Titel: | Terreil's Untersuchung von krystallisirtem und entglastem Glase. |
Fundstelle: | Band 148, Jahrgang 1858, Nr. XVI., S. 59 |
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XVI.
Terreil's Untersuchung von
krystallisirtem und entglastem Glase.
Aus den Comptes rendus, Novbr. 1857, S. 693, durch die
Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1858 S.
33.
Terreil's Untersuchung von krystallisirtem und entglastem
Glase.
In Anschluß an die Untersuchungen von Pelouze im
polytechn. Journal Bd. CXXXVII S. 182 geben
wir hier die von Terreil veranstalteten Analysen von
krystallisirtem Glase.
In der Glasfabrik von Baron und Comp., zu
Clichy-la-Garenne, wurde Flaschenglas in Folge einer Reparatur des
Ofens in Häfen langsam abgekühlt, wodurch dasselbe in sämmtlichen 8 Häfen entglaste.
Es hatte mit natürlichem Gebirgsgestein die größte Aehnlichkeit, und besaß so große
Härte, daß man viele Mühe hatte, die Masse mit einem schweren Hammer zu
zertrümmern.
An einzelnen Stellen, ganz besonders im Mittelpunkte, waren die Krystalle so dicht
bei einander gelagert, daß die Masse dem Marmor glich, an anderen Stellen hatten
sich bei der in Folge der Abkühlung stattgehabten Schwindung Drusenräume gebildet,
in denen sich Krystalle in den verschiedensten Richtungen durchkreuzten. Einige
dieser Krystalle waren isolirt und vollkommen ausgebildet, ihre Form schien die
einer geraden Säule mit
rechtwinkeliger Basis zu seyn. Die in den Drusenräumen befindlichen Krystalle waren
nicht undurchsichtig, im Gegentheil sehr durchsichtig, und es ist unzweifelhaft die
Undurchsichtigkeit des entglasten Glases von einer verworrenen Krystallisation der
kleinen säulenförmigen Krystalle herrührend, die sich in einander geschoben haben,
wie dieß beim raschen Anschießen stets der Fall zu seyn pflegt. Das specifische
Gewicht des krystallisirten Glases ist 2,824, des durchsichtigen 2,724.
Es wurden zu gleicher Zeit das krystallisirte und auch das klare durchsichtige
Flaschenglas analysirt, welches aus denselben Rohmaterialien und aus gleichen Mengen
der letzteren erhalten worden war. Es folgen hier die Resultate:
Krystallisirtes Glas.
Durchsichtiges Glas.
Kieselerde
55,85
56,84
Kalkerde
24,14
21,15
Magnesia
7,63
6,37
Thonerde
2,22
3,64
Eisenoxyd
1,06
2,59
Natron
8,47
8,69
Kali
0,63
0,40
Manganoxyd
Spur
Spur
––––––
––––––
100,00
100,00
Der Sauerstoff der Kieselerde verhält sich in beiden Glassorten zu dem der Basen = 9
: 4. Will man die geringe Menge Thonerde und Eisenoxyd in dem krystallisirten Glase
als Verunreinigung des letzteren und als Ersatz einer entsprechenden Menge Natron
betrachten, so ergibt sich genau dasselbe Verhältniß von 9 : 4, welches Fremy für die krystallisirten alkalischen Silicate
ermittelt hat (4Ṁ + 3 i³). Die Formel für das krystallisirte Glas würde 2 a, Ṅa, Ṁg, 3 i seyn. Berechnet man nach derselben die Zusammensetzung, so erhält
man 55,97 Kieselerde, 23,04 Kalk, 8,23 Magnesia, 12,76 Natron. Der bedeutende
Magnesiagehalt kommt davon her, daß der zur Flaschenglasfabrication angewendete
Kalkstein (dolomitischer Kalkstein) 25,59% kohlensaure Magnesia enthält; vielleicht
hat derselbe Einfluß auf die leichte Krystallisirbarkeit der Glasmasse ausgeübt. Man
kann nämlich die Glaskrystalle mit denen des Pyroxens vergleichen, wenn man eine
Substitution des Natrons für einen gewissen Antheil Magnesia annimmt.
Es ist ferner eine Analyse eines Stückes Glas aus derselben Fabrik unternommen
worden, welches zum Theil krystallisirt, zum Theil durchsichtig war. Dasselbe war
mit denselben Materialien, aber nach anderen Verhältnissen geschmolzen worden.
Entglaste Masse.
Durchsichtiges Glas.
Kieselerde
63,67
62,40
Kalkerde
18,65
18,14
Magnesia
6,12
4,47
Thonerde
4,98
7,21
Eisenoxyd
0,71
2,66
Alkalien
5,87
5,12
Manganoxyd
Spur
Spur
–––––––
–––––––
100,00
100,00
Auch hier war das Sauerstoffverhältniß = 9 : 4, eigentlich etwas größer als 9 : 4;
das specifische Gewicht des durchsichtigen Glases betrug 2,610, des undurchsichtigen
2,857. Dieser nicht unbeträchtliche Unterschied erklärt sich aus dem Vorhandenseyn
von Drusen in der entglasten Masse. Die Analysen bestätigen die Beobachtungen von
Leblanc, nach welchem Thonerde und Eisenoxyd sich in
dem durchsichtigen Glase zu sammeln scheinen, während das krystallisirte nur
schwache Mengen davon enthält.
Schließlich bemerken wir noch, daß die Entglasung erfolgte, ohne daß ein Bestandtheil
des durchsichtigen Glases aus dem Hafen entwichen wäre. Die leichte
Krystallisirbarkeit kann dem Umstande zugeschrieben werden, daß die Mengen der
Rohmaterialien in einem solchen Verhältnisse zu einander standen, welches einem
genau ausgesprochenen polybasischen Silicate entspricht, das beim Erkalten
krystallisiren kann.