Titel: | Conservirung der Gutta-percha-Drähte; von C. Frischen, Telegraphen-Inspector in Hannover. |
Fundstelle: | Band 149, Jahrgang 1858, Nr. XXXI., S. 112 |
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XXXI.
Conservirung der
Gutta-percha-Drähte; von C. Frischen, Telegraphen-Inspector in Hannover.
Aus der Zeitschrift des deutsch-österreichischen
Telegraphen-Vereins, 1858 S. 99.
Frischen, über Conservirung der
Gutta-percha-Drähte.
Die große Anwendung, welche die Gutta-percha zur Umkleidung der Leitungsdrähte
für den elektrischen Telegraphen, sowohl in der Erde, im Wasser, als auch in den
Zimmern findet, läßt den Uebelstand, daß die Gutta-percha mit der Zeit
gänzlich verdirbt, um so mehr beklagen, als die Anwendung dieser
Gutta-percha-Drähte ebenso unentbehrlich, als bequem und sicher
ist.
Leitungsdrähte, die mit gut und richtig verarbeiteter Gutta-percha umkleidet
sind, leisten, namentlich unter Wasser oder tief in den feuchten Erdboden gelegt,
schon ganz vorzügliche Dienste, sind aber der Zerstörung sehr bald ausgesetzt,
sobald man sie im Zimmer oder gar an freier Luft anwendet. Bei den vor wenigen
Jahren von einigen deutschen Fabrikanten bezogenen
Gutta-percha-Drähten war diese Zerstörung so rasch und so arg, daß
schon nach Verlauf eines Jahres die Gutta-percha hart und spröde war, und
beim Biegen der Drähte brach und abfiel; durch das Eintrocknen zog die
Gutta-percha sich zusammen, und wurde dadurch der Leitungsdraht stellenweise
oft in Längen von 1/2 bis 1 Zoll ganz freigelegt; wurde unter einen
Telegraphentisch, bei welchem die Drahtverbindungen unterhalb der Tischplatte durch
Gutta-percha-Drähte gebildet waren, mit der Hand gegen die Wand
geschlagen, so entstand ein förmlicher Regen von kleinen abspringenden
Gutta-percha-Stücken. Es war daher erforderlich, um den Störungen, die
unausbleiblich durch die mangelhaft von einander getrennten Drähte eintreten mußten,
vorzubeugen, von Zeit zu Zeit alle diese Gutta-percha-Drähte zu
erneuern, welches nicht allein zeitraubend und umständlich, sondern auch kostspielig
war.
Durch Anwendung von englischen Gutta-percha-Drähten aus der Fabrik der
„Gutta-percha-Company, 18 Wharf Road, City Road in
London“ ist diesem Uebelstande in bedeutendem Maaße vorgebeugt, indem
die Gutta-percha sehr viel haltbarer ist. Trotz der doppelten Umpressung und des weiteren
Transportes, sowie der darauf lastenden Eingangssteuer ist der englische Draht gar
nicht theurer, als der im Inlande bezogene, und hat sich auch in Bezug auf Isolation
bei den hier ausgeführten unterirdischen Leitungen ganz vorzüglich bewährt. Der Luft
ausgesetzt, erleidet auch die Gutta-percha der aus England bezogenen Drähte
eine Zerstörung, wenn gleich nicht in der Weise, wie dieß bei den inländischen
Drähten der Fall ist.
Das Umwickeln der Gutta-percha-Drähte mit getheertem Hanf etc. hat sich
bei den unterirdischen und Unterwasser-Leitungen bereits als sehr zweckmäßig
herausgestellt; in wie weit dieses aber bei den der freien Luft ausgesetzten oder
bei den in Zimmern angebrachten Drähten brauchbar sey, bin ich durch Versuche zu
ermitteln bemüht gewesen.
Bei diesen Versuchen wurde nicht allein Theer, sondern auch Asphaltlack, Leinölfarbe
und Schellackauflösung zum Tränken der die Gutta-percha-Drähte
umgebenden Umhüllung angewandt.
Die Gutta-percha-Drähte, aus England bezogen, waren je von 10 Fuß Länge
und die Hälfte jeden Drahtes mit dünnen Baumwollfäden gerade so umsponnen, wie man
Kupferdraht damit zu umspinnen pflegt.
Die andere Hälfte jeden Drahtes war freigelassen, um genau vergleichbare Resultate zu
erlangen, während die umsponnene Hälfte mit Theer, resp. Asphaltlack, Leinölfarbe
und Schellack getränkt wurde. Vier andere ganz gleiche
Gutta-percha-Drähte wurden zur Hälfte jeden Drahtes, ohne weitere
Ueberspinnung mit den obigen Ingredienzien überstrichen, die anderen Hälften der
Drähte aber wieder ganz frei gelassen.
Diese acht, so hergerichteten Gutta-percha-Drähte wurden in ganz freier
Luft oben auf einen der vier Thürmchen des hiesigen Bahnhofsgebäudes befestigt, dort
ein ganzes Jahr lang unausgesetzt belassen und jeder Witterung preisgegeben.
Nach Ablauf dieser Zeit waren die mit gar keinem Ueberzug oder Anstrich versehenen
Hälften der acht Drähte zerstört; beim Biegen derselben zeigten sich in der
Gutta-percha ziemlich tief eingehende Risse, im Innern von weißlicher Farbe.
Die Gutta-percha war auf der Oberfläche ganz spröde und sprang beim Biegen
staubartig ab. Der nur mit Schellackauflösung überzogene Draht war ebenso zerstört;
der übersponnene und darauf mit Schellack getränkte Draht zeigte dieselben
Erscheinungen, nur in etwas geringerem Maaße.
Die mit Asphaltlack und Leinölfarbe einfach nur überstrichenen Drähte, namentlich der
letztere war schon besser erhalten, hatte jedoch auch feine Risse mit weißlichem
Grunde und etwas spröder Oberfläche.
Der übersponnene und mit Asphalt getränkte Draht zeigte beim Biegen keine Risse mehr,
hatte jedoch eine spröde und trockene Oberfläche, während der in solcher Weise mit
Leinölfarbe imprägnirte Draht nicht nur keine Risse, sondern auch eine ziemlich gut
erhaltene Gutta-percha-Oberfläche zeigte.
Der mit Theer überstrichene Draht war sehr gut erhalten, am allerbesten jedoch der
übersponnene und darauf mit Theer getränkte Draht. Die Gutta-percha war nur
etwas dunkler von Farbe geworden, sonst unverändert, völlig geschmeidig, zähe und
biegsam.
Nach diesen Versuchen, die, wie schon gesagt, das Ergebniß eines Jahres sind, scheint
der Theer unter allen Umständen das beste Conservirungsmittel für
Gutta-percha zu seyn; nächstdem gute Leinölfarbe, – wahrscheinlich
ebenso gut Leinöl oder Leinölfirniß, – und sind letztere Ingredienzien
namentlich da anzuwenden, wo der anfängliche Geruch des Theeres lästig werden
könnte.
Seit längerer Zeit sind hier Gutta-percha-Drähte, die an freier Luft
liegen müssen, mit grobem Gazeleinen (Futterleinen) dicht umwickelt und dann
getheert, und haben bis jetzt die besten Resultate ergeben; wo es sich machen läßt,
kann man das Theeren der Drähte nach 2 bis 3 Jahren wiederholen.
Unterirdische Drähte sind gewöhnlich in größerer Anzahl zusammengelegt, mit
Gazeleinen umwickelt, getheert, in anderer Richtung nochmals umwickelt, wieder
getheert und so in die Erde gelegt; besonders leicht und bequem ließen sich solche
Drahtkabeln in unterirdische Röhrenleitungen einziehen und hat ihre Isolation
niemals etwas zu wünschen übrig gelassen.
Die längeren Ein- oder Durchführungen in Gebäude oder Zimmer sind in eben
solcher Weise hergestellt, nur ist die zweite Leinenumwickelung nicht wieder
getheert, um den Geruch einigermaßen zu dämpfen.
Die Kosten für die Umwickelung stellen sich äußerst gering und kommen für die größere
Dauerhaftigkeit und Sicherheit gar nicht in Anschlag.