Titel: Ueber den Widerstand der Röhren gegen Zusammendrückung; von W. Fairbairn.
Fundstelle: Band 147, Jahrgang 1858, Nr. LXVIII., S. 251
Download: XML
LXVIII. Ueber den Widerstand der Röhren gegen Zusammendrückung; von W. Fairbairn. Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, Novbr. 1857, S. 356. Mit einer Abbildung auf Tab. IV. Fairbairn, über den Widerstand der Röhren gegen Zusammendrückung. Die nachstehenden Versuche wurden auf den gemeinschaftlichen Antrag der königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu London und der brittischen Gesellschaft für die Fortschritte der Wissenschaften angestellt. Bekanntlich hat die sehr ausgedehnte Anwendung der Dampfkraft und in Folge davon das Bestreben an Brennmaterial zu ersparen, eine Steigerung des wirkenden Drucks von 10 auf 50 Pfd. und in einigen Fällen auf 150 Pfd. per Quadratzoll veranlaßt; und diese Veränderung war häufig von sehr traurigen Resultaten begleitet. Unglücklicherweise hat unsere Kenntniß der Grundsätze der Kesselconstruction nicht gleichen Schritt mit unserm Bestreben nach wohlfeiler Dampferzeugung gehalten, wodurch die vielen und so nachtheiligen Kesselexplosionen veranlaßt wurden. Bisweilen hatten aber diese beklagenswerthen Ereignisse ihren Grund nur in der Schwäche und Zusammendrückbarkeit der innern Rauchröhren; es wurde daher für höchst wünschenswerth erachtet, eine Reihe von Versuchen anzustellen, welche die Grundlagen für richtigere und verläßlichere Principien ihrer Construction liefern könnten. Um an Raum zu ersparen und das Dampferzeugungsvermögen der Kessel zu vergrößern, wendet man häufig solche mit Rauchröhren an, berücksichtigt aber dabei zu wenig die erforderlichen Dimensionen dieser Röhren, wodurch einerseits nicht die gehörige Sicherheit erlangt und andererseits wegen fehlerhafter Vertheilung Material verschwendet wird. Man nahm bisher als unumstößliche Wahrheit an, daß eine Rauchröhre (überhaupt eine cylindrische Röhre), welche einem gleichförmigen äußern Druck unterworfen wird, auf allen Punkten ihrer Länge einen gleichen Widerstand leiste; mit anderen Worten, daß die Festigkeit der Röhre von ihrer Länge unabhängig sey. Dieses Gesetz mag für unendlich lange Röhren, oder solche, welche an ihren Enden auf starren Ringen aufliegen, gelten, es ist aber nicht richtig, wo die Länge der Röhre nur gewisse Multipla von dem Durchmesser beträgt und die Enden unveränderlich in ihrer Umgebung befestigt sind. Der Verfasser bezweifelte die Widerstandsfähigkeit der Rauchröhren mehrerer großer Kessel und untersuchte dieselben daher näher, wobei er fand, daß Rauchröhren von 30 Fuß Länge weit leichter zusammengedrückt werden, als solche von 24 Fuß Länge aber gleicher Construction. Dieses eigenthümliche Resultat veranlaßte ihn zu weiteren Untersuchungen. Zur Anstellung dieser Versuche ließ der Verfasser einen großen gußeisernen Cylinder a, a, Fig. 10, von 8 Fuß Länge, 28 Zoll Durchmesser und 2 Zoll Wandstärke anfertigen. In diesen Cylinder wurden die zu untersuchenden Röhren b, b eingesetzt, und in Verbindung mit den massiven Deckeln des Cylinders gebracht. In das gußeiserne Ende der Röhre b, b wurde eine enge Röhre c, c eingeschraubt, welche der Luft den Austritt gestattete, wenn die Röhre zusammengedrückt wurde. Der Druck wurde durch eine starke Druckpumpe hervorgebracht, indem man mittelst derselben so lange Wasser in den Cylinder pumpte, bis die Festigkeit der Röhre überwunden war. Die Größe des Drucks wurde durch den Manometer e und das Sicherheitsventil d gemessen. Die Versuche sollen fortgesetzt und später vollständig veröffentlicht werden; Folgendes ist eine Uebersicht der bisher erlangten Resultate. Von den aus den Resultaten abgeleiteten Gesehen ist besonders dasjenige von Interesse, durch welches der Zusammenhang zwischen der Länge der Röhre und ihrer Festigkeit bestimmt wird. Nach diesen Versuchen nämlich steht bei den Dimensionen, wie sie in den Experimenten zur Anwendung kamen, die Festigkeit im umgekehrten Verhältniß zur Länge; mit anderen Worten, unter übrigens gleichen Umständen hält eine 2 Fuß lange Röhre einen dreimal, und eine 3 Fuß lange Röhre einen zweimal so großen äußeren Druck aus, als eine 6 Fuß lange, die Länge zwischen den Tragscheiben an den Enden gemessen. Dieß ergeben nachstehende Versuche: Versuchsnummern.   Durchmesser     in Zollen. Länge in    Zollen.      Druck per Quadratzoll,bei welchem die Zerdrückung       erfolgte, in Pfunden.            1           2       12,2      12,0    58,5   60 11,012,5 11,75            3       12,0    30 22 Nimmt man das Mittel aus den Versuchen 1 und 2, so ergibt sich nach dem oben ausgesprochenen Gesetze der Druck per Quadratzoll, durch welchen eine 30 Zoll lange Röhre zerdrückt wird (Versuch 3), aus der Proportion 30 : 59,25 = 11 : 75 : x = 23,2 Pfd., eine Differenz von 1/18 gegen den beobachteten Druck von 22 Pfund. Dieselbe Uebereinstimmung zeigen auch folgende Versuche: Versuchsnummern.   Durchmesser     in Zollen. Länge in   Zollen.      Druck per Quadratzoll,bei welchem die Zerdrückung      erfolgte, in Pfunden.            1           2         4        4     19    19 170137 153,5            3         4     40   65            4         4     38   65            5         4     60   43 Nimmt man die Versuche 3 und 4 als richtig an, so ergibt sich nach dem obigen Gesetze der Festigkeitsmodul der 19 Zoll langen Röhre zu 133 Pfd., und derjenige der 60 Zoll langen zu 42 Pfd., während die directe Beobachtung 153,5 und beziehentlich 43 Pfd. ergab. Ich muß bemerken, daß es beinahe unmöglich ist, die zu den Versuchen dienenden Röhren völlig dicht herzustellen und daß dadurch nothwendig Ungleichförmigkeiten in den Resultaten veranlaßt werden müssen. Die Resultate der Versuche nähern sich aber dessenungeachtet der Wahrheit in so weit, als sie unwiderlegbar beweisen, daß die Röhren in ihrer Widerstandsfähigkeit gegen das Zusammendrücken demselben Gesetze folgen, wie die Tragbalken mit ihrem Widerstande gegen das Zerbrechen. Die Vergleichung der obigen Versuche mit den folgenden ergibt ein zweites Gesetz, bezüglich der Durchmesser: Versuchsnummern.   Durchmesser     in Zollen. Länge in    Zollen.     Druck per Quadratzoll,bei welchem die Zerdrückung      erfolgte, in Pfunden.            1           2        6       6     30    29 4847    47,5            3        8     30 39 Bei der Vergleichung dieser Tabelle mit der ersten findet man, daß die Festigkeit im umgekehrten Verhältniß zum Durchmesser steht. Aus Versuch 3 in der ersten Tabelle ergibt sich 6 : 12 = 22 : 44, der Druck bei einer 6zölligen Röhre also zu 44 Pfd. Die Versuche 1 und 2 der dritten Versuchsreihe geben 47,5 Pfd. an. Ebenso ist 8 : 12 = 22 : 33; Versuch 3 gibt 39 Pfd. Hiernach kann man, wenn man die Versuche mit der 6zölligen Röhre als maaßgebend annimmt, folgende Tabelle zusammenstellen: Durchmesser     in Zollen Länge in    Zollen      Zerdrückungsmodul per Quadratzoll                      in Pfunden nach dem Versuch.  nach der Berechnung.        6     30              50           50,0        8     30              39           37,5      10     30              33           30,0      12     30              22           25,0 Weniger klar ist das sich auf die Wandstärke beziehende Gesetz, und dasselbe hat auch bis jetzt nicht mit Sicherheit ermittelt werden können. Der Verfasser konnte nur so viel feststellen, daß die Festigkeit nach einer gewissen Potenz der Wandstärke wächst, welche etwas größer als die zweite ist, vielleicht 2,163.

Tafeln

Tafel Tab. IV
Tab. IV