Titel: Versuche über die Umwandlung des Rohrzuckers in Fruchtzucker unter dem Einfluß von reinem oder mit verschiedenen Stoffen vermischten Wasser; von A. Béchamp.
Fundstelle: Band 149, Jahrgang 1858, Nr. LXIII., S. 207
Download: XML
LXIII. Versuche über die Umwandlung des Rohrzuckers in Fruchtzucker unter dem Einfluß von reinem oder mit verschiedenen Stoffen vermischten Wasser; von A. Béchamp. Aus den Comptes rendus t. XLVI p. 44, durch das polytechnische Centralblatt, 1858 S. 595. Béchamp's Versuche über die Umwandlung des Rohrzuckers in Fruchtzucker. Neuere Untersuchungen, welche Béchamp über die Umwandlung des Rohrzuckers in links drehenden Zucker (Fruchtzucker) angestellt hat, haben denselben zu dem Ergebniß geführt, daß kaltes Wasser allein diese Umwandlung nicht bewirkt, sondern daß sie, wenn sie stattfindet, das Resultat einer wahren Gährung ist. Außerdem hat er in Bezug auf die Wirkung der Salzlösungen gefunden, daß die als antiseptisch bekannten Salze im Allgemeinen diejenigen sind, welche die Umwandlung des Rohrzuckers verhindern, daß eine saure Beschaffenheit des Salzes nicht immer die Umwandlung befördert, und daß in gewissen Fällen ein gewisses Minimum der Temperatur nothwendig zu seyn scheint, damit die Umwandlung des Zuckers zu Stande komme. Ein gleiches Gewicht reiner Rohrzucker wurde in Wasser und in verschiedenen Salzlösungen aufgelöst, so daß das Volum jeder Lösung 100 Kubik-Centim. betrug. Die Lösung in reinem Wasser diente zum Vergleich. Der Verf. bereitete außerdem noch drei andere Lösungen in reinem Wasser, der einen derselben fügte er aber einen Tropfen Kreosot, der zweiten ein wenig arsenige Säure, der dritten eine kleine Menge Quecksilberchlorid hinzu. Diese drei Lösungen dienten ebenfalls zum Vergleich, während die zugesetzten Stoffe zugleich die Bildung von Schimmel verhinderten. Die verschiedenen Lösungen wurden vom 25. Juni 1856 bis zum 5. Decbr. 1857 stehen gelassen, indem der Verf. von Zeit zu Zeit ihr Drehungsvermögen im Polarisationsapparat (Länge des Rohrs = 200 Millim.) beobachtete. Die erlangten Resultate sind nachstehend zusammengestellt (l. bedeutet Drehung nach links): Textabbildung Bd. 149, S. 208 15,1 Grm. Rohrzucker in 400 Kubik-Centim. folgender Lösungen; Ablenkung in Graden; am 25. Juni 1856.; am 13. Juli 1856.; am 26. Nov. 1856.; am 19. März 1857.; am 13. Juli 1857.; am 5. Decbr. 1857.; Reines Wasser; Arsenige Säure (sehr wenig); Quecksilberchlorid (wenig); Reines Wasser, 1 Tropfen Kreosot; Zinnchlorür; Schwefelsaures Zinkoxyd; Schwefelsaures Manganoxydul; Schwefelsaure Thonerde; Salpetersaures Kali; Salpetersaurer Baryt; Salpetersaures Zinkoxyd; Salpetersaures Bleioxyd; Phosphorsaures Natron (2NaO, HO, PO); Saures phosphorsaures Kali (KO, 2HO, PO₅); Saures arsensaures Kali (KO, 2HO, AsO₅); Kohlensaures Kali; Zweifach-kohlensaures Kali; Oxalsaures Kali; Zweifach-oxalsaures Kali; Es erscheint ein geringer flockiger Absatz.; Es erscheint Schimmel.; Die Flüssigkeit bleibt bis zuletzt klar.; Reichlicher grüner Schimmel bedeckt die Lösung.; Auf dem Boden des Glases befindet sich eine große Menge Schimmel.; Voluminöser Schimmel in der Flüssigkeit.; Schwacher rother Schimmel am Boden des Gefäßes.; Der Schimmel nimmt das Ansehen von durchsichtigen Flocken an.; Aehnlicher Schimmel wie in der reinen Zuckerlösung schwimmt in der Flüssigkeit, aber in größerer Menge.; Es ist ein weißer Niederschlag entstanden Man filtrirt.; Schimmel.; Schwacher Absatz am Boden.; In der Flüssigkeit schwimmt eine voluminöse gallertartige Masse.; Die Flüssigkeit hat sich gebräunt und riecht caramelartig. Weißer Schimmel am Boden. Man sieht hieraus, daß das Drehungsvermögen der Lösung von Rohrzucker in reinem Wasser in 17 Monaten von 22° auf 1°,5, dasjenige der Lösung, welcher etwas arsenige Säure zugesetzt worden war, von 22° auf 0°,7 sich verringerte, während das Drehungsvermögen der Lösungen, denen man ein wenig Kreosot oder Quecksilberchlorid zugesetzt hatte, unverändert blieb. In den ersteren Lösungen entstand auch Schimmel, in den letzteren dagegen nicht. Das Kreosot verhindert also sowohl die Aenderung des Drehungsvermögens, als die Bildung von Schimmel. Es erschien als möglich, daß, wenn die Schimmelbildung auf andere Weise verhindert werde, die Lösung von Zucker in bloßem Wasser sich ebenfalls nicht verändere. In Bezug auf diese Vermuthung wurden folgende Versuche angestellt, deren Ergebnisse dieselbe allerdings zu bestätigen scheinen. Es wurden wieder Lösungen von Rohrzucker in destillirtem Wasser gemacht, letzteres aber zuvor gekocht und mit Abhaltung directen Luftzutritts erkalten gelassen, indem die in den Kolben, in welchem das Wasser gekocht wurde, eintretende Luft zuvor durch concentrirte Schwefelsäure gehen mußte. Fünf Fläschchen wurden mit der Lösung von Zucker in reinem Wasser vollständig angefüllt. In fünf andere Fläschchen wurde ebenfalls Zuckerlösung gebracht, in denselben aber eine gewisse Menge Luft gelassen und der Zuckerlösung in jedem dieser Fläschchen ein Tropfen Kreosot hinzugefügt. In vier andere Fläschchen brachte man Zuckerlösung mit arseniger Säure, Quecksilberchlorid, schwefligsaurem und zweifach-schwefligsaurem Natron, und in jedes derselben zugleich einen Tropfen Kreosot. Zu zwei Fläschchen, nämlich einem mit bloßer und einem mit kreosothaltiger Zuckerlösung, hatte die Luft während der ganzen, 8 Monate betragenden Dauer des Versuchs keinen Zutritt. Die Resultate waren folgende: Textabbildung Bd. 149, S. 210 16,365 Grm. Rohrzucker in 100 Kubik-Centim. Lösung.; Ablenkung in Graden; am 27. März 1857.; am 30. April 1857.; am 30. Mai 1857.; am 30. Juni 1857.; am 30. Juli 1857.; am 5. Dec. 1857.; Destillirtes Wasser; Destillirtes Wasser und Kreosot; Destillirtes Wasser, arsenige Säure und Kreosot; Concentrirte Lösung v. Quecksilberchlorid u. Kreosot; Schwefligsaures Natron und Kreosot; Zweifach-schwefligsaures Natron und Kreosot; Der Boden der Fläschchen ist mit weißlichen Flocken überzogen.; Die Flocken sind reichlicher vorhanden, am 30. Juni brachte man, ohne zu filtriren, einen Tropfen Kreosot in das Fläschchen. Dieser Zusatz verhinderte den Rohrzucker nicht, sich weiter zu verändern. Aus diesen Ergebnissen schließt der Verf.: 1) daß bei Abschluß der Luft kein Schimmel entsteht und daß in diesem Fall die Lösung ihr Drehungsvermögen unverändert behält; 2) daß die Flüssigkeit in den Fläschchen, welche geöffnet wurden, so daß die Luft hinzutrat, in dem Maaße ihr Drehungsvermögen änderte, als sich Schimmel bildete; 3) daß das Kreosot mit oder ohne Luftzutritt sowohl die Schimmelbildung als die Umwandlung des Zuckers verhindert.