Sgr. pro Nutzmeile.
Bei der Saarbrücker Eisenbahn hat man eine Locomotive für Güter- und
Kohlenzüge und eine zweite zum Vorspannen für schwere Züge und zum Rangiren auf
Bahnhöfen mit Steinkohlen geheizt. Die erstere machte im Durchschnitt täglich 15 1/2
Meilen, letztere 10 1/2 Meilen, und erreichten die Züge ein Gewicht excl. Tender und
Maschine bis auf 8100 Ctr. (99 Achsen) Brutto bei einer Steigung von 1 : 200. Bei
reiner Steinkohlenheizung verbrauchten diese Maschinen incl. Anheizen und
Stationiren pro Nutzmeile 190 bis 200 Pfd. guter Kohlen,
während sie bei reiner Kohksheizung in derselben Jahreszeit und bei gleichen Zügen
170 bis 180 Pfd. Kohks mäßiger Qualität gebraucht hatten.
Die damals gezahlten Preise von 10 Thlr. für ein Fuder Kohks und von 5 Thlr. für ein
Fuder Kohlen zu Grunde gelegt, so würde hiernach das Verhältniß zu Gunsten der
Kohlen etwa wie 13 : 23 seyn.
Die westphälische Eisenbahn hat ihre Versuche mit zwei, in ihrer Construction ganz
gleichen, gekuppelten Locomotiven angestellt und zwar bei Beförderung der gemischten
Züge auf der Gebirgsstrecke zwischen Paderborn und Warburg. Nach den
Durchschnittsermittelungen hat die eine Maschine pro
Meile 1,53 Scheffel Kohlen, die andere bei derselben Leistung 1,41 Ctr. Kohks
verwendet. Nach den dermaligen Preisen kostete der Ctr. Kohks 12 1/2 Sgr., der
Scheffel Steinkohlen unter Berücksichtigung der Verluste beim Aussieben 10 Sgr. Es
erzielt sich daraus eine Ersparung an Brennmaterial von nahe 13 Proc.
Bei der niederschlesisch-märkischen Eisenbahn verbrauchte in der letzteren
Zeit pro Meile:
a) eine Locomotive mit Treppenrost
0,80 Tonne Kohlen,
b) eine Locomotive mit gewöhnlichem Rost
0,85 Tonne Kohlen,
c) eine Locomotive mit Kohksfeuerung 202
Pfd. oder
1 Ton. u. 5 Pfd. Kohks.
Für die Maschinen ad a wurden
Stückkohlen aus Königsgrube verwendet, welche pro Tonne,
bei 10 Proc. Verlust an kleinen Kohlen, 1 Thlr. 10 Sgr., pro Meile demnach 29 Sgr. 10 Pf. kosteten.
Die Maschinen ad b wurden mit Steinkohlen aus der
Königin-Louisen-Grube geheizt, und beliefen sich die Kosten pro Tonne Kohlen, bei 10 Proc. Verlust an kleinen
verkohkbaren Kohlen, auf 1 Thlr. 1 Sgr. 10 Pf., pro
Meile demnach 24 Sgr. 6 Pf.
Die Heizung mit Kohks kostete dagegen im ungünstigsten Falle nicht mehr als 24 Sgr. 6
Pf., ist also nicht theurer als die Heizung mit Stückkohlen aus der
Königin-Louisen-Grube, und jedenfalls billiger als die Heizung mit
Stückkohlen aus der Königsgrube.