Titel: Untersuchungen über den Torf; von Hrn. v. Marsilly.
Fundstelle: Band 149, Jahrgang 1858, Nr. LXXXIV., S. 280
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LXXXIV. Untersuchungen über den Torf; von Hrn. v. Marsilly.Wir theilen die Untersuchungen des Verfassers über den Torf hier vollständig mit; die wesentlichen Ergebnisse seiner Arbeit über die Steinkohlen kennen unsere Leser aus dem Bericht von Pelouze, S. 126 in diesem Bande des polytechn. Journals.A. d. Red. Aus den Annales des Mines, 1857, t. XII p. 404. Marsilly's Untersuchungen über den Torf. Die Thäler in den Departements des Pas-de-Calais, der Somme, der Oise und der Aisne, enthalten fast alle mehr oder weniger bedeutende Torflager, deren Mächtigkeit selten über 7 Meter beträgt. Man unterscheidet mehrere Torfarten: 1) den schwarzen Torf, welcher die beste Qualität ist; 2) den schwammigen Torf; 3) den grauen Torf, welcher compact oder schwammig ist; 4) den weißen Torf. Den Uebergang von einer Art zur andern bilden zahlreiche Abstufungen. Die Torfproben, womit ich meine Versuche anstellte, waren vollkommen trocken; ich hatte sie sechs Monate oder ein Jahr lang in meinem Laboratorium aufbewahrt, bevor ich sie analysirte; sie hatten folglich alle Feuchtigkeit verloren, welche sie durch Liegen an der Luft abgeben konnten. Ich habe den Gewichtsverlust bestimmt, welchen der Torf ergibt: 1) im trockenen Vacuum; 2) im Trockenapparat bei 100° C.; 3) im Trockenapparat mit Oelbad bei 200° C. Der Torf erleidet bei der Temperatur von 100° C. schon eine wirkliche Zersetzung; er verliert nämlich nicht bloß Wasser, sondern es entwickeln sich aus ihm auch kohlenstoffhaltige Producte, wie ich später beweisen werde. Ich habe deßhalb zu meinen Analysen nur Proben angewandt, welche im trockenen Vacuum ausgetrocknet waren; wenn sich hierbei außer dem Wasserdampf ja noch andere Substanzen entwickeln, so ist deren Verhältniß zu gering, als daß es die Zusammensetzung des Torfes ändern könnte. Folgende Tabelle enthält die Resultate des Austrocknens im Vacuum und im Trockenapparat bei 100° C.; steigert man die Temperatur auf 250° C., so geschieht es oft, daß sich der Torf entzündet und folglich eine beginnende Einäscherung stattfindet. Textabbildung Bd. 149, S. 281 Torfsorten; Verlust im trockenen Vacuum; Verlust im Trockenapparat bei 100° C.; Gewicht der ausgetrockneten Proben; Bemerkungen; Grm.; Schwarzer Torf von Bresles (Oise), Stichtorf; Schwammiger Torf von Bresles, Stichtorf; Schwarzer Torf von Thésy, erste Qualität, in Formen gepreßt; Grauer schwammiger Torf von Thésy, dritte Qualität, geformt; Schwarzer Torf von Bourdon, erste Qualität, Stichtorf; Schwarzer Torf von Camon, erste Qualität, Stichtorf; Remiencourt, weißer Torf; Dieser Torf ist sehr hart und sehr compact; Obgleich schwammig, ist dieser Torf von guter Qualität Man sieht, daß der Verlust bei 100° C. 12 bis 20 Proc. beträgt, mit Ausnahme des weißen Torfs, welcher viel Erde enthält; im Vacuum ist der Verlust viel geringer und variirt von 2,17 Proc. bis 7,20 Proc. Zu allen folgenden Analysen wurden Torfproben verwendet, welche vorher 24 Stunden lang im trockenen Vacuum ausgetrocknet worden waren. Textabbildung Bd. 149, S. 282 Wasserstoff; Kohlenstoff; Sauerstoff und Stickstoff; Achse; Rückstand von Glühen ihm verschlossenen Tiegel (Torfkohle); Nach Abzug der Achse; Verhältniß der Torfkohle zum Gesammtkohlenstoff; Heizvermögen; Bemerkung; Schwarzer Torf von Bresles, erste Qualität; Schwammiger Torf von Bresles, zweite Qualität; Schwarzer Torf von Thésy, geformt, erste Qualität; Schwarzer Torf von Thésy, schwammig, zweite Qualität, Stichtorf; Schwarzer Torf von Bourdon, erste Qualität, Stichtorf; Schwarzer Torf von Camon, erste Qualität, Stichtorf; Remiencourt: – weißer Torf; Der Rückstand vom Ausglühen im verschlossenen Tiegel ist pulverförmig oder kaum zusammengebacken. Zur Darstellung von Torfkohle muß man den Torf in Stücken anwenden: die Kohlen behalten dann die Form des Torfes, dessen Volum aber sehr vermindert wurde. Jede Torf-Analyse wurde mit 1 Gramm Substanz gemacht. Nach der Operation wurde das die Asche enthaltende Schiffchen gewogen, dann noch in die Muffel eines Probirofens gebracht; man notirte hernach den Verlust welchen es erlitt, und das diesem entsprechende Gewicht wurde zu demjenigen der gesammelten Kohlensäure addirt. Da nämlich der Torf mit den Säuren nicht aufbraust, so nehme ich mit Regnault an, daß der nicht mit Schwefelsäure verbundene Kalk mit einer organischen Säure (Ulminsäure) verbunden ist; die Kohlensäure, welche der Kalk nach der Elementar-Analyse zurückhält, rührt also von der Verbrennung des Kohlenstoffs her und muß der bei der Analyse gesammelten Kohlensäure hinzuaddirt werden. Die Schwefelsäure ist im Torf als solche enthalten; denn wenn man den Torf mit kochender Salzsäure behandelt, so extrahirt man eine Flüssigkeit, welche mit salzsaurem Baryt einen Niederschlag gibt. Das Eisen scheint im Torf als Schwefeleisen enthalten zu seyn; es bleibt in der Asche als Oxyd, was einen kleinen Fehler in den Resultaten der Analyse veranlaßt. Der Torf enthält eine beträchtliche Menge Sauerstoff, der reinste 39 bis 40 Procent; das Verhältniß des Wasserstoffs ist etwas höher als in der Steinkohle, aber das Verhältniß des Kohlenstoffs viel geringer; daher ist auch das Heizvermögen des Torfes viel niedriger. Mit Berücksichtigung des Asche- und Wassergehalts im Torfe findet man, daß derselbe beiläufig nur halb so viel Wärme-Einheiten gibt als die fetten (backenden) und halbfetten Steinkohlen. Ich habe den Stickstoffgehalt zweier Torfproben nach der gewöhnlichen Methode bestimmt; es enthielt: Torf von Camon, im Vacuum ausgetrocknet 2,625 Proc. Torf von Thésy, erste Qualität, im Vacuum ausgetrocknet   1,92     „ Der Torf enthält beiläufig zweimal so viel Stickstoff als die Steinkohle. Ich untersuchte, ob man durch Austrocknen des Torfes bei 120° C. und selbst bei 200° C., wodurch sich sein Gewicht sehr vermindert, ein Brennmaterial bekommen würde, welches mehr Kohlenstoff und Wasserstoff enthält und folglich ein größeres Heizvermögen besitzt. Erster Versuch. – Torf von Thésy, erste Qualität. Ich verwendete zu diesem Versuch den Torf von Thésy, bei 120° C. ausgetrocknet; dieser Torf war nämlich zuerst im Vacuum ausgetrocknet worden, hernach im Trockenapparat, wodurch er neuerdings 11,89 Proc. Wasser verlor, im Ganzen 17,10 Proc. Die Analyse lieferte mir: Wasserstoff         4,87, nach Abzug der Asche     5,25 Kohlenstoff   54,56,   58,86 Sauerstoff   33,27,   35,89 Asche     7,30,     0,00 –––––– –––––– 100,00 100,00 Heizvermögen 4,346. Wenn der Torf durch das Austrocknen bei 120° C. nur Wasser verloren haben würde, so hätte er folgende Zusammensetzung darbieten müssen: Wasserstoff       5,05 Kohlenstoff   57,50 Sauerstoff   29,85 Asche     7,60 ––––––– 100,00 Man sieht, daß sich Wasserstoff und Kohlenstoff entwickelt haben, und daß die Menge Sauerstoff welche sich entwickelte, unzureichend ist, um mit dem verlorenen Wasserstoff Wasser zu bilden; es fand folglich Zersetzung statt. Das Heizvermögen nahm zu, aber in schwachem Verhältniß. Zweiter Versuch.– Schwarzer Torf von Bourdon, erste Qualität. Der Torf wurde bei 200° C. im Oelbad ausgetrocknet, ohne daß er sich entzündete. Der Verlust im Vacuum betrug 5,55 Proc., im Trockenapparat bei 100° C. 17,32 Proc., und bei 200° E. 24,57 Proc. Die mit 1 Gramm gemachte Analyse ergab: Wasserstoff        4,59, nach Abzug der Asche     5,04 Kohlenstoff  56,32,   61,83 Sauerstoff  30,17,   33,13 Asche    8,92,     0,00 –––––– –––––– 100,00 100,00 Das Heizvermögen war 4,661. Wenn der Gewichtsverlust, welchen der aus dem trockenen Vacuum genommene Torf im Trockenapparat bei 200° C. erlitt, bloß in Wasser bestanden hätte, so würde der Torf folgende Zusammensetzung gehabt haben: Wasserstoff       4,72 Kohlenstoff   59,72 Sauerstoff   26,79 Asche     8,77 ––––––– 100,00 Es entwickelte sich also eine Quantität Wasserstoff, welche mehr als hinreichend ist, um mit dem davon gegangenen Sauerstoff Wasser zu bilden; auch gieng Kohlenstoff verloren. Der Torf hatte folglich eine beginnende Zersetzung erlitten. Aus diesen Versuchen geht hervor, daß man durch das Austrocknen des Torfs bei 100° bis 200° C. zwar ein Brennmaterial von größerem Heizvermögen erhält, aber auch wärmeerzeugende Elemente verliert; das Heizvermögen nimmt nicht in einem dem Gewichtsverlust des Torfes entsprechenden Verhältniß zu. In der Praxis muß es vortheilhaft seyn, den Torf bei einer Temperatur von ungefähr 100° C. auszutrocknen, denn man ist sicher ihm so alle Feuchtigkeit zu entziehen; es ist aber zweifelhaft, ob man das Austrocknen mit Vortheil bei einer höheren Temperatur bewerkstelligen kann.Das Heizvermögen von Torf erster Qualität, wie man ihn zum Heizen der Wohnungen oder zum technischen Gebrauch anwendet, beträgt kaum 3,500 Wärme-Einheiten; es ist also beiläufig nur halb so groß wie von guten Förderkohlen, welche die Industrie verbraucht. Andererseits veranlaßt der Torf viel Abfall, er nimmt viel Platz ein und erfordert große Magazine. Zum Heizen der Dampfkessel läßt sich daher der Torf bloß dann mit Vortheil anwenden, wenn er bei gleichem Gewichte nur halb so viel als die gemischte Steinkohle kostet.Im Depart. der Somme kosten die 1000 Kilogr. gemischter Steinkohle, in die Fabrik geliefert. 26 bis 30 Francs, der Torf erster Qualität 13 bis 15 Fr.; letzterer wird auch nur ausnahmsweise zum industriellen Gebrauch angewendet.Zu Bresles (Oise) kommen die 1000 Kilogr. Torf auf kaum 10 Fr. zu stehen; die dortige Zuckerfabrik heizt auch fast nur mit Torf.Man kann als Grundsatz aufstellen, daß es nur dann vortheilhaft ist, die Dampfkessel mit Torf zu heizen, wenn der Torf bei gleichem Gewichte bloß halb so viel als die Förderkohlen kostet.Diese Regel, welche sich aus meinen Analysen ergibt, wird durch die beiden erwähnten Thatsachen vollkommen bestätigt.