Titel: Ueber die thermischen Eigenschaften der verschiedenen Bodenarten; von Malaguti und Durocher.
Fundstelle: Band 144, Jahrgang 1857, Nr. LVII., S. 225
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LVII. Ueber die thermischen Eigenschaften der verschiedenen Bodenarten; von Malaguti und Durocher. Aus den Comptes rendus, Dec. 1856, Nr. 24. Malaguti, über die thermischen Eigenschaften der verschiedenen Bodenarten. In einer frühern Mittheilung besprachen wir das Verhältniß der Lufttemperaturen zu jenen des Bodens (polytechn. Journal Bd. CXXXIII S. 455) und zeigten, daß die Gartenerde, mit welcher wir unsere Beobachtungen anstellten, an ihrer Oberfläche eine die der Luft um beiläufig 3° C. übersteigende mittlere Temperatur besitzt; daß aber unter der Oberfläche dieser Ueberschuß abnimmt, so daß er in der Tiefe von 10 Centimetern beinahe um die Hälfte geringer ist. Wir wollen jetzt den Einfluß kennen lehren, welchen auf die thermischen Eigenschaften der Bodenarten ihre chemische Zusammensetzung, ihr physischer Charakter, ihre Lage und das Vorhandenseyn einer Rasenschicht äußern. Außer der dunkelgrauen Gartenerde, die uns zum Vergleich diente, welche sandig-kiesig, wenig thonig war und 5 Proc. Humus enthielt, beobachteten wir die thermischen Eigenschaften eines weißgrauen Quarzsandes, eines bräunlichgrauen Granitsandes, eines weißlichgrauen bildsamen Thons (Pfeifenerde), einer sandig thonigen, gelben Erde, einer eben solchen, auf der Oberfläche bald schwarz, bald weiß gefärbten Erde, und endlich von vier Sorten Kalkböden, welche in ihren physischen Eigenschaften von einander verschieden waren. Von allen Bodenarten ergab uns die Gartenerde, welche sich am Fuß einer gegen Süden stehenden Mauer befand (15 Centimeter von dieser Mauer entfernt), die höchsten Maxima und Mittel der Temperaturen; so überschritt in einer sieben Tage umfassenden Reihe von Beobachtungen (im April 1852) ihr mittleres Maximum dasjenige des gegen Norden gelegenen Erdreichs an der Oberfläche um 20°, und in einer Tiefe von 10 Centimetern um 10° C. Bezüglich der nicht geschützten Gartenerde betrug der Temperatur-Ueberschuß für diese Reihe 4°, 4; aber bei einer andern, am Anfange des März angestellten Reihe von Beobachtungen stieg der Ueberschuß beinahe auf das Doppelte; und es geht aus unsern Versuchen hervor, daß eine gegen Mittag liegende Mauer durch das Zurückwerfen der Sonnenstrahlen während der heiteren Wintertage einen auffallenderen erwärmenden Einfluß ausübt, als zu jeder andern Jahreszeit. Diese Beobachtungen erklären den Contrast, welcher sich in den nördlichen Gegenden zwischen den gegen Norden und gegen Süden liegenden Bergabhängen zeigt; so bedecken sich in Lappland unter dem 69ten und 70ten Breitegrade die gegen Süden geneigten Abhänge im Sommer mit den mannichfaltigsten Blumen, während auf den gegen Norden gerichteten sich Schnee anhäuft, der sehr langsam schmilzt und manchmal mehrere Jahre liegen bleibt. Ein ähnlicher Contrast zeigt sich auch in Spitzbergen; auf den gegen Mittag liegenden Abhängen erhält sich der Schnee nur schwer, und in der Nähe des Meeresufers sieht man eine Anzahl phanerogamischer Pflanzen blühen, während die entgegengesetzten Abhänge ein dichter Schnee- und Eismantel bedeckt. Unter den Bodenarten, welche sich in gleichen Umständen befinden, erhitzen sich der dunkelgraue Granitsand und dann der weißgraue Quarzsand am stärksten. Der Quarzsand erreicht in der Tiefe von 10 Centimetern, ungeachtet seiner bellen Farbe, oft höhere Maxima als der Granitsand, weil die Wärme sich in ihm rascher fortpflanzt. Die schwarze Erde folgt erst nach diesen, und längere Zeit fortgesetzte Beobachtungen zeigten, daß der Einfluß der Färbung jenem der mineralogischen Zusammensetzung nachsteht, im Widerspruch mit dem, was andere Beobachter bei Versuchen von nur kurzer Dauer zu bemerken glaubten.Bei vereinzelten Versuchen, wo man dem Sonnenschein Thermometer aussetzt, welche in verschiedene Bodenarten eingesenkt sind, wovon man eine mit einer Schicht Kienruß bedeckte, können die Resultate nicht so ausfallen, wie bei lange fortgesetzten Beobachtungen) denn das geschwärzte Erdreich, welches Regenwasser eingesogen und sich gesenkt hat, ist nicht mehr mit demjenigen zu vergleichen, das noch pulverförmig, nicht eingesunken ist und in welchem die Porosität der Kohle folglich eine große Rolle spielen kann. In der Reihe der an der Oberfläche sich am meisten erwärmenden Bodenarten kömmt die Gartenerde nach der schwarzen Erde; sie geht sogar dem dunkelgrauen Kalkboden voraus, welcher aus sandigen Körnern eines schwärzlichgrauen, dichten Kalksteins besteht. In einer Tiefe von 10 Centimetern erreicht letztere Bodenart im Sommer etwas höhere, im Winter etwas niederere Maxima, als diejenigen der Gartenerde, weil im Kalksande wie im Quarzsande die Wärme und die Kälte sich den tiefen Theilen schneller mittheilen. Hierauf kommen die gelbe und die weiße thonigsandige Erde, und hernach die Pfeifenerde; erst nach diesen kommen in der Reihe der Maxima und der Mittel die Kalkböden mit Körnern von amorpher Textur. Wir waren überrascht zu finden, daß die weißlichgraue Pfeifenerde höhere Temperatur-Maxima und Mittel zeigte als gelblichgraue und weißlichgraue Kalkböden, die durch Pulverisiren amorpher Steine oder solcher mit grobkörniger Textur erhalten waren; alle unsere Beobachtungen lieferten aber in dieser Hinsicht gleiche Resultate. Von allen Erdarten zeigte ein weißlicher und sehr feinkörniger Kalkboden, welcher durch das Pulverisiren von Kreidekalkstein erhalten wurde, die geringsten mittlern und Maximal-Temperaturen. Um zu zeigen, wie groß der Einfluß der mineralogischen Beschaffenheit des Bodens auf seine thermischen Eigenschaften ist, führen wir Beobachtungen an, welche im Monat Juli angestellt wurden, wo zur Mittagszeit, bei 32° C Luftwärme, die Temperatur des Quarzsandes in der Tiefe von 3 Millimetern 52°, 3 betrug, während sie beim Kalkboden mit Marmorkörnern 46°, 5 war; bei der Gartenerde 45°, 8; bei gelbem, thonigsandigem Boden 37°, 7; bei Pfeifenerde 34°, 4; bei feinkörnigem Kalkboden nur 30°, 5, also um 22 Grad niedriger als beim Quarzsand. Wie man sieht, spielt die Moleculartextur und das Volum der Körner, welche den Boden constituiren, bei diesen Erscheinungen keine minder bedeutende Rolle als die Zusammensetzung. Was den Rasen betrifft, so wird durch seinen Einfluß die Fortpflanzung der Wärme in die Tiefe verzögert; derselbe entspricht nahezu dem Einfluß einer Bodendicke von 7 bis 8 Centimetern; so zeigt ein 10 Centimeter tief unter die Oberfläche eines berasten Bodens gestecktes Thermometer ziemlich dieselben Maxima, wie ein 7 bis 8 Centimeter tiefer in gleichen, aber nicht berasten Boden gestecktes Thermometer. Offenbar vermindert der Rasen sehr die Erkaltung des Bodens, verzögert aber zugleich dessen Erwärmung. Wir machen ferner darauf aufmerksam, daß im Winter die Kälte nur äußerst langsam in den Boden dringt; so zeigten in den drei Wintern von 1851 bis 1853 zu Rennes 10 Centimeter tief in den Boden gesteckte Thermometer nur zu einer einzigen Zeit, vom 30. December 1851 bis zum 3. Januar 1852, Temperaturen unter Null; und selbst zu dieser Zeit fielen Thermometer, welche 10 Centimeter tief in ein gegen Süden liegendes Gartenland und 20 Centimeter tief in ungeschützte Gartenerde gesteckt wurden, nicht unter Null. Diese große Langsamkeit, mit welcher der Boden erkaltet, hat ihre Ursache offenbar in dem Einfluß der latenten Wärme, die aus dem im Boden enthaltenen, eingesogenen Wasser beim Gefrieren desselben frei wird. Deßhalb kann eine äußere Kälte von nahezu – 10° während einer Winternacht das Gefrieren in einem mit Wasser getränkten Boden nicht bis zu einer Tiefe von 10 Centimetern bewirken; hält aber die Kälte mehrere Tage nach einander an, wie es im Januar 1852 geschah, so pflanzt sich, wenn das vom Boden eingesogene Wasser einmal erstarrt ist, die Kälte viel leichter in die Tiefe fort. Anderseits verzögert die durch das Flüssigwerden des Eises bewirkte, bedeutende Wärmeabsorption lange Zeit das Aufthauen der tiefen Bodenschichten; wir haben aber gefunden, daß ein Thermometer, dessen Gefäß 10 Centimeter tief in einem an seiner Oberfläche gefrornen Boden steckt, dennoch Temperaturen über Null anzeigen kann, welche trotz der die Einwirkung der äußern Wärme aufhaltenden, gefrornen Bodenschicht, während des Tags zu-, und während der Nacht abnehmen. Diese Erscheinung erklärt sich durch den Wärmezufluß aus den unteren Bodenschichten, welcher während der Nacht durch die äußere Kälte neutralisirt wird; der Einfluß der unterirdischen Wärme macht sich im Winter sehr deutlich fühlbar. Auch die Wärmeausstrahlung der Wolken hat oft einen sehr merklichen Einfluß auf die Temperatur der Oberfläche des Bodens und es zeigt sich, daß gewisse Gewölke denselben erwärmen; wir erklären uns dadurch eine mehrmals bei wolkigem Himmel beobachtete Erscheinung, daß nämlich ein am Fuß einer gegen Süden gerichteten Mauer im Boden steckendes Thermometer eine minder hohe Temperatur zeigt als ein im offenen Land im Boden steckendes Thermometer.