Titel: | Ueber ein neues Barometer, eine Luftdruck-Waage; von P. A. Secchi, Director der Sternwarte in Rom. |
Fundstelle: | Band 144, Jahrgang 1857, Nr. XXXIV., S. 125 |
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XXXIV.
Ueber ein neues Barometer, eine
Luftdruck-Waage; von P. A.
Secchi, Director der Sternwarte in Rom.
Aus den Comptes rendus, Januar 1857, Nr. 2 und Februar Nr.
7.
Mit einer Abbildung auf Tab. II.
Secchi, über ein neues Barometer.
Die Verbesserungen welche in der neueren Zeit am Barometer vorgenommen wurden,
beschränken sich auf eine größere Genauigkeit im Ablesen der Quecksilberhöhe und auf
die Anwendung weiter Röhren, um den Einfluß der Kapillarität zu vermeiden. Es
mißlangen alle Methoden welche man versuchte, um das Instrument, mit Beibehaltung
seiner ganzen Genauigkeit, zu einem selbstregistrirenden zu machen. Das bisherige
Instrument ist überdieß schwierig herzustellen, zerbrechlich und kann leicht in
Unordnung kommen. Diese Uebelstände dürften durch meine neue Construction dieses
Apparates größtentheils beseitigt seyn.
Ich ging von einer sehr einfachen Thatsache aus. Angenommen man besitze ein Barometer
mit Gefäß, dessen Röhre einen hinreichend (z.B. 15 Millimeter) weiten Durchmesser
hat, man stelle das Gefäß auf einen Tisch, und die cylindrische Röhre könne in die
Höhe gezogen werden, indem man sie mit der Hand faßt: so kann man fragen, welche
Kraft wird zum Heben dieser Röhre erforderlich seyn. Thatsächlich und der Theorie
entsprechend, muß man dazu eine Kraft aufwenden, die genau dem Druck gleichkommt,
welchen die Atmosphäre auf das Quecksilber des Instruments ausübt, d.h. man muß das
Gewicht des in dieser Röhre enthaltenen Quecksilbers heben. Man kann folglich auf
eine sehr einfache Weise den Druck der Atmosphäre wirklich wägen, indem man das Barometer an der einen Schale einer Waage befestigt
und in die andere Schale Gewichte legt; und es ist einleuchtend, daß man bei jeder
Veränderung des Luftdrucks eine entsprechende Aenderung in den Gewichten der zweiten
Schale wird vornehmen müssen. Will man den Werth des absoluten Drucks auf die
Flächeneinheit erhalten, so muß man selbstverständlich das Gewicht der Röhre, den
Gewichtsverlust des im Quecksilber eingetauchten Röhrentheils, und hauptsächlich den
innern Querschnitt der Röhre berücksichtigen. Die Nothwendigkeit, den innern
Durchmesser der Röhre zu kennen, ist jedoch bei der neuen Construction kein
Uebelstand, sondern im Gegentheil ein sehr großer Vorzug, denn durch Vergrößerung
des Querschnitts dieser Röhre kann man die auf das Instrument wirkende Kraft nach
Belieben verstärken. Angenommen die Röhre habe einen Querschnitt von 10
Quadratcentimetern und der Druck ändere sich um 1 Centimeter Höhe, so wird das der
zweiten Schale beizufügende Gesammtgewicht 10 Kubikcentimeter Quecksilber oder 135
Gramme betragen, während es nur 13,5 Gramme betrüge, wenn die Röhre einen
Querschnitt von 1 Quadratcentimeter hätte. Dieser Umstand läßt sich also
vortheilhaft für die Empfindlichkeit des Instruments benutzen.
Ich gehe nun auf die neue Construction des Apparats über: sie besteht einfach darin,
die Barometerröhre frei an den Arm irgend eines Hebels zu hängen, z.B. an den Balken
irgend einer gleicharmigen oder ungleicharmigen Waage; um aber der Mühe überhoben zu
seyn, jedesmal bei jeder Beobachtung wägen zu müssen, kann man an dem Hebel einen
mehr oder weniger langen Zeiger anbringen, welcher sich vor einer graduirten Scala
bewegt, so daß die Veränderungen im Druck sehr leicht abzusehen sind. Ich ließ einen
solchen Apparat im Observatorium ausführen, dessen Röhre einen Durchmesser von 15
Millimet. hat; er ist eine Art römischer Waage, an deren kurzem Arm die Röhre
aufgehängt ist, welcher auf der andern Seite ein Gegengewicht das Gleichgewicht
hält; eine lange Zunge von Glas diente anfangs als Index, aber später habe ich über
der Aufhängeschneide einen Spiegel befestigt, in welchem ich das Bild einer entfernt
angebrachten graduirten Scala beobachte.
Die Vortheile, welche die neue Construction zu versprechen scheint, bestehen in
Folgendem:
1) Da der Druck nicht durch die Höhe der Quecksilbersäule gemessen, sondern gewogen wird, so kann man die Röhre aus einem beliebigen
Material anfertigen, namentlich von Eisenblech, welches sich nicht amalgamirt; das
Instrument wird also nicht mehr so zerbrechlich seyn wie bisher, und will man das
Glas beibehalten, so kann man jede Sorte von Röhren anwenden, wenn sie nur in dem
Raum, in welchem die Quecksilbersäule schwankt, einen constanten Durchmesser
haben.
2) Da man durch Vergrößerung des Querschnitts der Röhre die Kraft und das Gewicht
vergrößert, so kann man letzteres als Triebkraft benutzen, um das Instrument
selbstregistrirend zu machen.
3) Die neue Construction ist unabhängig von der Form der Quecksilberkuppe, von der
Reinheit des Quecksilbers und seinem specifischen Gewichte, von der Temperatur und
von dem Unterschied der Schwere in verschiedenen Breiten; denn alle diese Größen
haben einen Einfluß auf das Volum des Quecksilbers und auf die Höhe der Säule,
welche man messen muß, um sein Gewicht zu erhalten, wogegen hier das Gewicht
unmittelbar gegeben ist. Wendet man eine Röhre von Eisen an, so hat man nicht in dem
Grade wie beim Glas die Adhäsion der Luft und der Feuchtigkeit zu fürchten, und man
kann auch das Quecksilber sehr leicht, ohne Gefahr für die Röhre, auskochen.
4) Wenn man die Röhre von Eisen macht, so läßt sich das Instrument sehr leicht
transportiren und eignet sich daher besonders zum Höhenmessen.
5) Wegen der Glasröhren konnte man bisher nur Quecksilber als Flüssigkeit für ein
Barometer anwenden; in der Folge kann man aber auch Wasser oder andere Flüssigkeiten
zu diesem Zweck benutzen.
Das Barometer welches ich nach dem neuen Princip ausführte, zeigt Veränderungen im
Luftdruck immer früher als ein gewöhnliches Barometer an, wie dieses bekanntlich die
vollkommensten Barometer thun.
Die Luftdruck-Waage als Barometrograph.
Der Barometrograph, welchen ich nach dem Princip der Luftdruck-Waage
construirte, ist in Fig. 25 abgebildet.Wir entnahmen die Abbildung der in Fano erscheinenden Enciclopedia contemporanea, vol. V. No. 3. A. d. Red.
An den kurzen und horizontalen Arm eines starken Hebels L,
L' ist die gläserne Barometerröhre B, B
gehängt, welche in ihrem längsten Theil einen mittlern Durchmesser von 18 Millimet.
hat, aber am obern Ende eine cylindrische Erweiterung von 60 Millimeter Durchmesser
und 150 Millimeter Länge. Diese Röhre wurde wie die gewöhnlichen Barometer gefüllt,
und das Quecksilber bleibt auf der geeigneten Höhe in ihrem Innern stehen, so daß
seine Schwankungen in Folge des veränderten Luftdrucks immer im weiten Theil
stattfinden; diese Röhre taucht in ein weites und tiefes Gefäß mit Quecksilber,
welches den Bewegungen derselben nicht hinderlich ist. Der Hebel L, L' ist auf der andern Seite des Stützpunkts mit einem
Arm L'' von beiläufig 1 Meter Länge versehen, dessen
Krümmung einen Winkel von 45 Grad mit dem Horizont bildet. Das an diesem Arm befestigte Gewicht
P ist verschiebbar, um das Gleichgewicht leichter
herstellen zu können. Mit der Achse o des Hebels ist die
Stange o, p verbunden, welche mit einer andern Stange
p, q und durch diese mit q,
r in Verbindung steht. Dieses System bildet eine Art Watt'sches Parallelogramm, und der Zeichenstift bei m, in der Mitte der Stange p, q, zeichnet die
barometrische Curve auf ein Papierblatt, welches über den Rahmen t, t' gespannt ist. Mittelst einer oben auf dem Gestell
C, C, C, C angebrachten Uhr O senkt sich dieser Rahmen langsam zwischen den Führern gg', g'g'' per Tag um 30
Centimeter herab, wornach er stehen bleibt. Das Quecksilber, welches mit der
Veränderung des Luftdrucks in der Röhre steigt oder fällt, bewegt den Winkelhebel
und folglich die Stange o, p, und die Bewegung des
Zeichenstifts, welche aus der Bewegung der Verbindungsstange p, o und dem Lauf der Tafel zusammengesetzt ist, verzeichnet die tägliche
barometrische Curve mit aller wünschbaren Genauigkeit.Wenn man kein graphisches Instrument verlangt, so reducirt sich dasselbe auf
den Winkelhebel L, L', L'', auf die
Barometerröhre und auf den Arm oder Index o, p,
dessen Verlängerung an einem graduirten Bogen die Aenderungen des Luftdrucks
anzeigt.
Ich hatte bei der Construction des Barometrographen eine Schwierigkeit zu überwinden,
welche durch die Anwendung einer erweiterten oder conischen Quecksilberröhre
veranlaßt wurde, indem eine solche, an einer zweiarmigen Waage aufgehängt, nicht im
Gleichgewicht erhalten werden kann, daher ich die Waage aufgeben und sie durch den
beschriebenen unbiegsamen Hebel ersetzen mußte. Bei Anwendung einer cylindrischen
Röhre stößt man auf keine Schwierigkeit. Sowohl bei der gleicharmigen als bei der
ungleicharmigen Waage findet nämlich das Gleichgewicht nur statt bei Gleichheit der
Momente bezüglich der Achse, und diese Gleichheit ist ungeachtet der Neigung der
Arme stets vorhanden, denn es besteht immer die Gleichung pr = p'r'. Ist die
Röhre aber conisch und erweitert, so muß die Neigung eines Arms das Gleichgewicht
aufheben, denn wenn die Waage sich auf der Seite der Röhre neigt, so wird die
Quecksilbersäule, ohne ihre Höhe zu ändern, ihr Volum und folglich ihr Gewicht p' ändern, so daß man hat pr < p'r'. Um das Gleichgewicht wieder
herzustellen, muß man also entweder p oder r vergrößern; dieß geschieht aber unmittelbar durch den
unbiegsamen Winkelhebel, denn dieselbe Bewegung welche
die Röhre neigt, erhöht den Schwerpunkt der Verlängerung des Hebels und der wahre
Hebelarm r wird größer, indem er sich ein wenig von der
Senkrechten entfernt, welche durch den Aufhängepunkt geht.
Nachdem diese Schwierigkeit überwunden war, wurde der Apparat sehr einfach, so daß er
von gewöhnlichen Arbeitern ausgeführt werden kann; wendet man als Röhre eine
cylindrische eiserne Flasche mit langem Halse an, so ist die Gefahr des Zerbrechens
beseitigt. – Man könnte den Apparat auch in der Weise construiren, daß man
die Röhre befestigt und das Gefäß ins Gleichgewicht setzt.