Titel: | Ueber die Fabrication des Phosphors, des Knochenleims und des Salmiaks; von J. G. Gentele. |
Autor: | Johan G. Gentele [GND] |
Fundstelle: | Band 144, Jahrgang 1857, Nr. LIII., S. 190 |
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LIII.
Ueber die Fabrication des Phosphors, des
Knochenleims und des Salmiaks; von J. G.
Gentele.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Gentele, über die Fabrication des Phosphors, des Knochenleims und
des Salmiaks.
Die Fabrication des Phosphors kann als selbstständiges Geschäft betrieben werden,
wozu dann das Rohmaterial gebrannte oder rohe Knochen und Schwefelsäure abgeben.
Viel vortheilhafter wird dieselbe aber in Verbindung mit der Knochenleim-,
der Salmiak- und der Blutlaugensalz-Fabrication betrieben, und zwar
gegenwärtig an fast allen Orten, da die hierbei weiter in Frage kommenden
Rohmaterialien fast überall billig zu erhalten sind. Seit den letzten zwanzig Jahren
ist die Phosphorfabrication bekanntlich ein viel wichtigerer Industriezweig
geworden, als sie vordern war.
Um die genannten chemischen Fabricationszweige, einen jeden mit dem größten Vortheile
betreiben zu können, werden eingekauft: 1) alle diejenigen thierischen Stoffe,
welche für sich allein zur Blutlaugensalz-Fabrication gebraucht werden
können; 2) alle Sorten frischer Knochen, wenn man nicht eine Auswahl deßwegen machen
will, weil jede Sorte in der benöthigten Quantität zu Gebote steht.
Der Betrieb der Fabrication steht alsdann in folgendem Zusammenhange:
1) Die zur Blutlaugensalz-Fabrication dienenden thierischen Stoffe werden
verkohlt; die erhaltene thierische Kohle dient ausschließlich zur
Blutlaugensalz-Fabrication, das nebenbei gewonnene flüssige, und je nach
Umständen auch das gebildete feste kohlensaure Ammoniak werden zur
Salmiakfabrication benutzt.
2) Die angekauften frischen Knochen werden nach ihrer Entfettung durch Auskochen mit
Wasser, mittelst Salzsäure von dem in ihnen enthaltenen phosphorsauren Kalk befreit,
welcher sich in der Säure langsam auflöst. Die zurückbleibende organische
Knochensubstanz, der Knorpel, wird nach dem Auswaschen und Trocknen, oder noch naß,
zur Knochenleimfabrication verwendet. Den in der Salzsäure aufgelösten
phosphorsauren Kalk neutralisirt man mit dem rohen kohlensauren Ammoniak; dabei
fällt phosphorsaurer Kalk nieder, welcher zur Phosphorfabrication angewendet wird.
In der Flüssigkeit bleibt Salmiak gelöst, welcher zu verkäuflichem Product
verarbeitet wird. Wenn das zur Salmiakbereitung verfügbare Ammoniak nicht hinreicht, um aus allen
salzsauren Lösungen der Knochen den phosphorsauren Kalk niederzuschlagen, so wendet
man zur Fällung der übrig bleibenden Lösungen statt des kohlensauren Ammoniaks bloß
Kalkmilch an, und erhält so neben dem phosphorsauren Kalk eine Lösung von
Chlorcalcium. Man kann aber auch aus sämmtlichen Lösungen den phosphorsauren Kalk
mittelst Kalkmilch fällen, wobei er weniger leicht durch kohlensauren Kalt
verunreinigt wird, und dann das kohlensaure Ammoniak durch die erhaltene
Chlorcalciumlösung in eine Lösung von Salmiak umwandeln, wobei der Niederschlag aus
kohlensaurem Kalk besteht.
Ich werde nun jeden dieser Fabricationszweige für sich abhandeln, mit Ausschluß der
Verkohlung thierischer Stoffe oder der Gewinnung des Ammoniaks, so wie des
gegenwärtigen Verfahrens zum Sublimiren des Salmiaks.
I. Fabrication des
Knochenleims.
Dieselbe zerfällt in die Entfettung der Knochen, deren Behandlung mit Salzsäure, und
die Verwandlung des Rückstandes in käuflichen Leim.
a) Die Entfettung der Knochen geschieht am besten durch
einfaches Auskochen derselben in einem eisernen oder kupfernen Kessel. Das dabei
flüssig werdende Knochenfett begibt sich auf die Oberfläche des Wassers und kann
abgeschöpft werden; es dient zur Seifenfabrication. Da hierbei eine eigentliche
Auflösung der Knochengallerte nicht beabsichtigt wird, so ist ein Auskochen unter
Druck nicht vortheilhaft; damit dasselbe aber nicht zu viel Brennmaterial erheischt,
kann man die ausgekochten Knochen aus dem heißen Wasser durch Rechen ausnehmen, und
sie durch frische Knochen ersetzen, also einige Zeit continuirlich arbeiten, bis die
Brühe gallertartig wird; letztere kann als Schweinefutter oder als Dünger verwendet
werden, wenn Gelegenheit dazu vorhanden ist.
b) Das Extrahiren des phosphorsauren Kalkes erfolgt
durch Salzsäure, welche man auf 5–7° Baumé verdünnt hat. Man
stellt eine Reihe großer Bottiche auf, füllt dieselben mit den entfetteten Knochen
an, und übergießt letztere mit Salzsäure von obiger Stärke, so daß sie davon bedeckt
sind. Die Einwirkung erfolgt ruhig und nur langsam; die Knochen werden nach und nach
biegsam und durchsichtig. Methodisch wird die Arbeit, wenn Salzsäure am Orte einigen
Werth hat, so betrieben, daß man die acht Tage lang über frischen Knochen gestandene
Flüssigkeit auf eine andere Knochenpartie abzapft, sie für die erste Partie durch
neue Salzsäure ersetzt, und dieß so oft wiederholt, bis die Knochen vollkommen
weich, biegsam und durchscheinend geworden sind.
Hierbei sind folgende Umstände zu berücksichtigen. Beim Einkauf frischer Knochen
gewinnt man mehr Fett; in alten Knochen ist die Gallerte oder Leimsubstanz
großentheils zerstört. Aber auch in ganz frischen Knochen wechselt der Gehalt an
Leimsubstanz und phosphorsaurem Kalk bedeutend, so daß gewisse Arten bis 45 Procent,
andere nur 30 Proc. und noch weniger trockne Leimsubstanz zurücklassen, dafür aber
mehr oder weniger phosphorsauren Kalk abgeben. Ist die Salzsäure am Orte von Werth,
so ist es vortheilhafter, bei zulässiger Wahl der Knochen diejenigen Arten
einzukaufen, welche mehr Leim geben; umgekehrt wird man, wenn eine reichliche
Gewinnung von phosphorsaurem Kalk beabsichtigt ist, die kalkreicheren Sorten wählen.
Nachweise über die procentischen Bestandtheile der Knochen überhaupt findet man in
dem schätzbaren Werke „Chemische Untersuchungen über die Knochen und Zähne
des Menschen und der Wirbelthiere mit Rücksicht auf ihre physiologischen und
pathologischen Verhältnisse, von Freihrn. Dr. Ernst
v. Bibra, Schweinfurt 1844.“ Im
Allgemeinen enthalten die Knochen um so mehr phosphorsauren Kalk und um so weniger
Leimsubstanz, je dichter und fester sie sind, folglich Röhrenknochen am meisten
phosphorsauren Kalk, hingegen die porösen Hornknochen am meisten Leimsubstanz.
c) Die von dem phosphorsauren Kalke befreiten Knochen
erfordern, nachdem die letzte Salzsäure darauf gewesen ist, ein sorgfältiges
Auswaschen, um die Säure zu entfernen. Wo es angeht, hängt man sie in Weidenkörben
in fließendes Wasser; fehlt dazu die Gelegenheit, so übergießt man sie mehreremale
mit kaltem Wasser, wascht sie zuletzt noch in einer Trommel mit etwas Kalkmilch, und
entfernt dann den Kalk durch Waschen in Wasser, worauf das Austrocknen des Products
an der Luft folgt. Die getrocknete Waare kann unmittelbar an Leimfabriken abgegeben
werden; wird das Product aber am Platze selbst auf Leim verarbeitet, so ist es zwar
vortheilhaft, sie durch Aussetzen an die Luft theilweise zu trocknen, um allenfalls
anhängende Kalktheile unschädlich zu machen, aber ein vollständiges Trocknen ist
nicht nöthig.
d) Hinsichtlich der Verarbeitung der Knochensubstanz auf
käuflichen Leim habe ich mich bloß über die Darstellung der Gallerte bis zu ihrem
Zerschneiden in Tafeln zu äußern, weil von da an diese Fabrication mit dem
gewöhnlichen Leimfabricationsverfahren übereinstimmt. Die vollkommen oder nur
theilweise getrocknete Knochensubstanz (der Knorpel) wird in eine hohe, nach oben
etwas weitere Stande gefüllt, welche einen oder mehrere Senkböden enthält, mit einem
gut schließenden Deckel und am Boden mit einer Ablaßöffnung versehen ist. Die
Knochensubstanz wird auf den aus einem Lattengitter bestehenden Senkboden
ausgebreitet. Durch eine
passende Oeffnung im Deckel wird aus einem einfachen Destillirkessel (einer
Branntweinblase) Wasserdampf in die Stande geleitet, dessen sich nicht verdichtender
Antheil aus einer Oeffnung entweicht, die etwa 1/2 Fuß über dem Boden der Stande
angebracht ist. Kurze Zeit nach dem Einströmen des Dampfes in die Stande läuft ein
Strom flüssiger Gallerte aus dem Ablaßrohr, die gewöhnlich so concentrirt ist, daß
sie sogleich in die Kasten ausgegossen werden kann, worin sie zu den Blöcken
erstarrt, aus denen die Leimtafeln geschnitten werden. Kommt nach einigen Stunden
dünnere Gallerte, so öffnet man die Stande, und bringt deren Inhalt, welcher aus
zähen aufgequollenen Leimklumpen besteht, mit der gesammelten nicht hinlänglich
concentrirten Gallerte (oder wenn von dieser nicht genug vorhanden ist, mit Wasser)
in einen kupfernen Kessel, um denselben unter Kochen und Umrühren vollends
aufzulösen, was sehr leicht vor sich geht; nöthigenfalls dampft man die Flüssigkeit
noch zur gehörigen Consistenz ein; man gießt in Formen aus, und verfährt weiter wie
bei der gewöhnlichen Leimfabrication.
II. Gewinnung des phosphorsauren Kalkes
und des rohen Salmiaks.
Hierbei können, wie schon angeführt worden, zwei Wege eingeschlagen werden.
Denjenigen Theil der salzsauren Auflösungen von phosphorsaurem Kalk, zu dessen
Zersetzung das kohlensaure Ammoniak nicht hinreicht, sättigt man mit einer reinen
Kalkmilch, wobei die Salzsäure mit Kalk gesättigt wird, während der phosphorsaure
Kalk niederfällt. Man bewirkt diese Fällung in größeren Standen, läßt den
Niederschlag absitzen und beseitigt alsdann die Flüssigkeit durch Abzapfen derselben
über dem Niederschlage. Man bewirkt mehrere Fällungen über demselben Niederschlage,
so daß sich eine Partie desselben ansammelt, und gibt alsdann noch soviel frischer
salzsaurer Knochenlösung hinzu, daß der mit derselben aufgerührte Niederschlag
Lackmus selbst nach einigem Stehen noch röthet, um sicher zu seyn, daß ihm kein
freies Kalkhydrat beigemengt ist. Man rührt ihn nun einmal mit Wasser auf, zapft
dasselbe ab, und entleert ihn dann in gemauerte poröse Kasten, wo er nach und nach
eine feste Gestalt annimmt, so daß er in halbtrocknen Stücken hantirt werden
kann.
Wenn mit kohlensaurem Ammoniak gefällt werden soll, so bringt man einen Theil der
Flüssigkeit ebenso in hölzerne Standen, und setzt von der rohen Ammoniakflüssigkeit
soviel hinzu, bis Lackmuspapier schwach gebläut wird. Es entsteht ein eben solcher
Niederschlag, der aber weit schmutziger ausfällt. Nach dem Absitzen desselben zieht
man die Salmiaklösung hell ab, und macht ebenso mehrere Fällungen hintereinander in
derselben Stande, ehe man den Niederschlag auswascht. Das Auswaschen desselben durch
Uebergießen mit Wasser, Umrühren, Absitzenlassen des salmiakhaltigen Wassers, ist
hier wichtiger als vorhin, um keinen Salmiak zu verlieren. Endlich setzt man dem
ausgewaschenen Niederschlage noch ein wenig von der salzsauren Knochenlösung hinzu,
wie oben, um zu verhüten, daß dem phosphorsauren Kalk eine Portion kohlensaurer Kalt
eingemischt bleibt.
Bei dieser Zersetzung der salzsauren Knochenlösung erhält man zwar direct
phosphorsauren Kalk und Salmiaklösung; wegen einiger Umstände ist es jedoch
vorzuziehen den erstem Weg einzuschlagen, und zur Zersetzung des kohlensauren
Ammoniaks den bei jenem Verfahren abfallenden salzsauren Kalk anzuwenden. Die
salzsaure Knochenlösung ist nämlich sehr verdünnt) man erhält daher auch verdünnte
Salmiaklösungen, welche durch Verdampfung concentrirt werden müssen. Wollte man
vorher die salzsaure Knochenlösung abdampfen, so stößt man wegen der anzuwendenden
Gefäße auf Schwierigkeiten. Vollzieht man das Abdampfen dagegen an der Salmiaklösung
in eisernen Kesseln, so werden diese selbst bei neutraler Lösung angegriffen, es
verflüchtigt sich Ammoniak und der Salmiak wird durch gelöstes Eisenoxydul
verunreinigt.
Verwendet man aber den salzsauren Kalk, welchen man ebenfalls in verdünnter Lösung
durch Fällen der salzsauren Knochenlösung mit Kalkmilch erhält, so läßt sich an
diesem die Abdampfung in eisernen Kesseln bis zu beliebiger Concentration leicht
vollziehen. Man kann alsdann mit derselben die rohe Ammoniakflüssigkeit fällen,
wobei man soviel zusetzt, bis eine abfiltrirte Probe bei weiterem Zusatz keinen
Niederschlag von kohlensaurem Kalk mehr gibt. Diese Fällung wird mit der erhitzten
Flüssigkeit vorgenommen, oder unter Erhitzung beendigt, weil sonst nicht aller Kalk
gefällt wird; sie erfolgt unter Aufbrausen, weil die Ammoniakflüssigkeit nicht
einfach-kohlensaures Ammoniak ist, sondern mehr Kohlensäure enthält, als der
Kalk des Chlorcalciums aufnimmt. Den kohlensauren Kalk trennt man von der
entstandenen Salmiaklösung durch Absitzen und Auswaschen mit Wasser. Die
Salmiaklösung wird dann durch Eindampfen in eisernen Kesseln concentrirt und zum
Krystallisiren gebracht, worauf dieser Theil der Fabrication bis auf die Sublimation
des Products beendigt ist.
Der durch Fällen der salzsauren Knochenlösung mit Kalkmilch gewonnene phosphorsaure
Kalk, welcher mit thierischen Materien verunreinigt ist, wird gesammelt, und nach
einander portionenweise in einem gewöhnlichen Reverberirofen schwach geglüht, bis er
vollkommen und blendend weiß ist. Er behält dabei seine Pulverform, und ist nun zur
Darstellung des Phosphors geeignet. Hierzu ist er wegen seiner leichteren
Zersetzbarkeit tauglicher als die gebrannten Knochen, denn er enthält, auf oben
angegebene Weise gewonnen, keinen freien oder kohlensauren Kalk wie die Knochen, was
ein ökonomischer Vortheil ist, indem bei seiner Zersetzung an Schwefelsäure erspart
wird.
III. Darstellung des
Phosphors.
Das Allgemeine dieser Fabrication ist bekannt; sie gehört unter diejenigen, auf
welche die Fortschritte der Chemie wenig Einfluß gehabt haben, weil die bei dieser
Fabrication vorkommenden Schwierigkeiten nicht in der Unvollkommenheit der
chemischen Processe liegen, sondern einzig in der Destillation, bei welcher nicht
nur Verlust an Phosphor statt findet, daher man die theoretische Ausbeute nicht
erzielt, sondern auch eine sehr große Menge Brennmaterial verbraucht wird, welches
überhaupt den größten Theil seiner Gestehungskosten ausmacht. Da in diesem Journal
Bd. CXV S. 55 Professor A. Payen's Beschreibung der Phosphorfabrication mitgetheilt
worden ist, so kann ich mich darauf beschränken, hauptsächlich auseinanderzusetzen
worin die in Deutschland und im Elsaß gebräuchliche
Darstellungsweise des Phosphors von jener Beschreibung wesentlich abweicht.
Zuvörderst fällt bei der Benutzung des künstlich dargestellten phosphorsauren Kalkes
diejenige Arbeit weg, welche erforderlich ist um den unreinen phosphorsauren Kalk
durch Weißbrennen der Knochen und Zerkleinern derselben zu erhalten.
Die Zersetzung des phosphorsauren Kalks vollführt man in der Hauptsache auf die von
Payen angegebene Weise, ebenso das Auslaugen und die
Verdampfung der Säure. Intelligentere Fabrikanten kürzen jedoch die Auslaugung des
erhaltenen Gypses bedeutend ab, und erhalten zugleich stärkere Säuren, indem sie den
Bodensatz von Gyps – anstatt ihn mit Wasser aufzurühren, in mit Blei
ausgeschlagene Kufen bringen, worin sich ein durchlöcherter Senkboden von Blei
befindet; auf denselben wird eine Schicht sehr grober Quarzstücke, dann eine Schicht
groben Quarzsandes, auf diese eine Schicht feinen Sandes eingelegt, und auf letztere
wird der Gypsbrei ohne Aufwühlen des Sandes gegossen. Die anhängende Säure tropft
nun davon ab, und durch eine ganz geringe Quantität Wasser kann alle Säure aus dem
Gypse mittelst Verdrängung entfernt werden. Die Gypsschicht läßt sich nachher vom
Sande abnehmen, und dieses Sandfilter kann man lange ohne Erneuerung des feinen
Sandes anwenden. Auch
den Gyps welcher sich beim Abdampfen der Phosphorsäure abscheidet, kann man mit
Vortheil auf gleiche Weise von der anhängenden Säure befreien.
Das Abdampfen der Phosphorsäure und das Vermischen der concentrirten Säure mit
Holzkohlenpulver geschieht ganz auf die von Payen
beschriebene Weise. Zum Abdampfen, vor dem Zusehen des Kohlenpulvers, verwendet man
bleierne Pfannen, deren Boden auf eisernen Platten ruht; sie werden von dem
abgehenden Feuer der Destilliröfen geheizt. Zum Abdampfen der mit Kohle gemischten
concentrirten Säure, oder vielmehr zum Eintrocknen dieser Masse, benutzt man
gußeiserne Kessel; sie werden wie gewöhnlich eingemauert, aber mit einem steinernen
Gewölbe überdeckt, das vorn eine Arbeitsöffnung hat, durch welche man den Kessel
beschicken und entleeren, sowie das Umrühren darin vornehmen kann. An der hintern,
dem Arbeitsloche entgegengesetzten Seite communicirt das Gewölbe durch eine Oeffnung
mit dem Schornstein der Kesselfeuerung, so daß die sich entwickelnden schwefelsauren
und schwefligsauren Dämpfe dahin abziehen. Diese Construction ist der Leichtigkeit
ihrer Ausführung wegen, und weil dabei die Dämpfe stets sicher abziehen, jeder
andern vorzuziehen.
Die Destillation des Phosphors in den von Payen
beschriebenen Retorten, Vorlagen und Oefen habe ich an keinem Orte in Anwendung gefunden, wohl
aber vollständig mißglücken gesehen, wo man sie in Gang setzen wollte. In
Deutschland verwendet man Retorten, deren Form von derjenigen der Glasretorten ganz
verschieden ist. Die von Payen beschriebenen
kugelförmigen Retorten erfordern zur Durchheizung viel Brennmaterial; sie kommen
überdieß wegen ihrer schwierigen Herstellung theuer zu stehen, und gestatten nur
eine einmalige Anwendung, da man sie nach dem Gebrauch nicht rein machen kann.
– Die deutsche Retorte hat Aehnlichkeit mit den
zur Darstellung des sächsischen Vitriolöls gebräuchlichen. Fig. 10 stellt eine
solche Retorte im Durchschnitt dar; sie ist eine ziemlich regelmäßig durch
Töpferarbeit von gutem feuerfesten Thonzeuge aufgedrehte Flasche, deren Hals etwas seitwärts gebogen ist. Aus dieser Retorte läßt
sich durch spitzige Eiseninstrumente der Inhalt herausbringen, daher sie wenigstens
einigemale benützt werden kann. Sie faßt zwar nicht so viel Masse wie die
französische Retorte, kostet aber an manchen Orten auch nur 4–6 Kreuzer, bei
einer Länge von ungefähr 18 Zoll und einem innern Durchmesser von beiläufig 4 Zoll
am Bauche.
Es versteht sich, daß der Ofen zur Erhitzung dieser anders gestalteten Retorten auch
eine andere Einrichtung haben muß. Derselbe ist ein Galeerenofen (ähnlich den
Galeerenöfen in den Vitriolbrennereien), wovon Fig. 11 einen
Durchschnitt nach der Breite im Aufriß vorstellt. Ein solcher Ofen enthält 24
Retorten, nämlich 12 auf jeder Seite. Der untere hintere Theil der Retorten liegt
auf der einen Seitenwand des Feuerraums auf; der vordere Theil oder ihr Hals geht an
der entgegengesetzten Seite durch eine Oeffnung heraus,
welche nur lose vermauert wird; durch diese Oeffnung bringt man überhaupt die
Retorte in gehöriger Lage in den Ofen und auch aus ihm heraus. Zwischen je zwei
Retorten bleibt ein freier Raum von 4–5 Zoll, damit die Flamme zwischen
denselben hindurchgehen kann. In Fig. 11 sind A, A' die Retorten; b, b
sind die Seitenwände des Feuerraums; c ist der Rost; d der in der Erde befindliche Aschenraum. Auf den Kanten
von b ruhen die Retorten bei e,
e auf, doch nur wenig; b ist daselbst
nischenartig um ein paar Zolle verschwächt, f, g, h, e
sind die Oeffnungen, durch welche das Beschicken des Ofens erfolgt; durch sie geht
der Hals der Retorte. Nach dem Beschicken wird dieser Theil der Wände b um den Retortenhals herum mit losen Steinen vermauert,
ohne Mörtel, welcher bloß von außen auf die Fugen getragen wird, damit nach
Beendigung der Destillation das Aufbrechen des Ofens an diesen Stellen, ohne andere
Theile desselben zu beschädigen, mit Leichtigkeit erfolgen kann.
i, i ist eine durchbrochene Sandsteinplatte zur
Bedeckung des Feuerraums. Viereckige Löcher in derselben leiten die abgehende Flamme
aus dem Feuerraum in den Canal k, auf welchem die
eiserne Platte l, l ruht, auf der die Bleipfanne sitzt,
worin die Phosphorsäurelösung abgedampft wird. An der hintern Seite des Ofens,
welcher an der entgegengesetzten Seite nur ein Schürloch hat, ist der Canal k mit dem Schornstein vereinigt, aber der Zug durch
einen Schieber regulirbar. Die Sandsteinplatten können auch durch ein Gewölbe, oder
durch große Charmotteplatten ersetzt werden. Jedoch sind Sandsteinplatten
vorzuziehen; für solche ist meistens der magere bunte Sandstein brauchbar, welcher
an manchen Orten zum Aufbau von Glasöfen und zur Anlegung von Hohofengestellen
verwendet wird. Der Ofen wird am besten so angelegt, daß der Rost mit der Sohle des
Gebäudes im Niveau liegt und der Aschenraum sich in der Erde befindet, damit die
Vorlagen, welche mit den Retorten verbunden werden, nicht zu unbequem zu stehen
kommen.
Die Vorlagen welche man in Deutschland benutzt, bestehen ebenfalls aus zwei Theilen,
aber sie sind von gewöhnlichem Töpferthon angefertigt und mit Bleiglasur versehen.
Der eine Theil derselben ist ein cylindrisches Gefäß nn,
nn, oben offen und gleichfalls in Fig. 11 im Durchschnitt
abgebildet. Der andere Theil o, o paßt in den erstern
einige Zolle hinab, und liegt durch einen deckelartigen Vorsprung auf ihm auf; oben
endigt er sich in eine Oeffnung p, welche einen kurzen
Hals bildet. Zwischen diesem Halse und dem Rande welcher in das untere Gefäß taucht, ist eine Röhre
eingesetzt, die mit diesem Theile Ein Stück ausmacht; sie hat eine Länge von
5–6 Zoll, und am hervorragenden Ende einen so großen Durchmesser, daß sie den
Retortenhals bequem ausnehmen kann; innerhalb des Gefäßes springt diese Röhre einige
Zolle vor, so daß sie durch Wasser gesperrt werden kann, und in demselben eintaucht,
wenn der andere Theil der Vorlage damit angefüllt wird. Diese Vorlagen sind billiger
als kupferne; die Fabrikanten welche letztere anzuwenden versuchten, wie sie Payen beschrieb, haben gefunden, daß sie an denjenigen
Stellen, wo sie mit den heißen Phosphordämpfen und den sich entwickelnden Gasen in
Berührung kommen, bald zerstört werden. Nachdem die Retorten der Reihe nach in den
Ofen so gesetzt worden sind, daß eine um die andere ihren Hals nach derselben Seite
richtet, so werden die Vorlagen zusammengepaßt; dann setzt man eine Bank vor jede
Seite des Ofens, welche die erforderliche Höhe hat; hierauf werden die Vorlagen auf
der Bank so angerückt, daß der Hals einer jeden Retorte einige Zolle in das Rohr
einer Vorlage paßt.
Die Beschickung des Ofens ist nach dem Vorhergehenden leicht verständlich. Die
Retorten werden mit der zu destillirenden Masse so weit angefüllt, daß bei der Lage
derselben im Ofen nichts durch den Hals herausrollen kann; sie erhalten dann ihre
gehörige Stellung; die offenen Nischen werden zugemauert und die Vorlagen angerückt,
worauf man langsam anfeuert; während des Feuerns werden die Vorlagen mit Wasser
angefüllt, und es wird in jede derselben ein kleiner Blechlöffel eingesetzt, der an
einem Drahte befestigt ist, welcher ihm als Stiel dient. Nach 6–8 Stunden,
während deren Verlauf man die Hitze beständig verstärkte, hat sich das in der Masse
noch vorhandene Wasser verflüchtigt, nebst schwefliger Säure etc., und es kommen nun
brennbare Gase, die sich von selbst entzünden. In diesem Zeitpunkt verkittet man die
Fugen zwischen Vorlagen und Retorten mit magerem Lehm, so daß nur noch eine kleine
Oeffnung bleibt, welche zum Entweichen von Gasen dient, und die man mit einem dünnen
Drahte fast beständig offen erhält. Nun setzt man die Blechlöffel so ein, daß der in
der Röhre der Vorlage sich verdichtende Phosphor in letztere hineintropft, und
vermehrt die Hitze durch verstärkte Feuerung. Die Destillation des Phosphors
beginnt, sobald sich an der mittelst des Drahtes an einer Stelle offen gehaltenen
Fuge am Retortenhals ein wenig rothe Masse einsetzt, durch welche jene Fuge verengt
und verstopft wird, worauf Blasen in der Vorlage entstehen, die sich von selbst
entzünden. Den Gang der Destillation erkennt man am besten an der Menge von
Phosphor, welche in einer gewissen Zeit in die Löffel tropft; man hebt letztere von
Zeit zu Zeit so weit empor, daß man ihren Inhalt sieht, und leert denselben unter
dem Wasserspiegel aus, so daß man den noch weiter übergehenden Phosphor immer wieder
besonders erhält, und folglich im Stande ist die übergegangene Quantität zu
beurtheilen.
Nach der Gasentwickelung an der offengehaltenen Fuge, und der Menge des übergehenden
Phosphors kann man den Gang der Destillation ganz sicher beurtheilen, und zwar für
jede einzelne Retorte. Die Entwickelung brennbaren Gases hört, nachdem sie begonnen
hat, während der ganzen Operation keinen Augenblick mehr auf; wenn man die
besprochene Fuge offen erhält, so brennt daselbst stets ein blaues Flämmchen, etwa
wie ein Nachtlicht; kommen Tropfen von Phosphor, so kann man sie von Zeit zu Zeit
zuwachsen lassen. Wenn aus einer Retorte kein solches Gas sich mehr entwickelt, so
kann dieß davon herrühren, daß sie zersprungen ist, oder daß Oxydationsproducte des
Phosphors den Hals derselben verstopfen, was jedoch seltener eintritt. Um in
letzterm Falle den Retortenhals zu reinigen, nimmt man die Vorlage weg und bohrt mit
einem starken Eisendraht den verstopften Hals durch, wobei man sich mit ledernen
Handschuhen versteht, weil sonst zuweilen brennender Phosphor herausgeschleudert
wird. Nach dem Reinigen des Halses wird die Vorlage wieder angelegt. Zeigte sich
hingegen der Retortenhals offen, so ist dieß ein Beweis, daß die Retorte zersprungen
ist; man schenkt ihr dann keine weitere Aufmerksamkeit, sondern begnügt sich nach
Beendigung der Operation die Retorte zu zerschlagen und den Inhalt mit anderer
Phosphorsäure, die mit Kohle eingedampft wird, zu vermischen.
Während des ganzen Verlaufs der Destillation erhält man das Wasser in den Vorlagen
einigermaßen kalt, indem man das warme Wasser theilweise abläßt und es durch kaltes
ersetzt, ohne daß die Sperrung der Röhren aufgehoben wird. Nachdem beiläufig 46
Stunden fortgeheizt wurde und endlich beinahe die Weißglühhitze erreicht worden ist,
nimmt die Menge des in einer gewissen Zeit übergehenden Phosphors so ab, daß das
weitere Feuern sich nicht mehr lohnt. Die Vorlagen werden nun weggenommen und man
leert den darin befindlichen Phosphor, welcher braun, roth, schwarz und weiß ist, in
eine Stande unter kaltem Wasser aus; der Phosphor ist nämlich im rohen Zustande viel
entzündlicher als im gereinigten. Der Ofen wird nach dem Erkalten aufgebrochen, die
Retorten werden ausgenommen und die unbeschädigten gereinigt, worauf man dieselben
und den Ofen aufs neue beschickt. Eine Retorte enthält gewöhnlich 7–8 Pfd.
trockener Masse, und liefert 22–24 Loth Phosphor, ein Brand also 16–18
Pfd. Phosphor. Falls mehrere Retorten zerspringen, wird nicht nur die Ausbeute
verhältnißmäßig geringer, sondern es sind auch die Heizungskosten dieser Retorten
während der langen Destillationszeit verloren. Die Anschaffung haltbarer Retorten
und eine geschickte Feuerung derselben, um ihr Zerspringen zu verhüten, sind daher
bei dieser Fabrication Hauptpunkte, und es sind insbesondere diejenigen Umstände zu
berücksichtigen, durch welche sich die Destillationszeit verkürzen läßt, ohne die
Retorten zu frühzeitig zu zerstören.
Die Fabricationsweise des Phosphors hat sich, so weit ich sie beschrieben habe,
nämlich bis zur Reinigung des rohen Phosphors, im Wesentlichen seit langer Zeit
nicht geändert, namentlich was die Destillation betrifft. Darüber wird sich niemand
wundern, welcher weiß, wie schwierig diese Destillation zu leiten ist, wie langsam
sie erfolgt, wie hoch zuletzt die Temperatur seyn muß um den Phosphor vollends
abzutreiben, und wie leicht Unfälle wegen der Brennbarkeit des Phosphors eintreten,
selbst bei Arbeitern welche jahrelang mit derselben beschäftigt waren, und keinen
Schritt ohne Umsicht thun; aus diesen Gründen entschließt sich nicht leicht ein
Phosphorfabrikant zu Versuchen, welche überdieß eine beständige Gegenwart von
wenigstens 48 Stunden in Anspruch nehmen.
Die Verbesserungen, welche in der Phosphorfabrication noch gemacht werden können,
beschränken sich lediglich auf die Destillation. Die
Gestehungskosten der phosphorgebenden Masse betragen bei dem billigen Preise der
Schwefelsäure und des phosphorsauren Kalks nicht ein volles Viertel vom
Calculationspreise des Phosphors, dagegen betragen die Destillationskosten wegen des
großen Brennmaterialverbrauchs über die Hälfte desselben. Es ist daher von
vornherein eine vergebliche Speculation, aus schwarz
gebrannten Knochen (2 CaO, PO³) und Kohle, durch Vermengen mit Kieselerde und
Destillation bei noch höherer Temperatur, mit Vortheil Phosphor im Großen herstellen
zu wollen; denn wie viel Phosphor wird man wohl mit derselben Brennmaterialmenge
erhalten, wenn man in die Retorten eine Masse füllt, welche nur 1/3 so viel
Phosphorsäure enthält, als die bisher angewendete und außerdem einen weitern Zusatz,
die Kieselerde, welche in der gewöhnlichen Masse fehlt, während die neue Masse
überdieß zur Zersetzung eine höhere Temperatur erfordert?
Der Hauptübelstand bei der gegenwärtigen Destillation des Phosphors ist der Umstand,
daß man die Oefen nicht in ununterbrochenem Betriebe erhalten kann, weil sie mit
neuen Retorten beschickt werden müssen. Es ist jedoch nicht unmöglich, und darauf
müssen die Verbesserungsversuche gerichtet werden, die Destillation des Phosphors in
größeren Retorten
vorzunehmen, wie sie zur Destillation des Zinks nach der Altenbergischen Methode
benutzt werden, welche so lange im Feuer liegen bleiben, bis sie undicht werden, und
ohne Unterbrechung der Feuerung entleert und auch ausgewechselt werden können. Es
wird sich aber nicht leicht ein Phosphorfabrikant zur Anstellung eines solchen
Versuchs entschließen, weil er im Falle des Gelingens nur für den Betrieb der
Fabrication in großem Maaßstabe eine Nutzanwendung verspricht; 1 Cylinder könnte
nämlich so viel Masse aufnehmen, als bisher 1 Ofen aufnahm, und um folglich einen
Ofen mit mehreren Cylindern zu betreiben, müßten alle Vorrichtungen zur Beschaffung
der Phosphorsäure entsprechend verändert, d.h. im größern Maaßstabe angeschafft
werden.
Die Berechnung ergibt aber auch, daß dann höchstens die Hälfte des bisherigen
Brennmaterials aufgehen könnte, und dadurch allein würden die Gestehungskosten des
Phosphors um ein Bedeutendes zu vermindern seyn.
Um aus dem rohen Phosphor den reinen Phosphor zu erhalten,
wird in Deutschland nicht das Auspressen desselben durch Leder angewendet, sondern
er wird umdestillirt. Hierzu bedient man sich größerer gußeiserner Retorten von der
Form in Figur
12.
Von diesen Retorten ist jede für sich in einem Ofen eingemauert und steht darin auf
einem schmiedeeisernen Dreifuße. Figur 12 ist der
Durchschnitt des Ofens mit der Retorte. Am Halse der Retorte wird der Ofen mit losen
Steinen vermauert. An derselben Stelle geschieht das Einsetzen der Retorte in den
Ofen. Der Ofen wird bloß mit Holzkohlen gefeuert. Der Retortenhals taucht höchstens
eine Linie tief in das Wasser, welches in einer Schale von Steinzeug vorgestellt
wird und überläuft, wenn eine Portion Phosphor die Menge des Inhalts der Schale
vermehrt.
Der zu destillirende rohe Phosphor wird unter Wasser etwas zerkleinert, noch naß mit
etwas angefeuchtetem Sand gemengt, und so in die Retorten gefüllt, in Quantitäten
von 10 bis 12 Pfd. oder so viel, daß wenn er schmilzt, die Retorte nicht überläuft.
Das Vermischen des Phosphors mit feuchtem Sand geschieht, damit er sich während des
Einfüllens und des Einsetzens der Retorten nicht entzündet. Das Heizen erfordert
viele Vorsicht; zuerst verdampft die dem Phosphor anhängende Feuchtigkeit, welche
theilweise auch die Luft austreibt, die mit ihr entweicht; bald nachher entwickeln
sich Blasen, die sich manchmal beim Austreten aus dem Wasser von selbst entzünden,
endlich kommen Phosphortropfen, die sich im Halse der Retorte verdichten. Von
letzterem Zeitpunkte an muß die Feuerung stets gleich bleiben, bis kein Phosphor
mehr übergeht; die Hitze
darf niemals zeitweise sich vermindern, weil sonst Luft oder Sperrwasser in die
Retorte tritt, welche Explosionen hervorbringen könnten. Daß kein Phosphor mehr
übergeht, kann man durch einen unter die Oeffnung der Retorte gesetzten Blechlöffel
erfahren. Das Wasser in der Vorlage erhält man kalt. Den Phosphor im Blechlöffel
nimmt man öfters, mit Wasser bedeckt, hinweg und gießt ihn unter kaltem Wasser aus,
so daß in der Schüssel sich nur wenig von demselben ansammeln kann. Dieß geschieht,
damit im Falle einer in der Retorte erfolgenden Explosion, wobei das Gas das Wasser
der Vorlage umherwirft, nicht auch Phosphor mitgeschleudert werden kann. Solche
Explosionen erfolgen jedoch nur im oben angedeuteten Falle. Zur Vermeidung derselben
müssen für diese Destillation zuverlässige Arbeiter verwendet werden, von denen man
überzeugt seyn kann, daß sie ein gleiches Feuer unterhalten. Die angewendete Hitze
darf überhaupt nicht groß seyn, weil der Phosphor leicht verdampft; bei zu starker
Erhitzung desselben könnte sich nicht mehr aller Dampf verdichten und würde daher
solcher in Blasen entweichen, von denen jede nach dem Austreten aus dem Wasser unter
Verpuffung verbrennt.
Nun erübrigt noch das Gießen des Phosphors in Stangenform. Diese Arbeit wird in
einigen deutschen Fabriken noch viel bequemer bewerkstelligt, als Payen die Operation beschreibt. Zum Schmelzen des
Phosphors wird zwar derselbe Apparat angewendet, aber anstatt Glasröhren
auszuwechseln, benützt man eine einzige gut calibrirte Glasröhre, welche in den
Krahn des Gefäßes eingekittet ist, worin der Phosphor schmilzt. Krahn und Glasröhre,
welche letztere einige Fuß lang ist, gehen in einen Kasten, der mit kaltem Wasser
gefüllt erhalten wird, und liegen unter dessen Spiegel. Stopselt man das offene Ende
der Glasröhre mit einem passenden Kork zu, in welchen ein kleiner Draht ein-
oder durchgesteckt ist, und öffnet man dann den Krahn am Gefäße, welches den
geschmolzenen Phosphor enthält, so läuft derselbe in die Röhre und erstarrt darin,
weil er durch das kalte Wasser abgekühlt wird. Zieht man nun am Stöpsel und Draht
die Stange langsam heraus, so fließt frischer Phosphor nach, der sogleich wieder
erstarrt. Wenn man daher das Ausziehen langsam vornimmt, so daß der nachlaufende
Phosphor Zeit hat zu erstarren, so kann man denselben in einer einzigen Stange
ausziehen, die in Ringen im Kasten aufgewickelt oder sogleich mit einer Schere unter
Wasser in Stücke zerschnitten wird. Sollte durch Unachtsamkeit einmal zu schnell
gezogen werden, so daß flüssiger Phosphor an das Ende der Glasröhre gelangt, oder
dieselbe zerbrochen werden, so dreht man nur den Krahn zu, und bringt den
ausgelaufenen Phosphor wieder zurück. Damit die Glasröhre nicht so leicht zerbricht, kann man sie auf
zwei Seiten mit einem Blechstreifen einfassen, so daß dennoch das Erstarren des
Phosphors in ihr erkannt werden kann, und derselben im Kasten durch Halter, an
welche man die Blechstreifen löthet, eine feste Stellung geben. Diese Gießmethode
ist ohne Zweifel die einfachste, sie ist völlig gefahrlos, sie kann ununterbrochen
vor sich gehen, indem man stets neuen Phosphor zum Schmelzen bringt, und ermöglicht
jedes Kaliber des Phosphors, indem man die Glasröhre durch eine andere von
entsprechendem Durchmesser auswechselt. Es ist nur darauf zu sehen, daß man die
Stange nie zu nahe an der Glasröhre abschneidet oder abbricht, damit stets ein Stück
verbleibt, woran das Ausziehen aus der Röhre ausführbar ist, was am Anfange durch
den eingeschmolzenen Draht erreicht werden mußte.