Titel: Ueber Scott's Patent-Cement. – Vom Ingenieur-Capitän H. Y. D. Scott.
Fundstelle: Band 146, Jahrgang 1857, Nr. LXX., S. 292
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LXX. Ueber Scott's Patent-Cement. – Vom Ingenieur-Capitän H. Y. D. Scott. Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, August 1857, S. 267. Ueber Scott's Patent-Cement. Als ich Frühjahr 1854 Versuche mit einem Kalksteine anstellte, welcher nur schwache hydraulische Eigenschaften besaß, legte ich bei einer Gelegenheit ein Stück von diesem Stein in das Kaminfeuer eines Speisezimmers, und ließ es in demselben einige Stunden lang, um es zu brennen. Während dem dämpfte eine Person das Feuer mit Staub und Asche vom Herde, und als ich das Kalksteinstück mit Säure probirte, um zu sehen, ob es gehörig gebrannt sey, brauste es so heftig auf, daß ich es wieder auf den Rost warf. Nun konnte aber das Feuer nicht zu lebhaftem. Brennen gebracht werden, und bei einem zweiten Versuche brauste der Kalkstein so stark wie vorher. Etwas ungeduldig zerrieb ich den Kalk zu Pulver, um das Löschen zu erleichtern, mischte das Pulver mit Wasser und erwartete nun, daß der gebildete Kuchen zerfallen werde, sah aber zu meinem Erstaunen, daß die Masse allmählich erhärtete und nach 24 Stunden nicht mehr mit dem Nagel geritzt werden konnte. Nach vielen Versuchen mit Kohks und Steinkohlen, um ähnliche Resultate im großen Maaßstabe zu erzielen, gelangte ich zu der Ueberzeugung, daß die Erscheinung auf die eine oder die andere Weise durch die schweflige Säure, welche sich aus dem Brennmaterial entwickelte, veranlaßt wurde; dieß führte zu dem jetzt von mit angenommenen Verfahren. Dasselbe besteht darin, daß der auf gewöhnliche Weise in der Rothglühhitze gebrannte Kalk den Dämpfen ausgesetzt wird, welche sich aus Schwefel entwickeln, den man bei beschränktem Luftzutritt verbrennt. Es wird so eine geringe Menge schwefelsaurer Kalk gebildet, und dieser Ursache muß offenbar die außerordentliche Veränderung zugeschrieben werden, welche im Kalke veranlaßt wurde. Er löscht sich nun nicht mehr, in dem gewöhnlichen Sinne des Worts, und wenn er zu Pulver zermahlen und als Cement benutzt wird, bildet er nicht nur einen cementartigen Mörtel, sondern auch ein sehr wohlfeiles, schönes und dauerhaftes Bekleidungsmaterial für innere und äußere Wände. Das gewöhnliche Verfahren Zimmerwände in Putzkalt zu setzen, hat viele Mängel: 1) Der aus Kalk und Haaren bestehende Putzkalk zieht Blasen, sobald der Kalk nicht gehörig gelöscht worden ist; 2) beim Trocknen reißt er durch das ungleiche Schwinden sehr leicht; 3) nach dem Auftragen einer Schicht Putzkalk muß man längere Zeit verstreichen lassen, ehe man die folgende Schicht aufträgt, was großen Zeitverlust veranlaßt und auch Mühe wegen der Gerüste kostet, die wiederholt aufgestellt und wieder weggenommen werden müssen; 4) eine lange Zeit verstreicht auch, ehe der Putzkalk tapezirt oder bemalt werden kann; 5) er wird niemals hinreichend hart, um einem mäßig starken Stoß, z.B. von Meubles, widerstehen zu können. Von allen diesen Mängeln ist der neue Cement frei, er wird weder blasig noch rissig; er trocknet so schnell, daß der Tüncher, wenn er mit der einen Putz- oder Tünchelage fertig ist, die nächste aufsetzen kann, so daß also das Gerüst nicht weggenommen zu werden braucht. Sobald die Tünche vollendet ist, kann die Tapete aufgeklebt oder die Farbe aufgetragen werden, und nur im Winter müssen die Wände erst durch Ofenwärme getrocknet werden, weil sie sonst die atmosphärische Feuchtigkeit ansaugen. Zum Abputz des Aeußern der Häuser wird jetzt der Portland-Cement allgemein angewendet, und wenn er gut zubereitet und gehörig aufgetragen wird, läßt er in Beziehung auf Härte nichts zu wünschen. Einen steten Einwurf gegen diese Cementsorte bildet aber die große Verschiedenartigkeit ihrer Farbe, welche von einem Fasse zum andern wechselt, so daß eine Hausfronte oft wie gestreift erscheint. Der Scott'sche Cement hat dagegen stets eine und dieselbe Farbe, nämlich lichtes Ledergelb. Seine Härte ist nach Verlauf einer Woche dieselbe wie die des Portlandcementes, die Kosten des Putzes mit Scott'schem Cement sind aber um 30 Proc. geringer. Eine wesentliche Bedingung bei der Benutzung dieses, sowie eines jeden Cements ist die, daß er auf durchaus naß gemachte Wände aufgetragen wird, und daß beim Tünchen mit zwei Schichten die untere wieder befeuchtet wird, wenn die zweite aufgetragen werden soll, weil sonst nicht die gehörige Bindung stattfinden kann. Im Sommer ist es auch zweckmäßig den Putz, etwa zwei Tage nach seiner Vollendung, mit einer Spritze zu befeuchten, wodurch seine Festigkeit rascher zunimmt.