Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 144, Jahrgang 1857, Nr. , S. 387 |
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Miscellen.
Miscellen.
Schlußversuche mit Rittinger's
Centrifugalventilatoren und Centrifugalpumpen.
Nachdem wir bereits mehrfach der neuen vom Hrn. Sectionsrathe Rittinger construirten Ventilatoren Erwähnung gethanIm polytechnischen Journal Bd. CXL S.
464, Bd. CXLI S. 313 und
Bd. CXLIII S. 234., können wir nun auch die Resultate der Schlußversuche an dem Hochdruckventilator, sowie der Versuche mit einer nach ähnlichen
Principien construirten Centrifugalpumpe mittheilen.
Die höchsten Leistungen, welche der Ventilator bei diesen Versuchen lieferte, sind
der Hauptsache nach folgende:
a) beim Blasen durch zwei dreizöllige Düsen
20'''
Windpressung,
1480 Kubikf. Wind
pr. Minute,
28–30 Proc.
Nutzeffect bei
1060 Umgängen pr.
Minute;
b) beim Blasen durch zwei 2 1/2zöllige Düsen
24'''
Windpressung,
1136 Kubikf. Wind
pr. Minute,
27
Proc. Nutzeffect bei
1085 Umgängen pr.
Minute;
c) beim Blasen durch zwei 2zöllige Düsen
28'''
Windpressung,
782
Kubikf. Wind pr Minute,
23
Proc. Nutzeffect bei
1120 Umgängen pr.
Minute.
Die angeführten Pressungen und Windmengen sind aber keineswegs die höchsten, deren
der Ventilator fähig ist. Sie konnten bloß aus dem Grunde nicht höher gesteigert
werden, weil die zum Betriebe angewendete Turbine nicht mehr als 22 Pferdekräfte zu
leisten im Stande war. Was den Wirkungsgrad oder Effectscoefficienten betrifft, so
war nicht zu vermuthen, daß derselbe bei einer Steigerung der absoluten Leistung
merklich größer ausfallen würde, man kann daher annehmen, daß der Ventilator im
günstigsten Falle mit einem Nutzeffect von 30 Proc. arbeite. Er steht also in Bezug
auf Leistung einem gut gebauten Cylindergebläse nach, da man bei letzterem den
Wirkungsgrad mit 50 Procent annehmen kann, obwohl die bezüglichen Versuche bei einem
Cylindergebläse wegen der Schwankungen des Manometers nie mit jener Schärfe
abgeführt wurden, als beim Ventilator zu Mariazell, wo noch das zur Bestimmung der
Nutzeffecte angewendete dynamometrische Zapfenlager (siehe Bd. CXLIII S. 82 dieses
Journals) die Genauigkeit der Resultate ganz besonders beförderte. Auch darf nicht
übersehen werden, daß bei dem Versuchsventilator zweierlei Einflüsse nachtheilig auf
den Effect wirkten. Erstlich war das Flügelrad ganz aus einem Stück gegossen, und da
ein solcher Guß nie ganz gleichförmig ausfällt, so mußte nothwendig eine
unregelmäßige Vertheilung der Massen um die Achse des Flügelrades entstehen. Dann
wurde das Fundament des Ventilators an seinem neuen Verwendungsorte (der Frischhütte
des k. k. Eisengußwerkes zu Mariazell) zur Winterszeit und aus Bruchsteinen
hergestellt, konnte also nicht genug Solidität darbieten, um den durch ungleiche
Vertheilung der Massen hervorgerufenen Vibrationen hinreichenden Widerstand zu
leisten. Der Einfluß des ungleichförmigen Gusses läßt sich indessen leicht dadurch
beseitigen, daß man bloß eine Scheibe des Flügelrades sammt der Nabe aus Gußeisen,
die andere dagegen, sowie die Flügel selbst aus Blech anfertigt, wodurch zugleich
das Gewicht bedeutend vermindert wird.
Nach Beendigung der Versuche wurde der Ventilator sofort zum currenten Betrieb der Frisch- und Streckfeuer angelassen. Derselbe
versieht nun drei Frisch- und zwei Streckfeuer mit dem erforderlichen
Wind.
Für Beseitigung der obenerwähnten Uebelstände wird in kürzester Frist Sorge getragen
werden. Um das Warmwerden der Zapfen zu verhüten, wird auf die Lager neben dem Oel
ein dünner Strahl Wasser geleitet, welche Einrichtung ihren Zweck vollkommen
erfüllt. Nach einem Berichte des k. k. Oberverwesamtes zu Mariazell über den
currenten Betrieb des Ventilators während der Zeit vom 23. bis incl. 28. März 1857
hat sich der günstige Einfluß des gleichmäßig gepreßten constanten Windstromes
bereits durch Ermäßigung des Calo von 11–12 Proc auf 10 Proc. und des
Kohlverbrandes von 23 auf 22. 4 Kubikfuß pr. Centner der Erzeugung dargethan, und es
würde sich der Verbrand bei besserer Qualität des Kohks, welches in der genannten
Betriebswoche zufällig sehr klein und weich war, vermutlich noch günstiger
herausgestellt haben. Das Herauswerfen der kleinen glühenden Kohlentheilchen ist
ganz beseitigt, der Arbeiter viel weniger belästigt und die Manipulation geht viel ruhiger und
gleichmäßiger. Das Product war von ausgezeichneter Qualität.
Berücksichtigt man nun, daß der Ventilator ungemein einfach und bedeutend wohlfeiler
als ein Cylindergebläse ist, ferner, daß er vorzugsweise den Umtrieb durch eine
Turbine gestattet, welche unter mehrfachen Umständen, besonders bei geringen
Gefällen, vortheilhafter als ein Wasserrad arbeitet, so wird man den Ventilator in
vielen Fällen dem Cylindergebläse vorziehen, um so mehr, als durch ihn die Pressung
des Windes selbst über 24 Linien mit günstigem Effecte
gesteigert werden kann.
Nicht weniger interessant sind die mit der Centrifugalpumpe erzielten Resultate. Die Centrifugalpumpen haben in
neuerer Zeit mit Recht die Aufmerksamkeit der Techniker an sich gezogen, und es ist
ihre Anwendbarkeit besonders zur Hebung von größeren Wassermengen auf geringe Höhen
allgemein anerkannt. Die Centrifugalpumpe ist nichts anderes, als ein Ventilator,
der statt der Luft Wasser in Bewegung setzt; und die Rittinger'sche Centrifugalpumpe unterscheidet sich von seinem Ventilator
nur insoferne, als dieß der Unterschied in den physikalischen Eigenschaften der
bewegten Körper erfordert.
Bei den Versuchen stellte sich heraus, daß die Pumpe nicht bloß dasjenige leistet
wofür sie berechnet wurde, nämlich 63 Kubikfuß Wasser pr. Minute 9 bis 10 Fuß hoch
hebe, sondern daß sie auch gerade bei dieser Normalleistung den größten Wirkungsgrad
gebe, da letzterer sowohl bei Steigerung als bei Herabminderung des absoluten
Nutzeffectes sogleich eine Abnahme erleidet. Der höchste
Wirkungsgrad ergab sich mit 48 Procent, was
jedenfalls als günstig bezeichnet werden muß. Die zu den Versuchen verwendete Pumpe
soll nach einer wegen der geringeren Hubhöhe erforderlichen Abänderung zum Heben des
Seewassers bei der k. k. See-Saline zu Stagno verwendet werden.
Einer ausführlichen Darlegung sämmtlicher theoretischen und experimentellen Resultate
sehen wir in dem eben unter der Presse befindlichen Werke von Rittinger über Centrifugalventilatoren und Centrifugalpumpen mit Verlangen
entgegen (Oesterr. Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1857, Nr. 17.)
Masse für Kesselstein-Auflösung.
Es sind in jüngster Zeit mehrfache Anfragen bezüglich der besten Masse zum Auflösen
des Kesselsteines an uns gelangt Wir sind durch die Liberalität der
Maschineninspection der Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft in Pesth
in den Stand gesetzt, mitzutheilen, daß man sich bei allen Dampfkesseln der
Gesellschaft des natürlichen gelben Pechs zur Auflösung des Kesselsteines bedient,
und zugleich nachfolgend die von Hrn. Maschinen-Inspector Caspar Rutti eingesandte Gebrauchs-Anweisung zu
veröffentlichen.
Nach dieser wird auf je 10 Pferdekräfte 1/2 Pfd. dieser Masse, welche gröblich
zerstoßen, zur Zeit der eingestellten Arbeit nach geschehenem Abblasen des Dampfes
durch das obere Mannloch des Kessels in das noch heiße Wasser hineingeworfen, die
Oeffnung wieder geschlossen, das Feuer vermindert, zurückgestoßen und noch einige,
wenn möglich bis 6 Stunden brennend gelassen, damit bei geschlossenen
Sicherheits-Ventilen der Dampf seine halbe Spannung wieder erhält, ohne die
Maschine in Bewegung zu setzen.
Durch diese im siedenden Wasser entstandene Auflösung des gelben Pechs bildet sich
eine fette Säure, welche den Kesselstein derart erweicht, daß dieser theils als
Schlamm, theils in Stücken abgelöst zu Boden fällt, und die Kesselflächen
gleichzeitig mit einen rostverhindernden fetten Anstrich versieht.
In geeigneter Zeit werden dann die Feuer ausgelöscht, das ganze Wasser abgelassen,
und die untern Mannlöcher geöffnet, mittelst geeigneten Instrumenten der am Boden
liegende Kesselstein entfernt, und wie üblich alle inneren Räume gesäubert. (Stamm's
neueste Erfindungen, 1857, Nr. 23.)
Analyse eines krystallinischen Kesselsteins.
Hr. Dr. Baker Edwards in
Liverpool hat für Hrn. Wye Williams den krystallinischen
Niederschlag analysirt, welcher sich in einem Dampfkessel absetzte.
Dieser Kesselstein war sehr hart, hellbraun gefärbt und bestand aus mehreren
Schichten kleiner Prismen; die innere (mit dem Wasser in Berührung stehende)
Oberfläche war rauh und körnig; sein specifisches Gewicht war 2,82 bei 12°,4
R. Er enthielt:
schwefelsauren Kalk
78,00
Krystallwasser
14,00
schwefelsaure Magnesia
3,20
schwefelsaures Kali
1,60
Kieselerde
2,20
organische Substanz und Spuren von
Chloriden
1,00
––––––
100,00.
Diese Analyse zeigt, daß der krystallinische Niederschlag hauptsächlich aus Prismen
von halb-gewässertem schwefelsaurem Kalk besteht.
Die übrigen Salze haben sich zwischen den Schichten desselben abgelagert.
Zur Bestimmung des Leitungsvermögens dieses Niederschlags diente ein Gefäß, dessen
Boden, von einem halben Zoll Dicke, aus demselben bestand. Es ergab sich, daß die
Wärme rasch durch das Material drang, und daß die höchste Temperatur, welche die
äußere Oberfläche während andauernden Kochens erreichte, 92° R. betrug. Eine
solche Temperatur kann die eisernen Kesselplatten nicht benachtheiligen und eine
derartige Kruste ist daher ein genügender Wärmeleiter für den Dampfkessel. (Mechanics' Magazine, 1857, Nr. 1752.)
Johnston hat bekanntlich schon früher eine, aus
halb-gewässertem schwefelsaurem Kalk bestehende graue körnige Masse
untersucht, welche sich in einem Dampfkessel absetzte, der unter einem Druck von
zwei Atmosphären arbeitete; ihr spec. Gewicht war 2,757 und sie zeigte unter dem
Mikroskop kleine durchsichtige Säulen, durch kohlige Materie gefärbt. (Journal für
praktische Chemie, Bd. XVI S. 100.)
Knallpulver von Hrn. Delavo.
Dasselbe besteht aus:
amorphem Phosphor
8,3 Theilen
salpetersaurem Blei
91,7 „
–––––––––––
100,0
(Armengaud's
Génie industriel, t. XIII p. 221.)
Ueber die Glasur des ordinären Töpferzeugs; von Dr. Emil Erlenmeyer.
Schon im Jahre 1853 machte ich in einem kleinen AufsatzSiehe Mittheilungen des nassauischen Gewerbevereins, Jahrg. 1853, S. 22. gelegentlich darauf aufmerksam, wie sehr es gerathen sey, die sogenannten
irdenen Gefäße vor der Anwendung in Küche und Haus einer sorgfältigen Reinigung,
beziehungsweise Prüfung zu unterwerfen, weil nach eigenen, öfters wiederholten
Versuchen die darin angebrachte Glasur gar manchmal durch fehlerhafte Bereitung Blei
an die Speisen abgebe, welches der Gesundheit schädlich werden könne.
Dem entgegen behaupten, ohne jedoch auf quantitative Versuche zu fußen, manche
technische Hand- und Lehrbücher, welche die Fabrication und Eigenschaften
irdener Geschirre
abhandeln, die Menge des auflösbaren Bleies in der Töpferglasur sey unerheblich oder
so gering, daß sie der Gesundheit nicht schade. Dieß veranlaßte mich in einer Anzahl
von Gefäßen die Menge des in verdünntem Essig auflöslichen Bleies zu bestimmen, um
über dessen Schädlichkeit oder Nichtschädlichkeit ein Urtheil zu bekommen und
überhaupt die Eigenschaften der Bleiglasur näher kennen zu lernen.
Obgleich nun meine Untersuchungen noch nicht zu dem Abschluß gekommen sind, zu dem
ich sie eigentlich zu bringen beabsichtigte, so halte ich es doch für angemessen, ja
für nothwendig, meine bis jetzt gesammelten Erfahrungen der Oeffentlichkeit zu
übergeben, um einestheils wiederholt an eine sorgfältige Auswahl beim Ankauf und
gründliche Prüfung und Reinigung vor dem Gebrauche der irdenen Gefäße zu erinnern,
und anderntheils zu zeigen, wie sehr eine zeitgemäße Umgestaltung des Häfnergewerbes
geboten ist.
Wenn man bedenkt, daß die irdene Waare oder, wie man sie auch nennt, das gemeine
Töpferzeug, unter allen Materialien die ausgebreitetste und allgemeinste Anwendung
zu Haushaltungs- und ganz vorzüglich zu Küchengeräthen findet, ja daß es für
die ärmeren Classen das einzige zu erreichende Material ausmacht, so muß man sich
wundern, daß man nicht schon lange mit Ernst daran gedacht hat, daß auch die
Fabrication dieses gemeinen Töpferzeugs der Verbesserung und Vervollkommnung zum
allerwenigsten würdig ist. Man würde dann gefunden haben, daß an den meisten Orten
nicht bloß auf dem platten Lande, sondern auch in größeren Städten, die Häfnerei
noch sehr im Dunkeln handthiert.
Wie der Häfner (Töpfer) heute seinen Thon vor- und zubereitet, seine Waare
daraus formt, sie trocknet, glasirt, wie er seine Oefen baut und die Waare darin
brennt, so haben es seine Väter schon vor ein paar hundert Jahren gethan. Die
Fortschritte in der Töpferkunst lassen sich darnach unschwer bemessen.
Die Häfnerei ist eines der ältesten, wenn nicht das älteste Gewerbe, und gewiß nur
darum, weil das Bedürfniß nach leicht herstellbaren Gefäßen zu jeglichem
Hausgebrauch am stärksten vorhanden war. Für die ärmeren Classen liegt noch dasselbe
Bedürfniß vor und für die Bemittelteren vielleicht nicht minder; denn ich bin heute
noch überzeugt, daß die irdenen Gefäße in ihrer vollkommensten Ausführung die
vortheilhaftesten Kochgeschirre darstellen, selbst wenn man anfangen wollte, in
Platina, Silber oder Aluminium zu kochen. In allen Metallgefäßen brennen die Speisen
weit leichter an und werden dagegen viel rascher wieder kalt, ja man hat sogar
beobachtet, daß in irdenen Gefäßen die Speisen eher gar werden als in metallenen,
und daß in ersteren das Wasser schon bei 79° R. zum Sieden kommt, während es
in den letzteren erst bei 80° kocht, also heißer wird. Man kann daher mit Fug
und Recht das Häfnergewerbe eins der wichtigsten der
Kleingewerbe nennen. Wenn dieser Satz wahr ist, so kann wohl kein Zweifel
mehr darüber seyn, daß es wenigstens ebensowohl, wie so viele andere Kleingewerbe,
verdient, mit den Vortheilen der Wissenschaft bedacht zu werden. Dieß ist um so mehr
geboten, als ein jedes Gewerbe, welches keine Fortschritte macht, zurückgebt, nicht
bloß in Beziehung zu andern, sondern abgesehen von andern in sich selbst durch die
erschlaffende Aufmerksamkeit der Gewerbetreibenden, die durch nichts in Spannung
erhalten wird. Es liegt daher aus verschiedenen Rücksichten Ursache genug vor, dem
Häfnergewerbe von technisch-wissenschaftlicher Seite mehr Aufmerksamkeit
zuzuwenden.
Nach dieser kurzen Einleitung wird es jetzt am geeignetsten seyn, zunächst die
Resultate meiner Untersuchung folgen zu lassen, nachdem ich noch mit ein paar Worten
der Untersuchungsmethode gedacht habe.
Wie im Eingang erwähnt, habe ich eine Anzahl von irdenen Gefäßen auf ihren Gehalt an
in verdünntem Essig löslichem Blei untersucht. Um möglichst unparteiisch zu Werk zu
gehen und zugleich die Größe der Wahrscheinlichkeit, mit welcher fehlerhafte
Geschirre ins Publicum gelangen, ungefähr kennen zu lernen, habe ich mir die meisten
Gefäße durch Hausfrauen oder Köchinnen kaufen lassen, mit dem Bemerken (nach ihren
Begriffen), die beste Waare auszuwählen. Außerdem aber habe ich öfter den ganzen
Vorrath bei verschiedenen Häfnern an verschiedenen Orten durchsucht und daraus nach
Anschein die beste Waare gewählt.
In gleicher Weise verfuhr ich bei allen Händlern auf 10–12 Messen und
Jahrmärkten, ließ mir aber bei diesen letzten Gelegenheiten auch stets von dritten
Personen nach dem besten Wissen kaufen. Man ersieht hieraus, daß ich eigentlich noch
nicht, wenigstens nicht absichtlich, die schlechteste
Waare geprüft habe.
Die Untersuchung wurde in folgender Weise geführt: Nachdem die Gefäße ausgespült und
mit einem reinen Tuche ausgetrocknet waren, wurden sie mit einer Flüssigkeit
angefüllt, die auf 240 Theile destillirten Wassers 1 Theil Essigsäure (wasserfrei
gedacht) enthielt und diese dann bedeckt mehrere Stunden lang nahe bei der Siedhitze
erhalten. Hierauf wurde in die klare Flüssigkeit in einem geeigneten Glasgefäße so
lange Schwefelwasserstoffgas eingeleitet, bis dasselbe deutlich vorwaltete. Der etwa
entstandene Niederschlag wurde absitzen gelassen und entweder auf einem bei
100° C. getrockneten Filter gesammelt, bei derselben Temperatur so lange
gelassen, bis keine Gewichtsabnahme mehr stattfand und als Schwefelblei bestimmt,
oder er wurde, nachdem durch Decantiren die größte Masse der Flüssigkeit getrennt
war, getrocknet, mit rauchender Salpetersäure oxydirt, mit Schwefelsäure
eingedampft, und, geglüht, als schwefelsaures Blei bestimmt. Die eine oder andere
Verbindung wurde auf krystallisirtes essigsaures Blei berechnet, weil diese
Verbindung eigentlich bei Behandlung der Gefäße entsteht und dabei unter dem Namen
Bleizucker allgemeiner bekannt ist.
Bei der Aufzählung der Versuche werde ich nicht die Reihenfolge einhalten, in der sie
angestellt wurden, sondern die nach Verwendung. Form, Größe, Herkunft oder sonstigen
Verhältnissen ähnlichen Gefäße zusammenstellen.
I. Milchtöpfe.
(Zum Aufbewahren und Sauerwerdenlassen der Milch.)
Die Milchtöpfe sind mit wenigen Ausnahmen in allen Gegenden nur innen glasirt.
Die Farbe der Glasur ist gewohnheitsmäßig entweder dunkelbraun
(Braunstein- (Eisen-) glasur) oder gelbbraun (ohne Zusatz eines
Färbemittels). Von jeder Sorte wurden 15 Stück geprüft.
A. Dunkelbraun.
Der Auszug aus allen gab mit Schwefelwasserstoff einen schwarzen
Niederschlag. Vier derselben waren so beträchtlich, daß ihre Menge bestimmt
werden konnte.
Nr. 1. 2 Liter fassend, die Glasur war von oben nach unten im ersten Drittel
gut geflossen, das Uebrige matt, im unteren Drittel sehr stark schweißend
(Flüssigkeit durchlassend). Der schwarze Niederschlag gab 0,247 Gramme
schwefelsaures Blei, was 0,309 Grm. oder 4 2/3 Gran Bleizucker
entspricht.
Bei der zweiten und dritten Behandlung noch starke Bleireaction gebend.
Nr. 2. 1 1/2 Liter fassend. Die Glasur oben schwach glänzend, unten blasig,
stark schweißend.
Ergab 0,182 schwefelsaures Blei, entsprechend 0,227 Grm. oder 3 1/2 Gran
Bleizucker.
Nr. 3. 3 Liter fassend. Glasur durchaus matt irisirend, der Topf fast bis an
den Rand thränend.
Ergab 0,162 schwefelsaures Blei, entsprechend 0,202 Grm. oder 3 1/6 Gran
Bleizucker.
Nr. 4. 1 1/2 Liter fassend, ähnlich wie Nr. 2 glasirt, nur stärker
schweißend.
Ergab 0,154 schwefelsaures Blei = 0,192 Grm. oder 3 Gran Bleizucker.
B. Gelbbraun.
Unter den fünfzehn untersuchten Töpfen gab der Auszug von fünf eine starke
Bleireaction (die erhaltenen Niederschläge von vieren wurden zusammen
gewogen), von zwei anderen eine braune Färbung, nur acht waren vollständig
frei von löslichem Blei. Die Glasur war in allen bei weitem besser
geflossen, als in denen unter A. An manchen
Orten werden auf Verlangen des Publicums diese Milchtöpfe einige Zoll vom
Rande hinab stärker glasirt. d.h. wenn nach der gewöhnlichen Art die Glasur
eingegossen und wieder ausgelaufen ist, wird der Topf getrocknet und dann
nochmals auf dem angeführten Raume mit einem Pinsel nachglasirt. Das
Publicum ist nämlich der Ansicht, der Rahm scheide sich so rascher und
vollkommener ab. Soviel ist gewiß, daß die nachglasirte Oberfläche im
Vergleich zu der nur einmal glasirten sehr glatt und glänzend ist und somit
geringe Reibung verursacht.
Die vier Töpfe ergaben zusammen an Schwefelblei 0,401 Grm. = 0,610 Grm.
Bleizucker oder für jeden einzelnen berechnet 0,152 Grm. = 2 1/2 Gran.
Ein Milchtopf, 2 Liter fassend, unten sehr matt glasirt, oben dick glasirt,
stark glänzend. Die Flüssigkeit wurde beim Eingießen unter starkem Geräusch
von den Wänden des Topfs aufgesaugt und sehr bald in einzelnen Tropfen nach
außen wieder abgegeben.
Ergab
0,1575Diese Gewichtsbestimmungen sind
immer mit dem Grammengewicht ausgeführt.
schwefelsaures Blei,
0,208 Bleizucker,
3
Gran.
II. Kleinere Kochtöpfe.
(Zwischen 1/2 und 3 1/4 Liter fassend.)
Solcher Töpfe, die am häufigsten in der Küche Anwendung finden, wurden im Ganzen
66 Stück untersucht. Davon gaben 14 starke Bleireaction (von 10 das Gewicht
bestimmt), 14 braune Trübung, 37 keine Reaction. Ein
Topf war so wenig von der Hitze getroffen worden, daß das Blei noch als
pulverisirtes schwefelsaures Blei auf der ganzen Oberfläche verbreitet war.
Nr. 1. Ein flacher Topf, 1 Liter fassend, außen braunschwarz, innen braungelb,
außen rauh und ganz ohne Glanz, innen sehr schwach glänzend, stark
schweißend.
Ergab
0,102 schwefelsaures Blei,
0,127 Bleizucker,
3
Gran Bleizucker.
Beim zweiten und dritten Auskochen stellte sich noch immer Reaction auf Blei
ein.
Nr. 2 und 3, mit drei andern die best aussehenden aus einem ganzen Magazin, beide
1 1/4 Liter Inhalt, außen braun, innen gelb, außen und innen schwach
glänzend.
Nr. 2 ergab 0,047 Grm. schwefelsaures Blei.
Nr. 3 ergab 0,095
Grm. „
Die drei übrigen gaben mit Schwefelwasserstoff nur braune Trübung.
Nr. 4. Ein 1 1/2 Liter fassender flacher, außen und innen schwarzbraunglasirter,
angeblich zweimal gebrannter Topf, matt, metallglänzend, bedeutend
schweißend.
Ergab
0,1935 schwefelsaures Blei,
0,294 Bleizucker,
4
1/2 Gran Bleizucker.
Nach dreitägigem Stehen mit neuer Flüssigkeit noch 0,016 schwefelsaures Blei.
Nr. 5. Ein hoher Topf von 1 Liter Inhalt, außen braun, innen braungelbbranngelb, außen glänzend, innen matt und rauh.
Ergab
0,17 schwefelsaures Blei,
0,258 Bleizucker,
4
Gran Bleizucker.
Nr. 6. Beschaffen wie Nr. 5, 1 1/2 Liter fassend.
Ergab
0,370 schwefelsaures Blei,
0,562 Bleizucker,
8
1/2 Gran Bleizucker.
Außer diesen wurden noch von drei verschiedenen Bränden je 4 vorher bezeichnete
Töpfe untersucht, welche an verschiedenen Stellen des Ofens untergebracht waren,
und zwar:
a) in der Nähe des Ständers;
b) am entgegengesetzten Ende unter
dem Schornsteine, ungefähr in der Mitte der Höhe von der Sohle zum
Gewölbe;
c) in der Mitte der Länge des Ofens,
nahe unter dem Gewölbe;
d) in der Mitte der Länge des Ofens,
nahe an der Sohle.
Erster Brand:
a) keine Reaction;
b) 1 1/4 Liter Inhalt ergab:
0,210 schwefelsaures Blei,
0,263 Bleizucker,
4 Gran Bleizucker;
c) keine Reaction;
d) starke Reaction, nicht bestimmt, weil
verunglückt.
Zweiter Brand:
a) keine Reaction;
b) 1 Liter fassend ergab:
0,115 schwefelsaures Blei,
0,144 Bleizucker,
2 1/6 Gran Bleizucker;
c) keine Reaction;
d) 1 1/2 Liter Inhalt ergab:
0,024 schwefelsaures Blei.
Dritter Brand:
a) keine Reaction;
b) weiß angeflogen von pulverigem schwefelsaurem
Blei;
c) starke Reaction;
d) 1 Liter Inhalt ergab:
0,123 schwefelsaures Blei,
0,154 Bleizucker,
2
1/3 Gran Bleizucker.
III. Größere Kochtöpfe.
(Von 5 bis 8 Liter Inhalt)
Im Ganzen wurden fünfzehn solche Töpfe der Prüfung unterworfen. Darunter fanden
sich nur zwei, welche keine Reaction auf Blei gaben, die dreizehn übrigen
zeigten dagegen starke. Von zwei wurde das Blei einzeln, von drei andern
zusammen bestimmt. In den acht übrigen war die Menge im Verhältniß zu den andern
unbedeutend. Die Töpfe waren alle nur innen glasirt und zwar alle hellbraun.
Nr. 1. Ein 6 Liter fassender Topf, Glasur sehr matt und fleckiger Natur. Unter
starkem Geräusch Flüssigkeit einsaugend und stark schweißend.
Ergab
0,764 schwefelsaures Blei,
0,955 Bleizucker,
14 Gran
Bleizucker.
Drei Tage mit Flüssigkeit gestanden und dann wieder ein paar Stunden erhitzt,
ergab
0,496 schwefelsaures Blei,
0,629 Bleizucker,
9
1/3 Gran Bleizucker.
Nach weiteren 8 Tagen, ebenfalls mit Flüssigkeit gefüllt, war die Glasur
vollständig bröcklich und ließ sich abwischen.
Nr. 2. 8 Liter Inhalt, mehr glänzend, weniger fleckig, aber stark Flüssigkeit
einsaugend und schweißend.
Ergab
0,640 schwefelsaures Blei,
0,800 BleizuckerBleicker,
12 Gran
Bleizucker.
Nach 3 Tagen wie Nr. 1 behandelt.
Ergab
0,337 schwefelsaures Blei,
0,421 Bleizucker.
6
1/3 Gran Bleizucker.
Nach 8 Tagen ließ sich besonders auf dem Boden die Glasur mit dem Nagel des
Fingers in kleinen Stückchen ablösen.
Nr. 3, 4 und 5. Von drei Töpfen, jeder 5 Liter fassend, wurden die
Schwefelwasserstoff-Niederschläge zusammen gewogen.
Ergaben
0,510 schwefelsaures Blei,
0,775 Bleizucker,
auf
1 Topf
0,258 „
„
1 „
4
Gran Bleizucker.
Alle Töpfe, in welchen Schwefelwasserstoff beim ersten Auskochen Blei angezeigt
hatte, gaben auch beim zweiten Auskochen eine mehr oder minder starke Reaction.
Nach dem zweiten Auskochen wurden alle wieder mit Flüssigkeit gefüllt und die
Glasur fand sich bei allen nach 8, 10, 14 Tagen, spätestens nach 3 Wochen, ganz
erweicht und wurde beim eintretenden Sieden der Flüssigkeit abgelöst.
IV. Schüsseln.
Von neun Schüsseln, alle nur innen glasirt, waren sieben gelbweiß, angeblich mit
Spießglanz versetzt. Die Glasur war von diesen allen gut geflossen und stark
glänzend. Nur der Auszug von zweien erfuhr durch Schwefelwasserstoff eine braune
Trübung, die übrigen blieben farblos. Dagegen lieferten zwei andere, beide roth
eine (mit Verzierungen) stark bleihaltige Flüssigkeit.
Nr. 1. Eine rothglasirte Schüssel von 5 1/2 Liter Inhalt, matt und körnig,
irisirend, die Flüssigkeit stark einsaugend.
Ergab
0,387 schwefelsaures Blei,
0,484 Bleizucker,
7
1/3Gran Bleizucker.
(Sie zerbrach, als sie zum zweitenmale ausgekocht werden sollte.)
Nr. 2. Eine Schüssel, 8 Liter fassend, roth mit verschiedenen Verzierungen,
Glasur dick aufgetragen, am Rand ziemlich glänzend, auf dem Boden ganz matt. Sie
wurde einen ganzen Tag mit der Flüssigkeit gefüllt stehen gelassen, aber nur
schwach erwärmt.
Ergab
0,453 schwefelsaures Blei,
0,566 Bleizucker,
8
1/2 Gran Bleizucker.
Nach dreitägigem Stehen, mit Flüssigkeit gefüllt, noch starke Reaction gebend.
Nach 8 Tagen hatte sich die Glasur an manchen Stellen aufgetrocknet, war weich
und zwischen den Fingern zerreiblich.
V. Marburger Geschirr.
Unter diesem Namen kommt aus der Gegend von Marburg ein Töpferzeug, das sich
äußerlich durch seine freundlich rothe stark glänzende, mit matten Verzierungen
auf schwarzem Feld versehene, und innen durch die säuberliche hellgelbe, gut
geflossene Glasur vor andern Häfnerwaaren auszeichnet. Wie die Marburger Häfner
ihr Geschirr fabriciren, habe ich weder gesehen, noch so in Erfahrung bringen
können, daß sich daraus die Vorzüge ihrer Methode ersehen ließen. Jedenfalls
verwenden sie weit mehr Sorgfalt auf ihr Fabricat, als in vielen andern Gegenden
zu geschehen pflegt. Außerdem müssen sie bessere Kenntniß über Glasurerz,
Ofeneinrichtung und Heizung haben. Ich untersuchte etwa 36–40 Gefäße von
allen Größen und Formen. Davon gaben 9 beim ersten Auskochen eine zwar deutliche
aber schwache Bleireaction. 3 von diesen zeigten auch nach dreitägigem Stehen
mit frischer Flüssigkeit noch eine leise Färbung mit Schwefelwasserstoff. Die
übrigen Gefäße zeigten trotz sorgfältigster Behandlung nicht die geringste Spur
von auflöslichem Blei. Bei aufmerksamer Betrachtung und Vergleichung der
reactiongebenden und bleifreien Gefäße läßt sich sehr leicht ein Unterschied in
Farbe und Glanz der Glasur auffinden. Während die bleifreien Gefäße alle stark
glänzen und ihre hellgelbe Glasur immer einen deutlichen Stich ins Grüne zeigt,
sind die reactiongebenden mehr von mattem Ansehen und das Gelb der Glasur hat
einen deutlichen Stich ins Braune. Obwohl die Farbenverschiedenheit gering ist,
so läßt sich doch sicherer Nutzen daraus ziehen, wenn man nur ein Mal 2
verschieden gefärbte Gefäße neben einander gesehen hat.
In manchen Gegenden ist das Marburger Geschirr in schlechtem Ansehen, weil man
glaubt bemerkt zu haben, daß es den Temperaturwechsel schlechter erträgt, als
gewöhnliches
Geschirr. Diese Ansicht muß wohl auf Erfahrung beruhen und läßt sich vielleicht
durch die größere Dichtigkeit des Thons an jenen Gefäßen im Vergleich zu diesem
rechtfertigen.
Wiewohl die Glasur der Marburger Waare, wie wir gesehen haben, saurer Flüssigkeit
im Allgemeinen besser widersteht als andere, so sollte man andererseits wieder
mißtrauisch dagegen werden, wenn man die Masse von Haarrissen darin bemerkt.
Auffallender Weise aber beeinträchtigen dieselben weder die Dauerhaftigkeit,
noch auch die Unschädlichkeit.
––––––––––
Ich glaube nun durch die Resultate meiner Versuche bewiesen zu haben, daß die
Mengen auflöslichen Bleies nicht immer so unerheblich sind, wie man bisher
geglaubt hat, und daß schon sehr verdünnter Essig dessen Lösung bewirkt.
Knapp, der einzige Autor, welcher in dieser Richtung
Versuche angibt (siehe sein Lehrbuch der chemischen Technologie, 1. Bd., S.
571), kommt zu dem Schluß: „Saure Flüssigkeiten nehmen
also das schwach oder nicht gebundene Bleioxyd auf, was also nur bei
mangelhaft gebrannten Geschirren und selbst da nur im Anfang möglich
ist.“
Wie ich gezeigt habe, wird oft noch beim zweiten und dritten Auskochen Blei
aufgenommen, wenn nicht schon die Glasur vollständig erweicht ist oder sich
abblättertChevalier sagt in seinem
„Wörterbuch der Verunreinigungen und Verfälschungen,
übersetzt von „Westrumb“ Seite 105: „Gibt eine zweite Wiederholung des Verfahrens (Auskochen
mit verdünntem Essig) dieselben Resultate (mehr oder weniger
dunkle Trübung durch Schwefelwasserstoff), so ist das
Kochgeschirr unbedingt als unbrauchbar zum Kochen zu
verwerfen.“
Das sind aber Ausnahmsfälle, wird man sagen, die nur bei mangelhaft
gebranntem Geschirr – und ich setze hinzu, bei unrichtig
zusammengesetzter Glasur – vorkommen. Das ist auch meine Ansicht, aber
ich sage weiter: Mangelhaft gebrannte Geschirre dürfen wohl dem Häfner, aber
niemals dem Publicum vorkommen, dagegen Geschirre mit unrichtig
zusammengesetzter Glasur dürfen weder dem Häfner noch viel weniger dem Publicum
vorkommen.
In wie großer Menge das Blei dem menschlichen Körper zugeführt werden muß, um der
Gesundheit schädlich zu werden, darüber läßt sich allgemein nichts Bestimmtes
feststellen. Die einzelnen Menschen scheinen nach ihrer Natur sehr verschieden
empfindlich gegen die Wirkungen des Bleies zu seyn, so daß man mitunter große
Gaben von Bleizucker – bis zu 1, ja bis zu 2 Quentchen – ohne
tödtliche Wirkungen gegeben hat, während auf der anderen Seite ein Fall bekannt
ist, – Dévergie erzählt ihn in seiner
„Médecine
légale“, – wo 3 Gran, die an 3 auf einander
folgenden Tagen in Gaben von je 1 Gran genommen wurden, die heftigsten
Giftwirkungen hervorbrachten. Dieß sind Extreme; die Fälle, die dazwischen
liegen, kennt man zu wenig So viel ist aber sicher, daß die kleinste Menge von
Bleizucker (oder einem andern löslichen Bleisalze) im Magen und, wenn er so weit
kommt, im Darmcanal weiße Flecken hervorbringt, welche so eng mit der Haut
verbunden sind, daß sie sich nicht abschaben lassen. Schwefelwasserstoff darauf
gebracht, färbt sich schwarz, und mit kochender Salpetersäure läßt sich Blei
daraus ausziehen. Mir ist selbst ein Fall bekannt, wo eine kleine Menge
Bleizucker, die sich nicht angeben läßt, die aber von dem Betroffenen kaum durch
den Geschmack bemerkt worden war, die heftigsten Giftwirkungen sehr bald nach
der Aufnahme hervorbrachte und noch mehrere Jahre lang mit Unterbrechungen von
8–10 Wochen die heftigsten Kolikschmerzen, die oft mehrere Tage lang
andauerten, verursachte. Es ist gewiß, daß die Wirkungen des Bleies darum noch
so wenig gekannt sind, einmal, weil es auf verschiedene Menschen zu verschieden
kräftig einwirkt, dann aber, weil seine Wirkung, besonders bei kleineren Mengen,
nicht gleich nach der Zuführung bemerkt wird, sondern sich erst nach und nach
herausstellt, in dem Maaße, als sich die Verbindungen, welche es mit den Organen
bildet, ausbreiten und deren Functionen stören und unterbrechen.Daher mag es denn auch kommen, daß die nachtheilige Wirkung des Bleies
aus der Bleiglasur sich noch nicht in endemischen Krankheiten (vergl Knapp a. a. O.) offenbart hat. Man hört
besonders auf dem Lande sehr häufig über Kolikschmerzen klagen, denkt
aber niemals daran, daß diese von Blei herrühren können. Ich bin nicht
abgeneigt zu glauben, daß sie sich in manchen Fällen darauf zurückführen
lassen. Sauerkraut und Speck, ein sehr beliebtes Gericht auf dem Lande,
wird fast immer in irdenen Gefäßen bereitet, und sowohl die Säure des
ersteren als das Fett des letzteren löset Blei auf. Dergleichen
Gelegenheiten gibt es aber noch eine ganze Masse. Ich begnüge mich
damit, darauf hingedeutet zu haben.
Ich bin weit entfernt, die Bleiglasur zu verdammen – ganz besonders weil
ich vor der Hand keine andere weiß, die nach allen Richtungen einen Ersatz dafür
bietet; – ich möchte nur dafür gesorgt wissen, einmal, daß der Häfner
seine Waare, die er nur unvollkommen gebrannt aus dem Ofen zieht, nicht in den
Handel bringt, sondern zum zweiten Mal brennt oder in den Stand gesetzt wird,
den ganzen Einsatz – wenigstens doch bei weitem den größten Theil
desselben – vollkommen zu brennen, dann aber, daß er genau weiß, wie er
seine Glasur zusammenzusetzen hat, damit kein zu gering saures Silicat entsteht,
dem verdünnte Säuren Blei entziehen, oder gar Bleioxyd bei Anwendung von Glätte
unverbunden oder schwefelsaures Blei, bei Anwendung von Bleiglanz (Glasurerz)
unverändert zurückbleiben.Hier muß ich ganz besonders darauf aufmerksam machen, daß ich bei allen
Häfnern die schlechte Sitte gefunden habe, Bruchstellen oder Stellen, wo
keine Glasur hingekommen ist, je nach der Farbe entweder mit einem Brei
von Bleiglanz oder von Bleiglätte anzustreichen, damit solche dem Käufer
nicht so leicht auffallen. Man weiß aber für jetzt weder etwas Bestimmtes über die Zusammensetzung
einer guten Glasur, noch kennt man den Proceß der Bildung derselben bei
Anwendung von Glasurerz genau. Man kann also vor der Hand dem Häfner noch kein
Verfahren angeben, welches besser wäre, als das bisher von ihm befolgte.
Ich bin seit längerer Zeit mit ausführlichen Versuchen über diesen Gegenstand
beschäftigt und werde die Resultate derselben demnächst mittheilen.
Zum Schluß kann ich mir die Bemerkung nicht versagen, daß auch ganz besonders die
Oefen der Häfner noch sehr der Vervollkommnung fähig sind. Man findet fast
durchgängig liegende Oefen, deren Wände unmittelbar in der Erde stehen. Sie
haben rechteckigen Querschnitt und verschiedene Ausdehnung, von 2 1/2 bis 3
Meter Länge vom Ständer bis ans Kriechloch, 1 1/4 bis 1 1/2 Meter Breite und
gleicher Höhe oder wenig höher. Die Decke wird durch ein mehr oder weniger
flaches Tonnengewölbe gebildet. Der Schornstein ist in dem Gewölbe über dem
Kriechloch angebracht. Wenn man bedenkt, daß die Flamme vom Herd aus in der
Richtung nach dem Schornstein zu steigen strebt, so ist es begreiflich, daß nur
die Gefäße, welche auf diesem Wege liegen, von der Flamme getroffen werden und
die andern nur die Wirkung der strahlenden und die sehr geringe der leitenden
Wärme genießen. Eine gleichmäßige Herstellung der Glasur für alle Gefäße ist
also von vornherein unmöglich. Um die weniger vortheilhaft gestellten Gefäße
durchzubrennen muß der Ofen noch im Gange bleiben, wenn die besser gestellten
schon fertig sind. Diese werden leicht überbrannt, d.h. die Glasur zieht sich an
einzelnen Stellen zusammen und an anderen verschwindet sie ganz, so daß die
Gefäße ein netzartiges Ansehen bekommen. Die von Glasur entblößten Stellen
saugen dann Flüssigkeiten, Fett etc. leicht ein; diese sickern durch die ganze
Masse hin und lockern die Glasur auf, so daß sich diese nach und nach abbröckelt
und die Speisen verunreinigt. Das Zusammenziehen an einzelnen Stellen hat wohl
seinen Grund darin, daß die Glasur nicht bloß zusammenschmilzt oder verglast,
sondern so flüssig wird, daß sie ihren Ort ändern und dem Bestreben, Tropfen zu
bilden, nachgeben kann. Möglicherweise wird auch die dünnflüssige Glasur von dem
porösen Thon stellenweise eingesaugt.
Was nun die Versuche über eine bessere Ofeneinrichtung betrifft, so sind diese
natürlich nicht so leicht von Jedermann auszuführen, wie die über eine gute
Glasur, da sie einestheils viel Zeit und anderntheils Geld in Anspruch nehmen,
was nicht Jeder aufzuwenden hat. Hier müßten also Staatsmittel zu Hülfe
kommen.
Auch bei den Oefen muß die Billigkeit und leichte Herstellbarkeit nicht aus den
Augen verloren werden, deßhalb glaube ich auch nicht, daß der von Henschel angegebene – zunächst
Backstein- – Ofen für den allgemeinen
Gebrauch geeignet ist; sein Bau ist zu kostspielig und zusammengesetzt. Ich sah
einen solchen Ofen in Anwendung, aber es zeigten sich dabei dieselben
Uebelstände, wie beim gewöhnlichen Häfnerofen. Die Gefäße am hinteren Theil,
eine ziemliche Anzahl, waren zu schwach gebrannt. Die Esse wurde daher bis nahe
auf die Sohle geführt und dadurch ein weit besseres Resultat erzielt.
Heidelberg, im September 1856.
(Mittheilungen für den Gewerbeverein des Herzogthums Nassau,
1856, S. 85.)
Ueber die Leuchtkraft von Schieferölen; von Orth.
Es wurden Versuche vorgenommen mit dem Tübinger und Bonner Schieferöl. dem
französischen Mineralöl und dem Hamburger Photogen, die sich im Allgemeinen gleich
verhielten.
Bei den Versuchen über die Leuchtkraft dieser Oele ergab sich, daß bei einer Flamme,
deren Lichtstärke gleich ist der Lichtstärke von 4 Wachskerzen, wovon 5 auf 1 Pfd.
gehen, per Stunde 24 Gramme des Oels consumirt wurden. Zum Hervorbringen einer
Lichtstärke von 2 Kerzen waren per Stunde 12 1/2 Gramme
nöthig. Es brennt somit 1 Schoppen Schieferöl, die Maaß zu 1,67 Liter gerechnet, bei
einer Lichtstärke von 4 Kerzen 14 1/2 Stunden, bei einer Lichtstärke von 2 Kerzen 28
Stunden. – Das Oel wurde bei den Versuchen in einer Hamburger Photogenlampe
gebrannt.
Die Preise des in Ohmenhausen bei Reutlingen fabricirten Schieferöls stellen sich
folgendermaßen:
bei Korbflaschen von 30–40
Maaß
Nr. I. die Maaß
56 kr.
Nr. II.
„ „
48 kr.
eine Sorte rohes Schieferöl per 100
Pfd.
15 fl.
ab Ohmenhausen. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1857, Nr.
20.)
Verfahren zum Hartmachen des Talges; von Hrn. Capaccioni.
Der Erfinder zerrührt in 1000 Theilen geschmolzenen Talges 7 Theile Bleizucker, und
einige Minuten nachher vermindert er die Temperatur, aber nur so weit, daß der Talg
noch flüssig bleibt. Er setzt alsdann 15 Theile gepulverten Weihrauch und 1 Theil
Terpenthinöl zu indem er die Substanzen im Kreise umrührt. Die Temperatur wird
hierauf so lange unterhalten, bis die im Weihrauch enthaltenen fremdartigen
Substanzen sich zu Boden gesetzt haben, wozu mehrere Stunden erforderlich sind.
Der Bleizucker ertheilt dem Talg Härte; der Weihrauch bringt nicht nur dieselbe
Wirkung hervor, sondern verbreitet auch während der Verbrennung des Talges einen
angenehmen Geruch.
Aus solchem Talg gegossene Kerzen laufen nicht ab, und nähern sich den Stearinkerzen.
(Armengaud's
Génie industriel, t. XIII p. 137.)
Färben mit Garancin, nach F. A. Gatty.
Fr. Albert Gatty zu Accrington in Lancashire ließ sich am
23. August 1856 die Anwendung des Kochsalzes beim Färben mit Garancin (Alizarin und
anderen Krapp-Präparaten) für England patentiren. Er spricht sich weder über
die Reaction noch über den Erfolg des Kochsalzes bei der Färbeoperation aus, und
bemerkt bloß, daß 1 Pfd. Kochsalz in die Färbekufe mit 25 Pfd. Garancin (oder
Alizarin) gebracht, ein gutes Resultat liefern wird, daß man jedoch den Zusatz des
Kochsalzes mit Vortheil auf 4 Pfd. erhöhen kann, und nach Umständen noch weiter, da
ein Ueberschuß von Kochsalz beim Färben nicht nachtheilig ist. (London Journal of arts, Mai 1857, S. 285.)
Analyse des Phosphorits von Amberg, von W. Mayer.
Der im Jurakalke nesterweise vorkommende Apatit, welcher seit einigen Jahren schon
mehrfach als Dünger verwendet worden ist, hat nach des Verfassers Analysen folgende
Zusammensetzung:
I.
II.
Eisenoxyd
3,39
0,90
Kalk
49,87
52,21
Magnesia
0,27
0,09
Natron
0,25
0,27
Kali
0,35
0,39
Phosphorsäure
36,72
39,57
Kohlensäure
1,48
2,78
Fluor
1,59
1,90
Kieselsäure und Bergart
3,97
1,96
Wasser
0,85
–
–––––––––––––––
98,74
100,07
Analyse I ist von einer Probe, die durch Zusammenstoßen von 25 Pfd. Mineral entstand;
II ist die Analyse von ausgesuchten weißen reinen Stücken. Merkwürdig ist, daß
dieser Phosphorit Jod enthält, welches der Verf. aber noch nicht quantitativ
bestimmt hat.
Die erste Analyse ergab 79,88 Proc. dreibasisch-phosphorsauren Kalk und 3,28
Proc. Fluorcalcium; die zweite 84,12 Proc. und 3,92 Proc.
Dieser Phosphorit bildet nierenförmige stalaktitische Massen von
strahlig-faserigem Gefüge: seine Farbe ist gelblichweiß ochergelb,
gelblichbraun bis rothbraun. Er ist nicht hart, man kann ihn leicht zu einem
kreideartigen Pulver zerreiben. (Annalen der Chemie und Pharmacie, März 1857, S.
281.)
Notiz über Anwendung des Wasserglases als Körnerdüngung; von
Dr. W. Knop.
Erst seit kurzer Zeit, seitdem das Wasserglas fabrikmäßig dargestellt wird, konnte
man den Gedanken fassen, das Wasserglas als Düngemittel anzuwenden.
Daß lösliches kieselsaures Kali eine Form ist, in der man Halmfrüchten zwei ihrer
wesentlichsten Mineralbestandtheile zuführen kann, versteht sich von selbst. Allein
es schien mir bei der Löslichkeit und Zersetzbarkeit des Wasserglases und den
vielfachen Verbindungen, die es im Boden eingeht, eine Verschwendung zu seyn, ein
Feld etwa durch Ueberstreuen mit Wasserglas zu düngen.
Ich schritt deßhalb zu einer Art der Düngung, die allerdings auch nicht neu ist,
Landwirthe haben sich ihrer schon bedient, und unter dem Artikel
„Samendüngung“ findet man in Wolff's Ackerbau S. 497 darüber Genügendes. Die Idee, von der ich dabei ausging, war,
das Wasserglas am Samenkorne gefesselt zu erhalten, indem ich es mit Körpern
mischte, auf die es bei seiner Auflösung durch die Feuchtigkeit des Bodens so
einwirken mußte, daß sehr langsam zersetzbare Verbindungen entstanden, die der
Pflanze alle nützlich sind. Zu dem Ende knetete ich die Körner in einer ziemlich
dicken Wasserglaslösung, theils von reinem Kaliwasserglase, theils von einem Gemenge
von Kali- und Natron Wasserglas, bis die Körner alle gleichförmig benetzt
waren, und warf sie dann in ein feines Pulver, das gemischt war aus
1) Knochenmehl mit wenig Schlämmkreide und gepulvertem Wasserglase;
2) denselben Bestandtheilen mit Zusatz von kohlensaurer Talkerde, bis die Samen
gleichförmig incrustirt waren. Es gelang auf diesem Wege, auf die Körner das ihnen
gleiche Gewicht der Düngung als Kruste zu bringen, doch nicht gerade leicht. Viel
besser gelang es mir später, wo ich alle die Mineralbestandtheile als Pulver
anwandte und den Samen mit Leimwasser benetzt in das Pulver warf und dieses
Verfahren mehrmals wiederholte.
Am 8. und am 14. October 1856 wurden auf den zu unserer Versuchsstation gehörigen
Feldern 4 der Parcellen von 12 Quadratruthen Fläche mit auf diese Weise incrustirtem
schwedischen Winterroggen besäet. Zu derselben Stunde ward auch dieselbe Saat ohne
Körnerdüngung auf die übrigen Versuchsparcellen gebracht. Zur Vergleichung blieben
hier 2 Parcellen ganz ungedüngt, andere waren mit Lederdünger, andere mit Guano,
noch andere mit Phosphorit gedüngt. Alle Versuchsparcellen haben denselben ganz
abgebauten Boden.
In diesem Frühjahre wurden in ähnlicher Weise mit einer Sommerhalmfrucht, mit Hafer, vergleichende Versuche angestellt, der Ende
April gesäet wurde. Hier aber sind die incrustirten Körner nicht auf ungedüngten,
sondern auf einen gedüngten Boden gebracht.
Der Roggen mit Wasserglassamendüngung lief im verflossenen Herbste viel rascher auf
als der andere Roggen. Dieses kann lediglich darin liegen, daß durch das Nässen die
Keimung im Vergleiche zu dem anderen Samen, der trocken in die Erde kam, im Vortheil
war.
Bis zu der Zeit, wo der Schnee fiel, konnte man die Pflanzen von dem mit Wasserglas
gedüngten Samen von den anderen durch ihre kräftigere Entwickelung unterscheiden. In
diesem Frühjahre, nachdem der Schnee geschmolzen, sah man gar keinen Unterschied und
so verhielt es sich bis gegen Mitte April. Seit der Zeit aber eilten sie den übrigen
wieder sichtbar voraus und jetzt werden sie nur von den Pflanzen der mit Guano
gedüngten Parcellen übertroffen. Diese letzteren und die mit Wasserglas gedüngten
kann man auf der Flur, auf der sie in einer Linie mit den übrigen Versuchsparcellen
liegen, auf 400–500 Schritt Entfernung durch ihre dunkelgrüne Farbe von allen
übrigen unterscheiden.
Beim Hafer, der erst in diesem Jahre gesäet ist, zeigt sich bis jetzt, nach
fortwährend trockner Witterung, kein Unterschied.
Die Veranlassung zu dieser Mittheilung gibt mir ein in der „Gartenlaube“ (1857 Nr. 20) von Franz Döbereiner in Jena veröffentlicher Artikel, worin
derselbe, nachdem er über die Bedeutung des Wasserglases in technischer Hinsicht
gehandelt hat, sagt:
„Es ist mir nicht bekannt, das das Wasserglas schon als Dünger angewandt
wäre“
und dann die Landwirthe dazu auffordert Versuche damit
anzustellen, mit der Bemerkung, er wolle in diesem Sommer selbst derartige Versuche
machen.
Da meine Versuche schon im October 1856, so weit es der Hand bedurfte, beendigt waren
und in der That Erfolg versprechen, so dürfte es wohl gerechtfertigt erscheinen, das
Vorstehende vorläufig darüber mitgetheilt zu haben. – Möckern, im Mai 1857.
(Chemisches Centralblatt, 1857, Nr. 22.)