Titel: | Zur Theorie der Bierbrauerei, in Bezug auf Mulder's Chemie des Bieres; von G. E. Habich. |
Autor: | G. E. Habich |
Fundstelle: | Band 151, Jahrgang 1859, Nr. LVI., S. 223 |
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LVI.
Zur Theorie der Bierbrauerei, in Bezug auf Mulder's Chemie des Bieres; von G. E. Habich.
Habich, zur Theorie der Bierbrauerei.
IV.Fortsetzung von
S. 153 des vorhergehenden
Heftes. Das Kochen der Würze
soll nach Mulder alsbald geschehen,
um der Milchsäure-Bildung einen Damm entgegenzusetzen (S. 306). Damit wird
auch jeder Praktiker einverstanden seyn. Schwer verständlich aber bleibt es, daß
„sich die Würze während des Maischens vollständig mit Luft
gesättigt“ haben soll, wodurch der Grund zu weiter schreitender
Zersetzung gelegt würde, – und daß schon das Auskochen
dieser Luft eine unerläßliche Bedingung sey! Zur Milchsäurebildung bedarf
es keiner Luft, und zudem ist die Würze während ihres Marsches in den Braukessel beständig von einer,
ihrer ziemlich hohen Temperatur entsprechenden Dampfschicht umhüllt. Bildete diese nicht eine schützende Decke, wie würde
es da der armen Würze auf dem Kühlschiffe ergehen!
Als zweiten Grund des Kochens betrachtet Mulder die Abscheidung der
überflüssigen Eiweißstoffe, von denen wenigstens ein Theil zum Gerinnen
gebracht wird. Wenn da nun (S. 308) behauptet wird: „Es dürfen von diesen
(Eiweißstoffen) nicht mehr zurückbleiben, als zur Entstehung der Hefe
erforderlich sind,“ – so habe ich dagegen Einiges einzuwenden.
Zunächst einmal enthält jedes Bier auch nach der vollständigsten Vergährung noch eine reichliche Menge von Eiweißstoffen
gelöst und diese sind es gerade, welche diesem Getränke die Firma
„Bier“ aufnöthigen. Ferner werden der löslichen
Eiweißstoffe in der Würze umsomehr, je hartnäckiger gekocht wird, – die
Gründe dazu sind schon erörtert. Ja sogar ist ein Bier aus einer gar nicht gekochten Würze ärmer an
Eiweißstoffen (insgesammt) als eines aus gekochter Würze, – ich verweise auf meine
deßfallsigen Versuche (im polytechn. Journal Bd.
CXLVIII S. 219), wobei der bedeutende
Vergährungsgrad der ungekochten Würze auf den entsprechenden Mangel an Eiweißstoffen im Extract hinweist.
Drittens soll das Dextrin der Würze vor weiterer
Umwandlung in Zucker geschützt werden. Ich will diesen Grund vorläufig nicht
anfechten, weil ich keine Erfahrungen darüber reden lassen kann, – ich werde
aber zu meiner Ueberzeugung alsbald Experimente anstellen.
Endlich auch soll das Kochen etwa restirenden Stärkekleister in Dextrin umwandeln.
Daß dieses aber nicht der Fall ist, hat auch die Erfahrung im Großen gelehrt, als
eine Malz-Maismehlwürze bei Vernachlässigung der Jodprobe zu früh in den Braukessel abgelassen war. Dreistündiges
Kochen unter 1/5 Atmosphäre Ueberdruck war nicht im Stande, die Jodreaction
verschwinden zu machen. Deßhalb muß ich auch diese Umwandlung des Stärkekleisters
einstweilen in Zweifel ziehen.
Durch das längere Kochen soll nun auch der Schleimzucker
Gelegenheit erhalten, sich in Berührung mit der Luft braun zu färben. Was man zur Zeit „Schleimzucker“
nennt, ist nichts Anderes als die lösliche, aber unkrystallisirbare Verbindung des Zuckers mit Glutin (vielleicht auch mit
noch anderen Eiweißstoffen?). Durchs Kochen unterliegt das Glutin, nicht aber der Zucker, jener Veränderung, – es wird braun.
Man kann die Verbindung durch ausreichende Mengen Gerbsäure zersetzen und aus
besagtem Schleimzucker wieder reinen Fruchtzucker herstellen.
Bei der Behandlung des Hopfens zieht Mulder das Kochen mit der Würze vor, weil es „eine innigere
Verbindung des Hopfenbitters mit den Bestandtheilen des Biers
liefern“ soll (S. 312). Es scheint in der That das Hopfenbitter des fertigen Bieres in irgend eine Verbindung eingegangen
zu seyn, wodurch sowohl seine widerwärtige Bitterkeit, als seine narcotischen
Eigenschaften etwas abgeschwächt werden. Folgende Erfahrung, auf welche schon vor
vielen Jahren von Juch hingewiesen wurde, spricht sehr
dafür, daß das Hopfenbitter in eine äußerst lockere
Verbindung im Biere existire. Ein Bier wird durch Zusatz von
Wasser bitterer! Man nehme zwei Proben desselben Bieres, – die eine
bleibt unverdünnt, der andern setzt man Wasser zu und läßt dann beide auf
Porzellantellern freiwillig verdunsten. Beim Vergleich wird sich der Extract des verdünnten Biers viel bitterer zeigen und auf das Auge
einer Katze gebracht, die Pupille desselben sehr
erweitern,Vergl. auch Wild's prakt. Rathgeber, umgearbeitet
von Professor Dr. R. Böttger (S. 88). was bei dem andern nicht in gleichem Maaße der Fall ist. Es liegt also die
Annahme nahe, daß die vom Hopfenbitter eingegangene Verbindung durch Zusatz von
Wasser zersetzt wird, – wie denn derartige
Zersetzungen auch außerdem vorkommen. Aber dieses Factum ist für unsere Praxis der
Bierfabrication ohne Bedeutung und interessirt nur
den Schenkwirth, welcher das Bier durch Verdünnen mit Wasser
nicht narcotischer machen soll, als es bereits an sich ist. Für die Praxis
sind nur die weiteren Erfahrungen von Wichtigkeit, daß
1) das Hopfenbitter dem Hopfen schon durch einen einfachen Theeaufguß entzogen wird,
daß es also dazu nicht des Kochens mit der Würze bedarf,
– daß
2) wenn die problematische Verbindung des Hopfenbitters
mit dem Stoffe bereits im Braukessel vor sich geht,
dieser Allianz ja nichts im Wege steht, – daß
3) das Auffüllen der Lagerfässer mit Wasser, um die Klärung des
Bieres durch Nachgährung zu fördern, jene Isolirung des Hopfenbitters nicht im Gefolge hat, und daß also wohl jene Verbindung lediglich Product der
Gährung zu seyn scheint, – wie denn nach der Gährung noch ganz andere Gruppen auftreten (die Mulder nicht erwähnt): Amyloxyd-Verbindungen, Glyceryl-Oxyd,
Bernsteinsäure u.s.w., die sämmtlich mehr oder minder auf den Geschmack
influiren.
Das Hopfenöl wird von Mulder
überschätzt. Daß das Kochen in geschlossenen Kesseln, wie sie in den englischen
Porter-Brauereien zum Hohn der Wissenschaft noch heimisch sind, das Hopfenöl
nicht zurückhalten kann, ist doch wohl unbestreitbar. Ich
habe es durch Ausdämpfen des Hopfens kurzer Hand
abdestillirt und versuchte es dem Biere nach der Gährung
zuzusetzen, um ein Product zu erzielen, welches recht reich an
Hopfenöl seyn sollte. Was war der Erfolgs? – Das Bier klärte sich
schlecht, – und als es klar wurde, war das Hopfenöl so
verändert, daß der Geschmack des Bieres jedem Consumenten fremdartig erscheinen mußte, – – es mag
Valeriansäure seyn, welche schließlich auftritt (s. S. 92). Deßhalb haben denn auch
die Vorschläge Redtenbacher's (S. 312) in der Praxis nur
ephemere Erfolge gehabt, – sie haben der Mode gedient und die Prager
„Hopfenäther-Biere“ sind bald vergessen worden (s. Balling's Bierbrauerei S.
142).
Anders ist's freilich mit der Anwendung eines Hopfen-Extracts, der, neben dem Hopfenbitter und einer Portion Hopfenharz,
wesentlich Gerbsäure enthält und dadurch in die Reihe der Klärungsmittel eintritt. Dazu würde man aber am
Ende gar keinen Hopfen nöthig haben, und Mulder hat ja für etwaige Surrogate bereits (S. 102)
seinen Consens gegeben. Nur eins ist's, was dem Hopfenextract für die Verzögerung der Gährung,
sowohl im Gähr- als im Lagerkeller, einen besondern Werth verleiht, –
das ist die Ausscheidung des Hopfenharzes, welches die Hefenzellen zum Theil
überkleidet, dadurch die osmatischen Verhältnisse stört
und somit dem Biere eine längere Dauer auf dem Lager
anbahnt.
S. 313 berührt Mulder die verschiedenen Methoden den
Hopfen zu verwenden. Ich kann dem nur hinzufügen, daß man den Hopfen am besten
extrahirt, wenn man ihn mit den schwächsten Nachgüssen
oder reinem Wasser behandelt. Würde man starke Würzen
wählen, so macht die massenhafte Ausscheidung von gerbsauren Eiweißstoffen an der
Oberfläche des Hopfens diesen für jede fernere Aussaugung unzugänglich.
In Sachen der Klärmittel, welche Mulder (S. 314) bespricht, reducirt sich die ganze Wirkung auf die
Ausscheidung von gerbsauren Eiweißstoffen, welche beim
dichtern Zusammengehen die trübenden Stoffe interniren und unschädlich
machen. Die beiden Factoren dazu finden wir in der Würze (bis zu großem Ueberschuß)
und im Hopfen. Es ist deßhalb gewiß in der Ordnung, jeden weitern Zusatz von Eiweißstoffen (Ochsenfüße, Hausenblase etc.)
auszuschließen. Und wenn Mulder den im Bier stets restirenden Eiweißstoff berücksichtigt hätte, so würde er
keinesfalls die Anwendung der Hausenblase unter seine Protection nehmen.
Die Anwendung des Caragheen als Klärmittel ist höchst
überflüssig, – die Klärung findet außerdem doch statt, das Caragheen
verbindet sich nicht mit Gerbsäure zu einer durchs Kochen sich verdichtenden
Substanz, – aber es scheidet sich auf der Kühle als Gallerte aus und vermehrt das Kühlgeläger ganz unnöthiger Weise. Man hat
ehedem beim Sieden des Leinölfirnisses ebenwohl im guten Glauben solche unnütze Zusätze (Brodkrumen, Zwiebeln, Umbra u.s.w.)
gemacht, die heute kein Verständiger mehr anwendet.
Ein Hauptübelstand beim
Kühlen der Würze
ist das Auftreten einer Säure. Als
Beförderung dessen betrachtet Mulder (S. 320) die trübenden Bestandtheile und die Eiweißstoffe der Würze. Die ersteren können durch Filtration nicht
beseitigt werden, weil das in der heißen Flüssigkeit
gelöste Glutin, welches noch nicht in die lösliche Form
übergegangen ist, sich beim Erkalten ausscheiden und eine neue
Trübung veranlassen würde, – an Entfernung der Eiweißstoffe ist gar
nicht zu denken. Was also ist zu thun, um diesen bösen Dämon zu bannen? –
Es gibt nur die eine Anwort: Abkürzung der Kühlzeit (durch
verbesserte Kühlgeräthe), um die Würze möglichst rasch zur Gährung zu bringen. Und Mulder kommt auch zu
derselben Consequenz, – aber man kann ihm doch nicht wohl beistimmen, wenn er
(S. 321) es lediglich von der Temperatur abhängig macht, ob der Fruchtzucker der
Würze (bei höherer Temperatur) sich in Milchsäure umwandeln oder (bei niederer
Temperatur) durch die geistige Gährung gespalten werden soll. Offenbar ist diese letztere
Meinung der belgischen sogen. „Selbstgährung“ entsprossen,
welche in der Praxis nichts anders als ein Mährchen ist,
– die Gährgeschirre (Fässer) können niemals hinreichend gesäubert werden, um
alle Hefe aus denselben zu entfernen (s. polyt.
Journal Bd. CXLVIII S. 380). –
Der Bemerkung über die neueren Kühlapparate (S. 322) will
ich beifügen, daß man nicht so leicht den Anforderungen der Reinlichkeit nachkommen
kann, wenn man die zu kühlende Würze durch Röhren fließen läßt, welche von Außen
durch kaltes Wasser auf einer niedern Temperatur erhalten werden. Man erreicht
denselben Zweck, wenn man das Röhrensystem in die Würze steckt und erringt dadurch
den weitern Vortheil: mit möglichst wenig Wasser zu
kühlen und das Kühlwasser, welches die Reise durch die
ganze Länge des Kühlröhrensystems gemacht hat, mit ziemlich hoher Temperatur für andere Brauzwecke abfließen zu
lassen.
Ueber das Wesen des Kühlgelägers gehen unsere Meinungen
ziemlich auseinander. Ob sich in demselben Albumin findet, hängt von dem befolgten
Maischverfahren ab; – beim Infusionsverfahren kann das Albumin in den
Braukessel gelangen, gerinnt dort und marschirt ins Kühlgeläger, – beim
Dickmaischkochen bleibt das Albumin in den Trebern zurück, weil es schon vorher
coagulirt ist.
„Läßt man die warme klare Flüssigkeit in einer vollständig damit
angefüllten und verschlossenen Flasche erkalten, so liefert dieselbe nach dem
Abkühlen einen beim Erwärmen wieder löslichen Bodensatz. – –
Was sich während des Erkaltens absetzt, soll stets eine Verbindung der Gerbsäure
des Hopfens mit unverändertem Kleister seyn. Letzterer bildet mit Gerbsäure
einen Niederschlag, welcher sich beim Erwärmen auflöst, und beim Abkühlen wieder
ausscheidet.“ (S. 323).
Da sich aber diese Erscheinung auch bei Würzen zeigt, welche mit Jod nicht die mindeste Andeutung auf Stärkmehl ergeben,
so kann die Ansicht Mulder's nicht richtig seyn. Ich habe
sogar Grund zu bezweifeln, daß überhaupt jemals im Kühlgeläger die obige Verbindung
von Gerbsäure und Stärkmehl vorgekommen ist, – weil aus einer Stärkekleister
enthaltenden Würze durch Gerbsäure zunächst nichts als Eiweißstoffe ausgeschieden
werden und das Stärkmehl erst zuletzt mit der Gerbsäure
in Conflict geräth (s. polytechn. Journal Bd.
CXLVIII S. 218). Eine solche Menge Gerbsäure kommt aber nie in die Würzen, – die Biere geben ja stets noch reichliche Ausscheidungen bei Zusatz von
Gerbsäure!
Mulder gibt zur Bestätigung seiner Ansicht nach folgendes
Experiment: „Ich beobachtete bei einem solchen Absatze eines Kühlschiffes,
daß nachdem derselbe mit Wasser gekocht und heiß filtrirt worden war, abermals
eine Trübung entstand. Jod zeigte in dieser Flüssigkeit eine beträchtliche Menge
Stärkmehl und Eisenchlorid Gerbsäure an.“ – Dieser Versuch
aber beweist zunächst nur, daß die Einmaischung so schlecht als möglich besorgt war,
weil ein Stärkekleistergehalt in der Würze jedem Brauer als Criminalvergehen
angerechnet werden muß. Und wo solche Mißgriffe in der
Durchführung der Operationen gemacht werden, da darf man auch nicht die größte
Sorgfalt beim Abläutern erwarten und vielmehr vermuthen,
daß auch etwas sogenannter Unterteig (welcher reich ist
an den schwerlöslichen sogenannten Stärkmehl-Tegumenten) mit in den
Braukessel entwischt ist und die obige Reaction veranlaßte. – Daß die
Flüssigkeit auf Gerbsäure reagirte (mit Eisenchlorid), ist ebenfalls nicht wunderbar, da ja die
gerbsauren Eiweißstoffe in sauren Würzen auflöslich sind
und eine Kleister enthaltende Würze jedenfalls sauer werden muß.
Nach meinen Versuchen enthält das Kühlgeläger, außer (wenigem) geronnenem Albumin und
überwiegenden Mengen gerbsaurer Eiweißstoffe, nur noch Glutin. Kocht man's mit
Wasser aus und filtrirt, so gibt die Flüssigkeit beim Erkalten eine Ausscheidung,
die sich beim Erwärmen wieder löst, mit Jod keine
Veränderung gibt, wohl aber durch Gerbsäure gefällt
wird.
Wenn Mulder (S. 324) die Angabe Balling's, daß „Dextrin“ durch Gerbsäure gefällt
wird, bekrittelt: so erscheint das sehr auffallend, da Mulder ja weiß daß Balling's
„Dextrin“ nichts anderes ist, als Stärkekleister. Er sagt (S.
178): „Sein (Balling's) Dextrin wird durch Jod
violett gefärbt, – – auch wird es durch Gerbsäure
niedergeschlagen.“
Was die Gerbsäure anbetrifft, welche in der Würze
enthalten seyn und auf dem Kühlschiff möglicher Weise in Gallussäure übergehen soll, wie Balling
befürchtete, – so kann ich Mulder (S. 325) nur
beistimmen, wenn er diese Befürchtungen nicht theilt. Die Würze ist ja so reich an
Eiweißstoffen, daß sie immer noch mit Gerbsäure Niederschläge gibt, – es kann
also die dem Hopfen entstammende Gerbsäure nur in solcher Verbindung, die zur Gallussäure-Bildung nicht mehr inclinirt, in der Würze aufgeschwemmt oder allenfalls in Säuren
gelöst enthalten seyn. Ich habe in gut gebrauten und
sorgfältig filtrirten Bieren nie eine Reaction durch
Eisenchlorid erhalten. Ich werde näher auf die Sache eingehen müssen, da Mulder gelegentlich der „Zusammensetzung des
Bieres“ der Gerbsäure eine ganz unverdiente Rolle zutheilt (S.
418).
Er sagt: „Bald nach der Bereitung findet man allerdings Gerbsäure im Biere,
allein ihre Menge nimmt mit der Zeit ab.“ Der Nachweis dafür mag
allerdings in den holländischen Bieren nicht schwierig seyn, – Mulder tadelt es selbst (S. 370 des Originals):
„het bier is niet helder.“
Und diese störendste aller Trübungen ist nichts anderes als gerbsaurer Pflanzenleim,
der wegen der fortdauernden Nachgährung in beständiger Bewegung bleibt, während die
ausgewaschenen Hefenzellen längst am Boden liegen. Da ist's natürlich leicht, durch
Eisenchlorid eine Schwärzung zu bewirken, weil ja der gerbsaure Leim auch im Leder gleichen Farbenwechsel zeigt.
Auch die Praxis der Bierbrauereien, welche mit eisernen Kühlschiffen arbeiten, gibt
den Beweis, daß von einem Gerbsäuregehalte im Biere nicht die Rede seyn kann. Solche
Kühlschiffe schwärzen bekanntlich die darauf liegenden Würzen der ersten Gebräue
sehr. Aber nach Vollendung der Gährung liegt der schwarzgefärbte Körper mit der Hefe
gemengt am Boden; – gerbsaures Eisenoxydul in der
Flüssigkeit würde sich nicht abgesetzt haben. Es war das durch etwas weniges
Eisensalz geschwärzte Kühlgeläger, welches noch suspendirt war und sich beim
Klarwerden des Bieres zurückzog.
Aber das Bier soll nach Mulder auch Gallussäure enthalten. Und „nichts ist leichter als sich hiervon
zu überzeugen. Man neutralisire Lagerbier genau mit Ammoniak, um Milchsäure und
Essigsäure zu sättigen, lege dann ein Stück Haut in einen Theil des mit Ammoniak
gesättigten Bieres und lasse es eine Zeit lang damit in Berührung. Vergleicht
man alsdann das Verhalten des mit der Haut digerirten Theiles mit dem andern,
nicht so behandelten Theile, so überzeugt man sich durch Eisenchlorid von der
Abwesenheit der Gerbsäure und Gegenwart der Gallussäure. In der mit Haut
digerirten Flüssigkeit verursacht das Eisensalz eine ebenso starke Färbung, wie
mit dem andern nicht so behandelten Theile derselben.“
Hierbei habe ich nur einzuwenden, daß durch das genaue Neutralisiren mit Ammoniak
stets auch die Gerbsäure des gerbsauren Leims (sey er nun aufgeschwemmt, oder in
Säure gelöst gewesen) aus dieser Verbindung gerissen wird, – daß dem
gerbsauren Ammoniak durch thierische Haut nicht die Spur von Gerbsäure entzogen
werden kann, – daß also die schließliche Eisenchlorid-Reaction immer
wieder mit denselben Gerbsäure-Mengen von Statten
geht und deßhalb auch eine ebenso starke Färbung eintritt.
Zum Schluß des Capitels „Abkühlen“ wird erwähnt, daß die Würze
„durch Filtriren sorgfältig von jedem
Niederschlage befreit und dann der Gährung überlassen“ wird.
Gewiß eine vortreffliche Praxis, – aber wo geschieht's
denn?