Titel: Die Uebelstände der Gaserleuchtung und deren Beseitigung; von N. H. Schilling, Inspector der öffentlichen Erleuchtung in Hamburg.
Autor: N. H. Schilling
Fundstelle: Band 148, Jahrgang 1858, Nr. XCIX., S. 417
Download: XML
XCIX. Die Uebelstände der Gaserleuchtung und deren Beseitigung; von N. H. Schilling, Inspector der öffentlichen Erleuchtung in Hamburg. Mit Abbildungen auf Tab. VII. Schilling, über die Uebelstände der Gaserleuchtung und deren Beseitigung. Jeder, der auf den Betrieb einer Gasanstalt Acht gegeben hat, wird bemerkt haben, daß von Zeit zu Zeit aus den, in den Dächern der Retortenhäuser angebrachten Oeffnungen ein gelblich weißer, dichter Qualm aufsteigt. Dieser Qualm ist eine Mischung von Rauch und Wasserdampf, und entwickelt sich jedesmal bei der Beschickung der Retorten und der damit verbundenen Löschung der ausgezogenen Kohks. Nachdem die frischen Kohlen in die Retorten gebracht worden sind, stehen die letzteren zum mindesten noch einige Secunden offen, ehe der luftdicht schließende Deckel vorgesetzt wird, und während dieser Zeit kommt ein Theil der Kohlen bei dem freien Zutritt der atmosphärischen Luft zum Verbrennen, so daß nicht selten eine Fuß lange Flamme aus den Retorten herausschlägt und sich eine bedeutende Menge Rauch entwickelt. Mit diesem Rauch vermischt sich der Wasserdampf, der sich bildet, indem man die ausgezogenen glühenden Kohks mit Wasser begießt und löscht. Beide zusammen, Rauch und Wasserdampf, erfüllen das Retortenhaus mit dicken, dichten Wolken, und ziehen dann aus den Oeffnungen des Daches ins Freie hinaus. Je schwefelhaltiger die Kohle ist, aus der das Gas bereitet wird, desto nachtheiliger sind die Wirkungen des Dampfes. Man hat an einigen Orten die höchst praktische Einrichtung getroffen, denselben durch einen Canal im obern Theil des Retortenhauses in den Schornstein und durch diesen in größerer Höhe über der Erde in die Luft zu führen. Eine solche Einrichtung findet sich z.B. in der Gasfabrik der Western Gas-Compagnie zu London, von der in Figur 7 und 8 zwei Skizzen gegeben sind. Das Retortenhaus ist ein Zwölfeck von beiläufig 150 Fuß Durchmesser, mit einem ebenfalls zwölfeckigen Bau von etwa 50 Fuß Durchmesser in seiner Mitte, in welchem früher die Reinigungsapparate angebracht waren. Ursprünglich wollte man die Retortenöfen mit der Hinterwand gegen die äußere Mauer stellen; als jedoch zwei Dritttheile derselben im Gebrauch waren, wurde die Temperatur im Gebäude so unerträglich, daß man das ganze System verändern mußte. Die Reinigungsapparate wurden aus dem Mittelgebäude entfernt, und machten einem großen Schornstein Platz, der zugleich zur Abführung des Rauchs und der verdorbenen Luft dient. Die Retortenöfen wurden radial in sechs Reihen zwischen dem Schornstein und der Außenmauer aufgestellt. Der Schornstein besteht aus dem inneren, eigentlichen Schornstein, 6 1/2 Fuß im Lichten weit und 81 Fuß hoch, und dem äußern Mantel, 12 Fuß weit und 106 Fuß hoch und mit einer leichten Kappe aus Gußeisen, mit Mauerwerk ausgefüllt. Dadurch, daß der innere Schornstein bedeutend niedriger als der äußere Mantel ist, wird jeder Wärmegrad, um welchen der Rauch die Ventilationsluft übertrifft, benutzt, um den Zug der Ventilation zu vermehren. Auch in der Hamburger Gasanstalt ist der eigentliche Schornstein – von 13 1/2 und 12 Fuß innerem Durchmesser – mit einem thürmförmigen Mantel von 35 Fuß äußerem Durchmesser umgeben; doch sind beide auf eine gleiche Höhe, und zwar von nicht weniger als 256 Fuß über der Erde, geführt. Die Rauchzüge von den Retortenhäusern sind unter der Erde in gemauerten Canälen zum Schornstein geführt; auf den Dachgewölben der Keller liegen die gemauerten Lüftungscanäle, welche dazu bestimmt sind, die aus den glühenden Kohks sich entwickelnden Dämpfe und Gase in den Lüftungsschacht zu leiten, und auch vom Keller des Reinigungshauses, der zum Kalklöschen dient, sowie von den Sielen und Water-Closets ziehen die Gase durch den unterirdischen Lüftungsschacht ab. Wo sich ein Abzug in den Schornstein nicht anbringen läßt, muß man wenigstens das Beschicken der Retorten so einzurichten suchen, daß sich möglichst wenig Rauch dabei entwickelt. Daß man zum Löschen der Kohks reines Wasser anwenden muß, und nicht etwa Gaswasser, welches zu schwach ist, um verwerthet zu werden, bedarf wohl kaum der Erwähnung. Doch sind Fälle zur polizeilichen Verhandlung gekommen, in denen derartige Mißbräuche constatirt wurden. In manchen Gasanstalten benutzt man den schmutzigen Kalk aus den Reinigungsapparaten als Dichtungsmaterial für die Retortendeckel. Der in dem Material enthaltene Schwefel mit den übrigen fremden Bestandtheilen gibt in der Hitze Gase ab, die für die Arbeiter schädlich sind. Dieses Verfahren sollte daher, wo es noch in Gebrauch ist, abgestellt werden. In denjenigen Anstalten, wo durch Anwendung eines Exhaustors (Extractors, Gaspumpe) der Druck in den Retorten auf ein Minimum reducirt wird, bedient man sich eines Gemisches von pulverisirten Kohks und Thon als Kitt-Materials. Auf allen Gasanstalten, die nicht gänzlich isolirt gelegen sind, dürfen die Cisternen und Gruben, in denen der Theer und das Ammoniakwasser, sowie die Rückstände aus den Kalkreinigern aufbewahrt werden, nicht offen seyn. Bei den Kalkgruben thut man gut, wenn man die heiße Luft von den Oefen durch den oberen Theil der Gruben leitet, daß alle sich entwickelnden schädlichen Gase von ihr mit fortgenommen und durch den Schornstein abgeführt werden. An einigen Orten schafft man den schmutzigen Kalk auch in dicht verschlossenen Behältern an abgelegene Orte, wo seine freie Lagerung nicht hinderlich ist. Wo das Ammoniakwasser so verdünnt gewonnen wird, daß man es nicht mit Vortheil verwerthen kann, ist man oft in nicht geringer Verlegenheit, es los zu werden, und es ist nicht selten vorgekommen, daß man es in die öffentlichen Siele, Canäle oder sonstigen Wasserstraßen geleitet hat. Die Phönix Gas-Compagnie in London wurde im vorigen Jahre zu 100 Pfd. Strlg. Strafe verurtheilt, weil sie das Wasser der Themse so verdorben hatte, daß dieses nach dem Bericht des Professors Th. Taylor vom Middlesex-Hospital, in gewisser Quantität genossen, Erbrechen und Krankheit erzeugte. In neuerer Zeit hat übrigens der gesteigerte Werth der Ammoniakverbindungen für die Landwirthschaft das Interesse der Gas-Ingenieure mehr als bisher auf die Gewinnung des Ammoniakwassers in concentrirter Form gelenkt. Die Regeneration des Eisenoxyds – des Laming'schen Reinigungsmaterials – wird belästigend durch die Entwicklung von Ammoniak, die dabei stattfindet, und die durch die Wärme, mit welcher der Proceß vor sich geht, noch begünstigt wird. Hat man sein Reinigungsverfahren so eingerichtet, daß schon vor der Behandlung mit dem Oxyd der größte Theil des Ammoniaks aus dem Gase entfernt wird, so ist natürlich die Entwicklung bei der Regeneration weit geringer. Man thut am besten sein Regenerationslocal mit einem durchlöcherten Boden zu versehen und die Einrichtung so zu treffen, daß die atmosphärische Luft, welche von außen über dem Material eintritt, von oben her durch dasselbe hindurchzieht und durch den durchlöcherten Boden und einen unterhalb demselben angebrachten Canal zunächst in einen, mit verdünnter Schwefelsäure gefüllten, Behälter, und nachdem dort das Ammoniak gebunden, durch einen weiteren Canal in den Schornstein gelangt. Wo man auf die Gewinnung des Ammoniaks keinen Werth legt, ist es gut, die Regeneration recht oft vorzunehmen. Die Feuergefährlichkeit, welche mit der Gasfabrication verbunden ist, macht eine besondere Vorsicht in der Herstellung der Fabricationsgebäude nothwendig, und in größeren Anstalten sind gewöhnlich die Retortenhäuser, häufig auch die Kohlenschuppen, durchaus aus feuerfestem Material hergestellt. Wo man die Dächer der Retortenhäuser aus Holz construirt hat, sind dieselben wenigstens in genügender Höhe über den Oefen angebracht, um nicht von den beim Oeffnen derselben herausschlagenden Flammen erreicht zu werden. In Magdeburg, wo das Sparrenwerk aus Holz besteht, während die Dachbänder aus Eisen construirt sind, ist ersteres mit einer Auflösung von Wasserglas und Thon zweimal angestrichen. In den Reinigungshäusern, wo die Apparate öfters geöffnet werden müssen, vermeidet man alle Flammen und offenes Feuer. Man erleuchtet sie gewöhnlich durch außerhalb angebrachte Flammen, die ihr Licht durch Fenster ins Innere werfen; zu ihrer Heizung wendet man Röhrenheizung an, zumal Dampfheizung, wenn man ohnehin Dampf auf der Anstalt haben muß. In Betreff der Feuersgefahr möge hier noch auf einen Punkt aufmerksam gemacht werden, nämlich auf die Sicherung der Gasometer gegen Gewitterschaden durch Blitzableiter. Obgleich es auf der Hand liegt, daß ein Gasometer bietet, eine besondere Anziehungskraft auf den Blitz ausüben muß, so findet man doch in wenigen Anstalten Sicherheitsmaßregeln getroffen. In England ist im Verlauf der letzteren Jahre zweimal der Fall vorgekommen, daß ein Gasometer durch den Blitz zerstört wurde, und zwar zuerst in der Anstalt der Independent Gas-Company zu Haggerstone, und dann im August vorigen Jahres auf den Chartered Gas-Works, Bricklane, London. Am 14. August war in den ersten Abendstunden ein schweres Gewitter über London hingezogen, und hatte auf der besagten Anstalt das Kopfstück einer Gasometersäule getroffen und dieses gespalten, ohne daß der Schaden sogleich von den Angestellten der Anstalt bemerkt worden war. Plötzlich, um 10 1/2 Uhr, nachdem die Gasometerglocke um ein Beträchtliches hinunter gegangen war, stürzte die Säule um, riß die beiden Eisenstangen, welche sie, mit den nächsten Säulen verbanden, mit sich, schlug theilweise auf die Glocke, und machte drei große Löcher in dieselbe, aus welchen alsdann das Gas in ungeheurer Menge ausströmte. Eine auf dem Hofe brennende Gasflamme veranlaßt, daß dieses Gas sich entzündete, und für eine Zeitdauer von etwa fünf Minuten war die ganze Hauptstadt brillant erleuchtet durch die Riesenstamme, welche frei gegen Himmel schlug. Bevor indeß die herbeieilenden Spritzen in Thätigkeit kamen, wurde durch die Geistesgegenwart des Ingenieurs der Anstalt das Feuer gelöscht, indem er Thon und Kalk, welche zum Dichten der Retortendeckel vorräthig in der Nähe lagen, und nasse Säcke auf die Oeffnungen brachte. Im Augenblick der Zerstörung waren etwa 100000 Kubikfuß Gas im Gasometer. Die einfachste Art, Blitzableiter auf Gasometern herzustellen, ist wohl folgende. Man befestige auf einer oder mehreren Säulen, je nach der Größe des Gasometers, schmiedeiserne Röhren, im Durchmesser nach Oben zu abnehmend, und mit einem 18 Zoll langen, scharf zugespitzten Kupferstab im engsten Rohr. Alle solche Spitzen stehen durch die Verbindungsstangen der Säulen in natürlicher Verbindung mit einander. Das untere Ende einer Säule bringe man durch einen starten Eisendraht mit dem zunächst in der Erde liegenden Hauptrohr in Verbindung. Im Allgemeinen ist eine isolirte Lage für eine Gasanstalt höchst wünschenswerth, denn selbst bei der größten Vorsicht im Betrieb läßt sich das Entweichen belästigender und schädlicher Gase nicht gänzlich vermeiden. Wo Gaswerke indeß einmal in bebauter und bewohnter Umgebung liegen und bleiben müssen, ist es Pflicht der betreffenden Aufsichts-Behörden, darüber zu wachen, daß die Uebelstände auch wirklich auf dasjenige Maaß zurückgeführt werden, über welches hinaus die Wissenschaft keine Macht mehr besitzt. Außer den Uebelständen, welche mit der Fabrication des Gases verbunden sind, gibt es übrigens noch andere, die mit der Fortleitung und dem Gebrauch desselben zusammenhängen. Schon das fortwährende Aufgraben in den Straßen, welches durch das Legen und Instandhalten der Gasleitungsröhren verursacht wird, ist als ein Uebelstand anzusehen. Besonders die quer über die Straßen laufenden Aufgrabungen beim Legen von Zuleitungsröhren sind für die Passage im höchsten Grade störend. An den meisten Orten pflegt man die Zuleitungsröhren, sobald sie von den Consumenten nicht mehr benutzt werden, von den Hauptröhren zu trennen, um so die Möglichkeit eines Gaszuflusses abzuschneiden, wodurch noch ein beständiges Wiederaufbrechen der Straßen verursacht wird. Man ist darauf bedacht gewesen, wenigstens diesen letzten Uebelstand zu beseitigen, und hat zu diesem Zweck die Zuleitungsröhren mit Hähnen versehen, die mittelst Schlüssel vom Straßenpflaster aus zu bewegen sind. Abgesehen jedoch davon, daß Vorrichtungen, die vom Pflaster aus erreichbar, auch für Jeden zugänglich sind, und Weber die Gasgesellschaften gegen den Mißbrauch ihres Gases, noch das Publicum gegen die Gefahr sichern, daß nicht einmal Gas in ein unbewohntes Local einströmt und zu einem Unglück Veranlassung gibt; abgesehen davon lehrt auch die Erfahrung, daß die Hähne sich im feuchten Erdreich leicht durch Oxydation festsetzen, und daß man, um sie in Stand zu halten, gleichfalls Aufgrabungen machen muß. Die gewöhnliche Art des Abschneidens besteht darin, daß man zunächst dem Hauptrohr ein kurzes Rohrende mit langem Gewinde und übergeschrobenem Muff herausnimmt, das Loch im Hauptrohr mit einem Pflock, und das offene Ende des Zuleitungsrohrs mit einer Kappe schließt. Ich würde vorziehen, das kurze Verbindungsrohr anstatt am Hauptrohr auf dem Trottoir anzubringen, wo es weniger tief zu liegen kommt, und wo deßhalb eine Aufgrabung weniger umfangreich zu seyn braucht. Freilich würde hier die Art des Trottoirbelegs in Betracht zu ziehen seyn. Anderer Art sind die Uebelstände, welche durch die in den Röhrenleitungen vorkommenden Undichtigkeiten verursacht werden. Wenn man im Allgemeinen von leakage spricht, so pflegt man darunter die Differenz zwischen dem producirten Quantum und zwischen dem in Rechnung gebrachten Quantum, also alles unbezahlte Gas zu verstehen. Hierin ist aber außer dem eigentlichen Verlust durch Undichtigkeiten noch manches Andere enthalten. Einmal wird die Masse des Gases durch Condensation verringert. Nach den Untersuchungen von Regnault dehnt sich das Gas um beiläufig 1/490 für jeden Grab Fahrenheit aus, so daß ein Steigen oder Fallen der Temperatur von 5 Grad Fahrenh. das Volumen um beiläufig 1 Procent vergrößert oder verkleinert. Wenn Reinigungsverfahren angewandt werden, bei denen sich das Gas erhitzt, oder wenn die Condensationsvorrichtungen mangelhaft sind, und das Gas bedeutend wärmer durch die Stationsuhr geht, als die mittlere Bodentemperatur ist, so kann der Betrag der Condensation bedeutend werden. Ein anderer Theil des nicht in Rechnung gebrachten Gases wird in den Geschäftslocalitäten der Gasanstalt etc. verbrannt. Ein fernerer Theil geht während des Anzündens und Verlöschens der Laternen verloren, weil dieß resp. vor und nach der in den Leuchten-Kalendern bestimmten, und für die Berechnung zur Grundlage dienenden Zeit geschehen muß. Dieser Verlust beträgt oftmals allein 1 bis 2 Proc. der Total-Consumtion. Schließlich kommt noch das Nichtregistriren der Gasuhren, das beim Legen von Zuleitungsröhren etc. entweichende Gas, die Unregelmäßigkeit im Brennen der Straßenflammen, die unmöglich stets genau in ihrer vorgeschriebenen Größe erhalten werden können, und noch manches Andere in Betracht, was sich aus bestimmten contractlichen Verhältnissen oder localen Umständen ergibt. Erst nach Berücksichtigung und Abzug aller dieser Punkte kommt man auf den Verlust, der direct durch Undichtigkeiten veranlaßt wird, auf die eigentliche leakage. Der Totalbetrag des unbezahlten Gases ist natürlich bei verschiedenen Anstalten verschieden. In dem Bericht einer Commission, welche im Jahre 1854 vom Kaiser der Franzosen ernannt wurde, um den Minimalpreis zu ermitteln, zu welchem sich Gas in Paris herstellen ließe, und welche aus vier Mitgliedern der Akademie der Wissenschaften (Regnault, Chevreul, Morin und Peligot) bestand, heißt es unter Anderem: „Der Preis eines Kubikmeters Gas an die Brenner geliefert, würde mithin nicht 2 Centimes übersteigen, wenn man annimmt, daß 25 Procent in den Leitungsrohren verloren gehen, wie es von den Compagnien behauptet wird. Einige Erkundigungen, die wir in anderen Gaswerken des Landes gemacht haben, ergaben freilich, daß man den Verlust in den Röhren zu nur 7 Proc. annehmen kann.“ Soweit mir die Erfahrungen englischer Gas-Ingenieure bekannt sind, kommt es nur selten vor, daß eine Gasgesellschaft ihre leakage auf 10 Procent oder noch weniger herunter bringt; im Durchschnitt nimmt man bei einem guten Betrieb und nicht zu weitläufigem Röhrennetz 11 bis 12 Procent an. Das aus den Undichtigkeiten der Röhrenleitungen entweichende Gas ist seiner Quantität nach nicht wohl genau zu bestimmen, doch ist es bedeutend genug, um jedem Gasunternehmer die größte Vorsicht bei der Herstellung der Röhren-Anlagen, und die umsichtigste Sorgfalt bei der Instandhaltung derselben zur Pflicht zu machen. Der erste Punkt, auf welchen bei der Herstellung einer Röhren-Anlage zu achten, ist die Qualität der Röhren. Es heißt zwar, daß jeder Fabrikant seine Röhren, ehe er sie abliefert, probirt, doch scheint es mit dieser Probe nicht überall sehr genau genommen zu werden, denn es kommen viele Röhren in den Handel, die unmöglich eine Probe bestanden haben können. Daher ist es gut, alle Röhren, ehe man sie legt, nochmals einem Druck von 2 bis 3 Atmosphären zu unterwerfen. Die Apparate zum Probiren der Röhren sind mannichfach, es möge hier die kurze Beschreibung eines solchen eingeschaltet werden, wie er in den Figuren 1 bis 6 auf Tab. VII dargestellt ist. Zwei starke gußeiserne Platten C und C' sind durch drei schmiedeiserne Stangen E mit einander verbunden. Auf diesen Stangen verschiebbar sind zwei fernere Platten D und D'; die erstere liegt beim Probiren der neunfüßigen Röhren fest gegen C, beim Probiren der sechsfüßigen dagegen wird zwischen beiden ein Rohrende eingesetzt, welches an beiden Enden wasserdicht schließt. D' ist von C' aus durch eine Schraube H verschiebbar, welche mittelst des Rades G und des Triebes J durch die Kurbel K ihre Bewegung erhält. Ist das eine Ende des zu probirenden Rohres gegen das Centrum der Platten D angebracht, und wird die Platte D' gegen das andere Ende desselben fest angeschroben, so ist das Rohr eingespannt. Die beiden Platten D und C haben in ihrer Mitte eine Oeffnung c, welche einerseits an das eingespannte Rohr, andererseits an den Kasten B anschließt. Wie Fig. 2 zeigt, steht die Oeffnung c einmal durch b und a mit dem Rohr A in Verbindung, welches das Wasser zuführt, andererseits durch d und das Ventil e mit dem inneren Kasten, in welchem der Kolben g der Pumpe auf und ab geht. Beim Vornehmen einer Probe wird, nachdem das Rohr eingespannt ist, zunächst der Hahn O des Wasserrohrs geöffnet und das Wasser durch A, a, b und c eingelassen. Darauf wird der Hahn O geschlossen und die Pumpe in Bewegung gesetzt, die beim Aufheben des Kolbens g auf gewöhnliche Weise durch das Ventil h das Wasser aus dem Raum B (Fig. 2) aufsaugt, und es beim Herabdrücken des Kolbens dann durch das Ventil e ins Rohr preßt. Das Ventil M (Fig. 4) ist das Sicherheitsventil, dessen Hebelarm mit Eintheilung und Gewicht zur Regulirung des Drucks versehen ist. Sobald dieß Ventil sich hebt, hört man zu pumpen auf. Das Herauslassen des im Rohr zusammengepreßten Wassers nach vollendeter Probe geschieht durch das kleine, mit einem Hahn versehene Rohr N (Fig. 1). Man hat verschiedene Methoden, die Röhren mit einander zu verbinden. Man steckt sie entweder fest in einander, so daß das abgedrehte dünnere Ende (spigot end) des einen Rohrs genau in das ausgebohrte Muffende des anderen paßt, oder man wendet eine Dichtung von Blei, oder von Werg und Blei an, die man in den etwa halbzölligen Zwischenraum zwischen dem dünnen Rohrende und dem weiteren Muff eintreibt. Diese Verbindungsarten sind die gewöhnlichsten. Bei der ersteren erhält man eine sehr steife Anlage, die beim etwaigen Setzen des Erdreichs nur so weit nachgibt, als es die Elasticität der Röhren erlaubt; bei der Bleikalfaterung gibt aber die Verbindung wegen der Weichheit des Materials gleichfalls mit nach, und eine solche Röhrenlage kann eine weit stärkere Senkung des Erdreichs vertragen, ohne zu brechen. Dennoch gebe ich der festen Verbindung den Vorzug, und zwar aus folgendem Grund. Wird eine steife Röhrenanlage über die Elasticität der Röhren hinaus angestrengt, so entsteht ein Bruch, das Gas strömt in bedeutender Quantität aus, und dieß führt zu einer baldigen Entdeckung des Nebels. Bei vergossenen Röhren werden die Bleiverbindungen undicht, es entsteht meist eine Anzahl kleinerer Lecke, die sich oft lange der Aufmerksamkeit entziehen, zumal im Winter, wo die Straßendecke gefroren ist, und dem Gase keinen Ausweg gestattet. Hie und da ein größerer Leck auf kurze Zeit ist weniger schlimm, als ein durchweg undichtes Röhrennetz für immer. Von ungleich größerer Wichtigkeit, als die Wahl der Verbindungsart, ist die Ausführung, die Sorgfalt und Vorsicht bei der Arbeit. Hat man Röhren mit abgedrehten Enden und ausgebohrten Muffen (turned and bored pipesw), so halte man zunächst darauf, daß diese sorgfältig von Rost und Schmutz gereinigt werden, so daß sie reine metallische Oberflächen bieten; ferner sey der Mennige-Kitt, mit dem sie bestrichen werden, sorgfältig zu einer gleichförmigen Masse verarbeitet; es werde die Arbeit nicht im Regen vorgenommen, weil der Kitt auf dem nassen Metall nicht haftet; dann lasse man die Grube immer auf wenigstens sechs Rohrlängen offen, denn es kommt vor, daß in Folge des Austreibens ein Muff mehrere Röhren vom Ende platzt; auch lasse man die Röhren durchaus in ihrer natürlichen Richtung liegen, und wende zur Herstellung einer jeden, auch der kleinsten Biegung, krumme Gußstücke an. Ich pflege zur Herstellung der Flächen Biegungen Röhren anzuwenden, die in den Retorten auf der Fabrik glühend gemacht, und dann durch freies Auflegen auf beiden Enden gebogen werden. Dieses Verfahren läßt sich jedoch nur bei Bohren bis zu 6 Zoll Durchmesser hinauf anwenden. Bei Röhren mit Bleiverguß ist vorzüglich darauf zu achten, daß die Röhren gerade in einander gesteckt werden, und der auszugießende Ring überall eine gleiche Dicke erhält. Auch muß man, besonders wo die Arbeit veraccordirt wird, strenge darüber wachen, daß jedesmal ein wirklicher Bleiring von wenigstens 1/2 Zoll Höhe hergestellt wird. Man sollte glauben, daß es möglich seyn müßte, eine Röhren-Anlage absolut dicht herzustellen; ich bezweifle jedoch, daß es einen Gas-Ingenieur gibt, der eine derartige größere Arbeit aufzuweisen hätte. Die beste Anlage, die ich hergestellt habe, und welche beiläufig 11000 Fuß lang war, bei einer Weite von 6 Zoll bis 2 Zoll, verlor bei der Probe per Stunde 11,3 Kubikfuß unter einem Druck von 1 Zoll Wasserhöhe. Nachdem eine Röhren-Anlage einmal gelegt ist, beginnen die Veränderungen des umgebenden Bodens, sowie die Erschütterungen der Passage ihren nachtheiligen Einfluß auf dieselbe auszuüben. Die allgemeinen Bewegungen sind natürlich bei aufgeschwemmtem Boden am bedeutendsten. In Hamburg haben sich einige Straßen in den niedrigsten Stadttheilen, die überdieß der Ueberschwemmung ausgesetzt sind, seit 10 Jahren so verändert, daß die in denselben liegenden Gasröhren ihr ursprüngliches Gefälle verloren hatten, und umgelegt werden mußten. In Straßen, welche an Canäle gränzen, ist das Ausweichen der Vorsähe und die Reparatur derselben häufig Veranlassung zu außergewöhnlichen Versackungen; auch die Anfangs- und Endpunkte von Brücken sind Stellen, die einer steten Beaufsichtigung bedürfen, weil das Erdreich neben den Brücken sackt, während sie selbst als fundirte Bauwerke feststehen. Schlimme Feinde für die Gasröhren sind ferner alle anderweitigen Aufgrabungen in den Straßen, sofern sie beträchtlich tiefer gehen als jene. Wo z.B. in Hamburg die Anlegung von gemauerten Hauptstelen stattgefunden hat, sind die Gasröhren fast nirgends unbeschädigt geblieben, und es haben schon mehrfach Umlegungen vorgenommen werden müssen. Die von den gußeisernen Hauptröhren abzweigenden schmiedeisernen Zuleitungsröhren müssen sorgfältig eingeschroben, und erstere vorsichtig angebohrt werden. Kleinere Röhren als 3zöllige sollte man nicht mehr anbohren, weil sie dadurch zu sehr geschwächt werden und leicht abbrechen; man sollte bei ihnen für die Ableitungen jedesmal ein TStück einfügen. Wenn Hauptröhren geöffnet werden müssen, so sollte man nie versäumen, den Gasstrom auf beiden Seiten abzusperren. Hat man keine Abschlußventile (valves), so bedient man sich bei den kleineren Dimensionen bis 8 Zoll hinauf mit Vortheil thierischer Blasen, die man durch ein eingebohrtes einzölliges Loch in leerem Zustand einbringt und dann straff aufbläst, so daß sie das Rohr ausfüllen. Bei größeren Röhren bedient man sich am besten Gummiballons, die man entweder mit dem Mund oder mit der Luftpumpe aufbläst, oder auch der Ballons aus gefirnißtem Zeug, die bedeutend billiger sind und mit Wasser gefüllt ihren Zweck recht gut erfüllen. Jeder Gas-Ingenieur, der einige Erfahrung besitzt, kennt diejenigen Stellen seiner Röhren-Anlage, welche einer besonders sorgfältigen Beaufsichtigung bedürfen. Er wird im Allgemeinen sein ganzes Unterpersonal, zumal die Anzünder anhalten, daß sie auf jeden Gasgeruch und jedes sonstige Merkmal einer Undichtigkeit oder Schadhaftigkeit sorgfältig Acht geben, und von Allem sofort Meldung im Bureau machen. Außerdem muß er von Zeit zu Zeit Aufgrabungen und Bohrungen anstellen. Ich pflege immer über den Verbindungsstellen zu bohren, entweder mit einem gewöhnlichen Erdbohrer, oder indem ich Löcher mit einem eisernen Baum mache. Diese Löcher werden etwa eine Minute lang durch Aufsetzen des Fußes geschlossen, dann wird ein brennender Fidibus hineingebracht. Entsteht keine Explosion oder Entzündung und ist überdieß durch den Geruch kein Gas zu entdecken, so kann man sicher seyn, daß an der betreffenden Stelle keine Undichtigkeit vorhanden ist. Wo es wesentlich darauf ankommt, ist es gut, über jedem Muff zu bohren. Das aus den Röhren-Anlagen durch Undichtigkeiten entweichende Gas äußert seinen nachtheiligen Einfluß auf verschiedene Weise. Man hat darüber gestritten, ob die Vegetation durch Gasanlagen leibe, und ob es zulässig sey, Röhren in Alleen zu legen oder nicht; die bisherigen Erfahrungen lassen indeß hierüber wohl keinen Zweifel mehr aufkommen. Nicht allein, daß man Topfgewächse getödtet hat, indem man täglich eine kleine Quantität Gas an die Wurzeln derselben brachte; auch bei Alleebäumen ist die sogenannte Gaskrankheit nachgewiesen worden. Die Wurzeln eines durch Gas angegriffenen Baumes sind im faulenden Zustande, und zwar in einem um so höheren Grade, je näher den Spitzen zu. Durch die giftige Nahrung, welche aus den Wurzeln aufsteigt, fault der Bast, und zwar natürlich von Unten nach Oben, darauf fällt die Rinde ab, dann fault der Bast der Aeste etc., und schließlich geht der Baum ganz aus. Wenn die Gasentwickelung stark ist, so ist die Zerstörung der Bäume eine äußerst rasche; in Hamburg sind mehrfach große Bäume, namentlich Ulmen, in vierzehn Tagen vollständig abgestorben. Der dortige Ingenieur Westphalen machte schon 1846 darauf aufmerksam, daß es zweckmäßig sey, die Gasröhren möglichst entfernt von den Alleebäumen zu legen (Zeitschrift für Bauwesen in Preußen, Jahrg. 1852). Im darauf folgenden Jahre erkrankten plötzlich neun kräftige Ulmen, und zwar immer je drei, deren Wurzeln die Bohrstellen der Laternen-Ableitungen berührten, und starben innerhalb vier Wochen ab. Spätere Nachgrabungen der Gas-Compagnie wiesen bei der einen Ableitung einen Leck nach, und es war die ganze frühere Baugrube mit Gas geschwängert. Später sind jährlich Bäume an der Gaskrankheit gestorben, und es hat sich bei jedem einzelnen Falle gleichzeitig ein Leck der Röhrenleitung herausgestellt. Auf dem Walle zwischen dem Damm- und Millernthor starb im Jahre 1850 ein großer Theil der Allee ab, und es waren dort gleichzeitig Gaslecke von der Bedeutung, daß Bohrlöcher, kurze Zeit mit dem Fuße zugehalten, eine dermaßen mit Gas geschwängerte Luft von sich gaben, daß beim Anzünden eine fußhohe Flamme herausschlug. Wenn man sorgfältig und häufig Bohrungen anstellt, und gleich beim ersten Erscheinen der Krankheit aufpaßt, so erholen sich mitunter die Bäume wieder. Der Imperial Gas-Company in London wurde vor reichlich einem Jahre der Gebrauch eines neu erbauten Retortenhauses untersagt, weil durch Gutachten wissenschaftlicher Männer erwiesen worden war, daß die Exhalationen von schwefliger Säure beim Löschen der rothglühenden Kohks, und Ablagerungen von Ruß auf den Blättern der Pflanzen dem Geschäftsbetrieb eines angränzenden Gärtners wesentlichen Schaden zugefügt hatten. In angebauten Straßen dringt das aus Undichtigkeiten entweichende Gas nicht selten in die Keller oder Parterre-Localitäten der angränzenden Häuser, zumal im Winter, wo die Straßenoberfläche gefroren ist, und das Gas nicht zwischen der Pflasterung durch ins Freie gelangen kann. Ich weiß einen Fall, wo es in einem, von Außen nicht bemerkbaren, Spalt in der Mauer aufwärts zog, und in einem Zimmer der ersten Etage aus einer Oeffnung in der Tapetenwand heraustrat. Der penetrante Geruch des Gases führt gewöhnlich sehr bald zu seiner Entdeckung, und Explosionen oder gar Erstickungen durch Gas gehören zu den Seltenheiten. Mir ist von der letzteren Art nur ein einzelner Fall bekannt, und dieser wäre nicht vorgekommen, wenn sich nicht mehrere besondere Umstände vereinigt hatten, ihn herbeizuführen. Ein Mann bewohnte mit seinem Sohn und einer Frau die unteren Localitäten eines kleinen Hauses in Halifax; sie hatten im Parterre außer einer Diele zwei Zimmer, eines an der Straße und eines rückwärts, das erstere diente als Schlafzimmer; Gasröhren waren im ganzen Hause nicht vorhanden. Am 11. Januar v. J. als die Frau mit dem Sohn schlafen gehen wollte, machte sich ein deutlicher Gasgeruch bemerkbar, sie unterließ es jedoch, gehörigen Orts davon Anzeige zu machen und legte sich ruhig nieder; als um 2 Uhr Morgens der Mann nach Hause kam, klagte sie ihm, daß sie fast erstickt sey, aber er war so betrunken, daß er ihr keine Hülfe zu leisten im Stande war. Einige Stunden darauf fand man die Frau tobt, und ihn mit dem Sohn in einem ebenfalls fast erstickten Zustand. Der herbeigerufene Arzt schrieb seine Erhaltung theilweise dem Whisky zu, den er getrunken, und der in einem gewissen Grade den Effect des Gases neutralisirt habe. Es wurden zur Wiederbelebung vorzüglich Begießungen mit Wasser und Reizung durch Ammoniak angewandt, auch Senfpflaster aufgelegt. Die Ursache des Leckes ergibt sich aus den Aussagen des Ingenieurs der Anstalt. Er habe, so sagt er, sich sogleich überzeugt, daß das Gasrohr auf der Straße gebrochen seyn müsse, und befohlen, daß die Schosse an beiden Enden der Straße geschlossen und Leute geholt werden sollen, um die Röhren frei zu graben. Man habe in einem der Schosse einen Bruch gefunden. Derselbe habe etwa 36 Fuß vom Hause entfernt gestanden. Das Gas sey von dem Schoß aus in ein altes, unbenutztes Abzugssiel, welches längs den Gasröhren herlief, und dem Hause gegenüber abgeschnitten und zugemacht gewesen sey, hineingezogen. Weil es im Siel nicht habe weiter kommen können, so habe es sich einen Ausweg in das Haus gesucht. Wenn das Siel ausgefüllt gewesen wäre, so hätte das Unglück wahrscheinlich nicht stattgefunden; es sollten daher alle alten, außer Gebrauch gesetzten Siele ausgefüllt werden. Es ist dieß, wie gesagt, der einzige mir bekannte Fall einer Erstickung durch Gas. Häufiger, aber gleichfalls selten, kommen Explosionen vor. Bei allen Unglücksfällen liegt fast immer eine Nachlässigkeit zu Grunde, entweder von Seite der Gas-Verwaltung oder von Seite des Publicums. Wenn erstere ihre Röhren-Anlage unter guter Aufsicht hält, und das Publicum jeden Gasgeruch sogleich gehörigen Orts zur Anzeige bringt, so muß schon eine Reihe unglücklicher Umstände zusammentreffen, wenn ein Unglück entstehen soll. Eben so wichtig, wie die Röhren-Anlagen in den Straßen, sind diejenigen in den Häusern, die Fittings. Die zu den Gasleitungen im Innern der Häuser zu verwendenden Röhren müssen vorzugsweise von geschmiedetem Eisen seyn. Eisen ist unter den wohlfeilen Metallen wegen seiner Härte und Dauerhaftigkeit das beste. Seine Zerstörung scheint nur eine Wirkung der Luft und der Feuchtigkeit zu seyn, und findet mehr von außen als von innen statt. Wo die Anwendung des Eisens mit besonderen Schwierigkeiten, namentlich der Biegung, verbunden ist, wende man Röhren von Kupfer, Messing oder gezogenem Zinn an. Kupferröhren sind den Messingröhren deßhalb vorzuziehen, well sie mit übereinandergelegter Naht gelöthet sind, während letztere eine stumpf zusammenstoßende Naht haben und daher beim Biegen leicht platzen. In Liverpool und anderen Städten Englands wie des Continentes wendet man Bleiröhren an, die man unmittelbar an einander löthet und auf Holzplatten legt, damit sie sich nicht durchbiegen. Ich halte Bleiröhren ihrer leichten Schmelzbarkeit, sowie ihrer Weichheit wegen für unpraktisch, und empfehle ihre Anwendung nicht. Auch Zinnröhren sollte man in der Nähe leicht brennbarer Stoffe, zu welchen Fenstervorhänge, Tapeten, alles Holzwerk etc. zu zählen sind, oder wo Röhren äußeren Beschädigungen leicht unterworfen sind, sorgfältig vermeiden. Wo schmiedeiserne Röhren der Feuchtigkeit ausgesetzt sind, müssen dieselben durch einen Ueberzug von Theer und dergl. gegen Oxydation geschützt werden. Man hat in neuerer Zeit vielfach sogenannte Compositionsröhren angewandt, welche den Zinnröhren an Steifheit gleich kommen sollen; ich halte aber auch diese für durchaus verwerflich. Die Verbindungen der Röhren müssen auf eine dauerhafte und solide Weise beschafft werden, durch Verschraubung oder Verlöthung. Ein Ineinanderschieben der Röhren oder eine andere leichte Verbindungsart ist nicht zulässig. Auch muß man so viel als möglich die Verbindung zweier Metalle vermeiden, die einen galvanischen Strom erzeugen, wie Messing und Blei oder Messing und Zinn, indem dieser das eine der Metalle, und zwar das Messing zuerst zerstört. Die Röhren sind ferner so zu legen, daß sie möglichst leicht zugänglich, und da wo sie frei liegen, vor zufälliger Beschädigung durch äußere Gewalt geschützt zu erachten sind. Bei der Befestigung der Röhren ist thunlichst darauf zu achten, daß sie an solchen Stellen freien Spielraum behalten, an welchen, wie z.B. beim Durchgehen durch eine Wand, durch ein Setzen des Gebäudes eine Beschädigung oder ein Brechen des Rohres bewirkt werden könnte. Wo locale Schwierigkeiten die Innehaltung des erforderlichen Gefälles nicht gestatten und die Anbringung sogenannter Wassersäcke nothwendig machen, ist der, zum Ablassen der in der Leitung sich ansammelnden Flüssigkeit bestimmte Hahn mit einem Wasserschlusse zu versehen. Zu dem Ende ist das Abflußrohr bis nahe auf den Boden eines etwas weiteren, unten und oben geschlossenen Rohres zu leiten, und dieses am oberen Ende luftdicht zu verschließende Rohr an der Seite, circa 3 bis 4 Zoll vom Boden, mit einem kleinen Hahn zu versehen. Dieses kleine Reservoir ist anfänglich einige Zoll hoch mit Wasser zu füllen. Wenn Röhren unter dem Fußboden gelegt werden müssen, ist dahin zu sehen, daß die das Rohr bedeckenden Dielen, namentlich an den Verbindungsstellen, leicht weggenommen werden können. Das Legen der Röhren durch verschlossene und unzugängliche Zwischenräume ist, wenn irgend möglich, zu vermeiden. Die Hähne müssen so eingerichtet werden, daß sie nur 1/4 Wendung machen und nicht aus der Hülse gezogen werden können. Sie sind, sowie die Gelenke an den Röhrenleitungen, vollkommen luftdicht einzuschleifen und auf eine solide Weise mit den Leitungen zu verbinden. Zur Sicherung bei Feuersgefahr ist die Vorkehrung zu treffen, daß alle Leitungen vermittelst eines außerhalb des Hauses oder im Innern zunächst dem Eingange anzubringenden Hahnes leicht von der Hauptleitung abgeschlossen werden können. Werden in einem Gebäude mehrere Gasuhren von einer Leitung gespeist, so ist vor jeder Gasuhr ein solcher Hahn anzubringen. In Hamburg, wo das Recht, Gasanlagen herstellen zu dürfen, nur von einer Concession abhängig gemacht ist, und eine Concurrenz zwischen mehr als 190 Gasfittern besteht, wird jede neue Gasanlage durch einen vom Staate bestellten Inspector revidirt. Keine Anlage darf benützt werden, ehe nicht eine sorgfältige Probe ihrer Dichtigkeit mittelst des Druckes einer Quecksilbersäule von 1 Zoll englisch oder einer Wassersäule von 14 Zoll von dem Verfertiger angestellt worden ist. Bei dieser Probe ist besonders darauf zu achten, daß alle Theile der Leitung mit dem angebrachten Druckmesser in Verbindung stehen, da bei der nachfolgenden amtlichen Besichtigung gefundene Verstopfungen durch Kitt oder dergl. nicht nur keine Entschuldigung für gefundene Undichtigkeiten gewähren, sondern dem Verfertiger wegen gewissenloser Probirung noch eine entsprechende Strafe zuziehen. Der Verfertiger hat nach Vollendung einer Anlage sowohl dem Inspector, als auch der Gascompagnie mittelst eines gedruckten Formulars, in welchem er auf geleisteten Eid erklärt, die vorgeschriebene Dichtigkeitsprobe vorgenommen und keine Undichtigkeit entdeckt zu haben, Anzeige zu machen, und darf die Verbindung der Gasuhr mit der Straßenleitung nicht eher herstellen, als bis die Besichtigung durch den Inspector erfolgt ist. Eine gleiche Verpflichtung zu solcher eidlichen Anzeige findet statt bei ausgeführter Abänderung oder Erweiterung bestehender Gasleitungen, oder sobald außer Gebrauch gewesene Anlagen wieder aufs Neue benutzt werden sollen. Bei einer abgeänderten oder erweiterten Gasleitung ist der Mechaniker jedoch nur für den Theil der Anlage verantwortlich, welcher bei der vorzunehmenden Probe unter dem Manometer steht. Ist eine Gasleitung einmal gut und solid hergestellt, so kann sie viele Jahre liegen ohne einer Reparatur zu bedürfen. Entsteht einmal im Lauf der Zeit eine Schadhaftigkeit, wodurch Gas ausströmt, so schließe man zunächst den Haupthahn ab, öffne, wo der Gasgeruch stark ist, Fenster und Thüren, hüte sich das Local mit Licht zu betreten, und sorge dafür, daß die schadhafte Stelle unverzüglich gedichtet werde. Einer fortwährend sorgfältigen Ueberwachung bedürfen eigentlich nur die gewöhnlichen Wasserschluß-Lampen. Das Wasser, welches das Gas abschließt, verdunstet allmählich, und muß von Zeit zu Zeit nachgefüllt werden. Auch kommt es vor, daß eine der Ketten, an denen das Gegenwicht hängt, reißt, und die Lampe herabfällt. In beiden Fällen strömt das Gas frei aus. Es ist zu wundern, daß man die Reservoirs nicht etwas größer macht, was sich doch mit der Verzierung so leicht vereinigen ließe. Auch sollte man Vorrichtungen anwenden, durch welche beim Reißen einer Kette das Herabfallen der Lampe verhindert wird. Der Engländer Richard Hugh Hughes hat neuerdings (6. Octbr. 1857) auf eine derartige Vorrichtung ein Patent genommen. Das feste Rohr der Lampe wird mit einem auswendigen Rand, und das äußere Rohr des beweglichen Theils mit einem inwendigen Rand versehen, welche auf einander passen, Lederscheiben oder sonstige Packung haben, und den Gaszufluß abschließen, sowie sie sich berühren. Um das Herabfallen der Gewichte zu verhüten, werden sie auch ringförmig construirt, so daß sie sich an der Lampe auf und ab schieben. Der Gebrauch einer gut eingerichteten Gasleitung ist im Allgemeinen eben so wenig gefährlich, als irgend eine andere Beleuchtungsvorrichtung. Man thut jedoch gut, wenn man jeden Abend vorm Schlafengehen den Haupthahn der Leitung schließt, und sich dadurch für die Nacht gegen alle Eventualitäten sichert. Vielfach gestritten ist schließlich noch über den Einfluß des Gaslichtes und der beim Gebrauch sich entwickelnden Verbrennungsproducte auf die Gesundheit. Die Ansicht, daß das Gaslicht die Augen mehr angreife als ein anderes Licht, ist falsch, hat aber ihren Grund darin, daß man das Gaslicht weit Heller gebraucht, als man es sonst mit Lampen und Kerzenlicht gewohnt war. Wer sonst bei zwei Wachskerzen zu arbeiten pflegte, hat jetzt eine Gasflamme von 12 bis 15 Wachskerzen Helle, auch werden die Arbeiten mehr und mehr der Art, daß sie eine größere Anstrengung der Augen nothwendig machen. Man versehe übrigens jede Gasflamme mit einem Schirm, der verhindert, daß die Strahlen direct aufs Auge fallen. Was vom Licht gilt, gilt auch wesentlich von der Wärme, die sich beim Gebrauch des Gases entwickelt und besonders in niedrigen Localitäten oftmals belästigend wird, wenn man nicht für Ventilation anderweitig gesorgt hat. Wenn man sich mit demselben Lichte begnügen würde, mit dem man früher zufrieden war, so würde man auch nicht wesentlich mehr Wärmeentwickelung haben. Von der größten Wichtigkeit für den Gebrauch des Gases ist seine Reinheit. Wenn Schwefel im Gase enthalten ist, so erzeugt sich beim Brennen schweflige Säure, oder bei gleichzeitiger Anwesenheit von Ammoniak schwefelsaures Ammoniak; beide Producte sind aber der Gesundheit nachtheilig, und greifen metallische Gegenstände an. Die vor einigen Jahren in London vorgekommene Zerstörung von Ledereinbänden in Bibliotheken hat man auch dem Einfluß der schwefligen Säure zugeschrieben. Schwefelsaures Ammoniak bildet den weißen Niederschlag, den man mitunter an dem oberen Drittheil der Lampengläser bemerkt. Der Schwefel ist im Gase hauptsächlich als Schwefelwasserstoff, aber auch als Schwefelkohlenstoff vorhanden. Ersterer wird durch die üblichen Reinigungsmethoden meistens ganz entfernt, nicht so der. letztere. Dr. Tetheby fand in gewissen Gasen Londons so viel Schwefel, daß er mit 1000 Kubikfuß bis zu 212 Gran wasserfreier Schwefelsäure erhielt; Lewis Thompson erhielt gar über 400 Gran. Im gewöhnlichen Gebrauch pflegt man Gas rein zu nennen, wenn es rothes Lackmuspapier nicht blau, und essigsaures Blei nicht braun färbt.

Tafeln

Tafel Tab.
                                    VII
Tab. VII