Titel: Das Argentiren des Eisens; von Dr. Hugo Fleck.
Fundstelle: Band 149, Jahrgang 1858, Nr. XXX., S. 108
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XXX. Das Argentiren des Eisens; von Dr. Hugo Fleck. Aus dem polytechnischen Centralblatt, 1858 S. 562. Fleck, über das Argentiren des Eisens. Mit dem Worte „Argentiren“ bezeichne in ein Verfahren, Eisengeräthe mit Argentan, Messing, Bronze, Kupfer, Silber in höchst dünnen Schichten zu überkleiden, und ihnen so ein eben so gefälliges Ansehen, wie größere Widerstandsfähigkeit gegen die oxydirenden Einflüsse des atmosphärischen Sauerstoffs zu verleihen. Es gründet sich das Argentiren auf die Eigenschaft der meisten Metalle, mit den Ammoniaksalzen Doppelsalze zu bilden, welche durch den Einfluß von Kohle und Alkalien zu Metall reducirt und auf die rostfreie Eisenfläche in gleichmäßigen feinen Lagen aufgeschmolzen und vertheilt werden, und es löst vorzüglich die Aufgabe, Legirungen in allen Verhältnissen und Farben auf das Metall niederzuschlagen, wie es bis jetzt auf galvanischem Wege noch nicht möglich war. Das Schmiede – oder Walzeisen, sowie der Stahl, können, ohne vorherige Behandlung, mit einem schwachen Aetzmittel gereinigt werden, um sie zur Aufnahme der Metallschicht vorzubereiten, und geben jederzeit gleichmäßige Ueberzüge, während das Gußeisen auf seiner Oberfläche eine theilweise Entkohlung erfahren muß, ehe es sich zum Argentiren eignet. Zu diesem Behufe werden die gußeisernen Gegenstände, in einem Tiegel mit Eisenfeile umkleidet, so oft stark ausgeglüht, bis sie sich auf der Oberfläche leicht feilen lassen, und dann das Aetzmittel darauf einwirken gelassen. Letzteres besteht in einer Auflösung von Zinn in sehr verdünnter Salpetersäure und wird so dargestellt, daß man granulirtes Zinn in 20 Theilen eines Gemisches von 1 Theil Salpetersäure (von 1,22 specifischem Gewicht) mit 16 Theilen Wasser während 24 Stunden in gewöhnlicher Temperatur stehen läßt. Die nach dieser Zeit vom am Boden befindlichen Zinn abfiltrirte Flüssigkeit ist eine Auflösung von salpetersaurem Zinnoxydul und kann in gut verschlossenen Gefäßen lange Zeit unverändert aufbewahrt werden, sobald man am Boden derselben immer einige Zinnkörner liegen läßt. In diese Zinnlösung werden die zu überziehenden Eisenstücke, nachdem sie vorher in einem Gefäß mit kochendem Wasser angewärmt wurden, je nach ihrer Größe, 5 bis 15 Minuten eingetaucht, sodann mit warmem Wasser abgewaschen und mit einem trockenen wollenen Lappen gut abgerieben, um nun mit dem Argentirbrei überzogen werden zu können. Statt obigen Aetzmittels habe ich auch die in der Siderographie angewendete Flüssigkeit, welche aus 1 Theil salpetersaurem Silberoxyd, 8 Theilen reiner Salpetersäure von 1,22 spec. Gewicht, 30 Theilen Weingeist von 80° Tralles und 60 Theilen destillirtem Wasser besteht, unter Zusatz von 1/2 Theil Salpetersäure, zumal bei kleineren Gegenständen, mit Vortheil angewendet. In jedem Falle hat man darauf zu sehen, daß die Metallfläche völlig trocken sey, und daß sich auch mit der Loupe keine Oxydschichten wahrnehmen lassen, weil diese den Metallüberzug entweder gar nicht annehmen, oder, wo es geschehen, bald wieder abblättern lassen. Der Argentirbrei ist das Gemisch der Ammoniakdoppelsalze mit wasserfreiem Steinkohlentheer, Leinöl oder Terpenthin mit gelöschtem Kalk, und auf seine Darstellung ist vor allen Dingen Aufmerksamkeit zu verwenden, da hierbei dem ökonomischen Interesse bedeutend Eintrag geschehen kann, sobald die Salze in zu großer Masse angewendet oder bei deren Darstellung zu große Mengen von Säure oder Salmiak verbraucht wurden. Es liegt zuvörderst sehr nahe, daß man statt der Legirungen, die einzelnen zu letzteren gehörigen Metalle in den entsprechenden Verhältnissen in Auflösung bringen und somit statt des Messings, Kupfer und Zink, statt des Argentans, das jetzt im Handel vorkommende Kupfernickel mit Zink, statt des Britanniametalles, Kupfer, Zinn, Antimon, Wismuth in den gehörigen Mengen anwenden kann. Man wird schließlich immer ein der Zusammensetzung der Legirung entsprechendes Salz und aus diesem durch die Reduction die Legirung auf der Eisenfläche erhalten. Die Auflösung der Metalle oder Legirungen findet in Salzsäure unter Zusatz von Salpetersäure statt; es bilden sich also dabei die höchsten Chlorverbindungen, welche sich mit Salmiak zu Doppelsalz vereinigen, sobald die freie Säure abgestumpft ist. Je nach der Stellung, welche die Metalle in der elektrolytischen Reihe einnehmen, lösen sie sich nach einander in der Säure auf; aus diesem Grunde muß, sobald man alle Metalle, die zu einer Legirung gehören, gleichzeitig der Einwirkung der Säure aussetzt, die Auflösung vollständig erfolgen. Es werden z.B. im Argentan Zink und Nickel früher, als Kupfer gelöst; würde man daher die Einwirkung der Säure unterbrechen, bevor Alles gelöst ist, so würde eine kupferreiche Legirung zurückbleiben und eine kupferarme in Lösung gegangen seyn. Die Menge der Säure ist zwar je nach ihrer Concentration und der auf dieselbe während ihrer Wirkung influirenden Temperatur eine variable, doch bewegt sie sich in bestimmten Gränzen, welche sich folgendermaßen feststellen lassen. Verwendet man zur Auflösung der Metalle eine Salzsäure von 1,12 spec. Gewicht, so enthält dieselbe 24,5 Proc. reinen Chlorwasserstoff, und die geringsten Quantitäten, welche von dieser Säure in Anwendung kommen müssen, sind:           a.            b. auf 1 Pfd. Kupfer 4 Pfd. 22 1/2 Loth.   5 Pfd.   9 1/3 Loth.   „  1   „    Nickel 7   „   18 1/4    „ 8   „    16 1/2   „   „  1   „    Zink 4   „   28 1/4    „ 5   „      4 1/2   „   „  1   „   Wismuth   2   „     2 1/2    „ 2   „    11         „   „  1   „   Antimon 3   „   13 3/4    „ 3   „    27 1/2   „   „  1   „   Zinn 5   „     4 1/4    „ 5   „    24 3/4   „   „  1   „   Silber 1   „     1          „ 1   „      6         „ Durch den Zusatz von Salpetersäure, welcher die Bildung der höchsten Chlorstufe bedingt, wird, zumal in Folge der gleichzeitig eintretenden Temperaturerhöhung, ein Theil des Chlors mit den entweichenden Stickstoffverbindungen mechanisch fortgeführt, und ich fand, daß, sobald man die Temperatur von 50° Cels. nicht übersteigen ließ und der Zusatz von Salpetersäure in Quantitäten von 1/2 bis 1 Quentchen nach und nach erfolgte, die obigen Mengen unter a. um 1/8 überschritten werden mußten, so daß die unter b. angegebenen Zahlen als die äußerste Gränze der zur Lösung nöthigen Salzsäuremengen angesehen werden müssen. Die Salpetersäuremenge beträgt etwa 1/16 der der Salzsäure und wird in den so angegebenen Quantitäten nach und nach hinzugesetzt. Ist die Auflösung der Metalle vollständig erfolgt, so setzt man: auf 1 Pfd. Kupfer 1 Pfd. 22 1/2 Loth Salmiak  „   1   „    Nickel –   „    29         „        „  „   1   „    Zink 1   „    20 1/2   „         „  „   1   „    Wismuth   –   „      8         „        „  „   1   „    Antimon –   „    13 1/8   „         „  „   1   „    Zinn –   „    29 1/2   „         „  „   1   „    Silber –   „    15 4/5   „         „ zur Lösung, und gießt dann so lange von einer Ammoniakflüssigkeit zu, als sich ein bleibender schwacher Niederschlag zu bilden anfängt. Ist so die letzte Menge der freien Säure entfernt und die Bildung der Ammoniakdoppelsalze bedingt, so verdampft man die Lösung in irdenen Gefäßen so lange, bis ein dicker Salzbrei verbleibt, welcher dann an einem temperirten Orte vollkommen trocken gemacht wird. Man erhält auf diese Weise, je nach den Metallen, welche zur Legirung verwendet wurden, ein verschieden gefärbtes Salzmehl, auf dessen nun folgende Zersetzung unter dem Einflusse von Kalk und Kohle daß Argentirverfahren beruht. Es darf als bekannt vorausgesetzt werden, daß der Kalk als eine starke Basis den Metallchloriden gegenüber zersetzend wirkt, so daß diese als Oxyde abgeschieden und durch gleichzeitig vorhandene fein vertheilte Kohle im glühenden Zustande reducirt werden, während sich das gebildete Chlorcalcium als Schlacke über der Metallfläche lagert. Die vorhandenen Ammoniaksalze werden dabei in der Weise zersetzt, daß Ammoniak entweicht und in gleichem Maaße Chlorcalcium gebildet wird. Das Entweichen des Ammoniaks ist ein Verlust von Rohmaterial, welcher das ganze Verfahren vertheuert, sobald nicht dafür Sorge getragen ist, daß dasselbe im Momente seiner Verflüchtigung wieder gewonnen wird. Man verwendet auf 3 Theile des Salzmehls 2 Theile gebrannten Marmor in der Weise, daß man zuerst die Salze mit dem kohlehaltigen Material, Theer, Leinöl oder Terpenthin, zu einem Brei mischt, diesem den gepulverten Aetzkalk zusetzt und das Ganze auf die zu überziehende Metallfläche möglichst gleichmäßig aufträgt und nun einer starken Rothglühhitze aussetzt. Da es sich, soll das ganze Verfahren ein möglichst billiges werden, darum handelt, das bei diesem Glühproceß freiwerdende Ammoniak wieder zu binden, so muß das Glühen der zu überziehenden Geräthe in Muffeln vor sich gehen, deren hintere Oeffnung durch ein Thonrohr mit einem Raume in Verbindung steht, in welchem sich mit Salzsäure gefüllte Schalen befinden, welche das Ammoniakgas im Momente seines Austretens aus dem Entbindungsapparate verdichten und zu verwertbarem Salmiak umwandeln. Nachdem die zu überziehenden Eisengeräthe möglichst rostfrei gebeizt und mit wollenen Tüchern abgetrocknet sind, werden sie mit dem Argentirbrei möglichst gleichmäßig in einer Dicke von 1 bis 2 Linien überzogen, mit trockenem Kalkmehl überstreut und so vorbereitet in die vorgewärmte Muffel eingesetzt, die Beschickungsöffnung mit Lehm verklebt, die Muffel zu starker Rothglühhitze gebracht und in derselben, je nach der Stärke des zu erzielenden Ueberzuges, wenigstens 1/2 Stunde hindurch erhalten. NachNsch dieser Zeit werden sie aus der Muffel gezogen, an einem temperirten Orte zur Abkühlung hingestellt, und nachdem sie vollkommen kalt geworden sind, in lauwarmes Wasser einige Zeit eingeweicht; darin löst sich der Kalküberzug auf und legt so das Metall bloß. War die Vertheilung des Argentirbreies eine möglichst gleichmäßige, so wird man auch das Metall völlig gleichmäßig auf das Eisen vertheilt finden und sogar im Stande seyn, ihm durch Reiben mit wollenen Lappen und nachherige Behandlung mit dem Achate eine gleichmäßige schöne Politur zu ertheilen. Der durch das Einweichen im Wasser sich ablösende kohlige Ueberzug des Metalls enthält in seiner Masse immer noch Metalltheile in Form eines feinen Pulvers, deren Wiedergewinnung dadurch erreicht wird, daß man, nachdem sich eine größere Menge dieser kohligen Masse angesammelt hat, dieselbe in einem hessischen Tiegel mit ihrem gleichen Gewichte Borax zusammenschmelzt; die am Boden abgeschiedene Legirung wird zur Weiterverwendung aufbewahrt; zu erwähnen ist hierbei, daß man die Massen, welche nach der Argentirung zurückbleiben, nach der Qualität der verwendeten Legirungen sortirt und sie nicht durch einander bringt. Von vorzüglicher Schönheit gelang mir nach diesem Verfahren die Versilberung des Eisens, welche ich auf ganz gleiche Weise, wie eben erwähnt, ausführte. Das Silber wird mit Königswasser behandelt und je nach der Löthigkeit des zu erhaltenden Ueberzugs, das Kupfer gleichzeitig in Lösung genommen, Salmiak nach obigem Verhältnisse zugesetzt, eingedampft und mit Leinöl und Kalk gemischt. Die Menge des zu verwendenden Binde- oder Reductionsmittels: Theer, Leinöl oder Terpenthin, läßt sich quantitativ genau nicht bestimmen, was auch um so weniger nothwendig erscheint, als der Kohlenstoffgehalt derselben ein so reichlicher ist, daß man, sobald ein gehörig fügsamer Brei aus Metallsalzen, Kalk und obigen Bindemitteln dargestellt wird, überzeugt seyn kann, daß es an Kohle nicht fehlt. Wesentliche Bedingung bei der Verwendung dieser Bindemittel ist möglichste Reinheit von anhängenden Wassertheilen, da diese den Proceß verlangsamen, den Kitt weniger bindend auf der Metallfläche machen und leicht eine Oxydation derselben zur Folge haben. Indem ich dieses Verfahren der Oeffentlichkeit übergebe, bin ich der Ueberzeugung, durch dasselbe manche gefühlte Lücke auszufüllen, wie ich auch glaube, daß sich durch eine andere Wahl in der Qualität des Bindemittels, wie eines anderen alkalischen Oxydes, als das des Kalks, Verbesserungen mannichfacher Art anbringen lassen. Die in verhältnißmäßig nur kleinem Maaßstabe angestellten Versuche lassen mich aber keinen Augenblick zweifeln, daß der dem Ganzen zu Grunde liegende theoretische Gedanke der praktischen Bewährung völlig angepaßt ist.