Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 145, Jahrgang 1857, Nr. , S. 390
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Miscellen. Miscellen. Preisaufgaben des sächsischen Ingenieur-Vereins. Der Verein sächsischer Ingenieure hat in seiner letzten Versammlung beschlossen, folgende Preisaufgaben von neuem unter den nachstehend angegebenen Bedingungen auszuschreiben: 1) Einen Preis von 200 Thaler für eine ausführliche Darstellung der verschiedenen Verfahrungsarten und Apparate, welche zum Imprägniren der Hölzer für Brückenbauten, Eisenbahnen und zu gewerblichen Arbeiten Anwendung gefunden haben, unter Angabe der Anschaffungs- und Betriebskosten, sowie der Resultate, die theils bei dem Verfahren, theils bezüglich der Dauer der Hölzer erzielt worden sind, soweit über letztere zur Zeit Nachweisungen sich aufstellen lassen. Es wird gewünscht, daß die Apparate durch Zeichnungen verdeutlicht werden, welche alle wichtigeren Theile derselben genau erkennen lassen. 2) Einen Preis von 200 Thaler für eine ausführliche Darstellung der verschiedenen Rauchverbrennungseinrichtungen in geschichtlicher Aufeinanderfolge und mit Angabe der Quellen bei denjenigen Einrichtungen, welche aus gedruckten Werken entnommen werden. Jede dieser Einrichtungen ist durch bildliche Darstellung der charakteristischen Theile zu verdeutlichen und dabei zugleich anzugeben, unter welchen Bedingungen dieselbe als zweckmäßig erscheint oder nicht. Auch sind die Erfolge anzuführen, zu welchen die an verschiedenen Orten erlassenen obrigkeitlichen Anordnungen wegen Einführung rauchverbrennender Feuerungsanlagen geführt haben. 3) Einen Preis von 200 Thaler für die technisch geschichtliche Darstellung der Entwickelung des Maschinenwesens im Königreich Sachsen und zwar hinsichtlich der Motoren und ausübenden Maschinen. Die Concurrenzarbeiten sind in deutscher Sprache abzufassen, deutlich geschrieben bis zum 30. Juni 1858 an den Verwaltungsrath des sächsischen Ingenieurvereines in Dresden portofrei einzusenden und mit einem versiegelten Couvert zu begleiten, welches Name und Wohnort des Preisbewerbers enthält und äußerlich mit einer auch auf die Concurrenzarbeit aufgeschriebenen Devise versehen ist. Das Preisgericht besteht aus den fünf Mitgliedern des Verwaltungsrathes, welche sich durch Zuwahl von drei sachverständigen Vereinsmitgliedern für jede Preisaufgabe zu acht Preisrichtern verstärken. Die Concurrenzarbeiten circuliren unter sämmtlichen acht Preisrichtern. Der ausführlich zu motivirende Beschluß des Preisgerichtes wird in einer Versammlung des Vereines mitgetheilt und dabei die Eröffnung derjenigen versiegelten Couverts vorgenommen, welche zu den für preiswürdig befundenen Concurrenzarbeiten gehören. Arbeiten, welche für preiswürdig befunden wurden, werden auf Kosten des Vereines gedruckt. Entspricht eine Arbeit nicht allen gestellten Anforderungen, erscheint sie aber doch in mehrfacher Beziehung als werthvoll, so kann ihr ein Theil des Preises zuerkannt werden. Der Beschluß des Preisgerichtes wird in denjenigen Blättern öffentlich bekannt gemacht, in welchen diese Aufforderung zur Preisbewerbung veröffentlicht wurde. Die nicht für preiswürdig befundenen Arbeiten werden an diejenigen Einsender, welche sich deßhalb im Verlaufe des nächsten Halbjahres nach Veröffentlichung des Preisgerichtsbeschlusses an den Vorsitzenden des Verwaltungsrathes wenden, mit den uneröffneten Couverts zurückgegeben. Die anderen versiegelten Couverts, welche zu nicht preiswürdigen Arbeiten gehören, werden nach Ablauf der oben angegebenen Frist uneröffnet verbrannt. Dresden, am 1. August 1857. Der Verwaltungsrath des sächsischen Ingenieur-Vereines. Prof. Dr. Julius Hülße, Director der königl. polytechnischen Schule, als Vorsitzender. Otto Volkmar Tauberth, Maschinen-Ingenieur und königl. Betriebs-Oberinspector der sächs.-böhm. Staatsbahn, als Stellvertreter des Vorsitzenden. Prof. Johann Bernhard Schneider, Professor der Maschinenlehre an der königl. polytechnischen Schule, als Secretär. Otto Biedermann Günther, Baumeister, als Stellvertreter des Vereinssecretärs. Ernst Bake, Betriebs-Ingenieur der sächs.-böhm. Staatsbahn, als Vereinscassirer. Die Eisenbahn-Kettenbrücke über den Niagara. Wir haben S. 153 in diesem Bande des polytechn. Journals Notizen über diese Kettenbrücke aus der Zeitschrift des hannoverschen Architekten- und Ingenieur-Vereins mitgetheilt. Bezüglich derselben ließ uns Hr. Ingenieur B. Hager, welcher während seines siebenjährigen Aufenthaltes in Amerika bei der Erbauung der Niagara-Eisenbahn-Drahthängebrücke betheiligt war, folgende Berichtigungen zukommen: „Die erste Locomotive fuhr den 8. März 1855 über diese Brücke, und zwar war dieß eine amerikanische Maschine von 23 Tonnen Last, geführt von dem Erbauer der Brücke Am 18. März wurde die Brücke dem Betriebe übergeben. Das Rahmwerk derselben besteht aus Holz, hat aber noch eine bedeutende Gitterverbindung von Bolzen aus einzölligem Rundeisen an beiden Seiten; es ist 18 Fuß hoch und 24 Fuß breit. Die Brückenbahn ruht auf beiden Seiten auf, und ist auf dem Felsen vermauert. Die Drahtseile bestehen aus sieben Litzen, von denen jede aus einem endlosen Drahte angefertigt ist. Von dem Drahte bilden 60 Querschnitte einen Quadratzoll, so daß in jedem Tau 3640 Drähte neben einander liegen. 20 Fuß Draht wiegen 1 Pfund. Der Draht wurde durchgängig in Leinöl gesotten und nicht mit Theer, sondern mit Leinöl überzogen, sowohl während die Taue umwickelt wurden, als auch nach dieser Operation. Das Holzwerk wurde mit weißer Oelfarbe gestrichen und die obere Decke durchgehends zwischen und neben den Schienen auf den Fußwegen mit Blech beschlagen und mit brauner Oelfarbe, überstrichen, so daß weder Feuer noch Wasser eindringen kann Ob eine Verschalung besser gewesen wäre, lasse ich dahingestellt. Bedachung ist hierdurch jedenfalls zur Genüge hergestellt. Die Thürme sind auf der Canadaseite 78 Fuß und auf der amerikanischen Seite 88 Fuß hoch. Die Pfeilhöhe der Taukettenlinien ist. 54 und 64 Fuß. Ehre dem Ehre gebührt, der Constructeur und Erbauer der Brücke war ein Deutscher, der Ingenieur Johann Röbling aus Sondershausen in Thüringen, welcher vor ungefähr 18 Jahren nach Amerika auswanderte.“ Gußstahl-Klaviersaiten. Da bisher die Gußstahl-Saiten, wie solche zu den gesteigerten Anforderungen der Piano-Forte-Fabrication erheischt werden, nur bei Walter und Horsfall in Penns (Birmingham) und bei Miller und Sohn in Wien fabricirt wurden, so ist es für den Zoll-Verein äußerst erwünscht, daß es Hrn. Moritz Pöhlmann in Nürnberg nach vieljährigen kostspieligen Versuchen gelungen ist, auf seiner Drahtfabrik in Frankenhammer solche Gußstahl-Klaviersaiten zu produciren, welche nach mehrfältigen Untersuchungen Sachverständiger ganz entschieden den Vorzug vor den englischen verdienen und den Wiener Saiten (die bekanntlich besser als die englischen sind) mindestens ganz gleich stehen. Eine Pöhlmann'sche Saite läßt namentlich in den höchsten Tönen eine beinahe um die Hälfte größere Länge zu, als eine gleich dicke englische Saite, um ein und denselben Ton, wie die letztere zu erzeugen. Die hierdurch ermöglichten größern Schwingungen sind die Ursache, daß die Pöhlmann'schen Saiten einen viel Heller tönenden, vollen, angenehmen Klang hervorbringen. Die von mehreren Piano-Forte-Fabrikanten-namentlich auch von Hrn. Schiedmayr in Stuttgart-gemachte Anwendung der Pöhlmann'schen Saiten hat insbesondere auch bewährt, daß sie eine hinreichend starke Spannung ertragen, ohne daß ihre innere Structur im mindesten verändert wird, und daß sie genügende Zähigkeit besitzen, um bei einer Biegung nicht zu brechen. S. Rittinger's neues System der Abdampfung. In der Monatsversammlung des österreichischen Ingenieur-Vereines am 10. Januar d. J. sprach der k. k. Sectionsrath, Hr. Peter Rittinger, über die im Großen abgeführten Versuche, betreffend sein neues System der Abdampfung mittelst Reproducirung der im Wasserdampfe gebundenen Wärme durch Wasserkraft (man vergl. S. 115 in diesem Bande des polytechn. Journals). Der Hr. Sprecher ging zuerst darauf ein, die Eigenschaften des Dampfes in Erinnerung zu bringen, sodann die neueren Abänderungen in dem Baue des Apparates zu geben, die Art seines Betriebes und seiner Wirksamkeit zu erklären, überging hierauf zur Angabe der mehrfach abgeändert vorgenommenen Versuche und des damit beabsichtigten Zweckes, und theilte endlich die Resultate mit, die sich bei der bloßen Benützung der atmosphärischen Luft statt des Dampfes ergaben, dann jene, die durch einfache gewöhnliche Beheizung erzielt wurden, und diejenigen, die das neue System in der Verwendung des Dampfes zu diesem Zwecke erreichte, welche letzteren in einem bedeutend günstigen Verhältnisse die vorhergehenden überragten. Er bemerkte schließlich, die Versuche seyen noch nicht zu Ende geführt, und das besprochene System des Abdampfens vorläufig bloß auf süßes Wasser und noch nicht zu technischen Zwecken in Anwendung gekommen, welchen letzteren eine neue Reihe von Versuchen zugedacht ist. (Zeitschrift des österreichischen Ingenieur-Vereines, Mai 1857, Nr. 9 und 10.) Ueber die Trübung, welche in einer bleihaltigen Schwefelsäure durch Salzsäure entsteht; von Prof. W. Stein. Wenn man über eine bleihaltige englische Schwefelsäure Salzsäure schichtet, so entsteht, wie zuerst Löwenthal beobachtete, sofort an der Schichtungsgränze eine weiße Trübung. Löwenthal glaubte, daß die Ausscheidung Chlorblei sey, und Bolley hat dieß bestätigt gefunden.Polytechn. Journal Bd. CXXX S. 398 und Bd. CXXXIII S. 464. Wenn es mir nun auch nicht gelungen ist Chlorblei in dem Niederschlage mit Sicherheit zu erkennen, Während er der Hauptsache nach bei meinen Versuchen aus schwefelsaurem Bleioxyd bestand, so ist damit die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß unter anderen Umständen Chlorblei sich bildet. Daß aber die Bildung des Chlorbleies wenigstens nicht allein die Ursache der Bleiausscheidung ist, geht aus den folgenden Thatsachen hervor, die zugleich beweisen, daß man außer der Salzsäure noch andere Reagentien anwenden kann. Concentrirte und gewöhnliche Salpetersäure, auch Essigsäure von 60 Proc., bringen nämlich, nach meinen Beobachtungen, eine ähnliche, wenn gleich nicht so reichliche Trübung hervor. Ich schloß daraus, daß die nächste Ursache der Trübung nur darin bestehe, daß die Schwefelsäure den damit geschichteten Säuren Wasser entziehe und dadurch die Fähigkeit, das schwefelsaure Bleioxyd aufgelöst zu erhalten, verliere. Diese Ansicht wurde dadurch bestätigt, daß destillirtes Wasser, als ich es über die Schwefelsäure schichtete, eine ganz ähnliche Wirkung that wie die übrigen Reagentien. Ich glaube nach diesen Beobachtungen, daß es bei dem Versuche hauptsächlich darauf ankommt, die Schwefelsäure an irgend einem Punkte so zu verändern, daß sie ihre Lösungsfähigkeit für das schwefelsaure Bleioxyd verliert, und wenn Salzsäure besonders günstig wirkt, so kann dieß möglicherweise darin liegen, daß sie nicht allein ihr Wasser an die Schwefelsäure abgibt, sondern auch an und für sich dazu beiträgt, das schwefelsaure Bleioxyd unlöslich zu machen. Der folgende Versuch ist vielleicht geeignet darüber Aufschluß zu geben. Ich entwickelte aus geschmolzenem Chlornatrium und englischer Schwefelsäure Chlorwasserstoff, ließ es durch eine Flasche mit englischer Schwefelsäure streichen, um es zu trocknen, und dann erst in eine zweite Portion englischer Schwefelsäure treten, um zu sehen, ob auch die vollkommen wasserfreie Salzsäure Blei niederschlage. Selbst nach längerem Durchstreichen trat eine merkliche Abscheidung von Blei nicht ein; doch zeigte sich nach Beendigung des Versuchs und vollständigem Erkalten der Schwefelsäure eine geringe Trübung. Nun gab ich etwas Wasser in die Entwickelungsflasche und alsbald begann die Schwefelsäure in der Trockenflasche sich zu trüben. Dieser Versuch zeigt deutlich, daß das Wasser in dem fraglichen Versuche die Hauptrolle spielt und eine mit Salzsäuregas gesättigte Schwefelsäure ein nur wenig geringeres Lösungsvermögen für schwefelsaures Bleioxyd besitzt, als eine salzsäurefreie. (Polytechnisches Centralblatt, 1857 S. 1112.) Ueber den Jodgehalt der Jodcigarren; von Dr. Julius Löwe in Frankfurt a. M. Der Verfasser wurde von einem ihm befreundeten praktischen Arzte aufgefordert, durch Analysen zu constatiren, ob in den von Eckert und Comp. in Frankfurt a. M. in den Handel gebrachten Jodcigarren wirklich Jod enthalten sey. Es wurde ihm von Eckert eine Partie neu angefertigter Jodcigarren für diese Untersuchung zur Verfügung gestellt. Es war nicht schwer, in der Asche der verbrannten Cigarren den Gehalt an Jod durch Reagentien festzustellen. Mit dieser Nachweisung jedoch sind die Bedingungen noch durchaus nicht erfüllt, welche an den Verkauf derselben zu knüpfen sind, denn da der Raucher nicht von der Asche, sondern von dem jodhaltigen Rauche der Cigarren sich Wirkungen verspricht, so war es hauptsächlich nothwendig darzuthun, ob wirklich in dem Rauche derselben eine nachweisbare Menge von Jod enthalten sey – eine Anforderung, welche der Arzt als die erste bei diesem Gegenstand in den Vordergrund zu stellen hat. Um diese Frage zu entscheiden, verbrannte der Verf. Jodcigarren in ähnlicher Welse, wie es beim Rauchen geschieht, indem er sie mit dem Ende, welches man beim Rauchen in den Mund nimmt, in eine Glasröhre steckte und diese mit einem Aspirator verband, worauf das andere Ende der Cigarre angezündet und mittelst des Aspirators durch dieses Ende die äußere Luft eingesaugt wurde. Zwischen der Glasröhre und dem Aspirator war ein Kugelapparat und eine Woulff'sche Flasche, beide reine Natronlauge enthaltend, angebracht, so daß die aus der Cigarre entweichenden flüchtigen Producte durch die Natronlauge gehen mußten. Nachdem in dieser Weise mehrere Cigarren verraucht waren, wurde die Natronlauge in eine Platinschale gebracht und unter Zusatz von etwas chemisch reinem doppelt-kohlensaurem Natron im Wasserbade zur völligen Trockniß abgedampft. Der abgetrocknete Rückstand wurde darauf zur Zerstörung der ihm anhängenden und bei der Operation stets mit übergehenden brenzlichen Verbrennungsproducte schwach geglüht, darauf in destillirtem Wasser gelöst, von dem kohlehaltigen Rückstand durch Filtration getrennt und in Gestalt dieses klaren wässerigen Filtrates durch verschiedene bekannte Reagentien auf Jod geprüft. Alle Reactionsversuche gaben hier den Gehalt an Jod aufs deutlichste zu erkennen. Schon der an dem brennenden Ende der Cigarre aufsteigende Dampf ist jodhaltig und bläut mit dünnem Stärkekleister bestrichene und ihm ausgesetzte Papierstreifen sehr tief. Nachdem auf diese Weise die Gegenwart des Jods im Dampfe dieser Cigarren qualitativ festgestellt war, erschien es nothwendig zu wissen, in welcher Gewichtsmenge das Jod in dem Dampfe von einer Cigarre enthalten sey. Die für diese Ermittelung nöthige quantitative Analyse wurde auf ähnliche Weise ausgeführt, nur daß das Jod in dem geglühten und durch Wasser aufgenommenen Rückstand unter Zusatz von Salpetersäure in Form von Jodpalladium gefällt und gewogen wurde. Zu dieser quantitativen Ermittelung hat der Verf. zwölf Cigarren genommen und in je drei derselben die Gewichtsmenge des in den Dampf übergegangenen Jods bestimmt; aus der für je drei Cigarren gefundenen Menge Jod wurde das Mittel für je eine gezogen. Die Resultate waren folgende: Versuch I. Eine Cigarre gab im Mittel Jod = 0,05 Gran      „     II.    „         „       „     „      „      „ = 0,049  „      „    III.    „         „       „     „      „      „ = 0,046  „      „    IV.    „         „       „     „      „      „ = 0,047  „ Nach diesen Angaben ist somit nahe 1/20 Gran Jod im Dampfe einer jeden einzelnen dieser Cigarren durchschnittlich anzunehmen. Auch die Pariser Jodcigaretten hat der Verf. auf gleiche Art auf ihren Jodgehalt untersucht. Im Dampfe jeder einzelnen wurde nach quantitativen Bestimmungen durchschnittlich aus sechs Versuchen 0,038 Gran Jod gefunden. Obschon der Jodgehalt dieser dem der Eckert'schen sehr nahe steht, haben letztere doch vor jenen den Vorzug, daß sie nicht so unangenehm als die Pariser Cigaretten beim Verbrennen riechen. Ob und wie weit die Jodcigarren als Heilmittel wirklich von Werth sind, dieß zu bestimmen, ist Sache des praktischen Arztes. (Böttger's polytechnisches Notizblatt, 1857, Nr. 12.) Ueber ein Verfahren, den üblen Geruch des Flachses nach der Warmwasserröste zu verhindern; von Dr. Carl Lintner, Lehrer an der k. Gewerbschule in Kaufbeuern. Eine höchst unangenehme Schattenseite der Flachsröste im Großen ist der üble Geruch, welchen der geröstete Flachs beim Trocknen, welches bekanntlich durch Auslegen auf Wiesen bewirkt wird, verbreitet und dadurch der Nachbarschaft die Luft verpestet. Mag es auch wahr seyn – nach dem Berichte mehrerer Besitzer von Röstanstalten, – daß die Arbeiter und Nachbarn von Röstanstalten in Gegenden, wo die Cholera herrschte, davon verschont blieben, so sind doch diese Dünste ein sehr unangenehmes Schutzmittel. Auch in Kaufbeuern konnte man diese Schattenseite hinlänglich kennen lernen, denn je nach dem Winde konnte jeder Bewohner der Stadt dieses Genusses theilhaftig werden. Es konnte daher nicht fehlen, daß allgemeine Klagen laut wurden und man an Mittel denken mußte, diesem Uebel zu steuern. Es ist dem Verf. auch gelungen, durch eine höchst einfache, fast kostenlose Waschvorrichtung dem gerösteten Flachse seinen Hauptgeruch zu nehmen, so daß die Nachbarschaft im vorigen Jahre zufrieden gestellt war. Diese Waschvorrichtung wird in jedem Bottiche angebracht, wie folgt: In der Mitte des Bottichs befestigt man ein hölzernes Rohr, welches die Höhe des Bottichs hat, so, daß dasselbe etwas durch den falschen Boden hindurchgeht, ohne auf dem wahren aufzustehen. Am vordern Ende des Bottichs oder wo sonst das gewöhnliche Abflußrohr ist, wird ebenfalls ein solches Rohr angebracht (wenn das vorhandene nicht schon passend ist), das die Abflußöffnung verschließt, jedoch nur so hoch, daß es bis zur hölzernen Decke reicht, womit der Flachs beschwert wird, damit er während der Röste nicht emporsteigt. Auf dieses Rohr steckt man einen weiten Trichter von Weißblech. Bekanntlich hat man bisher nach vollendeter Röste durch die Abflußöffnung am Boden der Bottiche das Röstwasser abfließen und höchstens ein paarmal frisches Wasser durchlaufen lassen. Bei diesem Verfahren filtrirt das stark gefärbte übelriechende und gewöhnlich noch mit einer kalkigen und schimmligen Decke versehene Röstwasser durch den Flachs, kein Wunder daher, wenn der Flachs stark riecht und nicht selten noch mit einer klebrigen extractiven Materie bedeckt ist, welche sein Trocknen und Bleichen sehr verzögert. Bei der oben beschriebenen Vorrichtung läßt man nun, ohne die hölzerne Decke zu lüften, in das mittlere Rohr frisches Wasser laufen, dieses drückt das gefärbte Röstwasser in die Höhe, welches man durch das Abflußrohr oben abfließt. Man läßt so lange Wasser zufließen bis das oben abfließende Wasser vollkommen klar und geruchlos ist. Ist dieser Zeitpunkt eingetreten. so zieht man das Abflußrohr heraus und läßt nun das klare Wasser durch den Flachs unten abfließen. Der Flachs sieht nun sehr reinlich aus und besitzt nur einen sehr schwachen säuerlichen Geruch. Man kann dieses Verfahren natürlich vollenden, ohne daß Jemand zugegen bleibt, z.B. läßt man während der Nacht das Wasser dem gerösteten Flachse zufließen, so hat man ihn Morgens vollkommen gewaschen. Dieses Waschen geht so ruhig und sanft vor sich, daß der Flachs nicht im geringsten verwirrt wird oder sonst leidet. Es hat auch ferner, abgesehen vom Geruche und daß es keine Arbeitskräfte erfordert, noch den Nutzen, daß so gewaschener Flachs sehr schnell trocknet und sich bleicht. In manchen Röstanstalten läßt man den Flachs, um ihn von dem anhängenden Röstwasser und der extractiven Materie zu befreien, gleich nach der Röste durch hölzerne Walzen laufen, während ein Wasserstrahl auf ihn sich ergießt. Dieses Verfahren, welches dem Watt'schen entlehnt ist, kostet viele Arbeitskräfte und schadet auch der Festigkeit der Faser. Der Verf. glaubt, daß durch obiges Waschen diese Maschine entbehrlich gemacht werden dürfte. (Kunst- und Gewerbeblatt für Bayern, Februar 1857, S. 90.) Desinficirung der Excremente mit Eisenvitriol. In der Versammlung des Vereins für Gewerbfleiß in Preußen, im Monat Mai l. J., berichtete Hr. Regierungsrath Wichgraf über zufriedenstellende Resultate, welche in den Strafanstalten in Moabit, Spandau und Brandenburg durch die Desinficirung der Excremente mit Eisenvitriol erzielt worden sind. Als bestes Verhältniß hat sich eine Auflösung von 5 Pfund Eisenvitriol in 100 Pfd. Wasser ergeben, womit die Excremente übergossen werden; es wird dabei ein vortrefflicher Dünger gewonnen. (Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1837 S. 130.) Verfahren zum Präpariren wollener Lumpen, alten Leders und anderer thierischen Substanzen für die Düngerfabrication; von Joseph Bower in Hunslet bei Leeds. Zu diesem Zweck werden thierische Abfälle, wie altes Leder, Häute, Haar, wollene Lumpen etc. in einen starken Behälter (Digestor) gebracht, welcher am Boden mit einer Oeffnung nebst Ventil zum Entleeren seines Inhalts, sowie am oberen Ende mit einer Oeffnung nebst Ventil zum Einbringen der Masse versehen ist. Von diesem Behälter aus erstreckt sich ein mit Hahn versehenes Rohr in eine Cisterne, welche verdünnte Schwefelsäure enthält. Von einem Hochdruckdampfkessel aus geht ein mit Hahn oder Ventil versehenes Dampfrohr in jenen Behälter, welcher die thierischen Substanzen enthält, in welchem es fast bis auf dessen Boden hinabreicht; durch den einströmenden Dampf werden die thierischen Substanzen theils aufgelöst, theils hinreichend modificirt, um sie mit pulverisirten trockenen Materialien (Torfkohle etc.), saurem phosphorsaurem Kalk u.s.w. zur Düngerfabrication vermischen zu können. Behandelt man auf diese Art alte Zeuge welche aus Wolle und Baumwolle bestehen, so bleiben die Baumwollfasern unzersetzt, können also abgesondert und zur Papierfabrication verwendet werden. Auf 100 Pfd. der erwähnten thierischen Materialien bringt man in den Digestor beiläufig 200 Pfd. Wasser, bei Anwendung alter Schuhe oder alten harten Leders etwas mehr. Man läßt dann etwa 40 bis 50 Minuten lang Dampf in den Digestor strömen, bis ein Druck von beiläufig 200 Pfd. per Quadratzoll erreicht ist, welchen man ungefähr 15 Minuten lang unterhält. Dann wird der Dampf vom Kessel abgesperrt, und man läßt den Dampf aus dem Digestor in Säure strömen, um das Ammoniak zu sammeln, welches sich aus den dem Proceß unterzogenen Substanzen entbindet. Die verarbeiteten Substanzen läßt man nachher aus dem Digestor auf ein Sieb ablaufen, auf welchem die Baumwollfasern nebst den übrigen nicht zersetzten Substanzen zurückbleiben, die man dann durch Waschen mit warmem Wasser von anhängenden thierischen Substanzen reinigt. – Patentirt am 18. Decbr. 1856. (Repertory of Patent-Inventions, Juli 1857, S. 69.) Verfahren zur Düngerfabrication, von Duncan Bruce. Meine Erfindung betrifft die Bereitung stickstoffhaltigen Düngers mittelst thierischer Substanzen, und bezweckt die ammoniakalischen Gase zu fixiren, damit dieselben unmittelbar auf die Culturpflanzen zu wirken vermögen, ohne daß erst die Zersetzung der ammoniakalischen Verbindung abgewartet werden muß, wie bei Anwendung von schwefelsaurem Ammoniak. In Bodenarten welche viel kohlensauren Kalk enthalten, wird das schwefelsaure Ammoniak leicht zersetzt und dadurch den Pflanzen nach Erforderniß als kohlensaures Salz dargeboten; zahlreiche Bodenarten enthalten aber so wenig Kalk, daß sie diese Zersetzung nicht bewerkstelligen können, daher auf denselben diejenigen Dünger welche ihre Wirksamkeit dem Gehalt an schwefelsaurem Ammoniak verdanken, wenig Wirkung hervorbringen können und das leicht lösliche schwefelsaure Ammoniak durch Einsickern oder auf sonstige Weise verloren gehen muß. Um diesem Uebelstand abzuhelfen und einen Dünger zu erzeugen, welcher auf jedweder Bodenart stets wirksam seyn kann, bereite ich ein, die ammoniakalischen Gase absorbirendes Pulver, welches ich den gehörig präparirten (gegohrenen) thierischen Substanzen einverleibe. Absorbirendes Pulver. – Als solches dient Thon, welcher gemischt mit thierischen Substanzen gebrannt worden ist, um als Product ein inniges Gemenge von höchst fein zertheilter Kohle mit erdiger Substanz zu erhalten; dieses Gemenge ist ein vorzügliches Absorptionsmittel der ammoniakalischen Gase und ein kräftiges Desinficirmittel der thierischen Substanzen. Ich empfehle zur Darstellung des absorbirenden Pulvers, dem besten Thon beiläufig sein gleiches Gewicht fein pulverisirter Braunkohle, oder Torfpulver, oder Sägespäne einzuverleiben, und das innige Gemenge dann in einem geschlossenen Tiegel so stark zu erhitzen, daß die erwähnten Substanzen verkohlt werden, ohne daß jedoch eine beginnende Verglasung des Thons eintritt. Wendet man Sägespäne oder Torf an, so darf man den Tiegel erst nach seinem Erkalten öffnen, weil sich sonst dessen Inhalt entzünden könnte. Vorbereitung der thierischen Substanzen. – Um die thierischen Substanzen in eine breiartige Masse zu verwandeln, hat man sie bisher entweder mit starken Alkalien gekocht, oder in einem geschlossenen Kessel mit Hochdruckdampf behandelt; dabei bleibt aber fast immer ein Theil der thierischen Substanz unzersetzt in Stückchen oder Körnern zurück, welche auf dem Felde von Würmern angegriffen und zerstört werden. Um nun die Textur der thierischen Substanzen vollständig zu zerstören und dieselben in einen flüssigen Brei zu verwandeln, lasse ich sie gähren, jedoch nur in einem Grade, welcher zur Erreichung dieses Zweckes hinreicht. Ich bringe nämlich die thierischen Substanzen – Fische oder den Abfall der Schlachthäuser, in Kufen, welche ich dann zudecke, um die Luft auszuschließen, worauf ich deren Inhalt auf 32 bis 49° C. (26 bis 39° R) erwärme. Im Verlauf von einem bis drei Tagen, je nach der Natur der angewandten Substanzen, haben deren Fasern ihren Zusammenhang vollständig verloren und das Ganze ist in eine halbflüssige breiige Masse verwandelt; selbst die Mägen der Fische, und die knorpeligen Theile der Schlachtbank-Abfälle werden dann gänzlich desorganisirt und in Brei verwandelt seyn. Bereitung des Düngers. – Dem so erhaltenen Brei von Fischen oder Schlachtbank-Abfällen setzt man das oben erwähnte Pulver von kohlehaltigem Thon zu, beiläufig 1 Pfd. desselben auf 3 Pfd. der ursprünglich verwendeten thierischen Substanzen; während man nämlich den Brei umrührt, siebt man das Pulver regelmäßig auf die Oberfläche desselben. Die erhaltene Mischung wird dann abgedampft und der Rückstand pulverisirt. Wendet man Fische an, so werden deren Gräten, sogleich nach ihrer Absonderung, getrocknet und dann fein gemahlen; dieses Grätenpulver wird der breiigen Masse nach dem Zusetzen des kohlehaltigen Thons ebenfalls einverleibt. Wenn Schlachtbank-Abfälle angewendet werden, so kann man der breiigen Masse noch beiläufig 30 Proc. gemahlener Knochen zusetzen. Wendet man Blut an, so wird mit demselben, während es noch frisch ist, das kohlehaltige Thonpulver gemischt; diese Mischung wird dann beiläufig 48 Stunden lang auf der erforderlichen Temperatur erhalten, worauf das Pulver dem Blut so innig einverleibt seyn wird, daß man die Mischung abdampfen kann. Wenn man Abtrittgruben-Inhalt verwenden will, so bringt man ihn in die Kufen und siebt das präparirte Pulver hinein; die festen Theile der Excremente vereinigen sich mit dem kohlehaltigen Thon, die überschüssige Flüssigkeit aber dampft man ab. – Patentirt in England den 30. Sept. 1856. (Repertory of Patent-Inventions, Juli 1857, S. 45.) Die sächsische Guanofabrik des Hausbesitzervereins in Dresden. Die Guanofabrik in Dresden, früher Poudrettefabrik genannt, jetzt unter der Firma, „Sächsische Guanofabrik des Hausbesitzervereins,“ ist wohl die älteste Anstalt in Deutschland, welche aus städtischen Abfällen, hauptsächlich Grubendünger, leicht versendbare, gehaltreiche Düngemittel durch künstliche Behandlung darstellt. Die Errichtung der Anstalt geht zu Anfang der 30er Jahre zurück. Dazumal nahm man die Sache sehr einfach. Noch wenig unterrichtet von den Mitteln, die Hauptdüngstoffe aus dem flüssigen Grubeninhalt zu ziehen, beschränkte man sich darauf, die festeren Cloakmassen in großen Gruben mit Hülfe von Kalk geruchlos und versendbar zu machen und suchte sie von den flüssigen Massen, ohne an eine Ausnutzung derselben zu denken, so gut es ging zu befreien. Hr. Kammerherr von Hartmann war der erste, welcher die Cloakmassen fabrikmäßig trocknete und als Poudrette zum Verkauf brachte. Später nahm Hr. Dr. Abendroth die Sache in die Hand. Derselbe machte, nachdem er eine neue, weniger belästigende Methode der Grubenräumung eingeführt, und deren Ausführung für die Stadt übernommen hatte, mit großem Eifer für die Sache und mit reichen Kenntnissen ausgestattet, viele Versuche auf dem noch wenig bebauten Felde einer entsprechenden Verwerthung und Zugutmachung der städtischen Düngerabfalle, stellte in dessen Folge endlich ein ihm patentirtes Verfahren solcher Verwerthung und künstlicher Guanofabrication auf, gab auch über dasselbe mehrere Schriften heraus, und richtete schließlich nach seinem Verfahren die Fabrication eines künstlichen – sogenannten sächsischen – Guanos im Großen ein. Ein Verein von etwa 250 Hausbesitzern betheiligte sich bei diesem Unternehmen, insofern dessen Mitglieder an Hrn. Dr. Abendroth ein Eintrittsgeld zahlten und demselben dagegen den Dünger ihrer Grundstücke zu seiner Fabrication überließen, wogegen Dr. Abendroth jedem Mitgliede unentgeltliche Räumung der Düngergrube leisten mußte, der Verein überdieß auch an dem in Aussicht gestellten Reingewinn der Fabrication Theil zu nehmen hatte. Wenn nun auch die Aussicht auf Gewinn sich nicht verwirklicht hat, da der Abendroth'sche Betrieb der Fabrik nicht zu solchen geschäftlichen Ergebnissen geführt hat, wie sie von allen Betheiligten gehofft und erwartet wurden, so sind doch Dr. Abendroths Verdienste auf dem Felde der Bereitung künstlicher Düngmittel unläugbar. Denn wenn auch vielleicht in der Leitung und Verwaltung des Geschäfts Fehler vorgekommen seyn mögen, wenn auch ein Theil des Abendroth'schen Fabrikverfahrens – die Verkohlung der festen Massen in Retorten – vielleicht nicht geeignet war das Geschäft einträglich zu machen, so war es doch hauptsächlich wohl die Neuheit der Sache, waren es so manche widerstrebende und sich einander ausschließende Interessen, wodurch das Geschäft gehemmt und schwierig wurde. Nachdem Hr. Dr. Abendroth nicht mehr in der Lage war obenangeführten Verpflichtungen gegen den Hausbesitzerverein nachzukommen, sah sich der letztere genöthigt die Grundstücke der Fabrik und deren Betriebseinrichtungen käuflich an sich zu bringen und das Geschäft auf eigene Rechnung weiter zu führen. An Hrn. Dr. Abendroths Stelle übernahm nun Hr. Chemiker R. Schulze, ein Mann, der durch viele Reisen und einen längeren Aufenthalt in Nordamerika sich große praktische Gewandtheit und Fachkenntniß erworben hat, die technische Leitung der Anstalt vor etwa 1 1/2 Jahren. Von Dr. Abendroth's Verfahren wurde nur die Behandlung der flüssigen Düngermassen in Dampfkesseln beibehalten, die trockene Destillation der festen pflanzlichen und thierischen Abfalle dagegen aufgegeben, zur Beförderung der Einträglichkeit aber die Fabrik nach Kräften vergrößert, da bis dahin die vorhandenen Vorrichtungen in einem Mißverhältniß zu der täglich zu verfahrenden Massenmenge standen und kaum 1/4 der letztern hatte verarbeitet werden können. Endlich wurde mit der Verarbeitung der Jauche noch die von andern thierischen Abfällen, als altem Leder, wollenen Lumpen, Haaren, Filz etc. auf die zweckentsprechendste Weise in Verbindung und zu möglichst großer Ausführung gebracht. Obgleich nun die Fabrik an und für sich betrachtet, nach Deckung aller Ausgaben behufs der Düngerbereitung und nach Deckung der Ausgaben der Herbeischaffung seit dieser Zeit nur mit Ueberschuß gearbeitet hatte, konnte doch in Folge der Vermögens- und sonstigen inneren Verhältnisse des Vereins von einer Einträglichkeit des ganzen Geschäfts für den besitzenden Verein nicht eher die Rede seyn, als bis verschiedene Uebelstände in der Betriebseinrichtung und Verwaltung beseitigt und ein genügendes Betriebscapital beschafft war. Die diesen Umgestaltungen sich entgegenstellenden Schwierigkeiten aber ließen es für den Verein vortheilhafter erscheinen, das ganze Geschäft gegen eine zu zahlende jährliche Summe pachtweise einem Unternehmer zu überlassen, und ist in Folge dieses Beschlusses denn nun auch seit dem 1 Juni d. J. genannter Hr. R. Schulze als Pächter des Geschäfts eingetreten. Wir haben die Anstalt vor einigen Wochen besucht und uns der wohlersonnenen und zweckmäßigen Anordnung des technischen Betriebs erfreut. Die Anstalt hatte im vergangenen Jahre Anfechtung erleiden müssen auf Grund einer Behauptung unangenehmer Durchduftung und Verunreinigung der Luft in einem weitem Sprengel um die Fabrik herum, und wohl auch nicht ohne Grund. Seitdem sind jedoch die möglich besten Vorkehrungen getroffen, alle bei der Fabrikation sich entwickelnden übeln Gerüche möglichst unschädlich zu machen und ein über diese Einrichtungen abgegebenes amtliches Gutachten bescheinigt, daß gegenwärtig die Behauptung der weitern Verbreitung übler Gerüche zu den üblen Gerüchten gehört, deren weitere Verbreitung und neuerliche Wiederholung durchaus ungerechtfertigt erscheint. Wir haben beim Besuch der Fabrik selbst, die ganz dicht am Walde, weit von der eigentlichen Stadt entfernt liegt, nur einen säuerlich faden Geruch bemerkt, der wesentlich von der oben erwähnten Verarbeitung von Leder und Wollabgängen herrührt. Die Dämpfe und Gase aber, die sich beim Kochen der flüssigen Massen im Dampfkessel entwickeln, gehen zuerst in ein fest verschlossenes granitnes Gefäß, in welchem ihr Ammoniakgehalt durch Schwefelsäure gebunden wird, dann werden sie unter die zur Behandlung des Leders, der Wolle etc. bestimmten Gefäße, behufs der Heizung derselben, geleitet, und gelangen von da aus in einen langen im Freien fortlaufenden, gemauerten, oben mit Sandsteinplatten und Erde bedeckten, unten aber offenen, unterirdischen Canal. Hier verdichten sich die Wasserdämpfe und mit ihnen ein Theil der mitgeführten stinkenden Gase und versickern in die Erde. Die nicht zu verdichtenden Gase gehen zunächst noch durch einen Kohksbehälter und strömen endlich in die Flamme über dem Roste, der sich unter dem Abtreibekessel befindet und verbrennen dort zum größten Theil. Das Unverbrennliche entflieht mit dem Rauch durch die hohe Esse. Die abgetriebenen Dämpfe des Kessels werden nicht durch eiserne oder kupferne Röhren zu den Sättigungs- und Macerirungsgefäßen geführt, sondern durch hölzerne (gebohrte Holzstämme), die sich dabei, trotz ihrer Wohlfeilheit, sehr lange gut erhalten und schlecht wärmeleitend, die zu zeitige Verdichtung der Dämpfe, somit die zu große Verdünnung der zu gewinnenden Salzlösungen verhindern. Die so entstehenden Lösungen von schwefelsaurem Ammoniak sammt den völlig zersetzten Leder- und Wollabgängen werden mit pulverförmiger Torfmasse gemengt und getrocknet. Der im Kessel nach dem Abtreiben des Ammoniaks verbleibende Rückstand enthält, neben organischen Stoffen, die werthvollen, durchgängig löslichen phosphorsauren und Kalisalze des Urins. Auch dieser Kesselrückstand wird in die Mischung des sächsischen Guanos mit aufgenommen, so daß letzterer also gebunden an das körpergebende Torfmehl, schwefelsaures Ammoniak, zersetzte Leder- und Wollabgänge und eingedickten Urinrückstand enthält. Man verkauft diesen künstlichen Guano von 3 1/2 Proc. Stickstoff (= 4,25 Proc. Ammoniak) Gehalt zu 1 Thlr. 20 Ngr. den Centner in Fässern. Die zur Guanomischung nicht verbrauchten Kesselrückstände werden ebenfalls mit gemahlener Torfmasse aufgenommen und bilden den sehr gesuchten Uratdünger zum Preis von 20 Ngr. den Centner. Der verwendete Torf ist ein sehr humusreicher, stickstoffhaltiger, das Ammoniak kräftig bindender. Die Düngererzeugung erhebt sich, wenn nicht Hindernisse eintreten, im Monat auf 1000 bis 1200 Centner sächsischen Guanos und an Cloakdünger auf eine noch etwas höhere Zahl. Das Herausschaffen der flüssigen Grubenbestände geschieht in festverschlossenen, röhren- oder faßförmigen Kastenwagen, in welche sie aus den Gruben mit Hülfe von Kautschukschläuchen herausgepumpt werden. Die festen Cloakmassen schafft man in geschlossenen Kübeln im Wagen fort, mischt sie in Gruben, um der ferneren Entwicklung übler Gerüche vorzubeugen und die Verflüchtigung werthvoller Theile zu verhüten, mit Torfmasse. Die reinen Massen werden dem Guano beigemischt, die unreinen, mit Steinkohlenasche, Kehricht, Sand etc. gemischten Auswürfe, aber verkauft man an die Bauern fuderweise. Die ganze Einrichtung und der Betrieb der Anstalt haben uns sehr gefallen, und Hr. Director Schulze versicherte uns, daß das Geschäft gute Rechnung gäbe und noch bessere geben würde, wenn anstatt der Cloakgruben in den Häusern bewegliche Latrinen eingerichtet würden. Diese Latrineneinrichtung nämlich gewährt den Häusern den Vortheil, daß der üble Geruch der Abtritte bis auf ein geringstes herabsinkt und zugleich die Füglichkeit einer schnellen und fast geruchlosen Fortschaffung der Auswürfe, die überdieß von einer Guanofabrik um so billiger besorgt werden kann, um so mehr Werth für dieselbe die frischen reinen Latrinenmassen gegen die seit Jahren in Zersetzung und Entwerthung begriffenen, mit Steinkohlenasche, Kehricht, Sand etc. verunreinigten Grubenbestände haben müssen. Hr. Schulze hält die Latrineneinrichtung für das einzige Mittel wodurch Mißstände, woran größere Städte leiden, auf eine für die Hausbewohner angenehme und für die Hausbesitzer in wirthlicher Hinsicht höchst beachtenswerthe Weise gehoben werden können. Bewegliche Latrinen sind tonnen- oder kastenförmig gestaltet, von einem Raumgehalt, daß ein Haus von nicht zu vielen Bewohnern mit einer Latrine 4–5 Wochen ausreicht, zu welcher Zeit im Wechsel eine andere eingestellt und die gefüllte wohlgeschlossen zur Düngerfabrik gefahren wird. Solche Latrinen sind von Sachverständigen zur Verbesserung der Wohnungen und der Luft in den Städten schon mehrfach vorgeschlagen worden, sie haben aber bis jetzt unseres Wissens in wenig Städten, vielleicht mit Ausnahme von Berlin, Raum gewonnen. In Sachen nun von Abtritten, Latrinen, Senkgruben u.s.w. wird von den Hausbesitzern und Bauherren mit seltener Ausnahme, im Einverständniß mit den bauführenden Technikern, Billigkeit und Bequemlichkeit in's Auge gefaßt. Das heißt die Entleerungsanlagen sollen nicht viel kosten und ihre Reinigung den Hauswirthen nicht viel Unbequemlichkeit machen! Allerdings kostet ein großes kellerartiges Loch in die Erde zu graben nicht viel und bequem ist's auch, 50 Jahre lang nicht räumen lassen zu dürfen. Man fragt aber leider nicht darnach, ob dieß Wohnen über einer viele Jahre alten Cloake gesund sey oder nicht, oder ob die Lüftung gut ist. Hat die Baupolizei einen Sinn, so gewiß nicht am wenigsten wenn sie sich um Anlage von Abtritten kümmert, deren zweckmäßige Entleerung eine eben so wichtige Frage für den öffentlichen Gesundheitszustand als für die Interessen des Landbaues und der Volksernährung ist. Fr. G. Wieck. (Deutsche Gewerbezeitung, 1857, Heft 5.)