Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 144, Jahrgang 1857, Nr. , S. 75 |
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Miscellen.
Miscellen.
Neue Versuche über die Festigkeit der Feuerröhren bei den
Dampfkesseln mit innerer Heizung; von Hrn. W. Fairbairn.
Ich habe bisher mit anderen Ingenieuren der Annahme gehuldigt, daß vollkommen
cylindrische Röhren, wenn sie einem gleichförmigen äußern Drucke ausgesetzt sind,
welcher gegen ihr Centrum gerichtet ist, auch einen gleichen Widerstand darbieten,
ohne Rücksicht auf ihre Länge. Nachdem mir aber mehrere Beobachtungen diese Annahme
als zweifelhaft erscheinen ließen, entschloß ich mich die Frage durch Versuche zu
entscheiden; die Royal Society und die British Association for the Advancement of Science
stellten die erforderlichen Mittel zu meiner Verfügung, und es wurde eine lange
Reihe von Versuchen unternommen, welche bald veröffentlicht werden können.
Ich halte es aber für nützlich, schon jetzt bekannt zu geben, daß die bisherige
Ansicht eine irrige war, und daß die Feuer- oder Rauchröhren der Kessel nicht
durchaus von gleichförmiger Festigkeit sind, sondern am schwächsten in der Mitte,
und daß, wenn man ihre Länge vergrößert, ihre Festigkeit im Verhältniß der
Verlängerung vermindert wird; mit anderen Worten: die Festigkeit der
Feuer-Röhren steht in umgekehrtem Verhältniß zu ihrer Länge; so wird z.B. die
10 Fuß lange innere Feuerröhre eines Kessels den doppelten Druck einer ähnlichen
Röhre von 20 Fuß Länge aushalten.
Ich hoffe bald auch zeigen zu können, nach welchem Princip die durch den Kessel
gehenden Feuerröhren construirt werden müssen, um eine gleichförmige Festigkeit in
allen Theilen des Kessels zu erzielen. (Aus der kürzlich erschienenen zweiten
Auflage von Fairbairn's
Useful information for Engineers, being a series of Lectures
etc., durch das Civil Engineer and Architect's
Journal, Februar 1857, S. 38.)
Ueber das Verhalten Krupp'scher
Gußstahlbandagen
liegen jetzt mehrere Urtheile vor, wovon wir in Nachfolgendem
anszüglich das Wesentlichste mittheilen.
1. Bayerische Staatsbahn. Von 2 Paar dem königl.
Oberbahnamt Augsburg zur Verwendung und Probe übergebenen Krupp'schen Gußstahlbandagen wurde 1 Paar unterm 23. April 1855 der
Maschine „Rosenheim,“ das andere unterm 17. Mai v. J. der
Maschine „Friedberg“ unterstellt. Bis April 1856 hatte die
Maschine „Rosenheim“ einen Weg von 6422 Stunden durchlaufen,
während an den Gußstahlbandagen weder am Reife noch am Spurkranze die geringste
Abnutzung bemerkbar war; es befand sich das Räderpaar noch im selben Zustande, wie
es vor einem Jahre der Maschine unterstellt worden war. Das zweite Räderpaar an der
Maschine „Friedberg,“ welches auf der Strecke zwischen Lindau
und Kempten in den strengen Curven läuft, wurde während der Zeit zwar einmal, jedoch
unbedeutend abgedreht. Diese Abdrehung geschah nicht wegen Abnutzung des Reifes oder
Spurkranzes, sondern es mußten die Räder, weil die Höhlung des Spurkranzes dem
Schienensystem nicht entsprach, auf der Fläche mehr conisch gerichtet werden. Seit
17. Mai 1855 hatten dieselben 6400 Wegstunden zurückgelegt.
2. Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn. Auf 4 Stück 4
1/2 im Durchmesser haltende Räder der Gütermaschine „Düssel“
wurden in 1855 vier Gußstahlbandagen gezogen Die Räder sind verkuppelt, liegen vor
der Feuerbüchse und sind mit circa 400 Ctr. belastet. Nachdem die Maschine mit
diesen Rädern eine Wegestrecke von 3144 Meilen durchlaufen hatte, waren die Bandagen
circa 0,10'' rhein. eingelaufen; die Abnutzung war überall ganz gleichmäßig. Die
Spurkränze zeigten eine beinahe unmeßbare Abnutzung. Die Räder wurden abgedreht und
erschienen nach dem Abdrehen vollkommen rein und fehlerlos.
3. Wilhelmsbahn. Auf dieser Bahn befinden sich drei Achsen
mit Gußstahlbandagen im Betriebe, und zwar ist eine derselben Vorderachse einer
Schnellzugmaschine (nach Crampton'schem Princip), die
andern beiden sind Triebachsen einer gekuppelten Maschine. Die Motive für
Beschaffung der erwähnten Stahlreifen waren folgende: Die Vorderachse der in Rede
stehenden Schnellzugmaschine trägt 230 Zollctr. Last, und hat bei der
Fahrgeschwindigkeit von 8 Minuten pro Meile 6 Umdrehungen in der Secunde zu machen.
Unter diesen Umständen zeigten die eisernen Radbandagen eine außergewöhnlich große
Abnutzung, mußten nach etwa 600 zurückgelegten Meilen des Spurkranzes wegen
abgedreht werden, und wenn die Dicke der Bandage, welche neu 2 1/4'' betrug, bis auf
1 3/4'' reducirt war (was bei dreimaligem Abdrehen gewöhnlich eintrat, zeigte sich
die bedenkliche Erscheinung des Auswalzens durch Verbreiterung und Losewerden an,
und bedingte ohne Weiteres die Anschaffung von neuen Reifen. Die Dauer eines
Bandagenpaares für eine Schnellzugs-Vorderachse war auf der Wilhelmsbahn 8
bis 9 Monate mit ungefähr 1800 zurückgelegten Meilen. Für den Versuch mit
Stahlbandagen auf gekuppelten Achsen bestimmte die Schwierigkeit, 4 Räder auf
gleichem Durchmesser zu erhalten, was doch für die Leistungsfähigkeit und
Conservirung des gehenden Werkes so nothwendig ist. Um das Resultat des Versuches
maßgebend für alle anderen Fälle zu machen, wurden die Räder derjenigen
Lastzugmaschine mit Stahlbandagen versehen, welche täglich die Interimsbahn (mit
Steigung von 1/45 und Curve von 70 Ruthen Radius) befährt. Die Vorderachse der
Schnellzugmaschine hat nun seit December 1856 mit Stahlbandagen 1200 Meilen
zurückgelegt und ist an der Kronfläche (welche die Schienen berührt) unverändert und
so glatt gelaufen, wie es kaum der Drehbankstichel herzustellen im Stande wäre. Die
Flantschen derselben sind sehr wenig angelaufen, und die Achse kann unbedenklich
nochmals 200 Meilen laufen, ehe ein Abdrehen von höchstens 1/8'' nöthig seyn wird.
Die Lastzugmaschine durchlief mit Stahlbandagen 1500 Meilen, wobei die Reifen
durchaus glatt und dicht wurden, ohne sonst die mindeste Abnutzung zu zeigen.
4. Braunschweigische Staatsbahn. Für dieselbe wurden im
Jahr 1855 zwölf Stück ungeschweifte Gußstahlreifen, welche zu einer mit 2
gekuppelten Triebachsen versehenen Lastzugmaschine von 491 Zollctr. Gewicht im
fahrbaren Zustande und zu einem Tender von 265 Zollctr. Gewicht bei mittlerer
Belastung mit Wasser und Kohks verwandt sind, geliefert. Diese Reifen haben nach
einer beträchtlichen Leistung eine unerhebliche und durchaus gleichmäßige Abnutzung
erlitten, aus welchen Umständen sowohl auf eine bedeutende, als auf eine
gleichmäßige Härte des Materials zu schließen ist. Von rissigen oder unganzen
Stellen zeigen die Reifen nicht einmal eine Spur. Nach einer Benutzung auf 4454
Fahrmeilen wurden die fraglichen Reifen allerdings nachgedreht, jedoch nicht gerade aus einem
deßfallsigen Bedürfnisse, sondern weil die Maschine nebst Tender in andern Theilen
einer durchgreifenden Reparatur unterworfen war.
5. Die mit Krupp'schen Gußstahlbandagen versehene Maschine
„Wien-Raab,“ zur Industrie-Ausstellung nach
Paris bestimmt, hatte bei ihrer Probefahrt von Wien auf den Semmering bei einer
Steigung von 1 : 40, inclusive ihres eigenen Gewichtes, 2900 Ctr. über Stellen mit
feuchten Schienen gezogen, wobei ihre Tyres eine eben so große Adhäsion, als wie mit
den schmiedeeisernen Tyres gezeigt haben.
6. Lombardisch-Venezianische Eisenbahn. An der
Locomotive „Piave,“ welche von der Maschinenfabrik der
Wien-Raaber Eisenbahn mit Ende des Jahres 1854 geliefert wurde, sind vier
gekuppelte Räder von 1,78 Meter Durchmesser mit Stahlreifen versehen. Vom 26.
October 1854 bis 4. Februar 1856 durchlief diese Locomotive 4227 Meilen, und nach
solchem Dienste fand sich an den Reifen des einen Räderpaars eine Abnützung von 1
1/2 Millimeter, an denen des andern von 2 Millimetern. Hierauf wurden die Reifen
abgedreht und alle vier genau auf einen gleichen Durchmesser gebracht. Seit jener
Zeit bis Ende October 1856 durchlief die Locomotive weitere 2792 Meilen, ohne daß
ein merklicher Verbrauch an den Reifen bemerkt wurde
7. Oesterreichische Staatsbahnen. Auf den Bahnen der
österreichischen Staatseisenbahn-Gesellschaft sind 12 Locomotiven vorhanden,
deren sämmtliche Räder mit Krupp'schen Gußstahlreifen
versehen sind. Diese Maschinen hatten damit bis October 1856 von 811 bis 2625 Meilen
zurückgelegt und es betrug die Abnutzung von 1/2 bis 2 Linien, war aber so
gleichförmig, daß man noch für längere Zeit kein Abdrehen für nöthig erachtete. Ein
Ausdrücken in Folge weicher Stellen war noch nicht vorgekommen.
8. Sächsische Staatsbahnen. Ueber das Verhalten der
Gußstahlbandagen auf dieser Bahn vergleiche die Mittheilung in Nr. 50 der
Eisenbahnzeitung vom vorigen Jahr.
9. Württembergische Staatsbahn. Mehrere für die schweren
Locomotiven auf der schwäbischen Alp angeschaffte Gußstahlbandagen sind seit einigen
Monaten in Benützung, ohne eine Spur von Abnützung zu zeigen, während alle für diese
Maschinen bis jetzt angewendeten eisernen und Puddelstahl-Bandagen von ganz
kurzer Dauer waren.
Wir lassen ein Preisverzeichniß der Krupp'schen
Gußstahlbandagen ohne Schweißung folgen, mit dem Anfügen, daß für Waggonräder eine
Stärke der Bandagen von 1 1/4 Zoll, für Tender und Locomotiven von 1 1/2 Zoll, und
für die allerschwersten Maschinen von 1 3/4 Zoll genügt.
Textabbildung Bd. 144, S. 77
Preis pro 100 Pfd. preuß. Gewicht für Wagenbandagen bis zu 3 Fuß innerem
Durchmesser; Locomotiv- und Tenderbandagen bis zu 6 Fuß innerem
Durchmesser; Nur gewalzt mit der üblichen Zugabe fürs Reindrehen 35 Thlr. 40
Thlr.; Von innen genau ausgerundet und von außen rein gedreht Aufgezogen und
fertig abgedreht mit den Gußstahlschrauben und Muttern gewogen; auch von innen
auf Maaß gedreht
(Eisenbahnzeitung, 1857, Nr. 7.)
Anwendung von Leinsamenschleim als Verdickungsmittel beim
Zeugdruck, nach A. D. Schratz, Chemiker in St.
Denis.
Der Genannte empfiehlt die Benutzung des Leinsamenschleims als Verdickungsmittel beim
Zeugdruck (insbesondere für Wollenstoffe) und hat darauf am 24. April 1856 in
England ein Patent erhalten. Er theilt zwei Vorschriften zur Erzeugung von Farben
auf Barège als Beispiele der Anwendung desselben mit, die wir indeß ihrer
Unbestimmtheit wegen hier nicht wieder geben. Die Druckfarbe wird mit dem ganzen
Leinsamen gekocht und nachher durchgesiebt; ein anderes Verdickungsmittel wird nicht
zugesetzt. Der Leinsamenschleim darf mit einer sauren Mischung, so lange diese heiß
ist, nicht zusammengebracht werden, wahrscheinlich weil er dadurch zu dünn gemacht
wird. Die Anwendung des Leinsamenschleims gewahrt den Vortheil, daß die Druckfarbe
wohlfeiler zu stehen kommt, als wenn man Gummi benutzt, daß die Farbe leicht zu
drucken ist und beim Trocknen nicht spröde und rissig wird, wie es bei Gummi und
Stärke der Fall seyn kann, und daß das Verdickungsmittel ganz farblos ist, während
Dextrin immer eine gelbliche Farbe hat, weßhalb die mit Leinsamenschleim verdickten
Farben auch recht rein und lebhaft werden. Für gewisse Farben, namentlich für
Schwarz, wird zugleich Stärke angewendet. Der Leinsamenschleim kann auch für
Tapetendruck angewendet werden. (Aus Repertory of
Patent-Inventions, Januar 1857, durch polytechn. CentralblattCentrablatt, 1857, S. 478.)
Verfahren, das Bier zu klären.
Der Brauer muß eigentlich nur klares Bier, Bier mit Glanz, brauen, aber unklares,
trübes, doch sonst gutes Bier will man doch auch nicht weggießen, daher in solchen
Fällen folgendes Verfahren nützlich seyn mag.
Ungeklärtes Bier enthält fremdartige, für die Gesundheit nachtheilige Stoffe, auch
hat es einen schlechten Geschmack und hält sich nicht. Demnach erfordert es des
Brauers eigener Vortheil, nur vollkommen abgeklärtes Bier zu liefern. Zum Klären des
Biers bedient man sich verschiedener Stoffe, wie der Hausenblase, Kalbsfüße, des
Caragheen-Mooses. Die erstere wird gewöhnlich zu diesem Zwecke angewendet,
ist aber natürlich sehr theuer. Die Kalbsfüße müssen, wie sich von selbst versteht,
frisch angewendet werden und erfüllen dann vollkommen den Zweck. Im Frühjahr, wenn
die Kälber nicht selten sind, bedient man sich in den kleinen Brauereien der Dörfer
dieses Mittels, um das Sommerbier zu klären, aber in den großen Städten wäre es
unmöglich, sich genug Kalbsfüße zu diesem Zwecke zu verschaffen. Was endlich das
Caragheenmoos betrifft, so hat die Erfahrung gelehrt, daß es theilweise die
Eigenschaften der Hefe zerstört und sie demnach zur Brodbäckerei unbrauchbar macht.
Den diesen drei Abklärungsmitteln anhängenden Uebelständen zu begegnen, schlägt man
ein anderes vor, das die Eigenschaften der Kalbsfüße, als Klärungsmittel zu dienen,
besitzt, weniger kostet und allen Anforderungen entspricht. Dieß Mittel besteht in
einem Leinsamenabsud, der auf folgende Art bereitet wird.
Auf 300 Liter Bier nimmt man 1/2 Liter Leinsamen, den man mit etwas kaltem Wasser
abwäscht und dann mit 6 bis 7 Liter Wasser eine Stunde kochen läßt, während man von
Zeit zu Zeit das verdunstende Wasser durch Zugießen ersetzt. So entsteht eine dicke
schleimige Brühe, die nach einer viertelstündigen Abkochung von den Samenkörnern
getrennt wird.
Eine halbe Stunde bevor man dem Gebräu den Hopfen beimischt, wird der Leinsamenabsud
bei fortwährendem Umrühren hineingegossen und die Flüssigkeit in kochendem Zustande
erhalten. Darnach fügt man den Hopfen bei. Der zusammenziehende Hopfenabsud besitzt
die Eigenschaft, den Eiweißstoff des Leinsamens gerinnen zu machen, der in diesem
gallertartigen Zustande die das Bier trübenden fremdartigen Stoffe einhüllt und mit
sich auf den Boden des Gefäßes zieht. Ein so bereitetes Bier klärt sich in sehr
kurzer Zeit ab.
Da eine Beimischung von Leinsamenabsud in keiner Weise der Flüssigkeit schadet oder
einen schlechten Geschmack gibt, so stellt sich der Ausübung dieses Verfahrens auch
kein Hinderniß entgegen. (Deutsche Gewerbezeitung, 1857, S. 60.)
Ueber die Anwendung des Amylens als anästhesirendes Mittel;
von Dr. Giraldes.
Nach den Versuchen welche in einem Londoner Hospital von Dr. John Snow gemacht worden sind, nahm ich
keinen Anstand, dieses neue Agens in einem Falle zu probiren, wo die Anästhesie
angewendet werden mußte Seit dem 24. Januar habe ich mich desselben anstatt des
Chloroforms im Hospital der Findelkinder und Waisen zu Paris bei 25 Kindern
verschiedenen Alters bedient; aus meinen Beobachtungen glaube ich folgende Schlüsse
ziehen zu können: 1) das Amylen läßt sich leichter, mit mehr Ruhe und weniger
Anstrengung einathmen, als das Chloroform; 2) die Anästhesie tritt sehr rasch ein;
3) der anästhesische Schlaf ist ruhiger, natürlicher, ohne Schnarchen; 4) die
anästhesirten Kranken kommen schnell in den Normalzustand zurück; 5) das Einathmen
des Amylens verursacht weder Ekel, noch Brechen, noch Congestionen gegen den Kopf;
6) die Kranken leiden nicht; nach der Anästhesie bekommen sie wieder ihre
Munterkeit. Wenn weitere Versuche diese Beobachtungen bestätigen, kann das Amylen
mit großem Vortheil das Chloroform ersetzen. (Comptes
rendus, März 1857, Nr. 9.)
Ueber den Sodagyps; von F. Stohmann.
Vor einiger Zeit wurde unter diesem Namen ein Düngemittel in den Handel gebracht, von
welchem man für die Landwirthschaft große Hoffnungen hegte, trotzdem ist es bis
jetzt nur wenig angewandt, da die Resultate nicht dem entsprachen, was man von ihm
erwartete. Dieses beruht jedenfalls darauf, daß das Präparat einestheils nicht
richtig zubereitet war, anderntheils aber auch darauf, daß von den Producenten ein
Preis dafür gefordert wurde, der eine allgemeinere Verwendung unmöglich machte. Bei
den enormen Massen, welche von dem Abfall in den Sodafabriken erzeugt werden, und
die dem Sodafabrikanten nur zur Last fallen, muß es diesem lieb seyn, wenn er die
Abfälle zu irgend einem Preise verwerthet, da er dann
jedenfalls die Kosten des Wegschaffens spart und die Grundstücke, auf denen die
Halden aufgespeichert liegen, besser verwenden kann.
Bei der Analyse der Abfalle der SodafabricationSadafabrication findet man: ein Calciumoxysulfuret (Kalk-Schwefelcalcium) in
vorwiegender Menge, außerdem kohlensauren Kalk, eine geringe Menge kohlensaures
Natron und ziemlich viel Natron – 3 bis 5 Proc. – in unlöslicher
Verbindung wahrscheinlich als Silicat, Kieselerde, Sand, Thonerde, Eisenoxyd mit
etwas Phosphorsäure und Kohle.
Bei einer solchen Zusammensetzung läßt sich denken, daß die Abfälle. auf richtige
Weise behandelt, leicht in ein gutes Düngematerial übergeführt werden könnten. Ich
unternahm daher vor einiger Zeit, auf Veranlassung des Hrn. Professor Wöhler, Versuche im großen Maaßstabe, um dieses wo
möglich zu erreichen, und ging dabei von dem Grundsatz aus, das Calciumoxysulfuret
durch Aufnahme von Sauerstoff und Kohlensäure in schwefelsauren und kohlensauren
Kalk zu verwandeln.
Ich versuchte dieses zuerst auf die Weise daß ich die Abfälle in einer Schicht von 2
bis 3 Zoll an der Luft ausbreitete, sie häufig umschaufeln ließ und sie bei
anhaltend trockenem Wetter auch noch mit Wasser von Zeit zu Zeit anfeuchtete,
Nachdem die Masse so 8 bis 10 Wochen gelegen hatte, wurde sie untersucht: es fand
sich darin zwar eine bedeutende Quantität Gyps, die größte Menge bestand aber aus
unterschwefligsaurem Kalk. Die Zersetzung war daher auf diese Weise nicht
ausführbar. Der unterschwefligsaure Kalk ist eine sehr stabile Verbindung, und wird
bei gewöhnlicher Temperatur erst nach langer Zeit in das schwefelsaure Salz
übergeführt.
Das Präparat, welches von einer Münchener Fabrik in den Handel gebracht ist, scheint
weiter nichts als ein Abfall gewesen zu seyn, der lange Zeit an der Luft gelegen
hat. Wegen seines bedeutenden Gehaltes an Schwefelcalcium ist von ihm kein großer
Nutzen für die Landwirthschaft zu erwarten.
Schon früher bemerkte ich häufig, daß die Halden der frischen Abfälle, namentlich bei
windigem Wetter, sich von selbst entzündeten. Sie geriethen dabei, vom Innern
ausgehend, in heftiges Glühen, ein Theil des Schwefels wurde zu schwefliger Säure
verbrannt, ein anderer sublimirte unzersetzt. Nach dem Erkalten war das Ansehen
völlig verändert, die grünlich schwarze Farbe war verschwunden und hatte sich in ein röthliches
Weiß verwandelt. Beim Uebergießen mit Säuren konnte weder Schwefelwasserstoff noch
schweflige Säure entdeckt werden, es fand nur ein Aufbrausen von entweichender
Kohlensäure statt. Mein Zweck war also erreicht, ich hatte hier reinen
schwefelsauren und kohlensauren Kalk. Leider hat man diesen Proceß nicht in seiner
Gewalt Die Halden entzünden sich manchmal, manchmal nicht, je nach der Witterung, je
nach ihrer Festigkeit und wahrscheinlich je nach ihrer Zusammensetzung.
Die Verbrennung konnte aber auch künstlich eingeleitet werden – durch Glühen
bei Luftzutritt. – Dieses Verfahren möchte im ersten Augenblicke als zu
kostspielig erscheinen, dieses ist aber nicht der Fall, wie ich gleich zeigen werde.
Ich brachte die Abfälle im frischen Zustande, wie sie aus
den Auslaugegefäßen kommen, in einen großen Flammenofen und erhitzte sie dabei
rasch zum Glühen, unterhielt dieses so lange, als noch ein sichtbares Verbrennen
von Schwefel stattfand, und gewann so ein Product. welches alle oben erwähnten
Eigenschaften hatte.
In 24 Stunden konnten mit Leichtigkeit 4000 Pfd. des so präparirten Sodagypses
dargestellt werden, mit folgenden Unkosten:
20 Scheffel Steinkohlen à 6 1/2 Ggr.
5 Thlr. 10 Ggr.
Arbeitslohn
1 „ 14
„
Für Abnutzung des Ofens, der Utensilien und
Gebäude
3 „
– „
––––––––––––––
10
Thlr. – Ggr.
Die Kosten sind dabei möglichst hoch gegriffen, trotzdem kann der Fabrikant den
Sodagyps zu einem Preise von 6 Ggr. für 100 Pfd. in den Handel bringen, spart dabei
die Unkosten des Wegbringend und leistet dem Landwirth einen großen Dienst, indem er
ihm ein Präparat liefert, welches so fein wie Staub ist. jeden Vortheil des Gypses
und kohlensauren Kalkes vereinigt, einen bedeutenden Gehalt an Alkalien hat, und
dabei in den meisten Fällen doch nicht theurer zu stehen kommt als der natürliche
Gyps, namentlich wenn man die Kosten des Brennens oder Pulverns in Anschlag bringt.
Häufig wird er sogar noch billiger zu liefern seyn als dieser, denn der Preis des
Gypses in Lüneburg beträgt pro Tonne von circa 3 Centner 1 Thlr.
Bei den billigen Frachtsätzen und der großen Verbreitung der Sodafabriken würde jeder
Landmann im Stande seyn sich des künstlichen Gypses zu bedienen. Hoffentlich werden
die Fabrikanten diesen Vorschlag ergreifen und Landwirthe ihre Versuche wiederholen.
(Henneberg's Journal für Landwirthschaft, 1857, Heft
2.)
Gesammelte Schriften des Joh. Nep. v. Fuchs.
Der Central-Verwaltungs-Ausschuß des polytechnischen Vereins für das
Königreich Bayern hat beschlossen, seinem ehemaligen Vorstande, dem berühmten
Mineralogen und Chemiker Joh. Nep. v. Fuchs, welcher sich
durch seine wissenschaftlichen Forschungen sowie durch seine großartigen Leistungen
in der Technik verewigte, ein würdiges Denkmal durch Herausgabe seiner sämmtlichen
Abhandlungen in Einem Bande zu setzen. Die Erscheinung
dieses Werkes wird den Technikern überhaupt (wir erinnern an die Abhandlungen über
die Eigenschaften und chemische Verbindung der hydraulischen Mörtel, über die
Bereitung und Nutzanwendung des Wasserglases mit Einschluß der Stereochromie, das
Verfahren den Gehalt der Eisenerze zu bestimmen, die Methode zur Untersuchung des
Bieres auf seine wesentlichen Bestandtheile), insbesondere aber den zahlreichen
Schülern des geehrten Lehrers, wie den Anhängern des scharfsinnigen Naturforschers
höchst willkommen seyn. Der Nekrolog des Verewigten, verfaßt von seinem Schüler und
vormaligen Assistenten, Hrn. Prof. Dr. C. G. Kaiser, ist dem Werke vorgedruckt. Mit dem Bildnisse des
Verewigten versehen und bei vorzüglicher Ausstattung kommt dasselbe nur auf 4 fl.
rhein zu stehen. (In Commission der Literarisch-artistischen Anstalt der J. G. Cotta'schen Buchhandlung in München.)