Titel: Ueber die hohlen Schleifsteine von Picard Sohn zu Fontenoy-le-Chateau in den Vogesen; Bericht von Hrn. Benoît zu Paris.
Fundstelle: Band 149, Jahrgang 1858, Nr. CXV., S. 413
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CXV. Ueber die hohlen Schleifsteine von Picard Sohn zu Fontenoy-le-Chateau in den Vogesen; Bericht von Hrn. Benoît zu Paris. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Januar 1858, S. 16. Mit Abbildungen auf Tab. VII. Picard's hohle Schleifsteine. Der Schleifstein-Fabrikant Picard zu Fontenoy-le-Chateau hat die Schleifsteine hohl gemacht, wie dieß schon bei den Mühlsteinen ausgeführt worden ist; er hat sie auf den arbeitenden Theil beschränkt, welcher bei der Bearbeitung der Metalle als ein kräftig wirkendes Werkzeug benutzt wird. Man setzt sie aus ringförmigen Bogenstücken zusammen, welche vollkommen gleichförmig und so ausgewählt werden können, daß sie jedem Zweck entsprechen. Man begreift, daß die auf diese Weise construirten Steine jeden beliebigen Durchmesser und jede verlangte Dicke erhalten können, daß es auch möglich ist, den künstlich zusammengesetzten Steinen Dimensionen zu geben, wie es bei den aus einem Sandsteinblock angefertigten nicht möglich ist.Man kann solche hohle Schleifsteine von dem Mechaniker Bréval in Paris (rue Chastillon Nr. 22) beziehen. Das Gestell oder Gerippe dieser Steine besteht bis jetzt aus zwei gußeisernen Rädern mit gerippten Armen und einer Nabe, die auf eine schmiedeiserne Welle aufgekeilt ist. Die Felgen haben eine Hohlkehle von schwalbenschwanzförmigem Querschnitt. In dieser Hohlkehle werden vermittelst Schrauben die parallel zur Achse durch die Felgen und den Stein hindurchgesteckt sind, die einzelnen Bogenstücke, aus denen der Stein besteht, wie zwischen den Backen eines Schraubstocks festgehalten. Der Berichterstatter hat sich übrigens an einem Stein nach Picard's Construction, welcher sich in der großen Schleiferei von Mathieu zu Paris (rue Saint-Ambroise-Popincourt Nr. 15) befindet, überzeugt, daß das mehrfach geäußerte Bedenken, daß an den Verbindungsstellen der einzelnen Bogenstücke Vertiefungen entstehen dürften, ähnlich denen, welche durch die Wagenräder im Straßenpflaster hervorgebracht werden, nicht begründet ist. Ein sehr gut gehender Stein dieser Art von 2,3 Met. Durchmesser und 0,3 Met. Breite, der in der Minute 135 Umdrehungen machte, hat sich bei 12stündiger Arbeitszeit 30 Tage lang rund erhalten, und dabei wurden große Armfeilen, die wegen ihrer geringen Breite häufig Anlaß zu Beschädigungen geben, auf demselben abgeschliffen. Ein gewöhnlicher, aus einem einzigen Stück bestehender Schleifstein von 2,2 Met. Durchmesser und 0,2 Met. Breite ist zwar bei gleicher Arbeit auch erst nach 30 Tagen abgenutzt; aber ein solcher kostet in Paris 115 Francs, während die Picard'sche Garnitur nur 80 Francs kostet. Die erste Garnitur wurde bis auf 1 Centimeter Entfernung von den Felgen abgenutzt und dann durch eine zweite ersetzt. Die Auswechselung wurde von 2 Mann in 8 Stunden ausgeführt, während die Aufstellung eines gewöhnlichen Steins 6 Mann und 3 Stunden Arbeitszeit erfordert. Die Auswechselung der Picard'schen Steingarnituren kann aber durch eine andere Construction des oben beschriebenen eisernen Gestelles oder Gerippes erleichtert werden. Statt der zwei gußeisernen Kreuze, aus denen dasselbe besteht, wird man künftig nur eines anwenden, wie Fig. 14 und 15 zeigen, und denjenigen Theil der Felgen, welcher auf die mit dem Kreuze verbundenen Felgen aufgeschraubt wird, aus mehreren Sectorenstücken zusammensetzen. Dadurch wird der Uebelstand der vorigen Einrichtung, daß alle Steinstücke gleichzeitig aufgelegt werden mußten, gehoben, und man kann nun die Steine einzeln, einen nach dem andern, einpassen, wodurch die Arbeit erleichtert und erheblich abgekürzt wird. Das Picard'sche System gewährt folgende Vortheile: 1) daß man den Schleifstein aus Sandsteinstücken von homogenem Korn und von gleicher Härte zusammensetzen kann, so daß er sich gleichförmig abnutzen muß; 2) daß man den zerlegten Schleifstein leicht versenden kann, um ihn an Ort und Stelle zusammenzusetzen; 3) daß man nöthigenfalls ein fehlerhaftes Bogenstück durch ein anderes ersetzen und folglich die übrigen Steinstücke noch ausnutzen kann; 4) daß sich das eiserne Gestell oder Gerippe dieser Schleifsteine fortwährend benutzen läßt, indem man es zeitweise mit neuen Sectorenstücken versteht; 5) endlich daß man die Garnitur eines solchen Schleifsteins ausnutzen kann, ohne die Riemenscheibe auf der Welle auswechseln und folglich die Länge des Treibriemens ändern zu müssen, was man bei den gewöhnlichen Steinen nothwendig thun muß, um von dem mittlern Theil nicht zu viel zu verlieren. Beschreibung der Abbildungen. Fig. 14 ist die Vorderansicht und Fig. 15 der verticale Querdurchschnitt des Picard'schen hohlen Schleifsteins. A, A sind die Bogenstücke von Sandstein, aus denen der Schleifstein zusammengesetzt ist. Dieselben haben nach Innen die Form eines Schwalbenschwanzes und sind in die Felgen zweier gußeisernen Räder B, B' eingelassen. Das eine dieser Räder, B, ist mit gerippten Armen C versehen und auf die schmiedeiserne Welle D aufgekeilt. Dasselbe bildet den Haupttheil der Hohlkehle, während das Rad B' nur die Deckel derselben darstellt. Letzteres Rad besteht aus eben so vielen Sectorenstücken, als Steine A vorhanden sind, so daß jedem Stein ein Deckel zugehört, und man daher im Stande ist, jeden Stein einzeln einzulegen oder herauszunehmen. Die Verbindung der Deckelstücke mit den Steinen und den Radfelgen erfolgt durch Schrauben, wie aus der Zeichnung ersichtlich ist. P, P sind die Betriebsscheiben; F ist die Grube, in welcher der Stein läuft.

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