Titel: Das Ammoniak im Leuchtgase.
Autor: N. H. Sch.
Fundstelle: Band 148, Jahrgang 1858, Nr. XVII., S. 61
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XVII. Das Ammoniak im Leuchtgase. Ueber das Ammoniak im Leuchtgase. Der gesteigerte Werth der Ammoniaksalze, namentlich des schwefelsauren Ammoniaks, für landwirthschaftliche Zwecke nimmt neuerdings das Interesse der Gas-Ingenieure in Anspruch. In vielen, selbst bedeutenden Gas-Anstalten ist das im Gase enthaltene Ammoniak bisher entweder überhaupt nur theilweise, oder doch wenigstens in einer wenig werthvollen Form gewonnen worden, in den Abrechnungen nimmt es meist nur eine sehr untergeordnete Stelle ein. Gegenwärtig ist man darauf bedacht, nicht nur das Ammoniak möglichst vollständig aus dem Gase auszuziehen, sondern es auch in derjenigen Form darzustellen, in welcher es für den Handel den meisten Werth hat. In den meisten Gasanstalten wird das Ammoniak mittelst Wasser aus dem Gase ausgezogen. Schon in der Vorlage, wie in dem Condensator sondert sich ein Theil des Ammoniaks zugleich mit dem Theer ab, im Waschapparat und im scrubber wird jedoch die eigentliche Masse desselben vom Gase getrennt. Der Waschapparat wird seit einiger Zeit in weit geringerem Umfange angewandt wie früher; der scrubber dagegen findet immer mehr Anerkennung, und seine Anwendung wird immer allgemeiner. Gewöhnlich ist der scrubber ein mit Kohks angefüllter Behälter, in welchen oben ein Wasserstrahl von solcher Stärke hineingeleitet wird, daß die Kohks fortwährend feucht bleiben. Dem Ammoniak, welches im Gase theils als anderthalb-kohlensaures Ammoniak, theils als Einfach-Schwefelammonium und Hydrothion-Schwefelammonium vorhanden ist, wird bei der feinen Zertheilung des Wassers durch die Kohks eine sehr große Berührungsfläche dargeboten, es wird daher vom Wasser aufgenommen, und fließt mit diesem vom Boden des Apparats in eine Cisterne ab. Eine andere, bessere Construction des scrubber, ohne Kohks, ist von R. Laming angegeben, und in der Specification seines neuesten Patents vom 3. Februar 1857 beschrieben.Repertory of Patent-Inventions, October 1857, S. 325. Ein kurzer Cylinder von etwa 3 Zoll Länge, und mehreren Fußen Durchmesser, auf dem einen Ende mit einer durchlöcherten Platte geschlossen, in der die Löcher etwa 1/8 Zoll im Durchmesser haben und 3/4 Zoll auseinanderstehen, wird mit dem geschlossenen Ende nach unten, in einen gewöhnlichen scrubber von so viel größerer Weite gesetzt, daß eine horizontale Flantsche von einigen Zollen, von dem oberen Rande des kurzen Cylinders abgehend, und luftdicht auf einem an der Innenseite des scrubber sitzenden Ring von Winkeleisen befestigt, den scrubber in zwei Behälter theilt, so daß das Gas nicht von einem Behälter in den andern gelangen kann, ohne durch die durchlöcherte Platte zu gehen. Ein zweiter kurzer Cylinder, auf einem Ende mit einer vollen (nicht durchlöcherten) Platte geschlossen, und von einer Weite, die zwischen der des ersten Cylinders und der des scrubber mitten inne liegt, wird so unter dem ersten Cylinder befestigt, daß, wenn er voll Wasser ist, die durchlöcherte Platte etwa einen Zoll in dieses eintaucht. In der untern, nicht durchlöcherten, Platte ist ein, zwei bis drei Zoll weites, senkrechtes Rohr befestigt, welches nach oben, frei durch die durchlöcherte Platte hindurchgehend, etwa 1/2 Zoll in den kleinen Cylinder hineinragt, während sein unteres Ende in ein mit Wasser gefülltes Gefäß eintaucht, und so hydraulisch geschlossen ist. Dieß Rohr dient zum Abfluß für das überflüssige Wasser. Zwischen den Cylindern und den Platten muß genügend Raum vorhanden seyn, daß das Gas frei durchströmen, und durch die Löcher der oberen Platte aufsteigen kann. Man kann im scrubber beliebig viele solche Plattenpaare anbringen, nur müssen die Abflußröhren dann so gestellt werden, daß sie abwechselnd senkrecht über einander stehen, so daß der hydraulische Schluß jedesmal in der nächstuntersten vollen Platte angebracht werden kann. In großen scrubbers läßt man zwischen den Plattenpaaren 18 bis 24 Zoll Zwischenraum, und versieht die vollen Platten mit Mannlöchern, so daß ein Arbeiter hineinsteigen, und im Apparat arbeiten kann. Die durchlöcherten Platten werden dann aus einzelnen Stücken von solcher Größe construirt, daß diese durch die Mannlöcher hindurchgehen, und lose eingelegt werden können. Das Wasser tritt zwischen den obersten beiden Platten ein, steigt dann durch die durchlöcherte Platte so hoch, bis es durch das Abflußrohr auf das zweite Plattenpaar fließt. Hier wiederholt sich derselbe Vorgang, und so fort bis zum Boden des Apparats hinunter. Das Gas steigt immer zwischen den beiden kurzen Cylindern abwärts, drängt das Wasser mehr oder weniger zurück, nimmt einen Theil des Raumes zwischen den Platten ein, und steigt dann durch die Löcher in der oberen Platte, und die noch darüberstehende Flüssigkeit aufwärts. Man kann das Wasser benützen so lange es wirksam ist, wenn man den Zufluß von oben darnach regulirt. Der Theer muß möglichst vorher aus dem Gase entfernt seyn, bevor dieses in den scrubber gelangt. Es ist indeß rathsam, in den Boden eines jeden Abschließungsgefäßes ein rechtwinkelig gebogenes Rohr einzuschrauben, welches durch die Wand des scrubber hindurchgeht und dort mit einer Kappe geschlossen wird. Das Oeffnen dieser Kappe, und gleichzeitiges Einlassen von Wasserdampf durch den Boden entfernt sehr rasch jede theerige Masse, die sich etwa abgesetzt hat. Man wendet den scrubber theils vor den gewöhnlichen Kalkreinigern, theils hinter denselben an. Im ersteren Falle zieht man zugleich mit dem Ammoniak Kohlensäure und Schwefelwasserstoff aus, und erspart dadurch Kalk. Der Hauptmangel, den die scrubber besitzen, ist der, daß wenn man das Ammoniak ziemlich rein auswaschen will, man ein großes Quantum Wasser verwenden muß, und auf diese Weise das Product sehr verdünnt, so daß es mitunter nicht die Kosten des Abdampfens lohnt. Palmer wandte zum Waschen des Gases Wasserdampf an, den er mit dem Gase mischte, und dann condensirte. Dieß Verfahren ist jedoch im Allgemeinen wesentlich kostspieliger, und verlangt eine sorgfältige Beaufsichtigung, indem die Condensation eine vollkommene seyn muß, wenn das Ammoniak wirklich aufgenommen werden soll. Die Anwendung von Schwefelsäure zur Vervollständigung des Waschverfahrens ist vielfach empfohlen worden und zur Anwendung gekommen. Man hat verdünnte Säure statt Wasser in den Waschapparaten gebraucht, man hat auch Sagespäne damit getränkt und diese in den gewöhnlichen Kalkreinigern verwandt. Laming räth, seinen scrubber in der Weise zu benützen, daß man oben mit Wasser wäscht, und auf der halben Höhe des Apparats verdünnte Säure einfließen läßt. Dabei soll man das Wasser nur in solcher Menge zutreten lassen, daß es die löslichen Ammoniakverbindungen soweit zurückwäscht, daß diese das obere Plattenpaar nicht erreichen. Nach einem Patent von Sugden und Marriot Polytechn. Journal Bd. CXLV S. 237. werden Sägespäne mit Schwefelsäure von 43° Baumé angefeuchtet, und das Gemisch einer Temperatur von 250° Fahrenheit (120° C.) ausgesetzt; die bei dieser Hitze gebildete Kohle absorbirt die Säure und es bildet sich eine trockene, leichte, poröse Masse, die man in gewöhnlichen Kalkreinigern verwenden kann. Das Material wird so bereitet, daß es, wenn es mit Ammoniak gesättigt ist, 50 Procent schwefelsaures Ammoniak enthält. Nächst der Schwefelsäure sind schwefelsaure Salze, und unter diesen besonders schwefelsaurer Kalk zur Anwendung gekommen. In Frankreich, Belgien und theilweise auch in England ist der Gyps als Reinigungsmaterial sehr beliebt. Das kohlensaure Ammoniak geht mit dem Gyps eine Wechselverbindung ein, und es bilden sich kohlensaurer Kalk und schwefelsaures Ammoniak. Man pflegt den Gyps in fein pulverisirtem Zustande mit einem porösen Material, am liebsten mit Kohlenlösche (breeze) so zu vermischen, daß dem Gase ein leichter Durchgang gestattet ist, und das Gemisch dann in gewöhnlichen Kalkreinigern auf Rosten auszubreiten. Wo man natürlichen Gyps haben kann, verdient dieser den Vorzug, man bereitet ihn indeß auch künstlich, entweder durch Behandlung des gewöhnlichen Gaskalkes mit atmosphärischer Luft in der Rothglühhitze, oder durch directe Behandlung von Kalkmilch mit Schwefelsäure. In Frankreich wendet man den alten Gypsmörtel an, wie er beim Abbrechen von alten Gebäuden zu haben ist. Dieser wird zuerst gemahlen, dann mit etwas Wasser und schwacher Schwefelsäure angefeuchtet, um die Kohlensäure, die etwa durch die Einwirkung der atmosphärischen Luft entstanden ist, auszutreiben, und zuletzt auch mit Kohks oder Kohlenlösche gemischt, um ihn möglichst zu zertheilen. Dieß letztere Verfahren ist in Paris zuerst von d'Arcet oder von de Cavaillon eingeführt worden. – Letzterer beansprucht die Erfindung für sich. – In England wurde es schon im Jahre 1841 in den Gaswerken zu Vauxhall, London, angewandt. Es hat eine Schattenseite, daß nämlich die Einwirkung des Gases und des Gypses auf einander keine sehr rasche ist, und daß man mehrere Reinigungsapparate hinter einander anwenden muß, wenn man einer vollständigen Wirkung gewiß seyn will. Auch andere schwefelsaure Salze sind versucht worden, mit Ausnahme des Eisenvitriols jedoch nicht eigentlich in Gebrauch gekommen. EisenvitriolMan vergl. polytechn. Journal Bd. CVIII S. 49 und 440. hat den Vortheil, daß man ihn wieder regeneriren, und auf diese Weise beliebig oft hinter einander verwenden kann. Man läßt, nachdem das Gas eine vollständige Zersetzung in schwefelsaures Ammoniak und Schwefeleisen bewirkt hat, die Masse in einer Cisterne sich ablagern. Nachdem dieß geschehen, zieht man die obere, klare Flüssigkeit ab, mischt die untere dicke Masse mit zwei- bis dreimal soviel Wasser, und läßt diese in ein großes flaches Sandfilter fließen, welches man construirt, indem man auf einer Lage Kieselsteine grobe Sackleinwand ausbreitet, darauf den Sand bringt, und diesen wieder mit ähnlicher Sackleinwand zudeckt. Die Flüssigkeit, welche vom Filter läuft, wird mit der ersten klaren Flüssigkeit zusammen zu schwefelsaurem Ammoniak abgedampft, die auf dem Filter zurückbleibende Masse ist zum großen Theil Schwefeleisen, und wird mit soviel ungelöschten Kalk gemischt, als nöthig ist, um das anhängende Wasser zu binden, und es für den Durchzug der atmosphärischen Luft geeigneter zu machen. Man muß darauf achten, daß die Masse weder klumpig, noch sehr heiß wird. Gehörig präparirt, läßt man sie an der Luft oxydiren. Eine Mischung von schwefelsaurem Kalk und Eisenoxyd bildet die bekannte Laming'sche ReinigungsmasseDieses Verfahren von Laming (mit Anwendung von Kalk statt schwefelsaurem Kalk) ist im polytechn. Journal Bd. CXVI S. 294 beschrieben., welche in vielen Gas-Anstalten, namentlich Englands, angewandt wird. Die Wirkung dieser Masse ist folgende. Es erzeugt sich in den Apparaten Schwefeleisen, kohlensaurer Kalk und schwefelsaures Ammoniak; bringt man diese Masse an die Luft so oxydirt sich das Eisen, der kohlensaure Kalk zersetzt bei der entstehenden Wärme das schwefelsaure Ammoniak, und bildet schwefelsauren Kalk und kohlensaures Ammoniak, von denen das erstere wieder mit dem Eisenoxyd zur Reinigung verwandt wird, während letzteres sich verflüchtigt. Leitet man die bei der Regeneration sich entwickelnden Gase in ein Gefäß mit verdünnter Schwefelsäure, so gewinnt man schwefelsaures Ammoniak als Nebenproduct. In den Chartered Gas-Werken in London gibt nach des Ingenieurs Hrn. Evans' Mittheilung die Regeneration von 16 Tonnen Reinigungs-Material für einen der 18füßigen Reinigungs-Apparate soviel Ammoniak, daß damit 1 Tonne Schwefelsäure gesättigt, und in reines, weißes schwefelsaures Ammoniak verwandelt wird. In der Gasanstalt zu St. Quentin in Frankreich, wo man nach Mallet's PatentPolytechn. Journal Bd. LXXXVI S. 38. zur Reinigung des Gases den Rückstand von der Chlorfabrication anwendet, der aus einem Gemenge von Manganchlorür und schwefelsaurem Natron besteht, erhält man das Ammoniak als Salmiak aufgelöst neben unlöslichem kohlensaurem Mangan und Schwefelmangan. Die trübe Flüssigkeit fließt aus dem letzten Behälter der Reinigungsapparate ab, das Präcipitat setzt sich zu Boden, während die klare Flüssigkeit gesammelt und abgedampft wird, und etwa 13 Pfund Salmiak auf 1 Tonne verwendeter Kohlen gibt. Das (oben bei Besprechung des scrubber erwähnte) neueste Reinigungsverfahren von R. Laming, welches im Sommer des verflossenen Jahres mit ungewöhnlichem Pomp in den englischen Blättern angekündigt wurde, unterscheidet sich wesentlich dadurch von den bisherigen, daß er das Ammoniak nicht nur als Nebenproduct gewinnen, sondern auch als Reinigungsmaterial benutzen will. Er bringt das Gas nämlich gleichzeitig mit Eisenoxyd und mit caustischem Ammoniak in Berührung; der Schwefelwasserstoff des Gases wird durch das Oxyd-Material gebunden, die Kohlensäure geht an das Ammoniak über und wird vom Wasser im Reinigungsapparat aufgenommen, die letzten Spuren Ammoniak werden mit dem vorstehend beschriebenen scrubber ausgewaschen. Zur Herstellung des caustischen Ammoniaks soll das in der Vorlage und im Condensator sich sammelnde Gaswasser dienen. Es wird jedoch auch folgendes Verfahren zu seiner künstlichen Darstellung vorgeschlagen: man bringt ein Gemisch von kohlensaurem Ammoniak und Schwefelnatrium zu gleichen Theilen in Retorten, die mit dem Einlaßrohr des Reinigungsapparates communiciren, und erhitzt diese allmählich bis zur Rothglühhitze, so daß die Dämpfe von Schwefelammonium, welche sich entwickeln, zugleich mit dem Gase in den Reinigungs-Apparat übergehen. In diesem letzteren befindet sich Eisenoxyd mit Sägespänen oder anderem porösen Material vermischt, auf Sieben von grober Sackleinwand ausgebreitet. Ueber die Oberfläche des Oxyd-Materials wird durch eine passende Vorrichtung soviel Wasser gesprengt, als nöthig ist, um die Schwefelwasserstoff-Ammoniak-Dämpfe auf das Material niederzuschlagen. Dieses absorbirt den Schwefelwasserstoff sowohl aus den Dämpfen, als aus dem Gase, und macht Ammoniak frei, welches sich mit der Kohlensäure des Gases verbindet, und, wie schon vorhin erwähnt, als kohlensaures Ammoniak in der Lösung zurückgehalten wird. Man kann auch die Schwefelwasserstoff-Ammoniak-Dämpfe in Wasser condensiren, und die wässerige Lösung, wenn sie concentrirt ist, über das Oxyd-Material schütten. Wenn man das Gaswasser aus der Vorlage und dem Condensator verwenden will, so muß man die darin enthaltene Kohlensäure vorher durch gebrannten Kalk niederschlagen. Das Oxydmaterial wird, nachdem es mit Schwefel gesättigt ist, wieder regenerirt, und zwar in dem Apparat selbst, in welchem es gebraucht ist, indem man einen starken Luftstrom durchstreichen läßt. Man hat dieß bisher nicht gethan, weil sich dabei leicht eine bedeutende Hitze entwickelt. Man vermeidet diese jedoch, indem man den Apparat erst voll Wasser laufen, und die Luft durchstreichen läßt, wenn das Material noch ganz feucht ist. Die luftförmigen Producte werden bei der Regeneration zunächst in verdünnte Schwefelsäure geblasen, um das Ammoniak zu binden, dann werden sie in den Rauchcanal oder in die freie Luft abgeführt. Aus dem Vorstehenden ersieht man, daß die Abscheidung des Ammoniaks fast ausschließlich entweder durch Wasser oder durch Schwefelsäure (schwefelsaures Salz) bewerkstelligt wird. Als Nachtheil des ersten Verfahrens ist schon bemerkt worden, daß man zur Erreichung einer vollständigen Abscheidung ein großes Quantum Wasser anwenden muß, wodurch man die Lösung sehr verdünnt und werthlos macht. Man ist überdieß der Ansicht, daß durch vieles Waschen die Leuchtkraft des Gases vermindert wird, indem sich die reicheren Kohlenwasserstoffgase zugleich mit abscheiden. Aus diesen Gründen verdient die Schwefelsäure, namentlich in ihrer Verbindung mit Kalk – entweder für sich allein, oder mit Eisenoxyd zusammen im Laming'schen Material – vor dem Wasser den Vorzug. Es ist schon erwähnt worden, daß man Gyps, wenn er für sich allein angewendet wird, mit irgend einem porösen Material, namentlich mit Kohlenlösche, zu vermischen pflegt. Nun kann man rechnen, daß 1 Centner Gyps 40,000 bis 50,000 Kubikfuß Gas reinigt, und circa 0,6 Centner schwefelsaures Ammoniak erzeugt; und daß das gesammte Material, wenn es in richtigem Verhältniß aus Lösche und Gyps gemischt war, 20 Proc. schwefelsaures Ammoniak enthält. Dieser Gehalt genügt, um es als Dünger für Gras und Kornländereien werthvoll zu machen, und viele Fabrikanten künstlicher Düngstoffe verwenden es so in großen Quantitäten. Es würde freilich noch weit ausgedehntere Anwendung finden, wenn man es mit phosphorsaurem Kalk vermischen könnte, der einen Hauptbestandtheil der meisten künstlichen Düngstoffe bildet. Auf der andern Seite hat es wieder das für sich, daß es sich sehr billig herstellen läßt, weil man es in demselben Zustand verwenden kann, in welchem es aus den Reinigungsapparaten kommt. Außer der verhältnißmäßig langsamen Wirkung des Gypses, kann man diesem Material nur den einen Vorwurf noch machen, daß es eine größere Menge Kalkhydrat zur nachträglichen Entfernung der Kohlensäure erforderlich macht, als man bei der Methode des Waschens mit Wasser braucht. Es wird nämlich durch den Gyps nur diejenige Kohlensäure entfernt, mit der das Ammoniak zu einfach-kohlensaurem Salz verbunden war, die freie Kohlensäure dagegen wird nicht zurückgehalten, wie es bei der Anwendung des Wassers geschieht. Bis man jedoch im Besitz eines vollkommeneren Waschverfahrens seyn wird, welches das Ammoniak in einer werthvolleren Form darstellt, als bisher, so lange verdient die Anwendung des Gypses volle Beachtung. Um das Ammoniakwasser wie man es beim Waschverfahren gewinnt, in schwefelsaures Ammoniak zu verwandeln, hat man verschiedene Methoden, von denen hier schließlich zwei beschrieben werden mögen. 1) Man bringt das Gaswasser in ein hölzernes Gefäß von beliebiger Form, welches unten am Boden mit einem Hahn oder Pflock zum Ablassen versehen ist, und in dessen Deckel sich ein Abzugsrohr für die sich entwickelnden Gase, Kohlensäure und Schwefelwasserstoff, befindet. Zu dem Wasser gießt man so viel concentrirte Schwefelsäure, als erforderlich ist, das Ammoniak zu sättigen. Ist dieß geschehen, so läßt man die gemischte Flüssigkeit aus dem Bottich in eine darunter stehende Abdampfpfanne fließen, und siedet sie ein, bis sich eine dicke Haut bildet und man sie entweder zum Krystallisiren herauslaufen läßt, oder mit einer Hitze von nicht mehr als 80° R. (100° C.) weiter trocken kocht. Die Abdampfpfanne besteht am besten aus Blei, und wird in eine eiserne Pfanne von gleicher Form eingesetzt. Wo ein Eisengehalt nicht schadet, kann man sie auch ganz aus Eisen machen. Die aus dem Mischungsbottich sich entwickelnden Gase läßt man durch Eisenoxyd streichen, um den Schwefel zu binden, und sie für die Nachbarschaft unschädlich zu machen. Das Salz, welches man erhält, ist das sogenannte rohe, unreine schwefelsaure Ammoniak. 2) Will man das reinere Salz herstellen, wie es in der neueren Zeit gewöhnlich vorgezogen wird, so läßt man das Ammoniakwasser in einen gewöhnlichen Dampfkessel laufen, der etwa 1/3 mehr faßt, als seine gewöhnliche Füllung beträgt. Hier bringt man es zum Verdampfen, und leitet die wässerigen und ammoniakalischen Dämpfe durch ein mit concentrirter Schwefelsäure gefülltes Gefäß. Das Ammoniak wird gebunden, und bildet schwefelsaures Ammoniak; die Wärme, welche durch diese Verbindung erzeugt wird, reicht hin, um die Condensation der Wasserdämpfe zu verhindern, diese gehen daher mit der Kohlensäure und dem Schwefelwasserstoff durch, und werden in einem Zug-Canal geleitet, wo sie sich bei der Berührung mit der atmosphärischen Luft niederschlagen. So wie die Säure gesättigt wird, bilden sich weiße, körnige Krystalle von schwefelsaurem Ammoniak und fallen nieder. Der Proceß wird fortgesetzt, bis freies Ammoniak durch die Flüssigkeit geht, und anzeigt, daß letztere vollständig gesättigt ist. Man hat dann ein zweites Gefäß mit Schwefelsäure bereit, in welches man den Dampfstrom leitet. Dem Boden dieser Gefäße muß man eine etwas concave Form geben, damit das Salz sich sammeln, und mittelst einer Kelle herausgenommen werden kann. Die Leitungsröhren für die Ammoniakdämpfe müssen von Blei seyn, und beinahe bis auf den Boden der Gefäße hinunterreichen. Das aus den Gefäßen herausgenommene Salz wird einige Stunden lang auf Weidenfiltern getrocknet, bevor man es verpackt. Die Flüssigkeit im Dampfkessel gibt ihren Ammoniakgehalt bald ab, und braucht selten weiter, als bis zu 1/3 ihrer Masse abgedampft zu werden. Sobald sie geruchlos wird, läßt man sie ab und bringt eine neue Füllung ein. N. H. Sch.